Da die guten Primatune-Jungs genau jetzt, während wir des Nachts dieses Special veröffentlichen, auf ihrer Releaseparty mit zig Gästen die Bühne abreißen, freut es uns natürlich besonders, euch zeitgleich ein Exclusive präsentieren zu dürfen. Das neue Album, über welches in diesem Interview ausführlich berichtet wird, gibt es also ab sofort zu erwerben. Alles weitere erfährt der aufmerksame Leser beim folgenden Frage- und Antwort-Spiel. Wir wünschen viel Spaß beim Lesen... und Hören!
rappers.in: Hallo! Fangen wir doch direkt an! Stellt euch mal vor, eure Musik wäre ein Drei-Gänge-Menü...
Fid: Also, ich bin Menü "Beats-Macher". Und auch "Rapper". Ich bin Vorspeise. Und Nachspeise. In einem!
P: Dann bin ich der Hauptgang!
PeatCut: Ich bin der Nachtisch. Süß und lecker.
rappers.in: Und was genau kommt da so auf den Tisch?
Fid: Ich würde sagen: gute Beats mit guten Raps. So als Grundzutat. Und ansonsten auch ein bisschen Style. Aber nur ein bisschen. Weder Blumenkohl noch Soße passt zu uns. Fleisch! Ich liebe Fleisch!
PeatCut: Nee, wir sind Veganer!
P: Also, ich hab' eher die Ansicht, dass alle Menschen sowieso Fleisch essen müssen! Keine Ahnung, das scheint für mich irgendwie logisch. Ich habe auch das Gefühl, dass – ohne jetzt Vegetarier anzugreifen – doch kein Fleisch auch irgendwie ungesund ist. Ich weiß nicht, ob das in unseren Genen liegt, dass wir das brauchen.
Fid: Meine Beats sind sehr fleischmäßig. Vor allem meine Snares sind sehr fleischig.
rappers.in: Ihr habt ja dieses ganze Primaten- und Evolutionsding in eurer Message. Wie sieht denn eure persönliche Evolution aus, wie habt ihr euch gefunden?
Fid: Eigentlich hat das alles im Meer angefangen. Und dann sind wir an Land gekommen. Das war in München.
PeatCut: Da das Meer ja direkt bei München liegt!
P: Also, ich bin ursprünglich ja aus der Nähe von Freiburg und hab' mit meinen Kumpels schon länger Freestyle-Sessions gemacht. Irgendwann bin ich dann wegen meinem Studium nach München. Ein Kumpel von uns hat uns dann zusammengebracht, da er meinen Rap cool fand und jemanden kannte, der gute Beats macht. Wir haben uns dann getroffen und gleich am ersten Tag einen Track zusammen gemacht. So war das.
Fid: Und dann war der DJ da. Also, der Peat war immer da.
rappers.in: Inwiefern stellt ihr eine Evolution für das aktuelle Rapgeschehen dar?
P: Gar nicht! Weil: Wir sagen ja nicht, dass wir die Weiterentwicklung von Primaten sind. Sondern unserer Ansicht nach ist jeder Primat. In Wirklichkeit ist die ganze Rasse Mensch ein wildgewordenes Pack, das durch die ganze Welt rumrandaliert. Ich finde, dazu sollte auch jeder stehen. Wir machen einfach, was uns Spaß macht und reden über Themen, die uns beschäftigen.
rappers.in: Euer Album steht ja in den Startlöchern. Was könnt ihr uns denn darüber erzählen?
Fid: Das Album hat eigentlich eine ziemlich lange Geschichte. Eigentlich haben wir seit 2005 jedes Jahr gesagt, dass ein Album kommt. Und es kommt auch. Jetzt! Wir hatten einfach immer Probleme ein Album voll zu bekommen, weil wir unsere alten Sachen immer wieder frei rausgebracht haben, weil sie uns nicht gut genug waren, um auf dem Album zu sein.
P: Es ist irgendwie so schwierig, sich hinzusetzen und ein Album zu machen und zu sagen: Das und das kommt drauf! Weil, wenn wir nach etwa vier Monaten sieben Tracks gemacht haben, fängt's schon an, dass wir den ersten Track doch nicht mehr so cool finden. Und plötzlich hatten wir zwanzig Tracks und die Hälfte davon fanden wir kacke. Und dann haben wir halt erst mal ausgemistet und die Sachen anderweitig for free rausgehauen. So ging das jetzt fünf Jahre – und ich will gar nicht davon anfangen, wie viele halbfertige Tracks wir noch rumliegen haben. Anfang des Jahres haben wir halt gesagt: Das kann nicht so weitergehen, wir müssen das Album jetzt machen! Und vier bis fünf Tracks haben es über die letzten Jahre geschafft. Der älteste ist sicher so vier, fünf Jahre alt. Und der Rest ist neu.
rappers.in: Könnt ihr uns denn schon was darüber verraten, was den Hörer inhaltlich so erwartet?
Fid: Wir haben jetzt kein richtiges Konzept fürs Album gehabt. Das ist eher die Geschichte vom Namen des Albums. 2005 haben wir ausgemacht, das Album soll "Arsch-Hirn" heißen. Es sollten Tracks für den Arsch drauf sein, also zum Tanzen und Feiern, und es sollten Tracks drauf sein, die zum Mitdenken animieren.
P: Und so ist es dann auch gekommen. Wir haben viele Tracks drauf, auf die man bouncen kann, wir haben aber auch sehr ernste Tracks drauf und sogar sehr ruhige Tracks – und Love-Zeug.
rappers.in: Gibt's denn einen roten Faden?
P: Nee, absolut keinen roten Faden!
Fid: Also, wir arbeiten halt auch definitiv bis zur letzten Sekunde dran. Das ist halt Primatune. Das war schon immer so. Immer auf den letzten Drücker. Aber irgendwie klappt das meistens auch.
rappers.in: Auf dem Album habt ihr ja ein Masta Ace-Feature. Darf man fragen, wie ihr daran gekommen seid?
P: Wir wussten eigentlich alle, dass Masta Ace mit eMC nach München kommt, und wollten da eigentlich auch unbedingt hin. Fid hatte dann irgendwie keinen Bock, worauf ich ihm gesagt hab, er soll eine Beat-CD zusammenstellen, um die denen zu geben. Ich wusste schon, dass die eMC-Leute sehr offen sind und man mit denen auch echt reden kann. Auf der CD waren ca. 40 unserer besten Beats und vorne drauf hab' ich unsere MySpace-Adresse geschrieben. Ich hab' die dann nach der Show Wordsworth gegeben – den featuren wir übrigens auch auf dem Album – und zwei Monate später schreibt er mich auf MySpace an, so von wegen: Vielen Dank für die tolle CD, leider ist halt nichts drauf! Die CD war also leer. Wir wissen's halt echt nicht, wie das passiert ist. (Gelächter) Ja, wir sind professionell durchgeplant von A-Z! Und dann hab' ich mir gedacht: Wenn ich schon in Kontakt mit ihm bin, frage ich ihn einfach ganz frech nach 'nem Feature. Und er hat gesagt: Können wir machen! Und dann hab' ich mir gedacht, ich frage ihn gleich, ob mit Masta Ace auch noch was gehen würde. Und er hat gesagt: Okay, passt! Das war halt schon zweieinhalb Jahre her. Jetzt, wo ich wusste, wir machen das Album, habe ich ihn noch mal angeschrieben und gefragt, ob's noch aktuell ist. Wir haben den beiden Beats geschickt und sie haben gesagt: Cool! Und so kam das zustande.
rappers.in: Wir haben uns gefragt, warum ihr gerade euer erstes Album für dieses Feature gewählt habt. Einfach aus dem Grund, weil wir uns überlegt haben, ob es eine Taktik für die Platzierung dieses Feature gibt oder ob das aus dem Bauch heraus so gewählt ist?!
P: Nee, gar nicht! Wir alle feiern Masta Ace schon immer. Wir sind ja auch schon ein bisschen älter. Und eigentlich wird er viel zu wenig beachtet in Europa. Also war das einfach 'ne Herzensangelegenheit. Wir haben zwar gewusst, dass, wenn wir das Feature machen, es so aussehen wird, als hätten wir einfach viel Kohle bezahlt, um irgendeinen Ami auf unserem Album zu haben, aber so war das nicht! Ich meine, ohne Scheiß, wir können jetzt aufhören zu rappen! Masta Ace und Wordsworth auf unserer Platte. Das kann ich noch meinen Enkeln erzählen. Dass wir jetzt damit Werbung machen fürs Album ist ja klar – sonst wären wir ja auch dumm.
Fid: Alle anderen Features, die drauf sind, sind auch einfach Leute, die wir selbst geil finden. Es ging mehr darum, 'ne coole Platte zu machen mit unseren Freunden und Rappern, die wir selbst feiern.
rappers.in: Wie viele Features habt ihr denn?
P: Also, wir haben 18 Tracks auf dem Album und so zehn sind mit Features. Aber wir haben auch immer gesagt, wenn das Album irgendwann kommt, wollen wir unsere ganzen Leute drauf haben. Also, mit den meisten hängen wir ja auch regelmäßig ab oder kennen uns schon ein paar Jahre. Andere fanden wir einfach geil und haben sie gefragt. Sorgenkind kennen wir vom VBT. Wir hatten einen Beat und dachten sofort, dass er darauf passen würde. Wir haben ihn gefragt und er war dabei.
rappers.in: Es geht also mehr um das Zusammengehörigkeitsgefühl mit Leuten, die man als Künstler feiert?
Fid: Ja, genau! Und man muss auch dazu sagen, es sind nicht nur deutsche Features. Sondern wir haben auf dem Album fünf verschiedene Sprachen drauf, glaube ich. Deutsch, Englisch, Französisch, Rumänisch, Spanisch. Absolutes Multikulti-Album.
rappers.in: Ihr kommt ja aus München, einer Stadt, der öfter nachgesagt wird, dass sie keine richtige Rapszene hat. Was sagt ihr denn dazu und woran könnte das eurer Meinung nach liegen?
Fid: Ich spreche jetzt mal als Voll-Münchner. Man denkt immer, dass München so eine reiche Stadt ist. Alles nur so Studentenrapper und Kids, die in ihren dicken Studios – von Mama bezahlt – sitzen. Das macht die Rapszene hier so ein bisschen kaputt. Zumindest das Bild davon. Irgendwie fehlt dir von Anfang an die "credibility", wenn du Rap in München machst. Das hab' ich zum Beispiel auch öfters in Berlin gehört. Aber im Endeffekt ist es halt nicht so.
P: Es gibt in München definitiv eine sehr geile Rapszene. Ich glaube, heutzutage ist es fast überall so, dass es viele total geile Leute gibt. Da kann man gar nicht mehr so zusammenfassend sagen: Das ist die Szene und das ist die Szene. München hat echt 'ne krasse Vielfalt. Zum Beispiel Bushbayer, der seit vier Jahren die Peacecamp Jam ausrichtet. Die Octopussies, live einfach killer. epi.kur und Mikzn, die jetzt auch wieder ein super-stylisches Mixtape rausgehauen haben. Balda B, der immer zwischen München und Hamburg pendelt. Orange Son, der komplett seinen eigenen Style fährt. Mista Min, der aus Puerto Rico über Texas nach München gefunden hat und jetzt hier sein Ding macht. Die Königskinder, Sonic MC, Creme Fresh und und und. Und das sind jetzt nur die Leute aus unserer näheren Umgebung. Ich finde, es gibt überall richtig geile Leute – und in München eben auch.
rappers.in: Stellt doch abschließend das Exclusive, das ihr für rappers.in gemacht habt, noch ein bisschen vor!
Fid: Das Exclusive heißt: "Wer ist Primatune?" Und wir haben gedacht, wir machen einfach mal einen Track darüber – weil uns eh noch fast niemand kennt – wer wir sind und was wir machen.
rappers.in: Ist das auch vom Sound her ein repräsentativer Track?
P: Fürs Album auf jeden Fall, schön classic! Ich würde sagen, es gibt fast keinen repräsentativen Sound für uns. Fid ist einfach ein Beat-Fanatiker, und produziert, auf was er grade Bock hat. Wir haben auch sehr viele elektronische Sachen, aber auf dem Album sind wirklich fast nur Classic-Beats. Wir haben einfach gesagt: Primatune ist momentan einfach Rap. Ruff, rugged und raw. Und wir wollten unser erstes Album einfach klassisch halten, so wie wir mit Rap aufgewachsen sind. Aber, wie gesagt, bei den tausenden Fid-Beats sind auch massig elektronische, dub-steppige, mit Grime experimentierende Bretter dabei. Da kommt demnächst sicher noch was, zumal wir schon massig fertige Tracks haben.
Fid: Ich habe irgendwann einfach gesagt, ich will für das Album klassische Beats. Richtiger 90er Jahre-Rap, wie ich ihn auch liebe. Das hat nicht hundertprozentig geklappt. Also, so zu 90% ist es 90er Jahre, so von den Beats.
rappers.in: Gibt's denn sonst noch was, was ihr loswerden wollt? Weisheiten jeglicher Art?
Fid: Also, meine Weisheit wäre: Stell nie etwas online, wenn du erst seit einem Jahr rappst! Erst mal machen!
P: Okay, ich hab' auch was: Egal, ob die Leute Erfolg haben mit ihrer Mucke... Wenn die einfach Bock haben, das zu machen und – wie bei uns – Energie verspüren, was zu machen und vor allem was zu sagen haben, dann sollen die das machen. Egal, wer was sagt. Es geht nicht darum, wer was cool findet, sondern, dass wir einfach Sound machen wollen und unsere Meinung sagen. Und wenn Leute das geil finden und unsere Meinungen teilen, ist das cool. Und wenn nicht, ist das auch okay. Wer Mucke machen will, soll Mucke machen, aber bitte hört auf zu rappen, wenn ihr nur Kohle verdienen wollt. Da gibt's bessere Wege.
PeatCut: Ich durfte ja die ganze Zeit nicht sprechen, deshalb sag' ich jetzt auch an dieser Stelle nichts.
rappers.in: Vielen Dank für diese schönen abschließenden Worte und das Interview!
(Pauline Staigle & Christian Weins)
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