Deichkind – Niveau Weshalb Warum


  • 01. So 'ne Musik
    02. Denken Sie Groß
    03. Like mich am Arsch
    04. Powered by Emotion
    05. Porzellan und Elefanten
    06. Was habt ihr?
    07. Mehr als lebensgefährlich
    08. Der Flohmarkt ruft
    feat. Herr Spiegelei
    09. Naschfuchs
    10. Die Welt ist Fertig
    11. Niveau weshalb warum
    12. Hauptsache nichts mit Menschen
    13. Oma gib Handtasche


    Wenn es eine Gruppierung in Deutschland gibt, die absolut bedingungslos für tanzbare Partymusik steht, dann ist es Deichkind. Scheppernd eingängige Technorythmen gepaart mit wahnwitzig überspitzten Texten, die wohl asozialer kaum sein könnten, machten Tracks wie "Arbeit nervt" und "Remmidemmi" zu Dauergästen auf jeder Playlist einer anständigen Tanzveranstaltung. Umso erfreulicher, dass das neue Album mit dem Namen "Niveau, weshalb, warum" genau in diese Kerbe zu schlagen scheint. Im Prinzip suggeriert allein der Titel schon genau das, was man sich von einem Release der Band einzig und allein wünscht: Bissig-leichtfüßige Musik zum Tanzen und Eskalieren, die man als solche gar nicht groß hinterfragen muss. Also denke ich mich ganz im Sinne der Autoren zwischen Dosenbier und eine randalierende Meute, stelle mir für die Review eingangs diesmal gar keine Fragen und lasse das Album für sich sprechen. Mal sehen, was da auf den tanzwütigen Mob zukommt!


    "Verkauf das letzte Hemd für die Karten vom Konzert/
    Alle wollen den Abriss, gefedert und geteert/
    Wir haben euch vermisst, es ist viel zu lange her/
    Die Show kann jetzt beginnen, und alle nur so: Yeah!
    "
    (Deichkind auf "So 'ne Musik")


    Und auf einmal gibt es "So 'ne Musik" zu hören, womit der Einstiegstrack schon einmal alles richtig macht: Eine wunderbare Electropunk-Symphonie und Raptexte gegen Vernunft und Verantwortungen schaffen dem wummernden Bass, der ja sowieso das Herzstück eines solchen Tracks darstellt, einen perfekten Rahmen. Auch wenn es vielleicht nicht zu den ganz großen Hits von Deichkind zählen wird, für ein Intro tut es seinen Zweck – spätestens jetzt hat man als Hörer richtig Bock auf das Album. Die Melodien gehen ins Ohr, werden schön durchvariiert und kombinieren in altbekannter Manier die positiven Eigenschaften von HipHop und Electro. Das hat bei Deichkind schon immer funktioniert und wird auch auf dem Einstiegstrack einmal mehr gekonnt ausgespielt und zur Geltung gebracht.
    Also weiter im Programm. Zunächst wird man also aufgefordert, groß zu denken. Auch bei der zweiten Singleauskopplung handelt es sich durchaus um einen absolut grundsoliden Track, der mich aber trotz ein paar durchaus unterhaltsamer Zeilen wie "Kaufen Sie kein Weed, man, kaufen Sie Jamaica" (Deichkind auf "Denken Sie groß") mangels einer wirklich eingängigen Melodie nicht so recht packen will . Gefolgt wird dies von der Aufforderung, die Band "am Arsch zu liken", denn die mittlerweile sichtlich gealterten Herren von Deichkind haben anscheinend ihre Probleme und Konflikte mit der aktuelleren Technologie. Ob ich diesen recht plump sozialkritischen Track jetzt unbedingt auf der niveaulosen Absturzparty hören muss, auf die so ein Album dem eigenen Grundtenor nach eigentlich hingehören will, sei mal dahingestellt. Während ich also immer noch auf den einen Hit warte, der mich sofort vom Hocker auf die Tanzfläche reißt, stelle ich mit Entsetzen fest, dass das Album schon durch ist. Gerade einmal zwölf Tracks und nach dem starken Intro ging es in jeder Hinsicht nur noch bergab. Zwischen einer Flut an mittelmäßigen Dance-Beats, die wie lieblos aufgewärmte Aufgüsse von alten Deichkind-Tracks klingen, und – so leid es mir tut, das so drastisch zu sagen – einfach uninteressanten Texten, die allesamt in ihrer puren Belanglosigkeit wie schnell zusammengekratzte Füllertracks wirken. Es kommt sowohl musikalisch kaum bissig und glattgebügelt daher und entledigt sich damit quasi den beiden wichtigsten Eigenschaften, die die Band bis dato ausgemacht haben. Um auf die anfängliche Metapher zurückzukommen: Das Dosenbier blieb also eher unberührt und das Partyvolk starrt wahlweise auf die Handys und unterhält sich sonst über die kommende Arbeitswoche. Selbst ich bekam beim Durchhören des Albums stellenweise Lust, Musik zu hören und bemerkte erst beim Öffnen eines anderen Musikstücks, dass ich das gerade tue. Das dürfte ein guter Indikator sein, dass Deichkind hier etwas Gravierendes falsch gemacht hat.


    "Manchmal rast' ich aus, auf irgendwelchen Partys/
    Dann renn' ich in die Küche und ex' die Schale Smarties/
    Der Trinker sitzt in Kneipen, in irgendwelchen Sitzecken/
    Ich verschöner mir mein Leben mit Lakritzschnecken/
    "
    (Deichkind auf "Naschfuchs")


    Fazit:
    Insgesamt wirkt das gesamte Werk schlicht lieb- und inspirationslos. Neben den beiden Singleauskopplungen würde ich mir allerhöchstens "Powered by Emotions", bei dem wenigstens der etwas druckvollere Up-Tempo-Beat stimmt, noch mehr als einmal anhören. Aber wenn diese drei Tracks schon das Highlight der Platte darstellen sollen, ist das nicht unbedingt ein gutes Zeichen. Es fehlt einfach an jeder Ecke der Biss und das Anecken, das dem Ganzen das eigentlich so angestrebte Prädikat "asozial" verleihen würden, an dem es "Niveau weshalb warum" so dringend fehlt. Es wirkt in seinem mediokeren Elektro-Klangteppich einfach zu glattgebügelt und es mangelt an dem sonst so zynischen und destruktiven Humor, um wirklich einen Hund hinter dem Ofen hervorzulocken. Man kann weder wirklich dazu tanzen noch macht es musikalisch irgendetwas neu und dazu setzt es das Altbewährte nicht einmal besonders gut um. Da kommt schlicht und einfach nicht das Gefühl auf, das alte Deichkind-Projekte ausgemacht hat. Vielleicht hilft da wenigstens die Tour ein wenig nach, denn mit zusätzlich alten Songs im Gepäck und der berüchtigten Bühnenshow, sollte Deichkind live durchaus eine sichere Nummer für einen Abriss sein. Das lässt sich vom Album allerdings leider Gottes nicht behaupten.



    (Yannik Gölz)


    [redbew]1789[/redbew]


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  • Dachte das ist eine Hip-Hop Seite Nofront


    Stimmt schon: Deichkind haben zwar ihre Wurzeln im Hip-Hop und werden noch immer auch diesem Genre zugewiesen, entsprechen allerdings nicht der klassischen Definition von Hip-Hop.
    Wir hatten daher in der Redaktion im Vorfeld darüber gesprochen und uns dann gedacht: Kann man ja mal machen, ein bisschen Abwechslung schadet manchmal nicht – zusätzlich zum (klassischen) Hip-Hop und nicht stattdessen, versteht sich.


    Also keine Sorge, Reviews von Helene Fischer, Unheilig o. ä. wird es hier in Zukunft auch weiterhin nicht geben.

  • Stimmt schon: Deichkind haben zwar ihre Wurzeln im Hip-Hop und werden noch immer auch diesem Genre zugewiesen, entsprechen allerdings nicht der klassischen Definition von Hip-Hop.
    Wir hatten daher in der Redaktion im Vorfeld darüber gesprochen und uns dann gedacht: Kann man ja mal machen, ein bisschen Abwechslung schadet manchmal nicht – zusätzlich zum (klassischen) Hip-Hop und nicht stattdessen, versteht sich.


    Also keine Sorge, Reviews von Helene Fischer, Unheilig o. ä. wird es hier in Zukunft auch weiterhin nicht geben.


    Aber, aber, was ist jetzt mit der Helene Fischer Review die du mir versprochen hast? :(

  • Deichkind könn Kunst :hut:

    "Dada ist Dadaist. Dada war Dadaist. Wahr ist Dada war, Dada ist Dadaist." (Steady Taggy) [size=36][size=36]KILL THE CLEANS[B][size=36][size=18][COLOR='#00FFFF']:wall:[align=center][/align][/COLOR][/SIZE][/SIZE][/B][/SIZE][/SIZE]
  • komm auf techno nicht klar, raptechnisch sind die jungs schon ok... beschränken sich halt mittlerweile sehr auf mainstreamthemen und massentauglichkeit


    auch wenn ich auf den Beat klar komme, schauen sie natürlich wie viele andere auch, wo sie das meiste Geld verdienen können - und das ist eben mit dieser Art ihrer Musik

  • Das ist das Deichkind Album was man sich gewünscht hat. Solch eine Bewertung schmerzt.


    Natürlich hat man Erwartungen an ein Album, insbesondere wenn die zwei ersten Songs draußen sind, die richtig gut gefallen. Wie wird der Rest des Albums? Das, was man erwartet hat? Was hat man überhaupt erwartet?


    Erwarten kann man von den Wundertüten der deutschen Musikszene erstmal gar nichts, aber oft genug wird man von neuen Alben letztendlich zumindest teilweise enttäuscht. Anders hier: Von Live-Partybrettern wie "Was habt ihr", "Denken Sie Groß", "Naschfuchs" oder dem Titeltrack "Niveau Weshalb Warum" über humorige Texte wie in "Der Flohmarkt ruft" oder "Mehr als Lebensgefährlich" bis hin zum balladesken "Porzellan und Elefanten" deckt Deichkind ein großes Spektrum ab, was trotz oder gerade wegen zahlreicher Sound-Experimente und Anleihen an ältere Tracks der Band den originalen Deichkind-Sound immer durchscheinen lässt.

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