Review: Blokkmonsta & Schwartz – 2060: Zeugen der Apokalypse



  • 01. 2060 (Remix)
    02. Bladerunners
    feat. Uzi
    03. Anthropophagus
    04. Zeugen der Apokalypse
    05. Cyberpunks
    feat. Rako & Jayson
    06. Mission in Robot City
    07. Gute alte Zeit
    08. Die Schlacht am Mutanten-Pass
    feat. Hirntot Posse
    09. Schwermetall 2
    10. F.B.I - FightBotInvasion
    11. Land der Ratten
    feat. GPC
    12. Mutantentanz feat. Manny Marc
    13. Pilger der Endzeit feat. Prinz Pi
    14. Infiziert & untot feat. Greckoe
    15. Experimente im Hive feat. Dr. Faustus
    16. UFOs am Himmel
    17. Offenbarung 2061
    18. Abspann


    Hand aufs Herz: Apokalyptische Fantasien hat doch jeder schonmal gehabt. Erst neulich habe ich mich mit einem guten Freund darüber unterhalten, welche Musik wohl im Range Rover laufen würde, während wir unser Mädchen heldenhaft vor den einfallenden Zombie-Horden retten. Einen potenziellen Soundtrack für den nuklearen Holocaust stellt das neue Blokkmonsta & Schwartz-Album dar: Endlich werden wieder Zombies im Keller gefoltert, zähnefletschende Mutanten-Ratten aus der Kanalisation Berlins ans Tageslicht gelockt und blutgeifernde Cyborgs auf sadistische Kannibalen losgelassen. An die Geschütze!


    Wir treffen Blokkmonsta & Schwartz bei "Experimenten im Hive". Unter Bergen aus Schutt und Asche liegt der Eingang zum Versteck der Hirntot-Posse, die sich als letzte menschliche Instanz gegen Zombies, Aliens, Roboter und Mutanten behaupten kann. Während wir mit dem Fahrstuhl bis in das 20. Stockwerk unter der Erdoberfläche fahren, gibt uns Commander Schwartz eine kurze Einweisung: Wir schreiben das Jahr 2060. Ein Jahrzehnt ist vergangen seit der atomaren Katastrophe des Vorgängeralbums "2050". Sechs Milliarden Menschen haben seitdem ihr Leben gelassen. Zum Glück verfügt die Hirntot-Gang über ein beeindruckendes Waffenarsenal, um sich gegen die übermächtigen Gegner am Mutanten-Pass zur Wehr zu setzen. Während Blokk ein Stockwerk unter uns mit 'ner Kettensäge an einem Untoten hantiert – zu rein medizinischen Zwecken natürlich – präsentiert uns Schwartz stolz eine ganze Wand voller Großkaliberwaffen, Streitäxten, Plasmakanonen, Flammenwerfern, Granaten, Samuraischwerter, Gatling-Guns und Pilgerstäben. Sogar mit einem Wagenheber will der Freiheitskämpfer mal einen Zombie zur Strecke gebracht haben. Damit laufen Blokk & Schwartz Massiv mal eben seinen Rang als Deutschraps Waffen-Exorzist Nr. 1 ab.


    "Diese Welt ist ein nuklearer Moloch/
    Der Sonnengott Apollon ist mutiert und sieht aus wie Gollum/
    Mein Schatz ist diese alte Machete/
    Sie ist stumpf vom Spalten dieser ganzen Mutantenschädel/
    "
    (Schwartz auf "Zeugen der Apokalypse")


    Blokk & Schwartz stehen für feinstes Qualitätsgebrülle und bedienen auch mit dem neuen Album wieder ihr "Psychokore"-Genre: Zu Hirntot-typischen Down South-Beats bringen die beiden Schreihälse wieder mal die Berliner Plattenbauten zum Wackeln. Die grenzwertigen Gewaltdarstellungen der beiden sind nichts für zartbesaitete Zeitgenossen – Blokk & Schwartz nehmen kein Blatt vor den Mund, wenn sie das Fleischermesser auspacken. Das Soundbild des Albums ist zum einen nicht alltäglich; andererseits spielt es sich nicht anders, als 70 (das ist kein Spaß!) andere Hirntot-CDs auch. Im Vergleich zu dem vor fünf Jahren erschienenen Prequel "2050" lässt sich sogar eine Verbesserung im Mixdown erkennen – wenn sich Blokkmonsta gerade wieder mal über das blöde Babylon mokiert, hört sich das jetzt klarer und koordinierter an. Um sich Blokk & Schwartz auf Dauer anzuhören, muss man aber weiterhin zum hartgesottenen Kern zählen. Übrigens: Bei 70 Veröffentlichungen à durchschnittlich 18 Anspielstationen existieren mittlerweile über drei Tage Hirntot-Material. Hirntot ist in Anbetracht der geringen Mitgliederzahl bestimmt eines der produktivsten Labels der Welt.


    Die entscheidende Schlacht gegen das elende Mutanten-Pack ruft! Auf dem Weg zum Schlachtfeld machen wir nur noch schnell Halt in Manny Marcs Bunker – ist doch klar, dass da irgendein abgedrehter Partysong bei rauskommen muss. Und so trinken wir unser Kerosin-Terpentin-Gemisch zu dröhnendem Techno-Sound, während Schwartz mit seiner 9mm auf die Füße eines Mutanten-Etwas mit "drei Titten und Doppelarsch" ballert. Trotz oder vielleicht gerade wegen Manny Marcs mit Lückenfüllern vollgestopftem Part auf "Mutantentanz" ist der Song mein absoluter Favorit auf dem Album – der kommt bestimmt gut auf 'nen Freitagabend zwischen Macklemore und One Republic. Ach, ich sollte DJ werden!


    "Und nun werft die Arme hoch/
    Ihr habt sie grad' euren Opfern abgeschnitten/
    [...]
    Und die Monster schlagen ihre Köpfe aneinander/
    Das ist Headbangen mal anders/
    "
    (Schwartz auf "Mutantentanz")


    Die Feature-Parts von Prinz Pi und Greckoe finde ich dagegen eher enttäuschend. Die beiden können oder wollen sich nicht richtig in das "2060"-Universum hineindenken und bringen die Geschichte, die Blokk & Schwartz erzählen, nicht voran. Wie bei vielen anderen Veröffentlichungen unter der Hirntot-Flagge auch, besticht das Album durch sein kreatives Konzept: Spätestens wenn die Rede von Cyber-Kampfhunden an Ketten und Heavy Metal-Kampfkolossen ist, ahnt man ungefähr, dass es sich bei "2060: Zeugen der Apokalypse" um eine riesige B-Splattermovie-Collage handelt. Klar, dass sich die Kollegen aus dem Hause Hirntot da eher in die Story hineinfuchsen können: Uzi und Rako liefern passable Parts ab, die sich dem waffenreichen Grundtenor des Albums anfügen. Dafür hapert es bei den Jungs dann aber auch an den Hirntot-üblichen Stellen: Flow und Stimmeinsatz sind einfach nicht jedermanns Sache, und auch wenn ich ungerne den Silbenzähler raushängen lasse, sind Reime und Texte größtenteils sehr einfach gestrickt.


    "Die Schlacht am Mutanten-Pass". Schwartz springt mit einem Flammenwerfer in der Hand aus dem Truppentransporter, während sich Blokkmonsta 'ne Machete zwischen die Zähne steckt. Gemeinsam mit Uzi und Rako hievt er seine Gatling-Gun aus dem Fahrzeug, dann stellen sich die letzten Helden unserer Rasse den übermächtigen Zombie-Horden entgegen. Und während der 100-Tausend-Tonnen-Kampfkoloss auf der Suche nach organischem Abfall durch das Schlachtfeld zieht, ballern Blokk & Schwartz mit dreckigem Gekichere auf die Untoten. Gerade als sich die Reihen zu lichten scheinen, verdunkelt eine ganze UFO-Armada den Himmel über dem Mutanten-Pass. Die Aliens haben den Menschen heimlich eine Guerilla-Larve ins Gehirn implantiert, deshalb sieht sich Blokk gezwungen, den roten Knopf zu drücken und die Menschheit zurück in die Steinzeit zu katapultieren. Kreativer geht's nicht mehr. Der Abspann verrät dann: Unsere Zukunft liegt jetzt in den Händen von Blokkmonsta & Schwartz. Dann kann ja nichts mehr schiefgehen.


    "Anthropo ... blabla, keine Ahnung wie das heißt/
    Ich kenne nur 'Friss oder stirb', und dass ich bei Hunger beiß'/
    [...]
    Ich bin Gourmet, das heißt soviel wie Leckermaul/
    Du bist okay auf meiner Zunge, wenn ich kau'/
    "
    (Blokkmonsta auf "Anthropophagus")


    So sehr ich das Album bisher auch loben durfte: Musikalisch kann mich das Ganze nicht überzeugen. Zwar gibt es an den Beats nicht so richtig was zu meckern, aber im Mixdown mit den Berlinern auf dem Instrumental kommt da für meine Begriffe keine Stimmung auf. Das Soundbild kann die Texte nicht tragen, stattdessen stehen die lauten Stimmen von Blokkmonsta & Schwartz im Vordergrund. Ich habe immer wieder Probleme, die beiden zu verstehen. In kleinen Portionen ist das alles erträglich – auf Albumlänge wird mir das dann aber doch zu anstrengend.


    Fazit:
    Würde ich nur den Inhalt bewerten müssen, wäre "2060: Zeugen der Apokalypse" ein Vorzeigealbum: Blokkmonsta & Schwartz sind verdammt nah dran an einem Hörbuch-ähnlichen Erlebnis. Davon könnte sich manch anderer eine Scheibe abschneiden. Hirntot hat auf jeden Fall seine Berechtigung in der deutschen Raplandschaft, auch wenn die Art des Vortragens so gar nicht mein Ding ist. Reime, Flow und Betonungen sind gewöhnungsbedürftig. Aber das mag Geschmackssache sein.



    (Der_Lektor)

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  • zufall: ich finde, der letzte Absatz vor dem Fazit entspricht schon sehr dem auzug hier:


    2 Mics: Ich sehe einige Schwachstellen an dem Release, sodass es für mich doch noch stark unter dem Durchschnitt liegt.

  • Zum Album: Hab', bis auf paar Tracks, nur durchgeskippt, aber ich find' das schon sehr feierbar, in kleinen ausgewählten Dosen jedenfalls. Die Beats sind mittlerweile auch echt ganz gut bei Hirntot, gerade bei diesem Album wieder. Fantasie und Ideen haben die beiden auf jeden Fall und die passende Atmosphäre können sie auch aufbauen. Sicher fabrizieren sie keine wegweisenden Meilensteine des deutschen Raps, aber für kurzweilige Unterhaltung sind sie schon hin und wieder gut.
    Zur Review: Verstehe nicht, wieso der Autor hier scheinbar ausschließlich wegen Aspekten wie Flow und Reimen 'ne schlechte Bewertung gibt und bei 'nem MC Fitti, dem (bei aller Liebe) technisch wohl schlechtesten deutschen Rapper, der jemals in den Charts war, überhaupt nicht erwähnt, dass Reime oft nichtmal existent sind und er etwas wie Flow quasi nicht besitzt, geschweige denn Abzüge dafür gibt. Nicht falsch verstehen, finde das schon in Ordnung, nur würde mich da einfach 'ne ausführlichere Begründung interessieren.


    Edit: Oh Gott, der Part von Manny Marc. So unglaublich schlecht, dass man ihn einfach feiern muss, hahahahahaha.

  • Ich habs mir vor 2 Tagen zugelegt als ich im MM war...
    Dieses Album finde ich jetzt schon ziemlich Klasse. Die Tracks gefallen mir alle und wenn 2 Personen seit so einer langen Zeit rappen, dann kann man Einzelheiten, die einem nicht gefallen doch getrost mit Absicht erklären. So wie die Stimmen die im Vordergrund stehen.


    Da das Album meines Lieblingsrappers Schrott war hab ich jetzt halt nur noch Hirntot und ich finde deren Musik einfach super.Ich hab allein dieses Album schon mindestens 5-mal gehört in den knappen 2 Tagen und das sagt dann wohl alles. Man kann sich das auch dauerhaft anhören und nicht nur in kleinen Dosen.


    Aber ist ja Geschmackssache :-)

  • Das Album kann man eigentlich als (Kopf-)Film bzw. Hörbuch bezeichnen.
    Wie schon bei dem Vorgänger "2050" oder dem Themenalbum "Desperados" erzählen die einzelnen Tracks nacheinander eine halbwegs zusammenhängende Geschichte.
    Die Beats und die Textinhalte finde ich durchaus feierbar und unterhaltsam.
    Ich persönlich feier jedenfalls die CD!
    Aber ist ja, wie schon mehrmals gesagt, Geschmacksache. :cool:

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