Admin-Blog Special: Amis kleines Korea-Tagebuch (Tag 12)

  • So, jetzt geht's aber auch endlich mal weiter hier mit dem Blog, auch wenn's mittlerweile vielleicht eher Memoiren sind, denn ich bin ja zurück in Deutschland, aber egal. :D
    Wir waren also Freitag feiern, Samstag schräg singen, und nun sind wir bei Sonntag, der 3. August, Tag 12 meiner Koreareise.


    Was macht man normalerweise Sonntags? Faul auf der Couch rumliegen, fernsehen, sich langweilen, weil ist ja eh nix los. Aber nicht in Korea, denn da haben die meisten Geschäfte auch Sonntags offen! Also stehen wir um 9 Uhr auf. Anub, Tanja, Rouslana, Martina, Erin und ich düsen nach Seoul. Ziel: Myeongdong, eines der größten Einkaufsviertel in Seoul.


    Hier seht ihr Erin, Martina und Anub im Bus.



    Das Busfahren ist übrigens etwas, das ich definitiv vermisse, seit ich aus Korea zurück bin. Und ich hätte nie gedacht, dass ich so was mal sagen würde, denn in Deutschland ist Busfahren scheiße. :D
    Ihr erinnert euch an diese T-Money Card, die ich bereits bei meinem ersten Trip nach Seoul gekauft habe? Das Ding ist wirklich Gold wert, denn sei macht auch das Busfahren ziemlich einfach. Egal wie alt der Bus ist (und es macht den Eindruck, als wären die Busse in Korea vom Baujahr etwas älter als unsere, auch wenn sie alle ziemlich gut in Schuss gehalten werden), er hat IMMER am Vorder- und Hinterausgang einen Scanner für die T-Money Card, und darum sind alle ganz schnell drin und wieder draußen. Außerdem ist es mit Karte billiger als wenn man bar bezahlt. Jede Haltestelle wird automatisch angesagt, und hinterher wird sogar noch die übernächste Haltestelle angekündigt. So kann man seinen Ausstieg praktisch gar nicht verpassen. (Allerdings sind die Ansagen ausnahmslos auf Koreanisch; man sollte also zumindest den koreanischen Namen seiner Haltestelle kennen, was bei der "Academy of Korean Studies" dann "Hangughag Jung'ang Yeonguweon" ist. :D:D:D)
    Noch dazu ist man mit dem Bus komfortabel und schnell da, wo man am besten mit der U-Bahn nach Seoul hineinfährt: Sadang oder Sunae, je nachdem. Und mit schnell, meine ich schnell. Die Strecke ist nämlich nicht gerade kurz, aber die Busse in Korea geben auch tierisch Gas. Damit verglichen sind deutsche Busse die reinsten Schildkröten.
    An einigen Tagen hat's mich fast von der Rückbank geschmissen, wenn der Busfahrer mal wieder mit Vollgas über die Schnellstraße bretterte. So wird Busfahren auf jeden Fall immer ein Erlebnis. :D
    Und zu guter letzt ist Busfahren in Korea auch verdammt billig. Mit der T-Money Card bezahle ich nach Sadang - die weiteste Strecke - gerade mal knapp über 1000 Won, also etwas mehr als 60 Cent. Und der Bus ist locker eine halbe Stunde unterwegs! In Düren bezahl ich schon für eine nicht mal 10 minütige Strecke in der Innenstadt über drei Euro.
    Busfahren hat mir in Korea darum immer ziemlich gute Laune gemacht. Schnell, unkompliziert, billig, und die Sitze da sind auch ziemlich chu-weich und man bekommt fast immer nen Platz. Nun gut, genug geschwärmt, ich weiß schon, ich nerve, also weiter im Text. :D


    Von Sadang ging's dann also weiter mit der Linie 4, die direkt über den Seouler Hauptbahnhof nach Myeongdong fährt.



    Im Übrigen ist auch die Seouler U-Bahn eine Spitzenerfindung. Das U-Bahn-Netz ist zwar riesig und dementsprechend etwas kompliziert (weshalb ich mich bis zum Ende an meinem kleinen Plan orientieren musste, wenn ich irgendwohin fuhr, wo ich noch nie gewesen war. Es gibt einfach zu verdammt viele Stationen), aber man kann sich quasi gar nicht verfahren, sofern man nen Plan lesen kann, und seinen Ausstieg verpasst man nie, denn alle Stationen sind mit Schildern sowohl in Koeranisch als auch in Englisch versehen, die elektronischen Anzeigen in den U-Bahnen sind zweisprachig sowie die Ansagen in den U-Bahnen. Touristen, die kein Hangeul lesen können, sind also nicht aufgeschmissen. Und dank T-Money-Card kommt man auch hier schnell mit einem PIEP durch die Schranke, ohne dummes Anstehen an irgendwelchen Fahrkartenautomaten oder Schaltern. :)


    Die U-Bahn-Station in Myeongdong führt dann auch direkt hoch ins Geschehen. Unmittelbar neben dem Ausgang steht eines der größten Einkaufszentren von Myeongdong, das Migliore Department Store.
    Hier der Eingang zur Nachmittagszeit. Wer genau hinsieht kann im Hintergrund ein schwarzes Schild mit einem gelben Kreis mit U-Bahn-Symbol entdecken. Dort ist der Ein- bzw. Ausgang der U-Bahnstation, also wirklich direkt daneben. :)



    Im Migliore haben wir uns dann auch sofort umgesehen. Ich muss sagen: ich hab noch NIE so viele Klamotten, Accessoires etc. auf einem Haufen gesehen. Mindestens vier Stockwerke sind allein der Damenkleidung gewidmet, eigene Stockwerke gibt es für Schuhe, Accessoires, etc. und ich glaube nur eines für Männerkleidung. :D
    Dabei ist das Konzept des Kleidungs-Kaufhauses in Deutschland eher unbekannt, es ist nämlich nicht wie ein Kaufhof bei uns in verschiedene Marken oder Stile eingeteilt, sondern es besteht aus vielen einzelnen Geschäften oder %uFFFDStänden%uFFFD, sprich eine Art Basar IM Shoppingcenter. Jede Etage ist durch Trennwände in Nischen, Ecken und Zimmerchen unterteilt, in jedem ein anderer Verkäufer, überwiegend Noname-Kleidung und darum billig bis zum Abwinken. Oberteile für 10.000 Won (ca. 6 Euro) sind hier keine Seltenheit. Dementsprechend passt sich dann auch das Geizverhalten an, denn wenn man dann mal was für 30.000 Won sieht, denkt man gleich "Boah, ist das schweineteuer", dabei ist das grad mal 18 Euro, und in Deutschland wäre das je nach Kleidungsstück ein normaler bis ziemlich gediegener Preis.
    Das riesen Angebot hat mich dann allerdings erst mal etwas eingeschüchtert. Man wurde so überflutet mit billigen Klamotten, dass man gar nicht wusste, wo man hinsehen sollte, und irgendwie hab ich mich gar nicht wirklich getraut, irgendwas zu kaufen. Als ich es dann doch mal wagen wollte, stellte sich heraus, dass es in Korea in den Billigstores ziemlich unüblich ist, Kleidung anzuprobieren. (Was dann auch erklärte, warum man Koreanerinnen ständig vor Spiegeln stehen sah, wo sie die Kleidung an sich DRAN hielten, um zu sehen, wie es ihnen steht.) Außerdem sind Billigklamotten ohne Markenname in Korea grundsätzlich Onesize, d.h. man hat eh nicht die große Wahl. Auf mein Entsetzen hin erklärte mir die Verkäuferin eines Ladens, die Sachen wären ja dehnbar, aber ich machte mir auch weniger Sorgen wegen der Dehnbarkeit als wegen der Länge oder generell Größe, weil ich bin halt winzig klein. :D
    Wie man in der Mall eine der zahlreichen Jeans oder Hotpants kaufen sollte, ohne diese anzuprobieren, war mir völlig schleierhaft.
    Außerdem widerspricht der Aufbau und Ablauf auch irgendwie den deutschen Einkaufsgewohnheiten. Da geht man nämlich nicht einfach durch und guckt ma so gemütlich rum, wie ich das z.B. gerne mache, sondern jeder Stand hat seine Verkäuferin als Betreuungsperson, und sobald du bei denen einen Blick auf die Kleidung wirfst oder stehen bleibst, stürzen sie sich auf dich wie die Haifische, einen möglichen Geschäftsgewinn witternd. Da von denen aber keiner Englisch spricht, kann das durchaus sehr peinlich werden, wenn die einen volllabern, und man dann nur höflich lächelt und mit dem Kopf nickt und sich denkt "Halt doch einfach die Klappe". :D
    Ich MÖCHTE mich ehrlich gesagt nicht immer volllabern lassen, wenn ich irgendwo etwas sehe, das mir gefällt. Meistens möchte ich es nicht mal KAUFEN. Für mich war diese Art des "Shoppens" also völlig unentspannt. Mit der Zeit habe ich aber gelernt, dass es am besten ist, jeglichen Blickkontakt zu vermeiden, denn dann halten die Verkäuferinnen eher die Klappe und wissen nicht so ganz, wie und wann sie dich ansprechen sollen. Sich dann noch mit der Begleitung in ein offensichtlich nicht koreanisches Gespräch zu vertiefen und Nachdenklichkeit vorzutäuschen hilft übrigens auch. :D


    Dann ging's wieder an die frische Luft. Wie man auf den folgenden Bildern sehen kann, war Myeongdong zur Vormittags- bzw. Mittagszeit noch relativ "leer".


    Da wir - wie ihr euch vielleicht erinnert - in unserer Shigdang nur Drecksfutter kriegen, hatten wir alle erst mal genug von koreanischem Essen, auch wenn Korea vielleicht auch gutes Essen zu bieten hat, und haben uns dafür gleich vor dem Migliore in einen KFC gestürzt. Billig und gut.


    Hier Rouslana und Martina nach dem Essen vor dem KFC beim Rauchen. :D



    Nach dem Essen teilten wir uns auf, denn jeder wollte woanders hin. Da die halbe Stunde mir nicht gereicht hatte, um die Migliore Mall auch nur im Ansatz zu erfassen, sondern höchstens, um einmal von oben nach unten durchzurennen, bin ich mit Rouslana noch einmal rein, wo ich mich dann doch noch traute, ein Shirt für 10.000 Won von einer gelangweilten Verkäuferin zu erwerben. Auf der Accessoireabteilung blieben Rouslana und ich dann an einem Stand mit Haarnadeln stecken, deren Prinzip ich in Deutschland noch nie gesehen hatte (meine Mum meinte später zu mir, sie habe ähnliches schon in der Türkei und in Griechenland, aber auch nie in Deutschland gesehen). Nachdem die Verkäuferin uns eine halbe Stunde lang vollgelabert und zigmal die Haare gemacht hatte (und ich langsam aber sicher ziemlich angekotzt war), konnte ich Rouslana dann auch mal von dem Laden wegholen. Ich mein: die Haarnadel ist toll und praktisch, hält eine Banane, die normalerweise auch mit 10 Pins auseinander fällt, ohne jegliche Hilfsmittel, schön, kauf ich, aber bitte doch kein 10-Stunden-QVC-Verkaufsgespräch auf Koreanisch, und noch dazu BITTE kein ständiges Anfassen und Rummachen an meinen Haaren durch Personen, die ich nichtmal kenne. Die Koreaner haben da echt keine Berührungsängste, mir persönlich ist das zuviel Eingriff in die persönliche Sphäre für ne Frau, die mir zuvor noch nie begegnet ist.
    Aber gut, hier seht ihr Rouslana mit ihrer Neuerwerbung, die sie sowieso gleich jedem zeigen musste:



    Vor dem Migliore trafen wir uns dann wieder mit allen zur gemeinsamen Lagebesprechung. Natürlich und wie zu erwarten war, war es unmöglich, einen gemeinsamen Plan einzuhalten. Rouslana wollte zu irgendeinem Ausländerviertel (warum fragt man sich nur...) und anschließend zum Namdaemun Market, wohingegen Erin, Tanja und Martina weiterhin in Myeongdong bleiben wollten. Anub war sowieso alles egal, denn der schob mangels genügend Aufmerksamkeit schon seit morgens ne miese Laune.
    Also trennten wir uns, ich machte mit Erin, Martina und Tanja erst mal einen Rundgang durch Myeongdong. Übrigens findet man dort nicht nur große Einkaufshäuser, sondern durchaus auch kleine Geschäfte, viele Boutiquen mit billiger Kleidung, aber auch Läden für Markenklamotten, Sportschuhe etc., die dann den in Deutschland üblichen Preisen entsprechen. Markenkleidung ist halt Markenkleidung - auch in Korea.
    Hier ein paar Eindrücke aus dem Viertel:



    Ein koreanisches Polizeiauto. :D



    Eine koreanische Apotheke. :D



    Hier seht ihr eine Mitarbeiterin eines koreanischen Ladens. Diese Art von Job gibt es bei uns in Deutschland eigentlich gar nicht. Viele Geschäfte stellen hübsche Mädchen ein, damit sie in Einkaufsstraßen vor dem Geschäft Kunden anziehen. Meist sind das Accessoire- oder Kosmetikgeschäfte für Frauen, häufig verteilen sie auch kleine Kundengeschenke.
    Die Mädels tragen dabei meist lustige Kleidung, entweder süße Outfits mit kurzem Röckchen und Stulpen (wie hier) oder auch schon mal niedliche Kostüme mit Hasenohren oder so ein Blödsinn. Ich hab jedenfalls festgestellt, dass es sehr viel Spaß macht, sich die ganzen pink, rosa und plüschig angezogenen Tussis anzugucken, die in ihren Kostümchen vor den Läden rumhüpfen, und manchmal irgendwelche Werbesprüche über Mikrofone an den Passanten bringen. :D



    Hier sind Erin und ich in einer der Einkaufsstraßen:



    Und hier seht ihr die Mädels vor einem typisch asiatischen Accessoireshop, SEHR rosa. :D
    (Allein, dass da überall "Sarang" also "Liebe" draufsteht, treibt einem Deutschen den Brechreiz in die Kehle. Ich muss aber zugeben, dass man sich da nach ein paar Wochen dran gewöhnt hat. Also nicht an den Brechreiz, sondern dass alles so "lieblich" ist.)



    Tja, und dann kam Erin die tolle Idee, zum Lotte Departmentstore zu wollen. Allerdings ohne die geringste Ahnung zu haben, wo das ist. Und statt einfach mal mit mir in meine Karte zu gucken, orientierte sie sich an den tollen koreanischen Stadtplänen, die überall rumstehen. (Die in meinen Augen nur wenig zu gebrauchen sind, insbesondere, weil die Himmelsrichtung Norden immer in einer anderen Richtung liegt, und darum jeder Stadtplan in ne andere Richtung zeigt und man sich ständig verfranst.)
    Nachdem wir dann ne halbe Stunde rumgeirrt sind, war mir das ganze zu doof, und wir trennten uns erneut. Martina diesmal in meinem Schlepptau, die unbedingt noch zum Namdaemun Market wollte (wo ich NICHT hinwollte, warum ist die eigentlich nicht mit Rouslana und Anub gegangen??).
    Und da der nur eine U-Bahn-Station weit weg lag und ich den Weg ohnehin schon kannte (ihr erinnert euch an Erins und meinen nächtlichen Seoul-Besuch mit großem Burger und schlechter Laune? Das war Namdaemun Market.), sind wir dann erst mal zu Fuß dahin. In der gleißenden Hitze ne schlechte Idee, aber gut, man macht jeden Fehler nur einmal.


    Hier seht ihr zwei von mindestens NEUN möglichen Eingängen zum Namdaemun Market:




    Der Namdaemun Market mag vielleicht "Markt" heißen, aber in Wirklichkeit ist auch das nahezu ein ganzes Stadtviertel. Er erstreckt sich über mehrere Häuserblocks und wird von städtischen Schnellstraßen eingegrenzt.
    Der Markt beinhaltet über tausend Geschäfte in den Häuserzeilen, zusätzlich zu den zahlreichen Straßenhändlern, die ihre Stände in der Mitte der kleinen Straßen oder vor den Geschäften aufbauen. Die Gassen sind hier so klein, dass man mit dem Auto nicht durchkommt, weshalb die meisten Geschäfte durch Motorräder oder kleine Pritschen beliefert werden. Obwohl es eigentlich ne typische Touristenattraktion ist, sind auch hier die meisten Besucher Koreaner (wie eigentlich fast überall in Seoul).
    In Namdaemun bekommst du alles und das ziemlich billig. Es gibt eigentlich nichts, was man hier nicht kaufen kann. Kleidung, Schuhe, Taschen, Brillen und Sonnenbrillen, Haushaltsgegenstände, Blumen, Gemüse, Ginseng, Spielzeug, Uhren, Souvenirs, Regen- und Sonnenschirme, Hanbogs, Körbe, etc.pp. Sprich: Es ist furchtbar. :D
    Geht man zur Nachmittagszeit dahin (so wie Martina und ich), ist es umso grausamer, denn es ist so was von voll, dass man echt Schwierigkeiten hat, sich da fortzubewegen. Die Bevölkerungsdichte auf dem Namdaemun Market erinnert mehr an den Eröffnungstag eines Rummelplatzes im Hochsommer als an eine Einkaufsgegend.


    Hier ein paar Eindrücke, die leider nicht wiedergeben, wie VOLL es an dem Tag dort war:




    Tja, man muss den Basar-Charakter dieser Gegend schon sehr mögen, um es dort gemütlich zu finden. Ich persönlich hab's lieber etwas ruhiger. Hier gilt auch wieder die Regel: Unter KEINEN Umständen Blickkontakt aufbauen. Es spielt wirklich keine Rolle, WAS der Typ in seinem Laden verkauft, aber du bist als potentieller Kunde verloren, siehst du ihm in die Augen. Das ist so eine moderne Form von Konsum-Medusa, denn siehst du ihm ins Gesicht (und ich hab den Verdacht, dass es kein Zufall ist, dass einige von den jungen Herren vor den Handtaschenladen verdammt gutaussehend sind), wird er solange auf dich einreden, bis du um Gnade winselnd etwas kaufst.
    Aus dem Grund bin ich eigentlich nur noch mit Scheuklappen dadurch gelaufen, und sollte sich doch mal ein penetranter und überehrgeiziger Ladenangestellter an meine Fersen heften, hab ich mich einfach in sauberem Koreanisch beklagt, dass es zu teuer ist. Das hat auf die ungefähr die gleiche Wirkung wie eine dicke Frau im pinken Schlauch-Minikleid mit durchscheinendem Arschgeweih auf einen Mann mit Erektion.


    Nachdem ich mich in der gleißenden Hitze (da kein Wölkchen am Himmel war, schätze ich die Temperatur an dem Tag mal auf über vierzig freundliche Grad in der prallen Sonne) Schulter an Schulter mit anderen Passanten mindestens in zwei verschiedene Richtungen von einem Gate des Markts zum anderen gedrängt hatte, sah nun auch Martina ein, dass das hier kein Einkaufsparadies ist, in dem sie alsbald fündig werden würde, es sei denn, sie wäre an Billigscheiss oder Souvenirs interessiert. (Die Klamotten auf dem Namdaemun sind nämlich tatsächlich noch billiger als Noname-Artikel in Boutiquen, und sie sehen dementsprechend auch unterirdisch aus.)


    Also lief ich dann mit Martina den ganzen Weg wieder zurück nach Myeongdong, was wieder einmal gezeigt hat: Würden Menschen einfach auf mich hören und einsehen, dass ich sowieso recht habe, könnte man sich den ganzen Aufwand sparen. Ich hab ihr ja von Anfang an gesagt, dass wir da nicht hingehen sollten. Aber nein... (Ach, was reg ich mich eigentlich auf.)


    Zurück in Myeongdong war ich dann kurz vor dem Verdursten, aber es war unmöglich, Martina dazu zu bewegen, irgendwo einen Kaffee zu trinken, oder einen Milchshake oder Smoothie oder Fruchtsaft (davon gibt's in Korea übrigens ziemlich geile) in einem der Eiscafés oder Fruchtbars zu kaufen, denn das war ihr alles zu teuer. Dass das gemessen an Deutschland immer noch angemessene bis normale Preise waren, war Martina egal, denn die koreanische Billigpreis-Mentalität hatte bereits von ihr Besitz ergriffen. Schön, 2,50 Euro für einen frischen Fruchtsaft zu bezahlen mag nicht billig sein, aber im Gegensatz zu Deutschland IST der frisch und vor allem gehaltvoll und dickflüssig und unglaublich lecker, und in nem Café bezahl ich ohnehin hauptsächlich dafür, dass ich da sitze und nicht, dass ich da trinke, sonst kann ich ja auch zu nem Supermarkt gehen. Und mir taten mittlerweile die Füße weh, dass ich Martina um die Ecke gebracht hätte, wäre sie dann mal stehen geblieben (aber ich befürchtete, sie würde auch ohne Kopf einfach weiterlaufen).
    Also kauften wir uns an einem Stand in irgendeiner Straße einen von diesen furchtbaren Frucht-Squiches. (Schreibt man das so? Gibt's das Wort bei uns überhaupt?? Ich errate die Schreibweise nur aus dem koreanischen Hangeul-Wort, das sich so aussprach. Es dürfte im Deutschen etwa das sein, was man auch in Kiosks und Imbissbuden bekommt, diese künstliche, leicht geeiste Getränke-"Masse", die dort stundenlang in diesen Kästen mit eingebautem Rührer gerührt wird. Dass das Zeug so unnatürlich süß war, dass es mir fast die Arschbacken in den Körper gezogen hat, brauch ich wohl nicht erwähnen.


    Glücklicherweise wurde ich dann auf meinem Weg durch die Gassen von Myeongdong auch endlich fündig und entdeckte eine Boutique mit Kleidern, wie ich sie an koreanischen Frauen bereits so oft gesehen hatte, und wo ich dann erst mal drei Kleider und einen Rock kaufte, was Martina endgültig die Laune verdarb, weil die an dem Tag noch überhaupt nichts erstanden hatte, eine Einstellung, die ich ziemlich behindert finde. (Ich will schließlich nichts kaufen, nur um was zu kaufen, sondern mir geht es eigentlich schon darum, WAS ich kaufe.)
    Hier wurde ich zum ersten Mal mit Verkäufern konfrontiert, die mich für so grenzenlos doof hielten, dass sie mir den Kaufpreis der Ware in einen Taschenrechner eintippten und vor's Gesicht hielten, dabei sind koreanische Zahlen in dem Bereich wirklich das einfachste der Welt, und ich hatte zuvor auch alle Fragen auf Koreanisch gestellt, weshalb ich mir ein bisschen verarscht vorkam. :D


    Weshalb ich mich plötzlich übrigens für einen Kleidungsstil begeisterte, der mir in Korea zum ersten Mal begegnet ist, hat wohl tatsächlich mit dem alltäglichen koreanischen Einfluss zu tun. Denn eins muss man mal zu Korea sagen: Da gibt's keine hässlichen Menschen.
    Ok, mag sein, dass nicht jeder gut aussieht, denn das gibt's wohl nirgendwo.
    Aber NIEMAND läuft da ungepflegt rum, erst recht nicht die Frauen (von Pennern mal abgesehen). Die Koreaner sind so eitel, auf Selbstdarstellung versessen und konsumsüchtig, dass es kein Wunder ist, dass in Shoppingmalls 4-6 Stockwerke nur der Damenkleidung gewidmet sind. Am helllichten Tag laufen in Seoul Mädels in Kleidern rum, die hier schon im Nachtclub teilweise stark overdressed wären. Generell zeigt die koreanische Frau nicht viel Decolleté (vielleicht, weil die meisten einfach keine Brust haben :D), aber dafür zeigen sie umso mehr Bein, denn alle wollen größer wirken. Darum interessiert die koreanischen Männer schon gar nicht mehr, wie lang der Rock ist, denn es ist schlichtweg normal, dass die nur knapp den Schritt bedecken. Einige der Kleider waren für deutsche Verhältnisse schon stark gewöhnungsbedürftig und ich hätte hier doch Angst, an der nächsten Straßenecke gefragt zu werden, wie viel ich koste. :D


    Dennoch macht einen die ständige Schönheit um einen herum irgendwann neidisch. Nachdem ich an meinem ersten Tag in Seoul in relativ lockerer Kleidung unterwegs war und mir ständig underdressed vorkam, weil selbst die U-Bahn von Frauen in tollen Kleidern übersäht war, bin ich danach nie wieder nach Seoul gefahren, ohne vorher zu überlegen, was ich anziehe, weil ich mir sonst vorkam wie ein Mülleimer (und weil ich grundsätzlich als Tourist in Korea ungern auffalle). Und an dem Tag in Meongdong hab ich dann erst mal einen Haufen Minikleider gekauft, von Stil und Schnitt kein Stück deutsch (ich werde hier wohl einen neuen Trend einführen müssen :D) und von der Länge her ziemlich autsch. :D


    Mein deutscher Studienkollege Dierk meinte zu unseren Einkaufssessions später mal "Das ist ok, ihr seid Frauen". Allerdings konnte er sich ein Lachen nicht verkneifen, als ich ihm daraufhin sagte, ich habe seltsamerweise erst in Korea angefangen, eine Frau zu sein. (Und es ist auch verdammt noch mal irgendwo wahr. :D) Ok, Erins Kommentar "Yeah, your penis just fell off when you got here" war ironisch, aber dennoch sehr symbolisch für meinen plötzlichen Wandel. Zum Glück hat sich das mittlerweile, seit ich in Deutschland bin, wieder geändert, schließlich ist Deutschland nicht Korea, und hier einkaufen ist immer noch genauso behindert wie vorher.


    Übrigens haben alle Kleidungsstücke, die ich an dem Tag auf "Gut Glück" gekauft hatte, da ich sie nicht anprobieren konnte, wie angespuckt gepasst. Was mich zu der Erkenntnis bringt, dass meine Figur in der Welt kleiner und zierlicher asiatischer Frauen gut aufgehoben ist. Wenn etwas um die Brust herum dehnbar ist, dann passt es auf jeden Fall (ansonsten könnte das ein Problem aufwerfen), und seit dem Tag habe ich mit dem Nicht-Anprobieren in Läden nie wieder ein psychisches Problem gehabt. :D


    Da Martina schlechte Laune hatte und ich mittlerweile katatonisch war, konnten wir uns glücklicherweise darauf einigen, nun den Rückweg anzutreten, und als ich endlich erschöpft im Bus von Sadang zum AKS saß, wär ich fast eingepennt.


    Hier noch ein Bild von unterwegs mit Blick auf den entfernten Seoul-Tower.



    Den Restabend habe ich dann damit verbracht, alle meine Kleider etwa dreitausendmal an- und auszuziehen, da jede weibliche Person in dem Programm unbedingt sehen musste, was ich da gekauft hatte, um es mit entzücktem Kreischen zu kommentieren. (Sagte ich bereits, dass ich Frauen hasse? Falls nicht: Ich hasse sie.)


    Ab ca. 22 Uhr hatte ich dann endlich meine Ruhe, konnte mir gemütlich ein Kippchen rauchen und ins Bett gehen, denn am nächsten Tag war ja Montag, und das heißt, dass wieder dickes Programm ansteht. Und natürlich wieder eine Special Lecture. Um dabei nicht sofort einzupennen, war schlafen mal dringend nötig.


    Im nächsten Blog seht und hört ihr dann, wie wir koreanische Volkslieder singen.
    (Es hätte ja nicht schlimmer kommen können. :D)

  • Tja, da ist das irgendwie ganz normal.
    Man fühlt ich aber seltsam... befreit da. :D
    Also als ich heute in nem Röckchen durch die Stadt lief, das für koreanische Verhältnisse noch durchaus züchtig bis normal war, hat das schon wieder Hup-Tiraden, Kopfdrehen, Winken, Grinsen, lustige Kommentare einer Extrablatt-Kellnerin sowie urzeitliches Gegröle (aus einem Auto an der Ampel, ich konnte den Typen nicht sehen, aber seine Arme fuchtelten aus dem geöffneten Fenster) ausgelöst.
    Mann, bin ich froh, wieder hier zu sein. :D:D:D

  • Zitat

    Original von Ami
    Tja, da ist das irgendwie ganz normal.
    Man fühlt ich aber seltsam... befreit da. :D
    Also als ich heute in nem Röckchen durch die Stadt lief, das für koreanische Verhältnisse noch durchaus züchtig bis normal war, hat das schon wieder Hup-Tiraden, Kopfdrehen, Winken, Grinsen, lustige Kommentare einer Extrablatt-Kellnerin sowie urzeitliches Gegröle (aus einem Auto an der Ampel, ich konnte den Typen nicht sehen, aber seine Arme fuchtelten aus dem geöffneten Fenster) ausgelöst.
    Mann, bin ich froh, wieder hier zu sein. :D:D:D


    jetzt übertreib ma nicht :D


    achja das war aber kein roter golf ne :D ? (hoffentlich nicht :D)

  • Zitat

    Original von Tobi Montana
    jetzt übertreib ma nicht :D


    Leider war das kein einziges bisschen übertrieben. In Deutschland läuft das halt anders als in Korea. Da brauchst du nur nen kurzen Rock zu tragen, und alles dreht am Rad. Ich mein, ich komm damit klar, aber Korea war da echt sehr entspannt gegen. War halt normal, kurze Hosen und Röcke zu tragen, und hier verhalten sich die Männer, als hätte man ihnen Hormone gespritzt.


    Zitat

    achja das war aber kein roter golf ne :D ? (hoffentlich nicht :D)


    Keine Ahnung, da waren mehrere Autos an der Ampel, war Berufsverkehr.
    Kann sein. Kann auch das schwarze dahinter gewesen sein.
    Am Ende des Gröhlens hat der Typ auf die Hupe gedrückt. Ich glaub, er hatte nen Kumpel dabei, denn irgendwer hat bescheuert gelacht nach dem Hupen, als wär es ihm aus Versehen passiert.
    Wieso fragst du nach dem Auto? Warst DU das an der Ampel? :D


  • das mit dem übertrieben war ironisch gemein ;)


    Ne ich war das nicht in dem auto aber ich hätte es sein können wobei wir nicht ganz so primitiv vorgehen!


    Wir winken nur jedem der uns anguckt und den andernen ist das irgendwie immer unangenehm kp warum... manche beleidigen mit gesten und worten andere schauen peinlich berührt weg kp warum...


    Alle irgendwie verkrampft hier!

  • Zitat

    Original von Tobi Montana
    Wir winken nur jedem der uns anguckt und den andernen ist das irgendwie immer unangenehm kp warum... manche beleidigen mit gesten und worten andere schauen peinlich berührt weg kp warum...


    Haha, nee, dann kann ich's aber gar nicht gewesen sein, weil ich hab die Fahrzeuginsassen auch gar nicht angeguckt. Mach ich sowieso nie, weil ich in den Autos genau nix erkennen kann. Meistens spiegelt die Scheibe und es ist dunkel drinnen. Also wieso soll ich an Autos an der Kreuzung reingucken.
    Das kam schon ganz ohne vorhergehende Aktion meinerseits.


    Zitat

    Alle irgendwie verkrampft hier!


    Sag ich doch immer.


    Merlin:
    Glaub mir, das willst du nicht. Aber das kannst du noch nicht wissen, das kommt später. :D

  • Sie ist schon sehr lange in Deutschland , wird trotzdem noch von ihren "Urlaub" berichten.


    Du berichtest doch auch nicht im Urlaub wie es dort war etc. oder? Oder kommst du nach Deutschland und sagst "nee ich bin wieder zuhause , gibts nix zuerzählen"

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!