Review: AchtVier – Wohlstand



  • 01. Intro
    02. Wohlstand
    feat. Josof Abed
    03. Überkopf feat. JokA
    04. Beutetour
    05. Das Produkt
    feat. Herzog
    06. M.O.N.E.Y.
    07. Dagobert
    feat. Veli
    08. Für dich
    09. Alles klar
    feat. Disarstar
    10. Playboy
    11. Nie wieder
    12. Hörst du drauf?
    feat. Olexesh
    13. El Fantastico
    14. Ich weiß noch
    15. V.I.P. 3
    feat. Doktor Best
    16. Roze' Party feat. Fyahbwoy
    17. Die Crowd


    Wenn es ein vorherrschendes Motiv moderner Rapmusik gibt, dann dürfte das, neben anderen, vor allem das Streben nach Besitz und Reichtum sein. Über das Geld machen wird dabei genauso gern geredet, wie über das Geld haben. Prädestiniert dafür ist natürlich das Genre des Gangster- oder Straßenraps, wo mithilfe der Musik versucht wird, aus der misslichen Lage, in der man sich befindet, zu entkommen. Das neue Album des Hamburger Rappers AchtVier scheint, wie man schon von seinem Titel "Wohlstand" schließen kann, in eine ähnliche Kerbe zu schlagen. Diese Thematik kann, auch wenn sie schon sehr häufig behandelt wurde, durchaus spannend sein. Grund genug zu erörtern, ob AchtVier dieses Ziel mit "Wohlstand" erreichen kann.


    "Ich will den mattschwarzen Wagen parken/
    Will Versace in fast allen Farben tragen/
    Ich will es jetzt, ich will nicht noch paar Jahre warten/
    Eigener Chef, ich will aus meiner Garage fahren/
    "
    (AchtVier auf "Wohlstand")


    Der Titeltrack "Wohlstand" verdeutlicht, um was es AchtVier geht: Er will ausbrechen, aus dem Leben, das aus Rechnungen, Arbeitsamtbesuchen und Tiefkühlpizza besteht. Deshalb muss nun mit Rap Geld gemacht werden, damit "Mama mit auf Weltreise" genommen werden kann. Unterstützt wird Fizzle von Sänger Josof Abed, dessen Gesangshook jedoch nicht wirklich harmonisch auf den Beat passt und deshalb etwas fehlplatziert wirkt. Ganz anders der Rapper selbst. Der wiederum schafft es seinen sympathischen Text ideal über den Beat zu bringen und das Ganze mit ein paar witzigen Adlibs abzurunden. Anders sieht das im vorangegangenen "Intro" des Albums aus: Hier wurde ein schnellerer Beat gewählt, was sich für AchtViers Stimmbild als nicht besonders optimal herausstellt. Denn auch wenn anständig gereimt wird, scheint sich der Hamburger zu oft zu verhaspeln, worunter der Hörgenuss extrem leidet. Viele Zeilen des Tracks kann man beim ersten Durchhören akustisch nicht verstehen und ein harmonisches Klangbild ergibt sich überhaupt nicht.


    "In den Tag reinleben, sie teilen sich ein' Döner zu dritt/
    Schön ist es nicht, denn Zuhause gibt's für gewöhnlich nichts/
    Nur ein Vater, der von seinem Frust zerfressen ist/
    Der seine Mutter schlägt bis das Blut an die Decke spritzt/
    Das sind Ghettokids, von Hamburg bis nach Kreuzberg rein/
    Perspektive: aussichtslos, Werdegang: Teufelskreis/
    "
    (AchtVier auf "Das Produkt")


    Diese Ambivalenz von AchtViers Rapskills scheint sich durch das gesamte Album zu ziehen. Mal flowt er durchgehend souverän über den Beat, in der nächsten Sekunde aber wieder scheint er relativ unsicher zu sein. Dann lassen sich auch besonders die Cuts, die Fizzle nach spätestens jeder vierten Zeile zu machen scheint, nicht mehr überhören. Als Beispiel sei hier "Das Produkt" genannt, wo man stets hören kann, wann AchtVier die Aufnahme nach der Zeile beendet und neu angesetzt hat. Dies lässt die betreffenden Tracks nicht nur produktionstechnisch minderwertiger wirken, sondern unterbricht auch den Fluss der Musik ungemein. Und auch textlich kann der Hamburger Rapper selten auftrumpfen. Reimtechnisch durchaus auf der Höhe der Zeit, schafft es AchtVier thematisch nur an wenigen Stellen zu überzeugen. Die Tracks ähneln sich zu sehr, um für sich selbst zu stehen und es scheint auf dem gesamten Werk fast nur zwei Themenbereiche zu geben: Erzählungen aus dem harten Straßenleben und Rap über das Geld, das man braucht, um aus ebenjenem Leben zu entkommen. Und selbst bei diesen schon so oft behandelten Themen gibt es selten Zeilen, die sich hervorheben und nicht wie schon einmal gehört klingen.


    Willkommene Abwechslung in diesen Brei aus Gangster- und Geldrap bringt der Song "Für dich", den AchtVier für seinen verstorbenen Vater geschrieben hat. Dieser Track weiß durch den feinfühligen Text durchaus zu berühren, allerdings hätte etwas mehr Zeit und Aufwand in die Hook fließen sollen. Die Betonungen der Reime wirken nämlich so unnatürlich und gewollt, dass man als Hörer komplett aus der nachdenklichen Atmosphäre gezogen wird und angesichts dieses unharmonischen Refrains am liebsten direkt zum nächsten Part skippen würde.


    "Heute bist du tot, Papa, ich verfluche diesen Tag/
    Ich versuch' ein guter Mensch zu sein, doch siehst du das?/
    Wie gehabt warst du da, wenn ich in den Spiegel sah/
    Du bist so fern, weit weg, doch alles schien so nah/
    "
    (AchtVier auf "Für dich")


    Ein weiterer Grund für die Austauschbarkeit der Tracks auf "Wohlstand" sind wohl auch die Beats. Vorwiegend von Jambeats produziert, scheint ein Großteil des Releases aus düsteren Synthiebangern oder gepitchten Chören, unterlegt mit klatschenden Drums, zu bestehen. Die Beats wirken wie beliebig aus dem Baukasten gefischt und verschmelzen deshalb zu keinem Zeitpunkt mit dem Rap von Fizzle zu einem Gesamtprodukt mit eigener Identität. Ähnlich ist es mit den Features. Keiner der Gastbeiträge stellt ein wirkliches Highlight dar, da angesichts der unspannenden Thematiken der Tracks meist lediglich generische Straßenrap-16er abgeliefert wurden.


    Fazit:
    Was "Wohlstand" wohl am meisten fehlt, ist eine eigene Identität. AchtVier kann durchaus gut rappen. Jedoch schafft er es nur selten, Zeilen auf das Textblatt zu bekommen, bei denen man aufhorchen muss oder so speziell über einen Beat zu flowen, wie man es selten gehört hat. Angesichts des Überflusses an Straßenrappern scheint dies auch schwierig, doch etwas mehr Kreativität beim Schreibprozess und Beatpicken könnten schon einiges bewirken. "Wohlstand" ist gewiss kein schlechtes Album, doch verliert es sich in der Austauschbarkeit und wirkt nur wie eine Wiederholung anderer großer Straßenrap-Alben der letzten Jahre.



    Florian Peking (Florginal)

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