01. Intro
02. Wieder zurück
03. Halt dein Maul
04. Peilerman und Flow Teil 5
05. Ich und meine Maske
06. Pack schlägt sich, Pack verträgt sich feat. Azad
07. Peilerman und Flow Teil 6
08. Augen auf
09. Herz
10. Peilerman und Flow Teil 7
11. Strip für mich feat. Kitty Kat
12. Carmen
13. Peilerman und Flow Teil 8
14. Scheiß drauf
15. Unser Leben feat. Fler & Shizoe
16. Nein! feat. Doreen
17. Schule feat. Alpa Gun & Greckoe
18. Jeder kriegt, was er verdient feat. Tony D
19. Danke
20. Aggrokalypse feat. B-Tight, Fler & Kitty Kat
Bonus CD
01. Mario Barth Intro
02. Ich bin so gaga feat. Bass Sultan Hengzt
03. Tage feat. Harris & Pillath
04. Beweg deinen Arsch feat. Scooter, Kitty Kat & Tony D
05. Wenn die Bosse reden feat. B-Tight
06. Ich und meine Katze feat. Kitty Kat
07. Deine Eltern
08. Kanacks und Hools feat. Joe Rille
09. Meine Gang feat. Die Sekte
10. Halt dein Maul Remix feat. Kitty Kat, Willi Murda & Automatikk
Mathe war schon immer mein größter Gegenspieler, aber in diesem Fall liegt die Lösung zu meiner Schande erst nach reiflicher Überlegung, auf der Hand: Erstes Album: Maske. Zweites Album: Ich. Daraus folgt: Ich und meine Maske. Sidos drittes Album liegt auf dem von Kaffeeflecken verzierten Tisch vor mir. Die Erwartungen sind hoch; Sido gilt als Entertainer, der es immer verstanden hat, Musik mit Biss zu machen.
Eigentlich fängt es gut an. Wer sich von Joachim Kerzel (deutsche Synchronstimme von u.a. Jack Nicholson) ein Intro sprechen lässt, hat den Entertainment-Stier bei den Hörnern gepackt. So geht es dann auch los. Denn auch wenn das Instrumental von "Wieder zurück" stark an Seite 20 aus "Wie klaue ich einen Beat?" erinnert; Siggi ist in verbaler Höchstform und schießt munter gegen die Gesellschaft, Gesetze und "Herr Polizei". Garniert wird das ganze mit einer eingängigen Hook.
"Ich scheiß auf deine Sitten, deine Ethik, deine Regeln/
Ich kann das alleine regeln, ich kann was einfädeln/
Gib das Gesetzbuch her, ich kacke drauf/
Jede Woche macht Herr Staatsanwalt für mich ne neue Akte auf/"
"Halt dein Maul" weist ebenfalls die genannten Stärken auf. Der Junge aus dem MV rappt Mittelfinger und wirkt dabei nicht künstlich aufgesetzt. Bei "Ich und meine Maske" habe ich mich ehrlich gefragt, ob vielleicht ein Nate Dogg-Ersatz die Hook singen wird und das ist durchaus nicht als Kompliment gemeint. Sido hingegen brilliert ein weiteres Mal. "Pack schlägt sich, Pack verträgt sich" lebt in erster Linie von seiner Symbolwirkung. Natürlich gibt das Hammer-Instrumental dem Track die perfekte soundtechnische Untermalung. Der erste Dämpfer kommt mit "Augen auf". Man kann es einem Medienmagneten, der automatisch eine Vorbildfunktion zugesprochen bekommt, zwar in keinster Weise übel nehmen, wenn er seinen Fans eine Botschaft mitgeben will. Dies gilt vor allem dann, wenn der Track an sich eigentlich gut verpackt ist und Geschichten erzählt werden, die das Leben schreibt. Aber die Fassade des unabhängigen Sido, der nur seiner eigenen Nase folgt, fängt an zu bröckeln. Mal ganz davon abgesehen, dass hier wohl ganz eindeutig Anleihen bei Nas "I Can" genommen wurden. In "Herz" versteht es Sido, Geschichten zu erzählen, ohne selbst klare Stellung zu beziehen; manche Fragen beantwortet man eben am besten mit "Jein".
Eines meiner Album-Highlights ist eindeutig "Carmen", in der Sido sich von seiner besten Seite zeigt: der Unterhaltung. Einfach mal über einen Beat singen, der stark an "Freestyle", mit Künstlern wie Stevie B. Mitte der 90er auf jeder Breakdance-Party der Hitgarant, erinnert. Erste Sahne, viele kleine Lacher, schöne runde Sache. Ansonsten spielen die Labelkollegen des Sägeblatt-Labels gekonnt ihre Stärken aus, lediglich "Nein!" ist ein Track, der richtig unangenehm aus der Reihe tanzt. Solche unsagbar schlechten Hooks sollten exklusiv für Grinsebäckchen Dieter Bohlens Schergen vorbehalten bleiben. Für immer.
Überraschend positiv ist die Bonus-CD. 10 Tracks, darunter mehrere Banger im Stile von "Ich bin so gaga". Zusammen mit Bass Sultan Hengzt wird hier ganz im Stile von "Endlich Wochenende" die eigene Person zelebriert. Und ganz ehrlich: Wenn es sich jemals gelohnt haben sollte, sich eine Bonus-CD zu kaufen, dann hier: Unglaublich, wie viel Hitpotential diese Tracks haben.
Was bleibt zu sagen? Das Negative an der ganzen Chose ist, dass Sido mittlerweile erwachsen geworden ist. An sich ist diese Erkenntnis ja erst einmal nicht weiter negativ, doch wenn man von 16 Tracks, in der gefühlten Hälfte davon Direktansagen an die Eltern hört, vergeht einem nicht nur die Laune, man fragt sich zudem auch noch, ob Sido wirklich ein neues Album aufgenommen hat, oder ob die vorliegende Scheibe nicht eine gerappte Presseerklärung an die BPjM ist. Ja, Sido kann rappen. Nein, Sido war nie dafür berüchtigt, die ungeahntesten Flow- und Reimvariationen aneinanderzureiehn, aber JA, Sido kann entertainen. Dennoch nein, Sido gibt sich lieber damit zufrieden den Kindern ("Wach auf", "Schule", "Herz") bzw. den Erwachsenen (ebenfalls "Wach auf") eine Art Rap-Moralapostel zu mimen, um fragwürdige pädagogische Mitteilungen loszuwerden.
"Ich und meine Maske" ist ein nicht wirklich geglückter Versuch, die Kluft zwischen der eigenen Dreistheit und der Medienpolizei (BPjM) zu überbrücken. Das Ergebnis dieses Versuchs ist ein Sido-Light. Immer dann, wenn die Aussagen kritisch werden könnten, schwimmt Sido zurück, um nicht noch einmal zu riskieren, dass seine Platte auf dem Index landet. Zu penetrant ist der moralische Beigeschmack, zu experimentierunfreudig die Musik. Sido-Light eben. Schade, da wäre durchaus noch viel Potential drin gewesen. So bleibt es "lediglich" ein gutes Rap-Album.
(Hakanonym)
[REDBEW]117 [/REDBEW]
Bewerte diese CD:
[reframe]reviewthread.php?reviewid=117 [/reframe]
[azlink]Sido - Ich und meine Maske [/azlink]