Review: Prinz Pi – Achse des Schönen (Juice Exclusive-EP)



  • 01. Achse des Schönen (Narkose) feat. Kamp
    02. Über der Stadt feat. E-Rich
    03. Zu Hause
    04. Musik
    05. Sneakerking 2
    feat. Kamp
    06. Karrusell
    07. Whiruzz Vienna
    08. etc. Vienna
    09. Kreuzberg Blues

    10. Laura (Tua RMX)


    Berlin-Spandau. Mein Zug hat Verspätung. Noch sind es 40 quälend lange Minuten bis er ankommt, mich von der grausamen Wartezeit erlöst und in Richtung Stadtzentrum bringt. In einem Zeitschriftenhandel überfliege ich energisch einige Magazine, um der aufkommenden Langeweile Herr zu werden. Gähn. Nein, Volksaufstände in Ägypten und die Aufholjagd des FC Bayern München sind jetzt nicht die richtigen Themen, um die morgendliche Lethargie abzulegen. Aber halt, was ist das?! Es ist die unverkennbare Visage Prinz Pis auf dem Cover der brandneuen JUICE. Prompt fällt mir wieder ein, dass sich Mr. Pi in der aktuellen Ausgabe besagten HipHop-Magazins im Stile großer Vorgänger wie Olli Banjo oder Kool Savas mit einer kompletten, eigenen EP verewigen wollte. Wenige Minuten später sitze ich mit Pis "Achse des Schönen" in der S-Bahn Richtung Stadtmitte. Eine Reise beginnt...


    Die erste Station ist der Titelsong der EP, der den Hörer mit einem gewohnt philosophischen, von einem gewagt-experimentellen Beat unterlegten Prinz Pi empfängt. Die "Achse des Schönen" ist eine Berlin-Wiener Kooperation, die sich durch den kompletten Extended Player zieht. So sind 80% der Beats aus dem Wiener Hause Whizz Vienna und Rapper Kamp, der ebenfalls seine Wurzeln in Österreichs Haupstadt hat, ist mit zwei Gastbeiträgen vertreten. Jedoch funktioniert die Chemie der "Achsenmächte" auf angesprochenem ersten Track noch nicht perfekt. Kamp erreicht bei weitem nicht Pis lyrisches Level und verliert sich in unnötigen Reimakkumulationen. Egal. Nächste Station: "Ausstieg in Fahrtrichtung oben".


    "Der alte Wagen hat bequeme Sitze und riecht nach Grasdampf/
    Ich park' unsere mobile Parkbank/
    Objekte im Rückspiegel sind näher als man denkt/
    Die Kurve beginnt eher als man lenkt/
    "
    (Prinz Pi auf "Über der Stadt")


    Auf der zweiten Anspielstation steigt ein junger Mann namens E-Rich ein, der mich zusammen mit Pis äußerst gelungenen Rapzeilen und einem verzaubernd vor sich hinklimpernden Whizz Vienna-Beat auf "Über der Stadt" in einen fast schon komatösen Halbschlaf versetzt. Und hätte mich oben erwähnter E-Rich mit seinen wenig zum Track-Kontext beitragenden zweiten 16 Bars nicht aus meiner Traumwelt gerissen, ich hätte gar nicht erfahren, was Prinz Pi auf seinem 45-minütigen Ausflug noch mit mir vor hat. So versucht sich der "Rebell ohne Grund" mit "Zu Hause" an einer musikalischen Liebeserklärung an Berlin, ehe er sich sogar an einer Berliner Liebeserklärung an der "Musik" versucht und diese mit Bravour und lyrischer Spitzenklasse meistert:


    "Täglich wird die Liste länger, willkommen im Club der toten Whiskey-Kenner/
    Häng' mit Hendrix und den ander'n Hippie-Pennern/
    Backstageraum der Ewigkeit/
    Und ich schwör' bei meiner Liebe: Wir werden dafür sorgen, dass er schäbig bleibt/
    "
    (Prinz Pi auf "Musik")


    Mit Kamp, der auf "Sneakerking 2" zum wiederholten Male vorbeischaut und diesmal im Gegensatz zum ersten Track ein sprichwörtlich passendes Paar Schuhe im Koffer hat, liefert der Berliner eine solide Fortsetzung seines "Teenage Mutant Horrorshow"-Tracks ab, ehe er in "Karrusell" eine melancholischere Nummer im Reisegepäck hat, die von Whizz Vienna einmal mehr superb untermalt ist. Apropos gelungene Instrumentalisierung: "Kreuzberg Blues" ist ein wirklich ideal ausproduziertes Stück deutscher HipHop. Der stimmige Beat, der ausnahmsweise nicht von Whizz Vienna, sondern von Biztram geschmiedet wurde, macht den Track definitiv zu einem Highlight der JUICE-CD:


    "Am Kanal in Kreuzberg, nähe Admiralsbrücke/
    Vanessa Paradis hat die gleiche Zahnlücke/
    Kurz hingeschaut, die übliche Indie-Crowd/
    Oh Süße, du siehst so vintage aus/
    "
    (Prinz Pi auf Kreuzberg Blues)


    In einer Großstadt wie Berlin oder Wien begegnet man eher selten alten Bekannten, auf Prinz Pis EP tut man dies gleich dreimal. Während die aus dem aktuellen Album bekannten Tracks "Virus" und "etc." mit ihrem neuen besten Freund Whizz Vienna hervorragend harmonieren, erschreckt mich doch ein wenig, was aus der Schönheit "Laura" geworden ist, an die ich mich immer so schwärmend zurückerinnert habe. Die Electro-Samples, die Tua vermutlich gleich aus Nachbarstadt Evigila mitgebracht hat, lassen diese alte Bekannte in einem unwürdigen Licht erscheinen.


    Fazit:
    Prinz Pis zehn Tracks zählender Roadtrip durch sein Gedankenspektrum kostet nicht mehr als eine Tageskarte für den Berliner Nahverkehr und bietet kurzweilige, ordentlich produzierte Musik, bei der für jeden etwas dabei sein dürfte. Wie eine Bahnfahrt ist aber auch die "Achse des Schönen" kein Erlebnis für die Ewigkeit. Hier und da stellt sich die EP eben doch als Resteverwertung des aktuellen Prinz Pi-Albums heraus, wenn auch als eine verdammt hochwertige.



    Bobby Stankovic (Niklas Pollmann)

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  • wenn du das Original so sehr liebst wie (m)ich, dann spar dir den Remix
    das ist in etwa so, als würde man ganz viele schöne und traurige Emotionen zu einem Witz TRANSFORMEN

  • Ich hab jetzt schon so viel Schlechtes darüber gehört.. Klar, man will natürlich immer das haben, was man nicht haben darf oder soll. :O Aber ich glaube ich lass es wirklich sein, könnte mir generell nicht wirklich vorstellen, dass man davon einen "würdigen" Remix machen kann.

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