Special: Gory Gore


  • Der selbsternannte "Micprediger mit Totengräberstimme", Gory Gore aus dem 58er-Camp um Absztrakkt, Cr7z & Co, hat vor knapp einem halben Jahr ein neues Soloalbum namens "Faces of Gore" veröffentlicht. Sechs Monate später baten wir den Bielefelder Rapper nun um ein kleines Résumé – wie wurde die Platte von der Szene wahrgenommen? Welche Einflüsse prägen das düstere Klangbild? Und wieso will sich Gory Gore in Kürze daran versuchen, Kinderlieder zu schreiben? All das und noch mehr erklärte er uns in einem Kurz-Interview, das ihr euch hier durchlesen könnt. Zusätzlich schenken wir euch hiermit ein weiteres rappers.in-Exclusive – dabei handelt es sich um den brandneuen Track "Uhrzeigersinn", den ihr etwas weiter unten anhören und herunterladen könnt.


    rappers.in: Dein aktuelles Album "Faces of Gore" ist bereits seit knapp einem halben Jahr erhältlich. Inzwischen kannst du uns sicher etwas zur Rezeption der Platte mitteilen – wie wurde das Release aus deiner Sicht von der Deutschraplandschaft aufgenommen?


    Gory Gore: Also, von denen, die mich bereits kannten, kamen eigentlich ausschließlich positive Stimmen. Ich hätte mich über eine weitere Verbreitung allerdings gefreut. Mir kam da leider zu Ohren, dass das Ganze einigen Online-Magazinen zu roh, hart und schwerverdaulich war, sodass sie nicht zur Promotion bereit waren. Von daher freu' ich mich natürlich auch über dieses Interview.


    rappers.in: Hast du auch Stimmen aus Nicht-Bekanntenkreisen dazu vernommen? Zum Beispiel irgendwo was an Feedback gelesen?


    Gory Gore: Ja, natürlich. Es gab auch einige Reviews dazu, bei denen ich allerdings nicht das Gefühl hatte, dass sie sich tatsächlich mit der Platte beschäftigt hätten. Es schien eher so, dass sie im Skip-Modus nach schnellen Ohrwurmanspielern suchten. Es ist ja schon so, dass der Sound durch seine Rohheit anscheinend erst abschreckend erscheint und mit negativen Dingen in Verbindung gebracht wird. Um diese Hürde zu überwinden und die tiefere Message zu finden, muss man sich schon direkt auf die Platte einlassen und aufmerksam hören ... dann findet man auch die positive Seite und Botschaft.


    rappers.in: Du hast grade schon gesagt, dass andere die Platte eher als "zu roh, hart und schwerverdaulich" bezeichnet haben. Wie würdest du selbst deine Musik umschreiben?


    Gory Gore: Durch meine Ursprungseinflüsse von Metal und dem alten 90's NY-Rapsound ist dieses Rohe und Düstere im Sound ja auch absolut gewollt. Die Botschaft in dieser Atmosphäre ist allerdings eigentlich sehr positiv. Ich gehe da sehr psychologisch vor. Durch die vielen Verneinungen an alle möglichen Dinge ist das wohl anfangs schwer greifbar, aber ich verneine dabei nur das, was den Menschen, seine Vernunft und seine freie Entwicklung hemmt oder zerstört.


    rappers.in: Es existiert ebenfalls ein Dokumentationsfilm namens "Faces of Gore", der verschiedene Facetten des Todes zeigt. Für alle, die dein Album bisher nicht gehört haben: Welche verschiedenen Facetten zeigst du uns darauf inhaltlich? Und was hat es in diesem Sinne mit dem Pseudonym "Mic-Prediger" auf sich, wie du in der Pressemitteilung genannt wirst?


    Gory Gore: Ich hab' den Namen tatsächlich aufgrund dieses Films gewählt. Dabei wollte ich allerdings nicht auf die Blut- und Horrorschiene abdriften. Ich hab' das Ganze viel mehr metaphorisch verstanden, als einen Einblick in die richtig tiefen Abgründe des Menschen. Da ich ja quasi für, gegen beziehungsweise über die gesamte Menschheit rede, wirkt das Ganze manchmal recht Prediger-artig, was es eigentlich gar nicht sein soll. Bei der Entstehung ging es mir meistens hauptsächlich darum, mich selbst von diesem ganzen Quatsch zu befreien, mit dem man bombardiert wird, als Teil des Verarbeitungsprozesses.


    rappers.in: Von welchem "Quatsch" reden wir da jetzt speziell?


    Gory Gore: Wie gesagt, ich gehe sehr psychologisch da ran ... Vielleicht ist das auch das falsche Wort dafür. Es geht mir dabei um die Sachen, die direkt in uns vorgehen und auf die man nur seine Aufmerksamkeit lenken müsste, um sie zu bemerken und gegebenenfalls zu beseitigen. Der "Quatsch" sind die vielen Stimmen und Meinungen, die sich in uns angehäuft haben und unsere eigene Stimme überblenden. Irgendwann sind es so viele, die so laut sind, dass du deine eigene Stimme nicht mehr hören kannst und sie mit der Zeit vollkommen vergisst. Das ist mit 95 Prozent der gesamten Menschheit geschehen. Deshalb stehen wir vor einer Gesellschaft wie dieser. Es ist der "Quatsch", der dich verunsichert und ein geschwächtes Selbstwertgefühl herbeiführt. Der "Quatsch", der dich Dinge tun lässt, von denen du dir hundertmal geschworen hast, dass du sie nicht mehr tun wirst. Der "Quatsch", der dich von deinem eigenen Weg abhält und dir stattdessen etwas aufzwingt, das du eigentlich nicht möchtest. Um sie zu personifizieren, sind es deine Eltern, die dir deine Grenzen gaben, Lehrer, die dir Beurteilungen gaben und somit den weiteren Verlauf deines Lebens lenkten, Priester und Prediger, die dir die tiefe Angst gaben, an etwas glauben zu müssen, das du nicht hinterfragen kannst. Arbeitgeber, die dich wie Menschen zweiter Klasse behandeln, weil sie selbst kompensieren müssen, wie der, der über ihnen steht, mit ihnen umgeht. Nachrichtensprecher, die nichts weiter als Angst in den Köpfen produzieren ... diesen Quatsch meine ich.



    rappers.in: Wir haben vorher schon mal das durchweg düstere Klangbild von "Faces of Gore" angesprochen. Kam das von ganz alleine oder war es von Anfang an konzeptionell bedingt, dass "fröhlichere" Lieder hier keinen Platz finden? Hast du in deiner musikalischen Karriere generell schon einmal eine andere Stilrichtung ausprobiert oder dies eventuell noch vor?


    Gory Gore: Also, für dieses Projekt war klar, dass es in diesem Sound sein muss. Aber für die Zukunft plane ich sehr viele verschiedene Dinge, an denen ich mich zurzeit versuche. Alles ist offen – von Metal bis Kinderlieder ist alles dabei.


    rappers.in: ... Kinderlieder?! Erklär mal! Gibt's da tatsächlich schon konkretere Pläne?


    Gory Gore: Ja, die gibt es, aber das würde natürlich nicht als ein Gory-Release erscheinen ... obwohl ... hätte auch was Interessantes. (lacht)


    rappers.in: Heißt, du distanzierst dich jetzt auch erst mal von deinem "Rap-Image" und willst dich unter anderem Namen in einer anderen Szene etablieren?


    Gory Gore: Oh nein, so meine ich das nicht. Ich liebe Rap und auch diese Art von Rap. Aber ausschließlich das zu machen, ist für mich keine Option. So für mich habe ich immer schon viel herumexperimentiert und geschaut, wie man was machen kann. Ich hab' mich jetzt lange auf diese eine Schiene konzentriert, aber ich bin und war immer offen für alle Musikrichtungen ... Also, machen werd' ich's eh – ob es dann so konkret wird, dass man davon was releast, wird sich zeigen.


    rappers.in: Aktuell stehst du bei der Lüdenscheider Plattform 58Muzik unter Vertrag. Diesen Labelnamen liest man in letzter Zeit immer häufiger, vor allem verzeichnet ihr einige talentierte Newcomer wie Cr7z oder Jinx. Wie stehst du den Neuankömmlingen als "alter Hase" gegenüber und inwiefern wirken sich die Deutschland-weiten Entfernungen zwischen den Wohnorten der Künstler auf die Zusammenarbeit aus?


    Gory Gore: Jinx und Cris sind super Typen! Beide mit vollem Herz dabei. Das ist es ja auch, was 58 letzten Endes ausmacht. Die Entfernungen sind leider schon ein Hindernis. Anfangs war das Internet-hin-und-her-Geschicke auch eigentlich 'ne coole Sache. Das Psytology-Album wurde ja quasi ausschließlich nach diesem Schema produziert. Auf Dauer fehlt dann aber einfach das Feeling und der Vibe dazu, wie ich finde. Deshalb mach' ich sowas auch eigentlich kaum noch.


    rappers.in: Du bist unseres Wissens nach vor Kurzem Vater geworden – bekommt man die Musik da noch irgendwo im Leben unter? Kannst du uns deine "Beziehung" zur Musik schildern und sagen, wie diese aussieht, seit du Vater bist?


    Gory Gore: Zeitlich ist es definitiv schwieriger. Aber es gibt einem auch neue Inspirationen, Sichten und Einfälle.


    rappers.in: Möchtest du zum Abschluss noch etwas loswerden oder jemanden grüßen?


    Gory Gore: Ja – ich danke für das Interview! Wer Lust bekommen hat, kann sich unter http://www.58muzik.com oder auf Facebook über mich schlau machen. CDs und T-Shirts gibt es alle im 58-Shop. Friede und Vernunft für alle!



    Pascal Ambros (ProRipper)



    Hier nun das rappers.in-Exclusive "Uhrzeigersinn" von Gory Gore:


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  • Zitat

    Original von Tecnik
    Gute Antworten, meiner Meinung nach gute Ansichten.
    Guter Mann :thumbup:


    !!
    das album kann ich nur empfehlen!
    sowieso, kann man sich auch mal das restliche 58er-camp reinpfeifen.
    schadet niemandem :p :D

  • Ich kann jedem nur empfehlen, sich mal auf ihn einzulassen.
    Ich hab auch nicht immer Bock auf ihn, aber seine Musik ist auf jeden Fall intelligenter als sie im ersten Moment wirkt.

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