Review: Kontra K und Bonez MC – Auf Teufel Komm Raus

01. Wenn der Tag anbricht
02. Verdammt Ja!
03. Du willst n Banger feat. Blokkmonsta, Skinny Al & Rako
04. Ich seh dich
05. Auf Stop!
06. Unterm Strich
07. Andere machen Mukke (Remix) feat. Fatal

Hört man sich durch das letzte Album des Hamburgers Bonez MC "Krampfhaft Kriminell", wird man sich der Tatsache, dass es beim Oberhaupt der 187er gerne härter zugeht, schnell bewusst. Durch die Neuen Medien geklickt und um einen visuellen Eindruck reicher, entsteht das Bild eines MCs, der sich an genretypischen Accessoires in einem beeindruckenden Maße bedient. Die tief ins Gesicht gezogene Basecap, eine dunkle, angriffslustig anmutende Stimme und nicht zuletzt das Fabrikat eines renommierten deutschen Automobilherstellers, vor dem der Hamburger breitbeinig posiert – Standard. Dazu kommen die oft düsteren Szenerien, die sich Bonez für seine Videos zu eigen macht. Mit Kontra K veröffentlichte dieser vor Kurzem die EP "Auf Teufel komm raus". Der Berliner konnte seinerseits im vergangenen Jahr durch einige Video-Publikationen eine gewisse Brisanz um sein Album "Was die Zeit bringt" entstehen lassen. Das städteübergreifende Teilen des Mikrofons darf also als interessantes musikalisches Kollektiv erwartet und von mir rezensiert werden.

"Box' den Köter von der Couch – meine Olle macht Streit/
Ich nehm' die Zahnbürste – putz' meine Nikes/
Dem Bewährungshelfer abgesagt – das muss heut' nicht sein/"
(Bonez MC auf "Wenn der Tag anbricht")

Der erste Titel, "Wenn der Tag anbricht", skizziert zu Beginn vollkommen schamlos die finanziellen Gründe, aus denen es zur Kollaboration der zwei gekommen ist. Und schnell wird klar, wohin die Reise geht. Es handelt sich um zwei Künstler, die über den Dingen schweben, kein Blatt vor den Mund nehmen und sich stets als makellose Persönlichkeiten hochstilisieren. Auch wenn Bonez MC eingestehen muss, die Kokain-Erfahrungen nicht unbedingt zu missen. Viel erstaunlicher ist aber, wie viel der Berliner und der Hamburger aus dem eigentlich mickrigen Themenspektrum herausholen. Auf "Ich seh dich" widmen sich die zwei – was sie ohnehin in jeder zweiten Zeile nicht versäumen – dem Neid ihrer Hater; wer würde auch auf ein Leben vollgepackt mit Drogenproblemchen, inhaftierter und falscher Freunde verzichten wollen? Und natürlich haben die restlichen MCs "zu viel Druck auf den Eiern und zu viel Luft im Kopf" (Bonez MC); dabei sollte sich vielleicht eher der Verfasser dieser Zeilen überlegen, ob der eingeschlagene Berufsweg wirklich kein Zurück zulässt. Weiter im Angebot stehen Fitness-, Finanz- und 187er'sche Straßentipps – par excellence höhlen die zwei ihre jeweiligen Themengebiete aus: Die Fitnessstunden mit Kontra K und den Straßenknigge verpasst 187er-Oberhaupt Bonez MC dem Hörer. Interessant, aber vor allem durch die kriminelle Energie eher beängstigend, gibt Blokkmonsta einen Einblick in seine blühende Vergangenheit:

"Neunte Klasse – fick die Lehrer/
Neun Millimeter für all meine Gegner/
[...]
Ich bin gebildet, doch hatte nie die Wahl/
Musste kämpfen – gesegnet mit Fäusten aus Stahl/"
(Blokkmonsta auf "Du willst n Banger")

Man hat es nicht leicht, wenn man Bonez MC heißt. Er muss sich schließlich ständig entscheiden: Battlet er gegen die ultimative Unfähigkeit der Internet-Kiddies die Straße zu betreten? Oder klopft er sich selbst auf die Schulter und verdeutlicht, wie er sich durchgeboxt hat und es schließlich zu etwas bringt? Warum er trotzdem so wütend auf die Welt ist, bleibt sein Geheimnis. Ich hätte dagegen grundsätzlich auch nichts einzuwenden, würde man, wenn man sich schon darauf versteift, darüber zu rappen, dass man rappt, das Ganze kreativer und abwechslungsreicher gestalten. Auch Kontra K gibt auf "Wenn der Tag anbricht" ehrlicherweise zu, die EP mit dem Hamburger vor allem des Profits wegen aufgenommen zu haben. Kohle muss rein – du weißt. Auch wenn er damit der Erklärungsnot ob der teils sinnentleerten Texte nur minimal Genüge tut. Der Berliner balanciert zwischen abgegriffenen Phrasen und äußerst merkwürdigen bis trivialen Battlerap-Lyrics. Ich bin mir nur selten sicher, was mir im jeweiligen Fall lieber wäre. Bonez hat da schon mehr zu bieten, zumindest manchmal: Trotz des Liebesliedes auf seinem letzten Soloalbum hat er zwar wieder Stress mit seiner "Ollen", dennoch kann er straßenmissionarisch von sich behaupten, eine Mutter zu haben, die seine Texte feiert ("Andere machen Mukke"). Und während seiner Stimme eine gewisse Rustikalität innewohnt, bleibt der Berliner durch die freundlich-monotone Schwiegersohn-Stimme etwas auf der Strecke. Kurz gesagt, es ist die EP eines sowohl stimmlich als auch textlich Unterdurchschnittlichen und eines Vollblutstraßenrappers, dem das dafür nötige Talent leider fehlt und der dadurch eine ungewollte Komik transportiert, aber die Fanbase höchstwahrscheinlich zufriedenstellt. Instrumental haben sich die zwei überwiegend an synthetischen Beats bedient, die kaum voneinander zu trennen sind und sich so nahtlos ins Gesamtbild eingliedern.

Fazit:
Da Bonez durch seine stimmliche Präsenz den etwas blass gebliebenen Kontra K häufig in den Hintergrund drängt, ist "Auf Teufel komm raus" dem Sound des Hamburgers näher. Relativ schnell gerät das Zutun des leidenschaftlichen Kampfsportlers in Vergessenheit oder seine Parts stoßen durch phrasenfreudige Formulierungen einfach nur auf. Darum wird die Kollabo-EP vor allem denen gefallen, die auch mit "Krampfhaft Kriminell" ihren Spaß hatten und generell dem rougheren Sound der 187er verfallen sind. Thematisch besteht die EP dementsprechend vor allem aus dem Klopfen auf die eigene Schulter, dem Bemühen, irgendetwas zu battlen und vielen textlichen Lückenfüllern. Die gewohnte Klientel wird so wie üblich gemolken und die nächste Kollaboration wieder gestartet, wenn Ebbe im Portemonnaie ist – Standard.

(Die Robbe)

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