In dieser Kolumne werde ich euch jeden Monat ein bisschen mehr Licht ins Dunkel bringen, wenn euch der Aufbau eines Homestudios noch ein Rätsel ist, ihr keinen Plan von Soundbearbeitung habt oder sonstwas über Musikproduktion wissen wollt. Der erste Teil der Kolumne befasst sich mit Genesis...die Schaffung eines Homestudios!
Das technische Setup.
Es ist ganz egal, ob du einen Windows-Rechner oder einen Macintosh hast: Für das Konservieren von akustischen Ergüssen langt beides!
Das System deiner Wahl bringt eigentlich in beiden Fällen die Basics mit sich, die in einem Studio benötigt werden. Denn auch wenn so ein riesen Desk mit all den vielen Fadern, Potis und Knöpfen, von denen du wahrscheinlich eh keine Ahnung hast, optisch ziemlich was hermacht, hast du das Gleiche in einem physikalisch anderen Format als kleines Fenster auf deinem Bildschirm.
In diesem Artikel werde ich erläutern, was genau dein PC hergeben muss und was du sonst noch so an Equipment benötigst, um deine genialen Raps oder Gesänge endlich auf CD zu brennen und all deinen Freunden, Verwandten und sowieso allen Leuten, die du flüchtig kennst, in die Hand zu drücken. Und zwar mit guter Qualität!
Vorweg ist dabei zu sagen:
1. Wenn du wirklich ein "Homestudio" aufbauen willst, kommst du mit 'nem Hunni auf keinen Fall hin.
2. Auch wenn du es am Ende stolz ein Homestudio titulieren darfst, darfst du es nicht mit einem professionellen Studio vergleichen. Da gibt es doch signifikante Unterschiede.
Bevor du jedoch beim Lesen der ganzen Fachbegriffe einen Schlaganfall bekommst, liste ich hier mal kurz die grundlegenden Termini auf:
Sequenzer: Das ist die Software, mit der du deine Vocals aufnimmst und abmischst. Bevor du dafür aber 700 Euro raushaust reicht auch erstmal ein Freeware-Programm wie "Kristal" oder "Audacity". Für den professionelleren Umgang mit deinen Aufnahmen (oder eventuell auch für das Beatproduzieren) solltest du jedoch etwas mehr in ein ordentliches Programm investieren, wie z.B. Cubase oder Logic.
Soundkarte: Das ist eine Platine in deinem Rechner, die es ermöglicht, akustische Signale einzufangen und in elektronische umzuwandeln und andersrum. Das heißt, was du reinlaberst, wird durch ein Mikrofon zu Strom, wandert durch die Karte und deine Lautsprecher wandeln den Strom wieder in Schallwellen um.
Mikrofon: Ich denke das sollte klar sein - das längliche Teil, wo du reinbrabbeln musst.
Preamp: Anglizismen machen uns das Leben schwer. Hätten wir nicht so viel englischen Sprachbrei, würde jeder Präpubertäre sofort verstehen, was das ist. Übersetzt heißt es "Vorverstärker". Der ist einfach dazu da, das Signal, welches dein Mic aus den Schallwellen gemacht hat, möglichst linear und verlustfrei zu verstärken, bevor es in den Rechner oder zu den Lautsprechern gelangt.
Audiointerface: Dieses kompakte Ding ist sozusagen eine Verbindung aus Soundkarte und Preamp. Das gibt es sowohl für den PCI-Slot an deinem Tower, sozusagen als Onboardversion, als auch als praktische USB-Variante. Außerdem ist es auch über FireWire betreibbar, was relativ praktisch ist, da FireWire sowohl an Laptops als auch an Desktops zu finden ist und die Latenz (das ist die Verzögerung des Soundsignals, wenn es umgewandelt wird) auf ein Minimum reduziert.
Monitore: Du fragst dich jetzt, was deine Bildschirme mit deinen Gehörgängen zu tun haben. Gar nichts. Davon rede ich auch nicht. Ich meine Abhörmonitore. Die Dinger heißen so, weil das vom lateinischen "monere" kommt, was so viel wie überwachen heißt. Mit dem Bildschirm überwachst du die Optik und mit den Lautsprechern den Sound. Comprende?
Die Rollen sind verteilt. Auf zum Drehbuch.
Eine neue Soundkarte anzuschaffen, wenn man noch die Onboard-Standardkarte drin hat, ist immer ratsam, da diese eher dafür da sind Sound wiederzugeben und nicht aufzunehmen. So entsteht bei der Aufnahme ein signifikantes Rauschen, was den Headsetgamern und Internet-Telefonierern nicht in den Gehörgänge kratzt, aber dem Musikkonsumenten (und vor allem -Produzenten) tierisch auf die Eier geht.
Für Einsteiger sind Terratec Phase22 (ca. 80 Euro), Emu 0404 (ca. 100 Euro), ESI JULI@ (ca. 150 Euro) oder die M-Audio Delta Audiophile 192 (ca. 170 Euro) empfehlenswert. Es gibt sicherlich noch andere gute Modelle, aber das sind so ziemlich die renommiertesten.
Die Wahl des richtigen Preamps ist von entscheidender Bedeutung. Denn selbst wenn ein 2000 Euro Mic von Neumann in deinem Zimmer rumfliegt, muss das Signal durch den Preamp. Und so ein 50 Euro Behringer-Produkt, das mehr Eigenrauschen als der Pazifik produziert, lässt Herrn Neumann klingen wie das 5 Euro Headset von Expert.
Grundsätzlich kommt es aber auch auf dein Mikrofon an. Wenn du ein dynamisches Mikrofon verwendest, kannst du das direkt in die Soundkarte stöpseln und reinspitten. Allerdings sind diese eher für den Bühnengebrauch gedacht, weil sie robuster sind und nicht jedes Signal aufnehmen, sodass Rückkopplungen verhindert werden.
Kondensatormikrofone sind für den Studiogebrauch gedacht, weil sie einfach für ein vielfaches weniger an Geld, was man für den selben Sound in ein dynamisches Mikro stecken müsste, eine hohe Klangqualität liefern.
Die Nachteile sind zum einen, dass die echt jeden Mucks auf deine Aufnahme bannen - egal ob der Hund draußen bellt, deine Mutti dich zum Abendessen ruft oder deine Nachbarn Bettgymnastik betreiben: Du hast es zwischen deinen Raps. Genau wie das Rauschen deines CPU-Kühlers am PC oder andere Störgeräusche, deshalb solltest du entweder dafür sorgen, dass das Ding leise ist (aber bitte nicht abschalten), oder dir eine stille Ecke suchen z.B. den Wandschrank, das Nebenzimmer oder vielleicht kannst du dir in die Ecke des Raumes sogar eine kleine Gesangskabine zimmern.
Der andere Nachteil - um den es hier eigentlich geht - ist, dass so ein Kondensatormic, wie der Name schon sagt, mit einem Kondensator betrieben wird. Wer in der zehnten Klasse Physik aufgepasst hat, weiß, dass ein Kondensator mit Spannung versorgt werden muss, um zu funktionieren. Und das ist eine weitere Funktion des Preamps: Sie liefert die benötigte 48V Phantomspeisung, die dieser Kondensator benötigt. Ohne die kannst du so viel in dein Mic sabbern, wie du willst: Bringt nichts, abgesehen von persönlicher Frustration.
Meine Einsteigerempfehlungen in diesem Bereich: Studio Projects VTB1 (ca. 120 Euro), M-Audio DMP 3 (ca. 180 Euro) oder ART TPS II (ca. 230 Euro).
Wenn du dir das Aussuchen von Soundkarte und Preamp sparen willst, bist du mit einem Audiointerface gut beraten. Viele Interfaces dienen als ganze Studiosolution, sodass du daran dein Mikrofon, deine Kopfhörer und Lautsprecher, Line-In Instrumente, Midi-Geräte und deinen Rechner anschließen kannst. Bei Audiointerfaces sollte man immer den richtigen Bus wählen. Nicht um zum Laden zu fahren und sich eins zu holen, sondern zum Anschließen. Dein Gesicht sagt mir gerade: "Hä?"
Mit Bus ist die Anschlussart gemeint - USB, PCI, FireWire. "Aaaah!"
Wichtig dabei ist die Latenz, die hat nämlich oft mit dem Bus zu tun. USB 1.1 ist dabei eindeutig am lahmarschigsten mit maximal 12Mbit/s. USB 2.0 kommt da schon besser mit 480 Mbit/s, FireWire bietet bis zu 800 Mbit/s und der ungeschlagene König ist PCIe x16 mit sagenhaften 32.000 Mbit/s. Jedoch kann man mit den richtigen Treibern die Latenz in allen Fällen, wenn nötig, minimieren. Wer sich jedoch ungern mit Softwarekonfigurationen rumschlägt, greift besser zur PCIe x16 Version, welche allerdings die Mobilität einschränkt.
Was wichtig ist bei einem Interface, wenn du es dir holst, um eine 2-in-1 Lösung zu haben, ist, dass es einen XLR-Eingang und 48V Phantomspeisung hat. Wenn es das nicht hat, brauchst du doch noch einen zusätzlichen Preamp.
Ich gebe mal Empfehlungen für alle drei Busse.
USB:TASCAM US-144 (ca.190 Euro), Line6 Toneport UX2 (ca. 200 Euro), M-Audio Fast Track PRO (ca. 250 Euro)
FireWire: Hier gibt es eigentlich nicht viel, was einem kleinen Budget gerecht wird. Das Günstigste wäre noch der TASCAM FIREONE mit ca. 250 Euro.
PCI: Hier gibt es in der Regel keine Modelle mit XLR-Eingang, sodass diese eigentlich doch eher als Soundkarte fungieren.
Um nochmal auf die Mikrofone zurückzukommen: Diese sollten immer mit dem Preamp zusammen gewählt werden, weil nicht jeder Preamp für jedes Kondensatormikrofon geeignet ist. So ist zum Beispiel bei manchen Mikrofonen der Ausgangspegel zu hoch für den Preamp, was unschöne Verzerrungen hervorrufen kann. Bestes Beispiel: Ein Studio Projects Mikrofon klingt sehr hochwertig in Kombination mit einem Studio Projects Vorverstärker, da beide Produkte logischerweise aufeinander abgestimmt wurden. Aber generell sind Emporkömmlinge auf ihren ersten Schritten schon ziemlich gut mit folgenden Tonkonservierern beraten: Studio Projects B1 (ca. 120 Euro), AKG Perception 200 (ca.150 Euro), t.Bone SC1100 (ca. 160 Euro), Rode NT1-A (ca. 180 Euro) oder für etwas tiefer in der Brieftasche ein Sontronics STC-2 (ca. 290 Euro).
Hinweis: Von USB-Mics ist grundsätzlich eigentlich abzuraten, da über den USB-Port viel an Klang verloren geht. Der Vorteil bei der Sache ist nur, dass man den ganzen andern Schnickschnack, wie Soundkarte und Preamp nicht braucht. Sie können vom Klang aber nicht mithalten. Dennoch würde ich sie eher empfehlen als ein dynamisches Mikrofon in Verbindung mit einer Onboard-Soundkarte.
Das Mikrofon-Zubehör ist eigentlich obligatorisch:
Ständer: Ein Mikro hat nichts in deiner Hand verloren, das gibt nur Tausende von Störgeräuschen und schwächt deine Konzentration - Ständer her! Also Mikrofonständer ...
Spinne: Ohne die kannst du das Mikro nicht an den Ständer anbringen. Die ist aber in der Regel oft schon im Lieferumfang.
Plop-Killer: Das ist eine Stoffschicht, die mit Hilfe eines Schwanenhalses und einer Befestigung an den Ständer geklemmt wird, und ein paar Zentimeter vor das Mikro kommt. Fungiert als Speichelfänger und verhindert, dass du bei "P"- und "B"-Tönen einen soundschädlichen Luftstrom in die Membran jagst.
Kabel: Funk-Kondensatormics bleiben utopisch. Die Kabel müssen XLR-Anschlüsse haben.
Kopfhörer: Gehört nicht direkt zum Mikrofon, aber du willst dich und vor allem den Beat ja beim Aufnehmen hören, oder? Bei den Kopfhörern ist darauf zu achten, dass sie geschlossen (also ohrumschließend) sind, sodass möglichst nichts vom Beat auf deiner Vocalaufnahme zu hören ist. Das würde dich zum einen beim Mischen einschränken und zum andern einfach scheiße klingen.
Dafür haust du nochmal so an die 50 - 70 Euro raus.
Und nun kommen wir zu dem Teil, der eher bei der Nachbearbeitung wichtig wird: Die Monitore.
Du fragst dich jetzt bestimmt, was du mit dem teuren Schrott willst, wenn deine coolen 9,99 Euro PC-Speaker von Aldi doch auch schon ziemlich dope sind.
Das Problem bei HiFi-Boxen ist (und das Problem hast du auch bei HiFi-Boxen in der vierstelligen Preislage), dass sie zum konsumieren und nicht zum produzieren da sind. Was auf deinen HiFi-Boxen gut klingt, klingt nicht auf allen HiFi-Boxen gut. Was auf hochwertigen Monitoren gut klingt, klingt wahrscheinlich auf allen HiFi-Boxen auch gut. Das liegt daran, dass Monitore im Gegensatz zu anderen Boxen einen sehr neutralen und definierten Klang haben, damit du alles hörst. Jede Störfrequenz, die rausgedreht werden muss, jedes bisschen Hall, was zu viel drin ist, und jeden verkackten Double kannst du ausfindig machen und beheben. HiFi-Lautsprecher oder gar PC-Boxen sind längst nicht so linear im Frequenzgang. PC-Boxen geben oftmals gar keinen Bassbereich wieder, sofern kein Subwoofer dabei ist, und haben zu spitze Höhen. Wenn du auf diesen Boxen so mischst, dass es da geil klingt, klingt es auf jeder anderen Box wahrscheinlich zu dumpf.
Eine Faustregel beim Monitorkauf besagt: Wenn du genug Geld gespart hast, um dir ein gutes Monitorpaar zu kaufen, spar lieber noch ein paar Monate und kauf dir Bessere. Ernsthaft. Prüfen zu können, ob das, was du fabrizierst, ordentlich klingt, ist enorm wichtig. Allerdings würde ich jedem Anfänger von passiven Nahfeldmonitoren abraten, da diese noch einen extra Verstärker benötigen, was so ziemlich jedes Anfängerbudget sprengen würde. Such dir lieber aktive Nahfeldmonitore aus.
Meine Einsteigerempfehlungen sind in diesem Bereich:
Edirol MA-15D (ca. 170 Euro), Alesis M1 Active 520 (ca. 210 Euro) und die sehr empfehlenswerten ESI nEar05 Experience (ca. 250 Euro).
Wie du den ganzen aufgenommenen Schund auf deinen Monitoren dann richtig bearbeitest, dass es tight klingt, werd ich dir auch noch verklickern. Aber nicht mehr heute. Soviel zu Lektion 1.
Philippe Biermann