Interview: Fatoni


  • Der Münchner Rapper Fatoni veröffentlicht in wenigen Tagen das in Zusammenarbeit mit seinem Mitbürger Edgar Wasser entstandene Kollaboalbum "Nocebo". Wir trafen den Artist vorab schon mal zum Interview, wo er uns innerhalb einer Pre-Listeningsession auch gleich in die neue Platte reinhören ließ. In der darauf folgenden Fragerunde redeten wir mit dem ehemaligen Creme-Fresh-Mitglied ein wenig über die kommende LP mit Edgar, dessen Karrierelaufbahn und die Idee, die hinter Titel und Cover steckt. Außerdem ließ Fatoni es sich nicht nehmen, noch einige andere interessante Gesprächsthemen ausführlich zu behandeln ...


    rappers.in: Du arbeitest bereits seit längerer Zeit mit Edgar Wasser zusammen und veröffentlichst nun im September auch ein Kollaboalbum namens "Nocebo" mit ihm. Wie kam der erstmalige Kontakt zwischen euch beiden zustande?


    Fatoni: Ich habe ihn 2011 in München mal als Vorgruppe für Creme Fresh gebucht. Da war er noch nicht so bekannt wie jetzt und hat mir einfach hervorragend gefallen. Seine erste EP war draußen und er hatte bisher noch keine Auftritte. Das war ein bisschen krass, weil er ein Rapper aus München war, den ich noch nie gesehen hatte und den auch keiner in der Szene kannte, also nicht perönlich. Ich hab' ihn einfach bei Facebook angeschrieben und er hat bei uns gespielt. Das war seine dritte Show – die ersten beiden waren kleinere Konzerte. Und er war damals schon voll krass. Die meisten Leute sind bei ihren ersten zwei, drei Konzerten nicht so geil, aber er hatte diese große Halle einfach völlig unter Kontrolle. Danach haben wir gesagt: "Lass uns mal einen Track machen." Den haben wir dann auf meiner Releaseparty gespielt und das war so gut, dass wir uns sagten: "Lass uns doch mal vier, fünf Tracks machen." Und dann haben wir einfach nie aufgehört, Tracks zu machen, weil wir immer dachten, dass das noch besser werden kann. So ist das Ganze ein Album geworden. Aber der erste Kontakt kam über Facebook.


    rappers.in: Hattest du zeitweise das Gefühl, dass du für ihn eine Position als Mentor eingenommen hast?


    Fatoni: Nein, auf keinen Fall. Das ist mir auch ein wenig unangenehm, weil es neulich in der Süddeutschen Zeitung so 'nen Artikel über mich gab, in dem das auch drin stand. Das stimmt aber nicht und das möchte ich mir auch nicht anmaßen – das ist nicht meine Rolle gewesen. Einfach, weil ich ihm nur zwei Gigs verschafft habe ... Aber das wäre alles so oder so passiert, ob ich das jetzt gemacht hätte oder nicht. Seine Qualität hat sich durchgesetzt. Ich hab' ihn auch nicht gepusht – ich bin ja nicht Samy Deluxe, der einmal was postet und jemandem damit sofort eine Fanbase verschafft. Ich fand ihn gut und wir haben was gemacht.


    rappers.in: Aber du warst auf jeden Fall einer der ersten, die in der Rapszene auf ihn aufmerksam geworden sind, oder?


    Fatoni: Ja, wahrscheinlich schon. Ich hab' ihn aber auch von einem anderen Rapper gezeigt bekommen. Von Hollunder von Blumentopf. Der meinte in irgendeinem Backstageraum: "Hey, kennst du eigentlich diesen Edgar Wasser?" Und ich meinte nur: "Ja, ich hab' schon mal irgendwas von ihm gehört", und er nur so: "Hör mal." Hab' mir gleich Kopfhörer aufgesetzt. Das war ein Track von seiner ersten EP, da rappte er: "Leute sagen, ich hätte nicht alle Tassen im Schrank – was für ein Schrank?" Dann dacht' ich: "Was für ein geiler Typ." Dann kamen die Gigs und eben der erste gemeinsame Track. Aber Blumentopf hat ihn ja zum Beispiel auch mit auf Tour genommen ...


    rappers.in: Was, glaubst du, hebt Edgar Wasser denn von anderen Rappern in der Deutschrapszene ab? Was hat dich von Anfang an so an ihm begeistert?


    Fatoni: Ich weiß noch: Als Hollunder mir die Kopfhörer gegeben hat, habe ich nicht viel erwartet, weil mittlerweile jeder rappt. Er hat halt echt – und das ist bei der Anzahl an Rappern, die es gibt, nicht sehr häufig – einen eigenen Stil. Stimmlich, aber auch vor allem, was das Schreiben angeht. Diese "Was für 'n Schrank?"-Line ... Da wär' ich nie drauf gekommen. Da wäre, glaube ich, niemand drauf gekommen, das ist ein ganz eigener Humor. Und das macht ihn aus: Intelligenz und Talent.


    rappers.in: Kommen wir mal auf euer anstehendes Album zu sprechen: Was genau ist dieses "Nocebo"? Seid ihr das selbst oder ist das euer Album? Und wer ist der Patient?


    Fatoni: Ich finde das ganz schwierig. Ich würde es gerne den Leuten, die die Platte hören, als Interpretationsraum überlassen und das nicht so direkt beantworten.


    rappers.in: In diesem Zusammenhang haben wir dir ein Zitat mitgebracht, das da lautet: "Wir sind, was wir vorgeben zu sein, also müssen wir vorsichtig sein, als was wir uns ausgeben." Findest du das allgemein richtig und: warum?


    Fatoni: Klar, gerade wenn man im Showbusiness-Bereich bleibt. Wenn man nicht will, dass man für irgendwas steht, dann aber ins Blaue hinein irgendwas macht und im Nachhinein dann doch für etwas steht, das man gar nicht wollte ... Dann hätte man vielleicht darüber besser nachdenken sollen. Das ist jetzt sehr allgemein gesprochen.


    rappers.in: Darf man sich denn bewusst eine Rolle aneignen beziehungsweise darf man auch im Rap wie in jeder Kunstform eine Geschichte erzählen?


    Fatoni: Für mich absolut. Man darf alles, mittlerweile. Ich bin jetzt nicht so ein Realnesstyp.


    rappers.in: Kannst du etwas mit Imagerap anfangen?


    Fatoni: Ich finde das meistens zu Schubladen-mäßig. Imagerap ist für mich ein zu großer Begriff. Ich kann bestimmt mit manchen Leuten was anfangen, die sogenannten Imagerap machen oder zumindest stellenweise etwas mit der Richtung anfangen. Aber in gewisser Weise macht ja jeder Imagerap, selbst, wenn man sich das nicht bewusst aussucht. Ich möchte jetzt auch nicht die ganze Zeit über andere Leute reden, aber als Fan von Leuten, die gut mit Sprache umgehen können, erkenne ich beispielsweise an einem Kollegah, dass er das wahnsinnig gut kann und er hat mich auch schon mit vielen Lines unglaublich erfreut. Es ist nicht so, dass ich alles scheiße finde, was er macht, nur weil ich jetzt nicht die ganze Zeit seine Musik höre. Der zum Beispiel kann schon was. Oder, was auch definitiv Imagerap ist und was ich jetzt nicht zu 100 Prozent geil finde, aber stellenweise ganz krass ist, ist Alligatoah. Da würde wahrscheinlich keiner denken, dass ich das gut finde.



    rappers.in: Ich würde das schon denken. Was Alligatoah macht, ist für mich auch mehr Schauspiel- statt Imagerap. Imagerap ist für mich jemand, der sich krasser in seine Rolle reindenkt, wie beispielsweise ein Kollegah, der sich ja auch äußerlich verändert hat.


    Fatoni: ... und bestimmt auch privat. Das finde ich sehr interessant, soziologisch gesehen. Aber er ist trotzdem niemand, der sich komplett ernst nimmt. Ich kann auch wunderbar über diese Promovideos lachen, wo er beispielsweise mit Farid Bang auf der Couch sitzt und sie ihre Pakete ankündigen. Humor haben sie auf jeden Fall. Und Alligatoah sagt ja auch nicht irgendwie, dass er dieses und jenes wäre. Der macht einfach alles und schlüpft in irgendwelche Geschichten.


    rappers.in: Kommen wir mal wieder zu eurem Album zurück: Kannst du zusammenfassen, um was es auf der Platte geht?


    Fatoni: Es gibt verschiedene Sachen auf dem Album. Es gibt Rap-Rap – das ist Rap über Rap, das machen wir auf jeden Fall. Dann hatte ich immer ein bisschen das Gefühl beim Hören, dass da ein Anfang 20-Jähriger und ein Ende 20-Jähriger mit seinen Gedanken und Problemen ist. Das merk' zumindest ich sehr an manchen Stellen. Dann gibt's einige Tracks, die sich mit diesem Stagnations-Gefühl befassen, das momentan auch im Rap herrscht. Dieses "Generation kein Plan"-Ding. Das ist auch schrecklich, mach' ich aber selbst ganz oft. Einfach "Generation" sagen und dann irgendwie betiteln. (lacht) Und Punchline-Rap.


    rappers.in: Was ich auf jeden Fall sehr stimmig finde, ist der von euch beiden geteilte Humor.


    Fatoni: Auf jeden Fall. Das war auch ein Antrieb beim Machen der Platte und ein großer Vorteil, dass wir oft einen Humor teilen.


    rappers.in: Wie sucht man sich denn überhaupt einen geeigneten Rap-Partner für ein Kollaboalbum aus?


    Fatoni: Das ist wie bei der Partnerwahl: Er muss gut riechen und gute Flows haben. (lacht) Ich kann da natürlich nur für mich sprechen, aber ich muss den anderen auf jeden Fall relativ viel feiern. Ich könnte kein Album mit jemandem machen, den ich nicht wirklich geil finde. 'Nen Track vielleicht schon, aber ein Album nicht. Und privat muss es auch passen. Ich mach' keine Rapmusik für Geld, wo man in solchen Businessmoves denkt.


    rappers.in: Gibt es für dich dann nur die Möglichkeit, Musik mit Leuten zu machen, mit denen du befreundet bist, oder gibt es da auch noch eine andere Ebene, auf der man sagt: Okay, das ist halt musikalisch stimmig.


    Fatoni: Doch, das gibt es auch. Ich hab' ja auch schon öfter einzelne Tracks mit Leuten gemacht, die jetzt nicht meine engeren Freunde sind. Man kennt viele Leute, die aber räumlich gesehen zu weit entfernt leben. Es gibt ein paar, mit denen ich mir vorstellen könnte, ein Album zu machen, aber das können dann keine wirklich engen Freunde sein, weil man sich so selten sieht. Es sind oft Leute, die man in der Rap-Welt kennengelernt hat. Der Anfang war Musik – man merkt, dass man was Ähnliches macht in einer Sparte von deutschem Rap. Und wenn's dann auch noch persönlich cool ist, kann man da was starten ... Ich kenne inzwischen viele Leute, mit denen ich befreundet bin, obwohl man sich nur ein, zwei Mal im Jahr sieht. Bei den Musikkumpels von mir ist das immer so eine komische Mischung aus Kollegentum und Freundschaft. Dexter ist zum Beispiel ein guter Freund von mir, aber wir sehen uns nicht so oft.


    rappers.in: In unserem Interview vom letzten Jahr hast du zum Thema Zusammenarbeit mit deiner ehemaligen Crew Creme Fresh gesagt, dass du dich auf den Crewalben teilweise verbiegen musstest. War das dieses Mal auch der Fall oder konntest du dich auf "Nocebo" mehr selbst entfalten?


    Fatoni: Das konnte ich auf jeden Fall. Das liegt auch daran, dass wir keine Band oder Crew sind, Edgar und ich. Es gab nie den Gedanken, wie die Platte klingen soll. Wir haben einfach Tracks gemacht und irgendwann gesagt: "Du schreibst irgend 'ne Strophe, und dann schreib' ich irgend 'ne Strophe, die vielleicht einen ganz anderen Blickwinkel und nur ansatzweise was mit dem Grundthema zu tun hat." Wir haben uns überhaupt nicht gegenseitig beschränkt, was für mich total cool und erfrischend war. Ich mach' sehr gerne mit anderen Leuten Songs. Das geht auch schneller als allein. Aber wenn man zehn Jahre 'ne Band hatte ... das Soloalbum war schon anstrengend. Langsam kann ich es besser, ich mach' gerade auch wieder viele Solo-Tracks und plane zwei Platten. Mit Edgar war es einfach so, dass wir viele Tracks zusammen gemacht haben und es keinen Anpassungsbedarf gab. Wir haben uns nie gegenseitig reingesprochen. Natürlich gab es Kritik, aber wir haben nie gesagt, dass da irgendwas nicht zu 'nem Song passt. Es gibt immer Kompromisse, wenn man mit anderen Leuten ein Projekt macht. Zum Beispiel, als wir uns entscheiden mussten, zu welchem Song wir jetzt ein Video drehen und auf welchen Kanal es kommt. Da gibt es dann immer mehrere Meinungen und man muss sich irgendwie finden, aber musikalisch gab es da nichts. Es gab vielleicht mal Beats, die ich oder er nicht wollte, aber die haben wir dann einfach für Solo-Tracks benutzt.


    rappers.in: Gerade die gemeinsame Beatwahl stelle ich mir sehr schwierig vor ...


    Fatoni: Eigentlich gar nicht. Es gab auch keinen Druck bei der Platte oder das Ziel, dass sie irgendwann fertig sein musste. Wir haben für heutige Verhältnisse auch echt lange daran gearbeitet, weil wir parallel immer andere Sachen gemacht haben. Das war einfach so: Wenn wir beide einen Beat gefeiert haben, haben wir den genommen. Am Anfang, als wir noch gesagt haben, dass wir eine EP machen, hatten wir die Idee, dass wir uns zuerst die Instrumentals suchen und dann die Tracks machen. Das wollte ich nämlich schon immer mal so machen, ist aber nichts geworden.


    rappers.in: Was hat es eigentlich mit dieser abstrakten Cover-Idee auf sich und inwiefern hängt das Artwork mit dem Titel "Nocebo" zusammen?


    Fatoni: Ich hab' eine alte Freundin, Malin Schoenberg – sie ist Künstlerin und Designerin und das ist voll ihr Stil. Ich hab's Edgar vorgeschlagen, ihm ihr Zeug gezeigt und dann haben wir sie darum gebeten, das zu machen. Wir haben ihr den Titel gesagt, ein paar Tracks gezeigt und daraus ist das dann entstanden. Ich glaube, dass der Titel und die Musik von uns sie einfach dazu inspiriert haben.


    rappers.in: Nun hätten wir gerne noch einen Ausblick in die Zukunft: Arbeitest du aktuell an einem neuen Album und wird es bei dir jetzt erst mal wieder solotechnisch weitergehen?


    Fatoni: Der Plan ist gerade, dass als nächstes eine Free-EP von mir herauskommt und dann – ich weiß noch nicht, wie es heißt, wie lang es wird oder wann es rauskommt – eine Platte mit Dexter. Die kommt dann über Wortsport raus – steht alles schon fest. Davor will ich eine Free-EP machen, weil ich schon einige Tracks hab', die nicht auf Dexter-Beats sind. Er hat ja auch einen krass eigenen Style – sobald ein Dexter-Beat anfängt, erkenn' ich das sofort.


    rappers.in: Dexter rappt ja auch. Werdet ihr auf dem Album beide rappen oder macht er nur die Beats?


    Fatoni: Ich finde, dass Dexter voll der gute Rapper ist, aber das wird 'ne Rap-Platte von mir. Er macht die Beats.


    rappers.in: Kommen wir zu einem ganz anderen Thema: Uns stehen die Bundestagswahlen bevor. Wir würden gerne von dir wissen, was für dich allgemein ausschlaggebende Themen sind, die du beim Wählen berücksichtigst beziehungsweise, ob du überhaupt wählen gehst.


    Fatoni: Ich gehe wahrscheinlich schon wählen, kann aber nicht sagen, dass es voll wichtig wäre, wählen zu gehen, weil ich leider nicht so sehr an dieses Konzept glaube. Ich werde meine Stimme abgeben, aber ich glaube, dass Demokratie so nicht funktioniert. Die Leute haben, glaube ich, auch das Bedürfnis, wählen zu gehen. Sie haben dann ein gutes Gewissen und denken, dass sie ihren Teil zur Demokratie beigetragen und zumindest versucht haben, ein Übel zu verhindern. Aber du veränderst dadurch nichts.


    rappers.in: Warum gehst du dann wählen?


    Fatoni: Um ein gutes Gewissen zu haben und zu denken, dass ich meinen Beitrag geleistet habe. (alle lachen)



    rappers.in: Es gibt also keine Themen, die dich so sehr bewegen, dass du deswegen wählen gehst? Weil du vielleicht das Gefühl hast, etwas in Bezug auf diese Themen zu beeinflussen?


    Fatoni: Doch, deswegen geh' ich wahrscheinlich wählen. Aber ich will nicht als Aussage "Geht wählen!" sagen, weil ich daran im Endeffekt nicht glaube. Die Leute sollen wählen gehen oder nicht. So fängt politisches Denken nicht an. Man kann ein Bewusstsein dafür entwickeln und man kann auch aktiv sein, aber das ist nicht damit getan, dass man eine Stimme irgendwo abgegeben hat.


    rappers.in: Wie Afrob kürzlich ankündigte, setzt er sich im Bezug auf das Kanzlerduell für Angela Merkel ein. Wie beurteilst du es, wenn andere Rapper sich derartig politisch-öffentlich engagieren?


    Fatoni: Ich hab' das gesehen und konnte es zunächst gar nicht fassen. Dann ist mir eingefallen, dass er vor vier Jahren schon mal so ein Statement gegeben hat. Damals hat er gesagt: "Schwarz/Gelb ist unser einziger Ausweg ..." Es ist halt einfach so: Rap ist nicht mehr politisch, und das sieht man gerade an sowas. Es gibt keine Haltung mehr – Rap ist Mainstream, es ist eine Form von Musik, Unterhaltung, eine Kunstform. Und dann gibt's da natürlich auch Vollidioten, die halt Vollidioten-Parteien wählen. Rap ist sozusagen einfach gesellschaftsübergreifend. Es gibt wahrscheinlich noch keinen Rapper, der wie Afrob wirklich aus der Szene stammt und jetzt die NPD wählt, aber es gibt zumindest Rapper, die – ohne es vielleicht selber zu wissen – ähnliche Werte vertreten, was zum Beispiel Geschlechteraufgaben für Mann und Frau oder Homosexualität angeht. Und was Afrob da macht, kann ich nicht verstehen. Ich weiß nicht, was mit dem passiert ist. Vielleicht hat er einfach zu viele Drogen genommen oder zu viel N24 geguckt. Mich würde ja interessieren, was Max Herre dazu sagt ... (lacht)


    rappers.in: Ich finde, dass Rap durchaus politisch ist. Ich würde nur nicht erwarten, dass Rapper wie Afrob für die Werte besagter Partei einstehen.


    Fatoni: Es ist auch völlig absurd, wenn du dir anhörst, was er teilweise früher für Tracks gemacht hat. Ich bin da ein bisschen am Hadern. Ich fand das früher total schlimm und find' das eigentlich auch immer noch scheiße, aber es ist halt eine Entwicklung. Wenn man sich Jugendkulturen mal anguckt, haben die sich ganz oft so entwickelt... Und HipHop ist das beste Beispiel, weil es ja mal eine Jugendkultur war. Es ist aber keine mehr, da HipHop inzwischen weltweit das größte und erfolgreichste Ding im Popbereich ist, wenn ich das richtig mitbekomme. Und dann ist mir klar, dass auch – aus meiner Sicht – Vollidioten das hören und dann diese Musik machen. Das ist so, als würde man über Rock reden und darüber, dass alle, die Rock hören und machen, eine politische Richtung hätten. Das ist der klassische Weg von einer Jugendkultur und Stilrichtung, die irgendwann mal neu war und am Anfang ganz klar versucht hat, sich gegen etwas zu stellen und alternativ zu sein. Ich mein', Rap in Deutschland musste in den frühen 90ern politisch sein. Wenn du nicht links-politisch warst und keine Aussagen hattest, warst du halt einfach nicht cool. Das ist auch nichts, was ich unbedingt gut finde – und deswegen waren Fanta4 ja verhasst. Wenn du dir die ersten Rap-Songs anhörst, zum Beispiel "Fremd im eigenen Land". Klar, das war Konsens – du konntest nicht Spaß-Hippi-Hoppi machen. Und mittlerweile kannst du alles machen, es ist alles erlaubt. Nicht die Sachen, die in der normalen Gesellschaft auch nicht erlaubt sind ... aber eigentlich ist Rap nicht mehr viel linker als der Rest der Gesellschaft ist, weil er einfach überall vertreten ist.


    rappers.in: In den USA ist es ja so, dass sich dauernd prominente Leute für den Präsidenten einsetzen, aber in Deutschland ist es jetzt das erste Mal, dass ich das von einem Rapper hierzulande mitbekommen habe ...


    Fatoni: Ich hoffe nicht, dass sich noch jemand Anderes meldet ... Also nicht für die CDU/CSU oder FDP. (lacht) Das Ding ist: Natürlich bin ich mit Afrob aufgewachsen, ich hör' ja auch echt lange Rap, und wenn du dieses Album "Rolle mit HipHop" einlegen würdest, könnte ich auch heute noch ein paar Sachen mitrappen. Es ist für mich aber nicht so, dass ich allen Leuten, die ich früher gefeiert habe, noch irgendwie huldigen muss. Er ist mir eigentlich schon völlig egal geworden. Er war für mich einfach ein heute nicht mehr relevanter Künstler ... Aber letztes Jahr auf dem Splash! kam Afrob auf die Bühne und das fand ich beeindruckend, seine Präsenz. Da hab' ich auch wieder etwas künstlerischen Respekt für ihn gewonnen.


    rappers.in: Zum Abschluss: Dein aktuelles Shirt trägt die Aufschrift "Die Zeit heilt alle Hypes". Gibt es auch außerhalb der Deutschrapszene einige Hypes, die unbedingt geheilt werden müssen?


    Fatoni: (grinst) Das Allerschlimmste in Deutschland sind diese Junggesellen-Abschiedspartys in den Innenstädten und ICEs jeden Samstag. Ich fahr' samstags viel Bahn und da sind dann immer solche Vollidioten, die einen belästigen. Leute, die sich T-Shirts drucken lassen für diese Scheiß-Veranstaltung: "Ab morgen lebenslänglich". Und der Bräutigam trägt 'ne Gefängniskugel am Bein oder ein Ganzkörperkondom. Das Problem ist, dass die einen belästigen und sich morgens im ICE betrinken. Genauso wie Fußballfans ... Und der Hype wird eh nicht mehr geheilt, mit dem Fußball. Besoffene Fußballfans nerven mich auch schon morgens in der Bahn. Und dann kommen noch diese anderen Idioten und auch die Frauengruppen, die einem irgendwas verkaufen wollen. Die sind so unkreativ und uninspiriert, diese Leute. Ich hab' ja gar nichts gegen die Grundidee, dass man sagt: "Ey, du heiratest, lass uns noch einmal so richtig dreckig ... " Aber warum so peinlich in der Öffentlichkeit, morgens. Das sind immer Provinzleute und die fahren in die nächste große Stadt. München, Köln, Frankfurt ... Ohne Scheiß: Ich wette mit dir um hundert Euro – wenn du dich samstags vor den Kölner Dom stellst, wird es keinen Tag geben, an dem diese Scheiß-Spasten nicht vorbeikommen. Ich denk' mir immer, dass diese Idiotengruppen irgendwann aufeinandertreffen müssen: Sollen sie sich doch gegenseitig langweilen und penetrieren. Es gibt ja pro Hochzeit zwei dieser behinderten Veranstaltungen. Dann soll die Braut nach Berlin fahren, der Bräutigam nach Hamburg, und dann treffen sie da andere und sollen zusammen riesen Gangbangpartys feiern. Und sich Kondome verkaufen. Aber sie sollen mich in Ruhe lassen.



    (Florence Bader & Kristina Scheuner)

  • Zitat

    Fatoni: (grinst) Das Allerschlimmste in Deutschland sind diese Junggesellen-Abschiedspartys in den Innenstädten und ICEs jeden Samstag. Ich fahr' samstags viel Bahn und da sind dann immer solche Vollidioten, die einen belästigen. Leute, die sich T-Shirts drucken lassen für diese Scheiß-Veranstaltung: "Ab morgen lebenslänglich". Und der Bräutigam trägt 'ne Gefängniskugel am Bein oder ein Ganzkörperkondom. Das Problem ist, dass die einen belästigen und sich morgens im ICE betrinken. Genauso wie Fußballfans ... Und der Hype wird eh nicht mehr geheilt, mit dem Fußball. Besoffene Fußballfans nerven mich auch schon morgens in der Bahn. Und dann kommen noch diese anderen Idioten und auch die Frauengruppen, die einem irgendwas verkaufen wollen. Die sind so unkreativ und uninspiriert, diese Leute. Ich hab' ja gar nichts gegen die Grundidee, dass man sagt: "Ey, du heiratest, lass uns noch einmal so richtig dreckig ... " Aber warum so peinlich in der Öffentlichkeit, morgens. Das sind immer Provinzleute und die fahren in die nächste große Stadt. München, Köln, Frankfurt ... Ohne Scheiß: Ich wette mit dir um hundert Euro – wenn du dich samstags vor den Kölner Dom stellst, wird es keinen Tag geben, an dem diese Scheiß-Spasten nicht vorbeikommen. Ich denk' mir immer, dass diese Idiotengruppen irgendwann aufeinandertreffen müssen: Sollen sie sich doch gegenseitig langweilen und penetrieren. Es gibt ja pro Hochzeit zwei dieser behinderten Veranstaltungen. Dann soll die Braut nach Berlin fahren, der Bräutigam nach Hamburg, und dann treffen sie da andere und sollen zusammen riesen Gangbangpartys feiern. Und sich Kondome verkaufen. Aber sie sollen mich in Ruhe lassen. (Florence Bader & Kristina Scheuner)


    hier musste ich gut lachen. nettes interview, sympathischer typ. hätte noch mehr lesen können. das mit afrob war auch recht amüsant.

  • Fatoni ist so ein korrekter kerl und die scheiß junggesellenabschiede sind in München echt nervig. Rap mit etwas politschen bzw. gesselschaftskritischen Inhalt taugt

    "Ich bin wie schlechte Hundebsitzer man, ich hab immer etwas auszusetzen"

  • Der letzte Absatz ist der beste. Den kann ich auch sehr gut nachfühlen. Vor allem, wenn man auf dem Weg in die Stadt ist und mit solchen Menschen an der Bahnhaltestelle warten muss und sich die Bahn auch noch verspätet. Ein Traum....

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