01. Sein oder Nichtsein
02. Das ist Deutschland
03. Flowmarkt
04. Südwestfalen Anthem Pt. 2 feat. Vito Vitality
05. Diätsong
06. Geh weg feat. Arves
07. Heut ist alles egal feat. 0816
08. Sterbebett feat. Nazz'n'Tide
09. Micathlet
10. Heimatliebe feat. Najeeb
11. Guten Tag USA feat. Olli Banjo
12. Für den Moment
13. Merk dir den Namen feat. Louisa Lettow
14. Sweet Love
15. Weißer Rauch feat. Spyco
16. Im Sumpf der Medien feat. Airhan, F.Y. und Louisa Lettow
17. Ich mach's wie
18. Meine Klasse
"Sein oder Nichtsein, das ist hier die Frage" – wer kennt es nicht, das berühmte Zitat aus Shakespeares "Hamlet"? Der selbsternannte "Micathlet" B.E. hat sich jedenfalls nicht nur mit dieser Frage auseinander gesetzt, sondern gleich sein komplettes Debütalbum "Sein oder Nichtsein" getauft – passend zu seinem Künstlernamen, der sich vom Englischen "to be" (zu dt.: "sein") ableitet, wie er in diversen Interviews berichtet. Doch wird der Longplayer diesen recht mächtigen Worten wirklich gerecht oder steckt im Endeffekt nichts als heiße Luft dahinter?
Im Titeltrack "Sein oder Nichtsein", der gleichzeitig auch das Intro bildet, zeigt B.E. sich diesbezüglich zumindest relativ optimistisch, wenn er dem Zuhörer (ohne lange um den heißen Brei zu reden!) seine Wertevorstellung und Persönlichkeit vermittelt:
"Ich bin B.E. – und B.E. bedeutet 'to be'/
Und 'to be' bedeutet 'Sein' und 'Sein' bedeutet 'ich bin halt wie/
Ich bin', doch: Wer bin ich? Bin ich der Rapper, der Student, der Libanese/
Der Deutsche, dein Feind oder Freund?/"
An sich ein gelungener Einstieg ins Album, der recht gute Ansätze sowie einen sehr guten Flow aufweisen kann und so auf mehr hoffen lässt. "Flowmarkt" im Anschluss scheint auf den ersten Blick eines der Herzstücke des Albums zu sein – in den verschiedensten Stimmlagen und Akzenten imitiert B.E. auf einem orientalischen Beat hier Rapper wie Kollegah, Snaga oder auch Curse. Das Ganze klingt im Endeffekt aber leider komplett wie eine billige Blumio-Kopie à la "Meine Lieblingsrapper", da sich B.E. nie wirklich den Styles anpasst, die eben diese Rapikonen ausmachen. Schade. Der vom Titel her zwar lustig klingende "Diätsong" entpuppt sich dann sogar als grotesker Sinnlos-Track mit jeder Menge aneinander gereihter, beknackter Lines ohne Zusammenhang, bei denen der Rapper wohl tatsächlich denkt, dass er auch nur in irgendeiner Weise witzig sei. Aber sorry, wenn mir dann Lines wie
"Hakuna Matata, alles friedlich/
So, wie wenn zwei Pinguine, die mit drei Giraffen/
An der Straßenseite sitzen und sich denken:/
'Hey, lass' mal zum Kiosk geh'n und dort kaufen wir uns den neuen KitKat-Riegel'/
Und ich weiß, in den letzten vier Zeil'n war'n zu wenig Rhymes/
Und eigentlich gab's sogar keinen einzigen/
Ich mach' es wieder gut, backe, backe Kuchen/
Und back' euch ein paar Rhymes und schmeiß' sie hin, du brauchst sie nicht mal suchen/"
serviert werden, dann ist mir eher zum Heulen als zum Lachen zu Mute.
Auf "Micathlet" stellt B.E. seine Musik selbst als etwas Neues und Besseres dar, ohne sich dabei textlich von anderen Standardrappern zu entfernen – unter "frisch" und "noch nie da gewesen" verstehe ich zumindest etwas anderes, auch wenn er wieder einen sehr guten Flow an den Tag legt. Politisch wird auf "Sein oder Nichtsein" ebenso kein Blatt vor den Mund genommen, wenn etwa auf "Das ist Deutschland" die Bundesregierung kritisiert oder den Vereinigten Staaten, insbesondere aber Ex-Präsident George W. Bush, mit "Guten Tag USA" gemeinsam mit Olli Banjo eine recht sarkastische Ode gewidmet wird, auch wenn das Thema des letzteren Tracks mit Obama als neuem Präsidenten so langsam abgehakt sein dürfte. In Sachen Deepness versucht sich der Rapper ebenso, zum Beispiel auf "Für den Moment". Hier beweist er, dass er durchaus etwas von Storytelling versteht und erzählt vom inneren Kampf eines Menschen, der vor eine lebensverändernde Entscheidung gestellt wird. So heißt es etwa in der Hook:
"Manchmal ist es nur ein Moment/
Der dich dein Leben lang prägen kann, deine Wege dann lenkt/
Manchmal ist es eine Entscheidung, ein kurzer Augenblick/
Der beeinflussen kann, wie dein Leben in Zukunft verlaufen wird/"
"Merk dir den Namen" ist eines der weiteren Highlights: B.E.s Parts sind hierbei komplett in wahnwitzig schnellem Doubletime eingerappt – das kann er teilweise sehr gut, teilweise wirkt er jedoch auch leicht offbeat. Die Hook wird hierbei von Louisa Lettow gesungen, die zusätzlich etwas Abwechslung in die ganze Sache miteinbringt. Der Featuretrack "Im Sumpf der Medien" rundet die Themenvielfalt schließlich ab und berichtet über eben jenen Mediensumpf, in dem unsere leichtgläubige Bevölkerung mehr und mehr zu versinken droht.
"Sein oder Nichtsein" ist, das muss man an dieser Stelle erwähnen, komplett gut produziert. Ich finde keinen schlechten Beat auf der Platte; und von orchestralen über synthielastigere, bis hin zu orientalischen ist jede Art von Instrumentals vertreten – eine beachtliche Bandbreite, die B.E. da seine Beatbastler Arves, F.Y., Airhan und Chriss-Slik zur Verfügung stellen! Einige der Beats wurden übrigens auch von B.E. persönlich beigesteuert.
Fazit:
B.E. rappt an sich gekonnt, mit stets gutem bis sehr gutem Flow und textlich einigen guten Ansätzen, was er dann aber meist wenige Zeilen später wieder zunichte macht. Nicht immer, aber doch recht oft verfällt er in Standardschemata und Aussagen mit dem typischen "Ich mache etwas völlig Neues und der Rest hat es nicht drauf"-Hintergrund. Dazu kommt, dass es mir das komplette Album über so vorkommt, als hätte ich das alles irgendwo und irgendwie schon einmal gehört – nur besser. Und auch die Features wurden mit wenigen Ausnahmen nicht wirklich gut gewählt, da die meisten sowohl textlich als auch technisch unter B.E.s Niveau liegen. Ich bin unter Berücksichtigung der erwähnten Punkte gespaltener Meinung über dieses Debütwerk, da es sowohl seine Licht-, als auch seine Schattenseiten hat. So kann ich letztlich nur sagen: Man kann sich dieses Album ein-, vielleicht auch zweimal anhören und es sicherlich auch genießen – aber wirklich hängen geblieben ist davon bei mir zumindest nichts.
Pascal Ambros (ProRipper)
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