Review: Johnny Pepp – 8Null8



  • 01. Intro
    02. Bis sie mich sehen im Grab
    03. Kruzifix
    04. Was ihr wollt
    05. Straßen des Wahns
    feat. Bosca
    06. Z.W.H.
    07. Mehr
    08. Money
    09. Mach es
    10. Ich war es nicht
    11. Das hättest du nicht gedacht
    12. Spotlight
    13. Blick Richtung Sonne
    feat. Timeless
    14. Für immer
    15. Nichts
    16. Gute Nacht


    Der Name Johnny Pepp dürfte einigen Leuten durchaus ein Begriff sein. Allerdings weniger als Rapper am Mic, sondern mehr als Produzent des Labels Freunde von Niemand. Denn der gebürtige Niederländer sorgt bereits seit einigen Jahren für die Instrumentals von Vega, Bosca und Timeless. Als dann allerdings auf dem hauseigenen YouTube-Kanal der Plattform nach Videos wie "Johnny Pepp baut 'nen Beat" erstmals mit größerer Aufmerksamkeit Clips erschienen, auf denen der Produzent sich selbst hinters Mikrofon geklemmt hat, erntete er vor allem durch sein relativ untypisches Klangbild Skepsis. Denn die Musik von Johnny Pepp lässt sich dem momentan durchaus im Trend liegenden Subgenre des Traps zuordnen. Noch weiter: Johnny meinte sogar, er wolle mit dem Album beweisen, dass er der einzige deutsche Rapper sei, der echten Trap fabrizieren könne. Nun stellen sich natürlich zwei elementare Fragen: Freunde von Niemand und Trap, kann das gemeinsam funktionieren? Und: Kann der Produzent überhaupt als Rapper überzeugen oder sollte er sich doch auf seine Kernkompetenz, die Beats, konzentrieren?


    "Fick Rap, Junge, ich will Cash, Junge/
    Ein von Schwarzgeld finanzierter Benz, Junge/
    In jedem Land der Welt 'ne scheiß Residenz, Junge/
    Fick Swag, ich will Sex, Weed und Alk und Geld, Junge/
    "
    (Johnny Pepp auf "Intro")


    Und auch wenn das "Intro" textlich alles andere als ein Höhenflug ist, brettert Johnny doch genau so ein, wie man es sich als Einstieg in ein Trap-Album wünschen würde. Über ein komplexes Bass-Arrangement spittet der Freund von Niemand mit einer brachialen Energie, die mitreißt. Die eingängigen Synthies tun ihr Übriges. Seine hohe Stimmlage geht wahnsinnig stark nach vorne und seine Art zu rappen zielt einzig und allein auf das richtige Feeling ab. Und das funktioniert auf den meisten Tracks auch gut, denn obwohl er sich inhaltlich auf dem Mixtape auf gar keinen Fall ein Bein ausgerissen hat, so macht es rein zum Hören großen Spaß. Die Instrumentals sind, wie man es vom Stammproducer eines Labels dieser Größenordnung wohl erwarten dürfte, durchgängig ausgefeilte und musikalisch anspruchsvolle Bretter. Und diesen merkt man trotz des Trapgenres, dessen Instrumentals ja gerne mal dazu neigen, billig zu wirken, die Liebe zum Detail und die hohe Qualität deutlich an. Die Kompositionen bestehen in erster Linie aus großartigen Drum-Zusammenstellungen, Synthies und wahlweise Piano- oder Chor-Samples. Hier fehlt für meinen Geschmack jedoch die letzte Eingängigkeit, denn alles wirkt zwar durch die Bank rund und sauber produziert, bleibt aber dennoch gänzlich innovationslos. Kein Beat bleibt wirklich langfristig hängen und es gibt auch keine Besetzung der Instrumente, die wirklich überrascht und so den einen Track ermöglichen könnte, der besonders heraussticht. Dieser fehlt in meinen Augen, wodurch das Gesamtprodukt über die komplette Spieldauer leider etwas zu einheitlich und monoton ausgefallen ist.


    Der größte Kritikpunkt ist in meinen Augen jedoch der textliche Aspekt. Denn neben einer weit unterdurchschnittlichen Reimtechnik sind die Tracks bis auf zwei oder drei Ausnahmen in zwei Sorten von Songs aufzuteilen. Auf der einen Seite sind es wahnsinnig repetitiv geschriebene Nummern, die sich thematisch irgendwo zwischen seinem Wunsch nach Reichtum und seiner Drogenkriminalität abspielen und einfach daraus bestehen, dass sich Johnny Pepp irgendeine Phrase oder irgendein Wort sucht und das ans Ende jeder Line klatscht. So hört man beispielsweise folgende Zeilen: "Manche töten jeden für das Money/ der andere verkauft seine Seele für das Money/ seine Ex, sie ließ ihn stehen für das Money/ seitdem steht er im Regen und er zählt allein sein Money" (Johnny Pepp auf "Money"). Auf der anderen Seite gibt es melodramatische Tracks, auf denen er darauf aufmerksam machen will, wie hart das Leben ist – so zum Beispiel auf "Kruzifix" oder "Straßen des Wahns". Insbesondere letzterer Titel funktioniert nicht besonders gut, da sich Johnny als Storyteller eher unbeholfen anstellt. Dies kann man auch gut an "Kruzifix" festmachen, denn hier ist der rote Faden im Track völlig verloren gegangen. Nachdem man sich im ersten Part atmosphärisch gerade darauf eingestellt hat, dass man es mit einem Drogenjunkie als Protagonisten zu tun hat, wird im zweiten Verse auf einmal ein Mädchen vorgestellt. Anscheinend die Liebe des Lebens, was der Hörer allerdings nicht so wirklich mitbekommt, weil die einzigen Charaktereigenschaften, die ihr hektisch in ein paar Zeilen zugeschrieben wurden, die sind, dass sie schöne Augen hatte und die beiden anscheinend verliebt ineinander waren. Das richtige Gefühl will hier aber nicht aufkommen, weil sie gefühlte zwei Zeilen später in derselben Strophe plötzlich eine blöde Bitch ist, die ihn verlassen hat. Noch einmal gefühlte zwei Zeilen später hat sie dann auch noch einen erfolgreicheren neuen Freund als den Protagonisten, der wieder kurz darauf verrückt geworden ist. Das Ganze wird von einem unspektakulären Pianobeat und einer Hook mit der sicherlich nie dagewesenen Aussage "Das Leben ist 'ne Schlampe, das Leben ist 'ne Bitch!" untermalt. Da sind mir im direkten Vergleich die Tracks der ersten Art lieber, die zwar inhaltlicher Nonsens sind, dafür aber auf eine gewisse Art cool verpackt und vor allem vom Feeling her gut zur Trap-Thematik passen. Die deepen Tracks verlieren sich dagegen irgendwo zwischen musikalisch unspektakulär und inhaltlich zu phrasenhaft.


    "Ohne Ziel vor Augen sinkt er weiter in die Tiefe/
    Dann traf ihn dieser Blick, in den er sich verliebte/
    Dieses Mädchen, sie gab ihm wieder Grund, zu leben/
    Er ließ alles für sie stehen, doch sie musste gehen/
    "
    (Johnny Pepp auf "Kruzifix")


    Fazit:
    Kommen wir auf die Fragen zurück, die wir uns am Anfang gestellt haben. Kann der Mann, der als Produzent bekannt geworden ist, auch als Rapper überzeugen? Teilweise, denn sieht man mal von den versuchten deepen Tracks ab und würde man das Tape nur am Flow und der dadurch entstandenen Atmosphäre messen, würde es um einiges mehr überzeugen. Denn allein was Ersteres angeht: Johnny Pepp rappt druckvoll, intensiv und macht einiges aus dem Trapgenre, sodass er unter diesem Aspekt durchaus überzeugen kann. Die große Schwäche liegt aber leider in den Texten. Würde Johnny Pepp ein Tape machen, auf dem er nur Tracks vereint, die keinen inhaltlichen Anspruch haben und lediglich zum Bouncen im Auto oder sonstwo angedacht sind, fiele das auf keinen Fall so sehr ins Gewicht, wobei er den textlichen Anspruch ja scheinbar trotzdem sucht. Es scheint, als wollte er die Freunde von Niemand-typische Melancholie auf seinem Tape nicht missen lassen. Doch gerade das entpuppt sich als die größte Schwachstelle. Denn weder macht er dies auf besonders innovative Weise, noch verpackt er es wirklich gekonnt. Das sorgt für ein paar Tracks, die ein sonst musikalisch rundes Paket leider stark runterziehen. So würde ich die Fragen folgendermaßen beantworten: Johnny Pepp und Rap, das funktioniert auf jeden Fall – aber die stellenweise angestrebte melancholische Art und der Flavour des Traps kommen auf diesem Tape auf keinen gemeinsamen Nenner, sodass das Gesamtprodukt doch sehr darunter leiden musste.



    (Yannik Gölz)

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  • Dass die Texte oft unterdurchschnittlich ausgearbeitet sind, kann man nicht leugnen. Das perfekte Konzept auszuarbeiten ist aber vermutlich auch nicht sein Anspruch an Musik und soweit ich weiß auch nicht der Anspruch des trap Genres. Für mich klingt es eher als hätte er die Themen wichtig gefunden, aber den Text dem Format angepasst.
    Dass er sich krampfhaft an Melancholie versucht und dass die Qualität des tapes darunter leidet ist meiner Meinung nach auch nicht der Fall. Ich finde die dadurch vielseitigere Sound- und Stimmungspalette, die er damit abdeckt sogar sehr schön (da der Text ja oft sekundär ist und mehr auf Flow und Beat geachtet wird, was ich wie bereits erwähnt für Willkür halte).
    Ansonsten stimme ich zu, dass Storytelling nicht seine Stärke ist und keiner der Tracks heraussticht, obwohl ich in beiden Fällen sagen muss, dass das Gesamtpaket trotzdem zufriedenstellend war.


    Zur review muss ich sagen, dass sie auf mich (stilistisch -ich dachte am Ende, von den Formulierungen her, es kämen noch einige Aspekte hinzu, was nicht der Fall war- und inhaltlich) nicht den Eindruck gemacht hat, das ganze tape erfasst zu haben. Kann aber auch daran liegen, dass ich es anders wahrgenommen habe, als der Autor.


    E: hätte 3,5 oder 4 Mikros gegeben...

  • Ein Mixtape/Streettape anhand des Inhaltes runter zu ziehen, ist auch bisschen eigenartig...

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