Interview: Genetikk


  • Mit ihrem aktuellen Soloalbum "D.N.A." charteten Rapper Karuzo und Produzent Sikk alias Genetikk kürzlich auf Platz 1 der LP-Charts. Für die beiden seit Neuestem als Aliens verkleideten Selfmade-Records-Künstler ist der Erfolg allerdings kein Grund zum sprichwörtlichen Abheben – man konzentriert sich bereits auf die nächsten Projekte, unter anderem eine große Tour, die im September startet. Auf dem diesjährigen Splash! trat das Rapduo zum zweiten Mal auf Ferropolis' Bühnen auf. Von ihren Erfahrungen während der Show, ihrer Sicht auf die HipHop-Kultur und dem, was wohl noch so von ihnen folgen könnte, erzählten sie uns ausgiebig in unserem Interview.


    rappers.in: Wir sind gerade auf dem Splash!-Festival, auf dem ihr in diesem Jahr euren zweiten Auftritt hattet. Was ist euch im Vergleich zu letztem Jahr aufgefallen?


    Karuzo: Der Auftritt war auf jeden Fall krass – es waren doppelt so viele Leute da wie letztes Jahr. Letztes Jahr konnten die Leute auch schon die wichtigsten Sachen mitrappen, die Singles etwa ... dieses Jahr konnten alle alles. War auf jeden Fall richtig geil.


    rappers.in: Ihr habt gestern ein Video zu "Yes Sir" gedreht und dafür Masken verteilt. Wir würden gerne wissen, warum die Wahl ausgerechnet auf diesen Track gefallen ist und wie ihr die Aktion von der Bühne aus miterlebt habt? Hatten alle ihre Masken auf?


    Sikk: Ich finde, es haben fast alle mitgemacht.


    Karuzo: Ich auch! Man wird's im Video ja sehen können. 80 Prozent waren auf jeden Fall dabei. "Yes Sir" haben wir ausgewählt, weil er ballert und zu unserem Sound passt. Das hat bei den Singles, die wir bisher rausgebracht haben, noch ein bisschen gefehlt. "Yes Sir" ist der, der am meisten knallt, darum haben wir ihn gewählt.


    rappers.in: Dass euer Album "D.N.A." sehr gut angekommen ist, hat man ja gemerkt. Ihr seid damit auf Platz eins der Charts eingestiegen – was war eure erste Reaktion, als ihr davon gehört habt? Und wie geht ihr ganz allgemein mit diesem Erfolg um?


    Karuzo: Verändert hat das ehrlich gesagt nicht so viel. Wir haben uns auf jeden Fall darüber gefreut, weil Platz eins eine schöne Sache ist. So hat man halt was für die Ewigkeit – wir sind einmal auf der Eins gewesen. Aber kaufen kann man sich davon jetzt auch nichts und wenn das nächste Album Schrott ist, ist das auch bedeutungslos. Deswegen ist das Einzige, das zählt, weiter gute Musik zu machen – ganz einfach. Lieber jetzt nochmal was Gutes nachlegen.


    rappers.in: Zum Thema Erfolg hast du, Karuzo, kürzlich gesagt: "Es gibt da draußen eine neue Generation von HipHop-Fans und wir verkörpern, was diese neue Generation hören möchte." Könnt ihr uns kurz umschreiben, wie diese neue Generation und somit auch eure Zielgruppe aussieht?


    Karuzo: Es gibt, glaube ich, eine Entwicklung zurück zur Normalität. In den letzten Jahren wurde viel über das Thema HipHop als Jugendkultur gesprochen und dass sich das alles sehr in Extremen bewegt. Dass sich vor allem die Jugend in Extremen bewegt, besonders in Sachen Partys, Saufen, was weiß ich, was. Es gibt die ganz Braven und die ganz Krassen. Und ich glaube, dass sich das so entwickelt, dass es irgendwann einfach eine große Masse gibt, die ganz normal ist. Ganz normale Jungs und Mädels, die Bock auf guten HipHop haben und denen die ganz krassen Sachen zu krass und die soften Sachen zu soft sind. Eine Nummer härter als Cro, aber Automatikk ist ihnen auch zu stramm, also suchen sie sich guten, echten HipHop dazwischen – und das sind wir.


    rappers.in: Ihr habt ebenfalls sinngemäß gesagt, dass "HipHop diejenigen auffängt, die am Rand stehen". Glaubt ihr, dass das immer so gewesen oder erst mit der Zeit gekommen ist?


    Karuzo: Auf jeden Fall. Das ist, wie damals Rock'n'Roll auch, eine junge Bewegung. HipHop hat so eine Außenseiterrolle am Rand der Gesellschaft, wenn man es so will. Wenn man in diesem Bereich affin ist, findet man einfach schnell seine Rückzugsmöglichkeit. Außenseitermucke kann man bei den heutigen Verkaufszahlen zwar auch nicht mehr sagen, aber das ist auf jeden Fall das, wo es herkommt, und das schwingt immer latent mit.


    rappers.in: Und was glaubt ihr, warum gerade HipHop ein Medium ist, über das sich Leute ausdrücken oder darin wiederfinden können, die sonst gegebenenfalls als Minderheiten gelten würden? Oder ist das kein HipHop-, sondern allgemein ein Kunst-Phänomen?


    Karuzo: Das ist ein allgemeines Kunst-Phänomen. Es gibt eine riesige Deutschrap-Community und die ist sehr viel im Internet unterwegs, deshalb bekommt man das so mit. Andere Genres wie Punkrock oder Indierock haben nicht ein so krasses Internetding, aber trotzdem eine riesige Szene. Die verkaufen ja auch viele Platten und haben erfolgreiche Künstler und da gibt's auch 100.000 Kids, die sich damit identifizieren können. Das ist nicht nur HipHop-gebunden, sondern allgemein Kunst. Und unsere Musik hat auf jeden Fall das Potenzial, das alles zu bündeln.



    rappers.in: Kommen wir mal zu euren Inhalten. Zu "Foetus"- und "Voodoozirkus"-Zeiten waren eure Masken noch mehr oder weniger die Clownsschminke – das hat sich damals auch auf die Track-Inhalte ausgewirkt. Auf "D.N.A." tragt ihr hingegen Alienmasken und seid von der Clown- in die Alienrolle reingerutscht. Wie eng sind eure Masken mit der Musik, die ihr mit ihnen macht, verbunden?


    Karuzo: Gar nicht und komplett. (lacht) Das, was wir jetzt tragen, ist eine Weiterentwicklung der Schminke und unsere Musik jetzt ist auch eine Weiterentwicklung von dem, was wir vorher gemacht haben. Das ist einfach das "next Level". Bei uns gibt's halt jedes Mal ein Update – sowohl im Sound als auch visuell. Insofern ist das schon miteinander verknüpft. Aber trotzdem ist auch alles eigenständig.


    rappers.in: Ihr würdet also auch nicht ausschließen, dass sich euer Äußeres noch mal verändern könnte?


    Sikk: Kann passieren, ja.


    Karuzo: Wenn wir Bock haben und der Sound der nächsten Platte zu etwas Anderem besser passt, machen wir auch das.


    rappers.in: Generell soll es ja keinen Song von euch zwei Mal geben, weder thematisch noch Feature-technisch. Fällt es euch dadurch im Lauf der Jahre nicht immer schwerer, neue Tracks zu schreiben?


    Karuzo: So featuregeil sind wir ja sowieso nicht.


    Sikk: Wir suchen auch keine Features. Wenn's passt, dann passt es. Es kann auch passieren, dass jemand zwei Mal gefeaturet wird.


    Karuzo: Genau, aber dann nach Möglichkeit nicht der gleiche Track. Mit MoTrip hatten wir ja auch zuerst so einen Representer und auf dem "Outro" vom Album dann ein komplett anderes Feeling. Das ist einfach ein komplett anderer Track geworden, der sich stark vom ersten unterscheidet. Wie Sikk sagt: Es werden keine Features gesucht. Manchmal schreib' ich einen Track und 'ne Hook und dann zeig' ich Sikk das, frag' ihn, wer da gut drauf passen würde, und dann versuchen wir mal, da anzurufen. Aber eigentlich auch nicht mit Fremden. Wir machen Features normalerweise, wenn wir jemanden kennen oder sich halt was ergibt.


    rappers.in: Es fällt euch also auch nicht schwer, über die Jahre hinweg immer neue Themen für eure Texte zu finden?


    Karuzo: Ich hoffe, dass uns immer wieder was einfällt. Klar, es gibt auch Representertracks, in denen nicht sonderlich viele Themen drinstecken. Das sind halt Sachen, die natürlich wiederkehren.


    rappers.in: Dank dem Song "König der Lügner" könnt ihr thematisch natürlich auch tief in die Trickkiste greifen und so ziemlich über alles rappen – können wir irgendwann vielleicht nochmal komplett andere Themen, abseits der Clown- und Alienrolle, von euch erwarten?


    Sikk: Wenn wir Bock haben, behandeln wir auch komplett andere Themen. Und wenn nicht, dann nicht.


    Karuzo: Wenn uns jetzt Sachen inspirieren, die komplett anders sind, als das, was uns bisher inspiriert hat, kann das auf jeden Fall passieren. Wir machen einfach, worauf wir Bock haben und lassen uns nicht einschränken – egal, worum es geht.


    Sikk: Wir akzeptieren auch gar nicht so viel, wie man immer meint. Wir machen.


    rappers.in: Und wie kann man mit anderen Künstlern Tracks zusammen machen, ohne sich im Geringsten beeinflussen zu lassen?


    Karuzo: Wenn wir für unser Album featuren, machen wir auch die Vorgabe, weil es ja unser Album ist. Wenn wir den Track sozusagen anbieten, müssen also die Anderen schauen, wie sie dazu passen, nicht wir. Wir waren bisher auch noch auf keinem anderen Release als auf unseren eigenen. Es wird so ein paar Sachen in Zukunft geben, aber das werden Ausnahmen bleiben. Und dann schauen wir mal, wie wir dieses Problem lösen werden – bisher hatten wir das noch nicht.



    rappers.in: Selbst habt ihr aktuell viel Einfluss auf andere Künstler. Ihr habt mal erwähnt, dass es möglich sei, dass ihr als Vorreiter in der Deutschrapszene angesehen werden könntet und sich andere Künstler an euch vielleicht orientieren werden. Was denkt ihr, wie viele Genetikk-Nachahmer in den nächsten Jahren auf der Bildoberfläche erscheinen werden?


    Karuzo: Das wird die Zeit zeigen, das kann man so nicht sagen. Im Idealfall werden die Leute sagen: "Das ist für mich eine Inspiration". Das mit den Nachahmern ist immer so eine Sache ... Wir sind beispielsweise ja auch keine Wu-Tang-Nachahmer, sondern machen schon unser eigenes Ding. Der Clan ist nur eine von vielen Inspirationsquellen für uns, aber es gibt noch tausend andere Sachen. Wie wir mit anderen Deutschrappern früher werden jetzt aber auch Kids mit unserer Mucke groß und das wird deren Soundbild prägen und deswegen wird es in diesem Sinne keine Nachahmer geben, sondern Leute, die sich von uns inspirieren lassen ...


    rappers.in: In der Vergangenheit habt ihr mal in Paris gelebt und seid allgemein viel mit der französischen Kultur in Kontakt getreten. Könntet ihr euch für die Zukunft weitere Kooperationen mit französischen Künstlern vorstellen, die hier in Deutschland Bestand haben?


    Sikk: Natürlich, wenn's passt, machen wir's.


    Karuzo: Da hat sich bis jetzt halt nur noch nichts ergeben. Vielleicht haben wir aber auch auf dem nächsten Album einen Track, bei dem wir sagen: "Okay, da muss jetzt der und der Franzose mit drauf". Und wenn man den Kontakt dann irgendwie herstellen kann, versucht man das auch. Aber es muss halt passen. Wir werden mit niemandem einen Track machen, weil wir ihn cool finden. Das wird so ablaufen: Wir machen einen Track und dann kann man sagen, wer das Ding vielleicht noch rund machen und dem Track etwas geben könnte, was wir ihm nicht geben können. Das ist zwar sehr selten der Fall, kann aber passieren.


    rappers.in: Eure aktuelle Heimat ist ja das Saarland. Hat es euch zur Albumproduktion denn auch in andere Städte verschlagen? Und könnt ihr euch generell vorstellen, das Saarland der Musik halber mal ein paar Jahre zu verlassen? Vielleicht sogar ganz Deutschland?


    Karuzo: Generell schon. Im Süden leben wäre cool.


    Sikk: Aber wenn, dann ins Ausland.


    Karuzo: Ja. Es gibt keinen Grund, innerhalb Deutschlands umzuziehen. Höchstens, wenn sich das ergibt.


    rappers.in: Das heißt, ihr habt auch euer komplettes Album in Saarbrücken produziert?


    Karuzo: Ja. Also, produziert haben wir zu Hause, aufgenommen in Düsseldorf. Es gibt für uns keinen Grund, das umzustellen – wegen der Musik werden wir nicht umziehen müssen. Warum auch, uns redet niemand rein und wir machen alles selbst. Ansonsten fährt man halt einmal für eine Woche durch die Republik und nimmt das Album auf, aber das ist ja kein Thema. Deshalb: Warum weg da?


    rappers.in: Wir hätten jetzt noch gerne einen Ausblick in die Zukunft. Im Prinzip beginnt ihr ja immer mit einem neuen Projekt, sobald das alte abgeschlossen ist. Sitzt ihr somit schon am vierten Album oder habt zumindest schon Ideen dafür?


    Sikk: Wir haben Ideen, aber jetzt touren wir erst mal von September bis Dezember.


    Karuzo: Wir sind natürlich schon in der Akkumulationsphase. Es wird gesammelt, dann schaut man, worauf man Bock hat und versucht, eine Vorstellung zu entwickeln. Wir sind schon wieder dran, aber jetzt ist erst einmal Pause.


    rappers.in: Ihr habt gerade schon die Tour, euer nächstes großes Projekt, erwähnt. Zum Abschluss würden wir gerne wissen, ob es da eine Stadt gibt, die ihr schon immer besuchen wolltet, oder ob ihr euch auf etwas Anderes auf der Tour freut?


    Karuzo: Nee, da gibt's jetzt nichts. Aber wir sind dieses Mal im Osten unterwegs. Das ist auf jeden Fall cool, da waren wir auf der letzten Tour nämlich nicht. Wir sind in Österreich und der Schweiz, das wird oft ein bisschen vernachlässigt, da freuen wir uns auch sehr drauf. Ansonsten hoffen wir, dass die Leute überall Bock auf uns haben – der Vorverkauf läuft auf jeden Fall super, in manchen Städten wird es sogar schon eng. Es gibt halt ein paar HipHop-Hochburgen wie Hamburg und Frankfurt, in denen wir immer gern gesehen sind, aber das heißt nicht, dass man in Köln jetzt nicht krass abgehen kann und ich glaube, das wird auch einer unserer größten Gigs. Wie auch immer – wir freuen uns auf zwei Stunden "D.N.A."-Universum. Abtauchen und dann passt das.



    (Kristina Scheuner & Niklas Potthoff)
    (Fotos von Antonia Sturma)

  • Sikk redet voll wenig, und Karuzo gibt eig. das Interview.
    Gibt's ein Video wo Sick den Außsetzter hatte?

  • Ihr habt euch sicher viel mühe gegeben aber nach gefühlten 10k interviews in denen Karuzo das selbe von sich gibt les ich mir das nicht mehr durch^^ Die eins intressiert uns nicht bla bla^^ Gottseidank ist deren Beruf nicht interviews geben. Und sie bringen weiterhin gute musik raus :)

  • Zitat

    Original von DemonRap
    Mich würde ja mal interessieren, wer der dritte Typ auf den Fotos ist.


    Breit MC.

    you son of a bitch, she said, I am
    trying to build a meaningful
    relationship.


    you can't build it with a hammer,
    he said.

  • Zitat

    Original von DemonRap
    Mich würde ja mal interessieren, wer der dritte Typ auf den Fotos ist.


    Rizmo. Auch ein Bestandteil von Genetikk. Er ist an den Turntables, wenn Sikk für Karuzo den Backup macht. Soll anscheinend sogar Sikks Bruder sein, aber keine Ahnung ob das stimmt. Den selben unmotivierten und genervten Blick hat er jedenfalls schonmal drauf.

  • Da sind schon ein paar gute Fragen dabei. Interessant fand ich zu erfahren, für welche Zielgruppe sie meinen ihre Musik zu machen.
    Die anderen Fragen fallen größtenteils in die Kategorie "good to know", aber mehr auch nicht. Anscheinend hatten die auch nicht so dolle Bock gehabt. :)


    Zitat

    Original von Acedia
    Fazit: Wen interessierts.


    Na anscheinend dich. Oder zeigst du dein Desinteresse durch Interesse an deren Interviews?

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