01. Auf der Stelle
02. Hey, Pinguin
03. Normal
04. Wand
05. Irgendwie so
06. Fhug Life
07. Schweigen
Kurz vor der Veröffentlichung von "Auf der Stelle" hatten wir die Chance, mit 3Plusss ein Interview zu führen. Einige Aussagen schürten die Vorfreude vieler auf die EP sicherlich. "Ich find' Ironie mittlerweile so langweilig." ist einer der Sätze, die man eher nicht aus seinem Mund erwartet hätte, ist er doch unter anderem für seine humoristische Art bekannt geworden. Ebenso die Aussage "Ich rede mir ein, dass ich mich von Anfang an immer weiterentwickelt hab' und niemals irgendwas wiederholt habe" lässt eine entscheidende Frage zu: Stellt der EP-Titel ein Paradoxon zur musikalischen Entwicklung dar oder ist die Selbsteinschätzung in der langen Arbeitsphase, die 3Plusss hinter sich hat, getrübt worden?
"Jeder Hinz macht jetzt Kunst/
Labert oberflächlich deep und wird dann von kleinen Kindern gepumpt/
Gute Dinge brauchen Zeit, schlechte Dinge brauchen Hype/
Noch 100.000 Facebooklikes, dann wirst du auch gesignt/"
(3Plusss auf "Fhug Life")
Auf dem neusten Release von 3Plusss finden sich sieben perfekt auf den Künstler abgestimmte Beats, die dem traditionell weniger melodischen Rapstil des Esseners genau die richtige Grundlage bieten. We Do Drums, bestehend aus Bennett On und Peet, beweisen hier, dass sie nicht nur laut Aussage von 3Plusss mehr Aufmerksamkeit verdienen. Denn vor allem die Instrumentierung lässt ein musikalisches Erwachsenwerden voranschreiten; war es früher als Musik gedacht, die nach vorne gehen soll, kann man heute getrost das Ganze auf sich wirken lassen. Ein Rapper in einer Form, die so noch nicht in Erscheinung trat, lässt teilweise die Musik für sich arbeiten; so lebt zum Beispiel "Schweigen" von den Ruhepausen im Text und der passenden Musik, die eben dieses Wechselspiel zwischen Rappen und Schweigen ermöglicht. Doch dass er auch anders kann, beweist 3Plusss auf "Fhug Life". Auf eine ganz eigene Art und Weise setzt er sich mit seinem Bild der Gesellschaft und Szene auseinander. Als Manko möchte man fast nur noch ankreiden, dass Denis sich zum Teil sehr in Fade Outs verliert und durch seine Art zu rappen eine gewisse Monotonie entsteht. Denn so geschickt alle Rappausen auch gesetzt sind, so sehr sind sie doch Mittel zum Zweck, aus einem vorbestimmten Schema auszubrechen, das man genau so erwarten würde. Aber Entwicklungen bringen es mit sich, dass sie unvollkommen sind, und in Anbetracht dieses Umstandes hat 3Plusss schon einen guten Schritt in die Richtung zur musikalischen Selbstfindung gemacht.
"Reich ist, wer mehr hat, als er braucht/
Und ich hab reichlich an Hass in mei'm Bauch/
Generation Ypsilon/
ich schau den Kuchen an und wart', bis ich mein Stück bekomm'/ "
(3Plusss auf "Hey, Pinguin")
Doch wie schafft es der Künstler, die musikalische Selbstfindung auf "Auf der Stelle" mit seinen Lyrics zu transportieren? 3Plusss befasst sich vor allem mit sich selbst. Erzählt er dem Hörer auf "Normal", dass er sich persönlich nicht von der breiten Masse abhebt, tritt er laut eigener Aussage auch "Auf der Stelle" und steht vor einer "Wand". Doch genau das ist die Problematik, die sich hieraus ergibt. Denn so lobenswert eine gesunde Selbstreflexion ist, so langweilig kann sie auch werden; 3Plusss neigt dazu, in Gedankenmuster zu verfallen, die einem bekannt vorkommen, fast als ob man sie schon einmal gehört hätte. Gerade diese fehlende Innovation lässt einen etwas stutzig werden. Ist "Auf der Stelle" nun nur eine Veröffentlichung, um ein Lebenszeichen von sich zu geben? Oder ist es als textliche Neuausrichtung angedacht? Sollte dies der Fall sein, so bleibt die Hoffnung, dass dies nur ein persönlicher Trend ist, der bald wieder abklingt. Sich mit sich selbst befassen ist heutzutage ein Thema, das schon zu oft angegangen wurde und sehr innovativ gestaltet werden muss, um den Hörer noch zum Nachdenken zu bewegen und genau das ist hier nicht immer der Fall. Da es aber in einer doch eigenen Art angegangen wird, sei es 3Plusss auch einmal genehmigt, sich textlich auf diese Art und Weise mit sich selbst auseinander zu setzen; der Gedanke im Hinterkopf, dass sein nächstes Album textlich nicht in die selbe Kerbe schlagen sollte, lässt sich allerdings nicht verdrängen.
Fazit:
Wer auf der Stelle tritt, macht keine Fehler; so oder so ähnlich leben heutzutage viele Menschen. Doch auch wenn die EP dies durch ihren Titel vermuten lässt und auf den ersten Blick langweilig wirken mag, zeigt sich nach mehrmaligem Hören der Facettenreichtum, der angewendet wird. Die eine oder andere stumpfe Line in gewohnter 3Plusss-Manier ist immer noch vorhanden, doch die Ernsthaftigkeit hat ihren festen Bestandteil. Selbstreflexion, seine Unzufriedenheit bezüglich der Szene und der gedankliche Ausbruch in eine andere Welt sind nur einige der Bestandteile, die den 'neuen' 3Plusss ausmachen. Wer dem humoristischen Rap nichts abgewinnen konnte, sollte "Auf der Stelle" auf jeden Fall eine Chance geben, am besten zwei oder drei, denn es handelt sich um Musik, die Zeit braucht, um ihre Wirkung voll zu entfalten. Es ist schön zu sehen, dass der Künstler 3Plusss einen Schritt hin zum erwachsenen Musiker gemacht hat, zu dem Musiker, von dem er selbst vielleicht gar nicht weiß, dass er es sein will. Eine Entwicklung, die ihm, sollte sie so weitergehen, mit seinem nächsten Album auf jeden Fall seinen Platz in der Deutschrapszene festigen sollte.
Lasse Golenia (PeasOut)
[redbew]2001[/redbew]
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