Vega & Bosca – Alte Liebe rostet nicht


  • 01. Anticops
    02. Alte Liebe rostet nicht
    03. 2 Sekunden pt. 2
    04. Mit oder gegen uns
    05. Fremd in diesem Land
    06. Zahltag
    07. Alle Kameras an?
    08. Dafür brauch ich kein Mic
    09. Moselxkaiser
    10. Bounce mit uns
    11. Unsere Tage sind schnell
    12. Ausgebrannt


    Die Musik der Freunde von Niemand geht seit Jahren in eine bestimmte Richtung, wofür sie in der Regel entweder gehasst oder geliebt werden. Ich für meinen Teil kann mich, vor allem was Vega betrifft, eher zur zweiteren Gruppe zählen, verfolge den Frankfurter schon seit seinen Free-EPs und habe dementsprechende Erwartungen an das neue Projekt. Bosca konnte ich, als vermeintliche Vega-Kopie, immer etwas weniger abgewinnen, als Featuregast war er aber trotzdem meist gern gesehen und gehört. Ob das Duo jetzt auch auf Albumlänge zu überzeugen vermag?


    November 2015: Vega. Bosca. Kollaboalbum. Januar. Ich bin gespannt. Auch wenn es einige Zeit dauert, bis ich begreife, dass dieser eigenartige Comic wirklich das Cover zu "Alte Liebe rostet nicht" sein soll, bin ich doch voller Vorfreude und gespannt auf die ersten Videoauskopplungen zur Platte. Lange muss ich nicht warten, denn knappe drei Wochen später beglückt mich der YouTube-Kanal meines Vertrauens mit dem Video zu "Anticops": Die Frankfurter Skyline, Sturmmaskenträger, Gesichtstattoos, muskulöse, zwielichtige Männer, halbnackte Frauen, ein Motorrad und das Ganze noch in schwarz-weiß. Perfekt! Inhaltlich bewegt sich der Song auf einer ähnlichen Ebene – zwischen Selbstbeweihräucherung, Hooligan-Fachbegriffen und, wie der Titel verspricht, Beleidigungen gegen die allseits unbeliebten Gesetzeshüter. Genau das erwartet man von einer Vega-Bosca Kollabo.


    "Ich bin kein Stresser, doch am Mic werd' ich zum Fleischfresser/
    Außerhalb der Bühne brauch' ich kein Back-Up/
    Eins, zwei, drei Bullenschweine/
    Wie viel kannst du zählen? Eins, zwei, drei Bullenschweine/
    "
    (Bosca auf "Anticops")


    Einen Monat später, als vorgezogenes Weihnachtsgeschenk an die Fans, legten Vega und Bosca dann auch gleich das Video zu "2 Sekunden pt. 2" nach. Als Sequel zu einem etwas älteren Lied von Vegas erstem Soloalbum funktioniert die Nummer gut, doch die Stimmung des Originals will nicht so ganz ankommen. Der Beat versprüht eine melancholische Grundstimmung und auch die Ereignisse, von denen die Protagonisten berichten, wirken authentisch und gut erzählt, aber der Funke will irgendwie nicht überspringen. Sei es wie es sei, mehr als ein mittelmäßiger deeper Track, den der 15-jährige Nachwuchsultra sich auch traut, in Muttis Auto zu hören, stellt "2 Sekunden pt. 2" leider nicht dar und falls es jemand noch nicht mitbekommen haben sollte: Vega isst kein Fleisch mehr und erwähnt dies auch gerne mal, wenn es absolut nicht in den Kontext passt. Als Rapper hat man viele Möglichkeiten auf ein Thema aufmerksam zu machen, welches einem am Herzen liegt: Beispielsweise einen Track darüber auf sein Album packen. Aber einfach ohne erkennbaren Sinn seine neuen ethischen Erkenntnisse in den Text zu packen, wirkt gewollt, uninspiriert und irgendwie deplatziert. Aber überzeugt Euch selbst:


    "Meine Stadt hat noch nie versucht schön zu sein/
    Kommt dein Album diesem Album quer, tötet's deins!/
    Nur ein Bild, eine Zeile, nur ein kleines Lächeln/
    Weisst du noch. Und ich hab aufgehört Fleisch zu essen/
    "
    (Vega auf "2 Sekunden pt. 2")


    Pünktlich zum Release am 22.01. erschien mit "Dafür brauch ich kein Mic" Video Nummer drei und hier gelingt endlich das, worauf der Fan in mir gewartet hat. Ein knallender, harter Beat von PhatCrispy und Ear2thaBeat wird von den beiden Rappern optimal genutzt, die mit ihren aggressiven Stimmen klassischen Straßenrap so monumental darüber schmettern, dass man gar nicht dazu kommt, zu hinterfragen, ob sie denn wirklich Kokain im Wert mehrerer tausend Euro besitzen. Natürlich sollen auch die übrigen Lieder nicht vergessen werden: Der Titeltrack zeichnet sich durch ein ungewohnt elektronisches Instrumental aus, auf dem die beiden Rapper ziemlich uninspiriert wirkend ganz klassische Representerzeilen immer abwechselnd präsentieren. Wirklich unterhaltsam ist es allerdings nicht, zum zehnten Mal von Gunshots zu hören, zum dreißigsten Mal von Polizeifeindlichkeit und zum hundertsten Mal davon, wie wunderbar Frankfurt ist. Meine Herren, das könnt ihr wirklich besser. "Zahltag" findet sich thematisch in ähnlichen Gefilden wieder und das epische Vocalsample im Beat versucht die Stimmung zu untermauern, jedoch sind die Drums viel zu schwach, was der Hauptgrund dafür ist, dass die Power, die ein solcher Track braucht, einfach fehlt. Was "Zahltag" vergeblich versucht, schafft "Bounce mit uns": Ein monumentales Instrumental mit drückendem Bass und eindringlicher langsamer Hook. Dazu die aggressiven Texte, deren Inhalt sich hauptsächlich gegen den Staat richten und das ganze von Vega und Bosca so ansprechend vorgetragen, dass man über den eigenartigen Titel auch mal hinweg sehen kann. Meine Herren, warum nicht gleich so? Mit "Alle Kameras an?" gibt es dann noch einen gesellschaftskritischen Track aus der Sicht des einfachen Mannes auf die Ohren der Hörer. Auch wenn hier teils ordentlich das verschwörungstheoretische Phrasenschwein gefüttert wird, zählt die Nummer atmosphärisch gesehen zu den stärkeren auf "Alte Liebe rostet nicht".


    "Sie haben große Augen, Bruder, deshalb schlaf' ich nicht/
    Behandelt wie ein Mörder, wenn du Wände malst und Gras vertickst/
    "
    (Vega auf "Alle Kameras an?")


    "Und du fragst dich wirklich noch, wann wird die ISIS dich finden/
    In einer Welt, wo in einem Jahr zwei Flieger verschwinden/
    "
    (Bosca auf "Alle Kameras an?")


    Fazit:
    Nach mehrmaligem Hören bleibt der Fan in mir doch etwas enttäuscht zurück. Die Platte hat definitiv ihre Momente und die Instrumentals können auch meist meine Erwartungen erfüllen, jedoch bleibt trotzdem ein Gefühl über weite Strecken erhalten: Langeweile. Zum ersten Mal schaffen Vega und Bosca es einfach nicht, konstant zu unterhalten, nach nur wenigen Liedern hat man schon das Gefühl, alles würde sich wiederholen und das ist absolut nicht positiv gemeint. In den Reviews zu jedem anderen Album der beiden wurde immer im Fazit gesagt: Wer ihre Musik bisher nicht mochte, wird sie auch weiter nicht mögen. Hier besteht allerdings erstmalig die Chance, dass auch Fans der ersten Stunde eine Enttäuschung erleben. Übrigens hab ich aufgehört, Fleisch zu essen.



    El-Patroni (David)


    [redbew]2014[/redbew]


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    [reframe]reviewthread.php?reviewid=2014[/reframe]


  • Perfektes abgerundetes Deutschrapalbum von Beats, Lyriks, Thematik einfach gut.
    2 Frankfurter Jungs, aufrechte und einfühlsamme Mucke. Rap und Hip-Hop der Definition entsprechend.
    Gebäängt wird auch, statt mit Übertreibung mit Stilmitteln gekonnt.
    Hätte gern ein Mashup von dem und den Tracks von Said und acht vier auch wenn die Beats leicht auseinander gehen.

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