Beiträge von Florginal



    Johny Space veröffentlicht am 15. November sein Album "OCB & Lipton Sparkling". Hier gibt es nun schon einmal die erste Videoauskopplung mit dem Titel "People" für Euch. Unterstützt wird Johny hierbei von seinem Crewkollegen Adi Space.


    [youtube]QbcA2Jkuohk[/youtube]


    Quelle


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    01. Vorspiel
    02. Einbürgerungstest für schwererziehbare Migrantenkinder
    feat. Kalim
    03. Ein tiefsinniges, sozialkritisches und moralvermittelndes Lied feat. Xatar
    04. Das letzte Mal? Niemals!
    05. 53119
    06. Das Wasser ist nass
    07. Rocco Siffredi
    08. Der Kanalreiniger
    09. Unbekannter Titel
    10. Bonn 17
    11. Harz 4
    feat. Maestro & Obacha
    12. Big King XXL
    13. Illegal, Legal, Egal ...
    feat. Nate57 & Telly Tellz
    14. Du hast noch nicht mal Kekse Zuhause feat. Schwesta Ewa
    15. Nuttööö
    16. Suchtfaktor
    feat. Xatar
    17. Schwarzer Afghane feat. Kalim & Obacha
    18. Schon wieder Sonntag


    Seit die Azzlackz es geschafft haben, im sonst so knochenharten und bitterernsten Straßenrap-Genre für Furore zu sorgen, indem sie alte Muster aufbrachen, fegt immer wieder ein frischer Wind durch die Szene. So folgte ihnen eine Schwesta Ewa, die aktuell wohl die polarisierendste Rapperin Deutschlands sein dürfte. Aus derselben Ecke kommt auch SSIO, der letztes Jahr schon mit seinem Mixtape "Spezial Material" einiges an Aufmerksamkeit gewinnen konnte. Nun folgt sein Debütalbum mit dem eigenwilligen Titel "BB.U.M.SS.N". Das ist übrigens eine Abkürzung und steht für "BoomBapisch Ultraamnesisch Melodischanaboler StraßenScheiß, Nuttööö". Ja, genau. Und ähnlich seltsam liest sich auch die Tracklist, die neben Burgernamen ("Big King XXL") und der Nennung eines Freudenhauses ("Bonn 17") auch gerne Tracktitel enthält, die einen ganzen Satz lang sind. Ob sich dahinter ausgemachter Schwachsinn oder doch ein Album mit Hand und Fuß verbirgt, wird sich zeigen.


    "Kilogramm Drogen geben, Stammkunden reden/
    Durch 5110, scheiß' auf Smartphone-Geräte/
    Fangen wir ein neues Thema an mit/
    Kurs ticken, Huren ficken im Ledermantel/
    "
    (SSIO auf "Vorspiel")


    Schon "Vorspiel" zeigt, was auf "BB.U.M.SS.N" im Vordergrund steht: Drogen und Sex. Das sind die Themen, für die sich SSIO interessiert und über die er rappt, ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen. Er flowt dabei so gnadenlos on point über den Beat, dass einem eigentlich nichts anderes übrig bleibt, als die Anlage laut aufzudrehen und mit dem Kopf zu nicken. Nach so einem Brett wird es im darauffolgenden Titel, der den äußerst griffigen Namen "Einbürgerungstest für schwererziehbare Migrantenkinder" trägt, etwas ruhiger angegangen. Auf einem Westcoast-Beat mit unüberhörbarem Oldschool-Flavour werden SSIOs Lieblingsthemen wieder neu verpackt. Straßenrap eben, aber auf unterhaltsame Art. Schon der Einstieg "Du kommst in den Schulhof mit Schwarzbrot in Tupperdosen" sorgt für einen unvermeidlichen Lacher. Leider kann Featurepartner Kalim weder raptechnisch, noch auf der Unterhaltungsebene mit SSIO mithalten, da er sich viel zu ernst nimmt und sein Rap austauschbar klingt.


    "Nachts schmuggelt der Immigrant Drogen rein/
    Durch den Zonenbereich der Kriminalpolizei/
    Aufm CL mit 295er Schlappen/
    Bums' vergebene Weiber, die 'nen Goldring anhaben/
    Nuttensohn – wir verticken Ott in Baggys/
    Und laufen hinter Mäusen her, wie bei Tom und Jerry/
    "
    (SSIO auf "Einbürgerungstest für schwererziehbare Migrantenkinder")


    "Ein tiefsinniges, sozialkritisches und moralvermittelndes Lied" ist alles – nur nicht das, was sein Tracktitel verspricht. SSIO, dieses Mal mit Knast-Insasse Xatar im Gepäck, bringt mit seiner unverwechselbar direkten Art durchdachte Punchlines und Vergleiche, die lustig sind, aber auch aus raptechnischer Sicht überzeugen können. Dazu SSIOs Markenzeichen, das langgezogene "Nuttööö" am Zeilenende, und die Sache ist geritzt. Und auch Xatar passt gut auf den Beat mit 90er-Sound und sorgt trotz seiner harten Grundhaltung mit der einen oder anderen Zeile für einen Schmunzler. Ähnlich rund ist auch der Track mit einem weiteren Alles oder Nix-Mitglied, der bereits erwähnten Schwesta Ewa. Hinter dem wunderschönem Namen "Du hast noch nicht mal Kekse Zuhause" verbirgt sich ein ruhiges Instrumental, auf das die beiden Labelkollegen gekonnt flowen. Doch nicht nur aus dem eigenen Camp kommen Gastbeiträge. So sind auf "Illegal, Legal, Egal ..." die Hamburger Nate57 und Telly Tellz vertreten. Hier beweist SSIO auf einem Instrumental mit Dubstep-Anleihen, dass er auch Doubletime rappen kann und stellt locker seine beiden, durchaus versierten, Featuregäste in den Schatten. Bevor er dies tut, muss er sich aber zuerst sicher sein, dass das vorliegende Instrumental kein "scheiß verfickter, billiger Glockenbeat" ist. SSIOs eigenwillige, direkte Art wirkt stets authentisch und sympathisch, was seiner Musik eine sehr starke Unterhaltungsebene gibt und diese so einzigartig macht. Ob er nun auf "Big King XXL" ein Lied nach einem Burger benennt und dennoch nur übers Kiffen und Ticken rappt oder auf "Kanalreiniger" seine besonderen Vorlieben für das weibliche Geschlecht preisgibt – stets ist ein Augenzwinkern vorhanden, das einen Humor erzeugt, der zwar etwas asozial ist, aber extrem viel Spaß macht.


    "Sie steht auf meine Brusthaare und Oberarme/
    Steht drauf, wenn ich mit offenem Hemd Motorrad fahre/
    Ich steh' auf dicken Arsch, Haare mit roten Strähnen/
    Solang' ich 'nen Ständer hab' wie beim Notenlesen/
    Keine Geduld, sie merkt, wie ich stets Signale zeig'/
    Dass es mich ordentlich juckt im Genitalbereich/
    "
    (SSIO auf "Der Kanalreiniger")


    Ernste Töne sind auf "BB.U.M.SS.N" selten, vergeblich sucht man sie jedoch nicht. So darf man auf "Suchtfaktor" einen Blick hinter die Fassade werfen und zuhören, wie sich SSIO und Xatar mit den Schattenseiten von Drogen und Glücksspiel beschäftigen. Trotz der ernsten Stimmung weiß SSIO zu überzeugen und auch Xatar wirkt gewohnt authentisch. Eine ähnliche Thematik spricht "Das letzte Mal? Niemals!" an. Hier rappt der Bonner über seinen Lebensstil und, viel wichtiger, warum er diesen nicht aufgeben kann. Passend dazu zeigt sich auch der Beat mithilfe von Klavierklängen etwas ruhiger und melancholischer. Dennoch reiht sich die Produktion nahtlos in die durchgängige Soundkulisse des Albums ein, die konsequent nach Oldschool-90er-HipHop klingt und Reaf, Maestro und Gee Futuristic zu verdanken ist. Dieser Sound passt nicht nur super zu SSIOs eigenwilligem Flow, sondern bildet innerhalb des deutschen Straßenraps eine Seltenheit, was das Album so zusätzlich frisch und eigen wirken lässt.


    Fazit:
    SSIO hat mit "BB.U.M.SS.N" ein Produkt geschaffen, bei dem für jeden etwas dabei ist: Die Gangster kriegen straighten Straßenrap, die Rapnerds Technik und Beats vom Feinsten und der Rest einen sympathischen Humor, den die meisten anderen Rapper vermissen lassen. Hinzu kommt der einheitliche Sound, der aus dem Album ein stimmiges Gesamtpaket schnürt. Meckern lässt sich über die mangelnde Themenvielfalt, die jedoch durch die immer wieder neu verpackten, lustigen Lines kaum auffällt. Auch das ein oder andere Feature hätte man sich sparen können, da der Bonner durch seine runde, eigenständige Leistung die meisten Gäste in den Schatten stellt. So bekommt man mit "BB.U.M.SS.N" eine originelle Straßenrapplatte, die sich auch Fans jenseits des Genres gerne anschauen dürfen.



    Florian Peking (Florginal)

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    01. Einleitung
    02. Roll den roten Teppich
    03. Schöne neue Welt
    04. Fliegen
    feat. Bashar
    05. Träume
    06. My Way
    feat. Tony Jazzu
    07. Adel verpflichtet feat. Mo'Narch
    08. Die letzten Könige
    09. In Orwell's Reality
    10. Die Spitze vom Eisberg
    feat. Terence Chill
    11. Das letzte Kapitel feat. P. Hightower & Proton
    12. Zwischen Städten & Pyramiden
    13. Jahr 0 Tag 1


    Was befindet sich "zwischen Städten & Pyramiden"? Der Titel des Albums von Meller & Royal Black macht mich stutzig. So richtig etwas darunter vorstellen kann ich mir nicht. Das Cover des Werks zeigt zwei Gestalten mit leuchtenden Köpfen, die sich auf einem Pfad bewegen. Rechts neben ihnen die Großstadt mit modernen Wolkenkratzern, links neben ihnen die altehrwürdigen Pyramiden im Staub. Am Himmel dunkle Wolken und der Vollmond. Handelt es sich bei all dem um die gewitzte Symbolik? Ich starte die Wiedergabe, um herauszufinden, was denn nun dort liegt – "zwischen Städten & Pyramiden".


    Die "Einleitung" des Albums zeigt sich in Gestalt eines einfachen Beats mit ein paar gescratchten Lines. Thematisch soll das auf das Grundkonzept des Albums hindeuten, wirklich elementar erscheint der Track aber nicht. Erst ab dem zweiten Titel, der den Namen "Roll den roten Teppich" trägt, geht es richtig los. Ähnlich der "Einleitung", will dieser Track die Grundpfeiler des Albums aufstellen. Hier geht es grundsätzlich um Verschwörungstheorien. Nebenbei gibt es dann noch die ein oder andere Punchline, die klar macht, dass auch der HipHop-Aspekt nicht zu kurz kommen darf. Meller & Royal Black halten ihren Rap oldschool. So gibt es auch hier statt einer Hook wieder Scratches zur Untermalung des Tracks. Inhaltlich wirklich etwas mitnehmen lässt sich aus dem Lied aber nicht. Geht es im einen Satz noch um umgedrehte Pyramiden, werden im nächsten "Rappertunten" erwürgt. Der Zusammenhang zwischen Oldschool-Battlerap und Verschwörungstheorien will sich mir nicht erschließen. Und auch der darauffolgende Track "Schöne neue Welt" lässt bereits durch den Titel vermuten, dass es in eine ähnlich verschwörerische Richtung geht. Auch hier gibt es wieder einen Refrain, der komplett an Plattentellern drehend entstanden ist. Royal Black & Meller rappen von ihrer Weltauffassung, dem Überwachungsstaat, Krieg und, dass es überhaupt eh nur "Lügen in den Medien" gibt, wie es der reingescratchte Haftbefehl in der Hook feststellt.


    "Vorhang auf für die Alienshow/
    Der nächste Level für die nächste Generation/
    Wir generieren den genetischen Code/
    Spielen Gott und entscheiden über Leben und Tod/
    Science Fiction – in Zukunft werden Babys geklont/
    Und wie im dritten Reich schwimmt keiner mehr hier gegen den Strom/
    "
    (Royal Black auf "Schöne neue Welt")


    Hier lassen einen die aneinandergereihten Verschwörungstheorien ebenso mit einem befremdlichen Gefühl zurück. Teils nachvollziehbare, teils total irrwitzige Geschichten werden erzählt und zum Schluss fragt man sich, was genau die Ruhrpotter davon ernst meinen. Denn irgendwo zwischen einem Drittes-Reich-Vergleich und dem Gerede von irgendwelchen Mutanten bleibt die eigentliche Gesellschaftskritik auf der Strecke und mündet in Kopfschütteln. Falls hier das Stilmittel der Übertreibung genutzt wurde, verfehlt es leider die Wirkung. Das wäre halb so wild, wäre das nur auf diesen beiden Tracks der Fall. Doch der Großteil von "Zwischen Städten & Pyramiden" funktioniert genau nach diesem Prinzip. Auf beinahe jedem Lied paaren sich traurige Wahrheit und utopische Vorstellungen in teilweise sehr skurrilen Lines mit dem Ziel, die wahre Welt nach Ansicht der beiden Interpreten zu entlarven. Wirklich emotional berühren kann diese Mischung aber nicht. Genauso wenig regt sie zum Nachdenken an, denn durch ihre gnadenlosen Übertreibungen wirken Meller & Royal Black wie diese Leute, die in den Straßen per Pappschild das Ende der Welt ankündigen, statt wie die ernstzunehmenden Weltverbesserer, die sie sein möchten.
    Inhaltlich verläuft sich das Album also etwas, dafür kann es aber musikalisch noch punkten. Man merkt, dass die beiden MCs nicht erst seit gestern rappen. Sie beherrschen das Texten und Flowen ebenso gut, wie das Verschwörungstheorien schmieden. Durch ausgefeilte Flowpassagen und lange Reimketten können sie beeindrucken. Nur leider ist das Kräfteverhältnis zwischen den beiden nicht ganz ausgeglichen. Während Royal Black auch mit kräfitgem Stimmeinsatz überzeugt, scheint Meller fast nicht mehr als ein Hauchen aus sich herauszubekommen. Und auch reim- und flowtechnisch bleibt er etwas hinter seinem Partner zurück.


    "Ich bin geboren zum Fliegen, hab' große Ziele/
    Aber droh' unter den Füßen den Boden zu verlieren/
    Denn fliegen ist ohne Drogen sehr schwierig/
    Und Drogen leicht zu kriegen, so wie Tote auf dem Friedhof/
    "
    (Meller auf "Fliegen")


    Neben all den thematisch ähnlichen Liedern stechen auch einige heraus, die in eine andere Richtung gehen. "Fliegen" ist eines davon. Hier geht es um das klassische Motiv der Freiheit durch die Fähigkeit des Fliegens. Der minimalistische und lockere Beat und die harmonische Hook von Sänger Bashar verleihen dem Track eine gewisse Leichtigkeit, die wirklich gut zur Thematik passt. Die Idee zu dieser ist natürlich nicht neu und so fühlt sich auch "Fliegen" nicht wirklich besonders, sondern eher durchschnittlich an, bringt aber eine nette Abwechslung in das Gesamtwerk. Ein weiterer Kandidat hierfür ist auch "Träume", der auch thematisch etwas spezieller ist. Auf einem sehr düsteren Beat wird sich mit Träumen und deren Realitätsanspruch auseinandergesetzt. Auch hier passt das Instrumental wirklich außerordentlich gut zum Thema und erzeugt eine fast albtraumhafte Atmosphäre. Von solchen, eher experimentelleren Ansätzen hätte es auf "Zwischen Städten & Pyramiden" ruhig etwas mehr geben können.


    Fazit:
    "Zwischen Städten & Pyramiden" gibt es scheinbar nicht allzu viel Abwechslung. Nahezu die gesamte Laufzeit über werden verrückte Verschwörungstheorien und uninspiriert verpackte Gesellschaftskritik vorgetragen. Das sorgt nicht nur für wenig Abwechslung, sondern raubt den einzelnen Tracks auch ihre Eigenständigkeit und Identität. Das Album meint es gut mit seiner Aussage und möchte gerne zum Nachdenken anregen. Jedoch verfehlen Meller & Royal Black durch ihre radikale Vortragsweise dabei das Ziel aus den Augen und driften in das Komische ab. Dennoch gibt es ein paar inhaltliche Lichtblicke hier und da, die jedoch die Ausnahme bilden. Darüber hinaus ist "Zwischen Städten & Pyramiden" aber musikalisch grundsolide und der Hörer bekommt technisch anständigen Rap auf klassischen Beats.



    Florian Peking (Florginal)

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    01. Garmisch-Partenkirchen
    02. Malibu Beach
    03. Die alte Ruine
    04. Sieben
    05. Hölle, Hölle
    06. Wir lassen uns nicht fallen
    07. Blinder Passagier
    08. Eine eigene Geschichte
    09. Wachturm
    10. Knutsch nicht mit dem Disko-Muso
    11. Alles sofort
    12. All Eyes on you


    Ich mag Stracciatella. Nur kam mir der Begriff abseits vom Eiskauf beim Italiener noch nicht besonders oft unter. Schon gar nicht, wenn es um ein Deutschrap-Release geht. Der Heidelberger Rapper Muso kommt nun einfach daher und nennt sein Debüt-Album "Stracciatella Now". Klingt komisch, ist es aber hoffentlich nicht. Zuvor veröffentlichte der Newcomer, nachdem er 2012 als neues Signing beim Stuttgarter Erfolgslabel Chimperator vorgestellt wurde, die "Malibu Beach EP". Nun also das große erste Album. Ich bin gespannt, was sich hinter dem doch sehr unkonventionellen Titel verbirgt. Wenn es so gut wie Stracciatella-Eis ist, kann eigentlich nichts schief gehen.


    "Langsam wird das Trinkwasser knapp/
    In diesem Knast, der so verdammt viele Insassen hat/
    Zapf es ab, füll' es in Trinkflaschen ab/
    Verteil' es unter den Armen und dann sind alle satt/
    "
    (Muso auf "Garmisch-Patenkirchen")


    Schon der erste Track "Garmisch-Patenkirchen" will reichlich zum Nachdenken anregen. Muso spielt hierbei ziemlich eindrucksvoll mit der Sprache: So wird fast durchgehend mit Sprichwörtern, Begriffen und Floskeln gespielt und diese in alle möglichen Richtungen verdreht, sodass ein völlig neuer Sinn entsteht. Beeindruckenderweise ist dies oftmals noch zusätzlich in langen Reimketten verpackt. Neben der kunstvollen Sprache klingt auch Musos Stimme alles andere als konventionell. Die fast krächzende Stimme und die teils eigenartigen Betonungen klingen zumeist etwas unpassend und zu sehr gewollt, aber tragen noch zusätzlich zur sehr eigenen Soundkulisse bei. Diese wird übrigens auch zu großen Teilen vom Beat getragen. Dieser klingt experimentell und düster, aber dennoch harmonisch und steigert sich zum Ende immer mehr, indem das Soundspektrum breiter wird.
    Auch "Malibu Beach" zeichnet sich durch einen sehr rund und elektronisch klingenden Beat aus. Thematisch geht der Track in die Storytelling-Richtung. Muso rappt über ein schwermütiges Mädchen mit verkorkstem Leben, das den Drogen verfällt. Besonders emotional mitnehmen wollte mich das Thema allerdings nicht, denn hier wird Musos sprachliche Virtuosität eher zum Hindernis als zum Vorteil. Der Text wirkt durch die ganze Wortspielerei und die gewollten Reime zu sperrig, ein etwas direkterer Zugang hätte wohl mehr Emotion vermittelt.


    "Um ihren Trost zu finden, sieben sie braunes Wasser/
    Die Wunde schließt sich nie – 'n raues Pflaster/
    Ich geb' dir Brief und sieben Siegel, im Spiegel spiegelt sich dein wahres Ich/
    wenn er zerbricht – sieben Jahre Pech/
    "
    (Muso auf "Sieben")


    Diese Sperrigkeit ist das allgemeine Problem von "Stracciatella Now". Die meisten Tracks haben eine Grundidee und dann scheint es so, als habe man versucht, darum eine möglichst kunstvolle Fassade zu bauen, die aber letztendlich eher die Sicht darauf versperrt, was eigentlich ausgesagt werden soll. Sicher kann man auch in all diese sprachlichen Mittel so einiges hinein interpretieren, doch nur weil die Worte groß klingen, heißt es nicht, dass sie auch große Gefühle vermitteln. So geht es zum Beispiel im Track "Sieben", wie der Titel es vermuten lässt, um die Zahl Sieben. Und so werden das ganze Lied über Sprichwörter und Ausdrücke, die eben jene Zahl enthalten, aneinandergereiht und variiert. Auch "Wir lassen uns nicht fallen" kommt als ähnlich schwere Kost daher. Hier wird ebenfalls nur in Bildern, Metaphern und Wortspielen gesprochen, sodass es sehr anstrengend ist, etwas aus dem Song mitzunehmen, außer das Gefühl, gerade wohl etwas sehr Gebildetes gehört zu haben. So haben die meisten Lieder zumeist einen ziemlich kryptischen Charakter inne, der es verhindert, sich wirklich auf die Lyrics einzulassen.
    In diesem Irrgarten aus Sprache und Poesie schafft es Muso dennoch, stimmige Tracks zu machen. "Blinder Passagier" zum Beispiel, welchen ich wohl am ehesten als "Liebeslied" bezeichnen würde. Natürlich nicht im klassischen Sinne. Bei Muso geschieht nichts im klassischen Sinne. Auf einem fast schon orchestral anmutendem Instrumental schafft es der Heidelberger, eine wirklich schöne Atmosphäre aufzubauen. Allgemein sind die Beats besonders hervorzuheben. Sie klingen durchweg so gar nicht nach Standard-Rapbeats, und das macht sie nicht nur besonders und eigen, sondern sie klingen auch allesamt passend zu den jeweiligen Tracks und überaus atmosphärisch.


    "Dir steht und geht es ausgesprochen gut/
    Mir geht es ausgesprochen gut, wir haben uns ausgesprochen – gut/
    Ein vertrautes Rendezvous - ganz intim/
    Nach vier Stunden haben wir Schürfwunden – an den Knien/
    "
    (Muso auf "Blinder Passagier")


    Fazit:
    Was verbirgt sich nun hinter dem Albumtitel "Stracciatella Now"? So richtig habe ich es nicht ausmachen können. Dasselbe gilt für einen großen Teil des Albums selbst. Muso tauscht zu oft Authentizität gegen Poetizität ein. Die Texte sind technisch auf einem sehr hohen Niveau aber die greifbare Aussage bleibt auf der Strecke. "Stracciatella Now" klingt, aufgrund von zu viel Verlangen nach Kunst, eher künstlich, statt kunstvoll. Man hat teilweise sogar das Gefühl, einen Poetry-Slam zu hören statt Rapmusik. Dafür bekommt man aber ein wunderschön produziertes Album mit sehr guten Beats, abseits vom Standard und einem ambitioniertem Rapper, der sein Handwerk versteht.



    Florian Peking (Florginal)

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    Kumpel Nero hat seine zweite EP rausgebracht. Finds unfassbar dope!
    Auf dem Release findet sich eine ziemlich große Themenvielfalt, sollte für jeden was dabei sein. Vor allem niicht so Kram, den man schon hundert mal gehört hat. Und krass rappen tut er auch noch. Na, wenn man da nicht zuschlagen muss!



    Wer nicht die Katze im Sack runterladen möchte, kanns hier auch komplett auf Youtube anhören:
    Mittelmaß EP (YOUTUBE STREAM)


    Und hier dann das Teil downloaden:
    Mittelmaß EP DOWNLOAD


    Tracklist:
    01 Ich bin wieder da!!!
    02 Kleiner Schwanz
    03 Roboterkarnickel
    feat. HerrOinkinderkacke
    04 4ier
    05 Gees sterben jung 2
    feat. Headskin
    06 Dimensionsloch feat. FranzKulfderKarge
    07 Zeitreisetelefon (prod. by DeadBeatBS)
    08 Individualität
    09 Death Note
    (prod. by Nifi)
    10 Engel feat. FEEL.ikx (
    11 Generation Abfuck feat. Louhis (prod. by Nifi)
    12 Perfect Blue (prod. by Meth Hans)
    13 Scheinwelt (prod. by DeadBeatBS)


    Feedback ist auch sehr gerne gesehen.
    MfG



    01. Intro
    02. Pheromone
    03. Biggest Boss
    04. Neureicher Wichser

    05. Produkt der Umgebung feat. Jihad
    06. Skit
    07. Meine Farbe
    08. Chrome
    09. Blaues Blut

    10. Grizzly feat. Animus
    11. Barack Osama
    12. Skit
    13. Skrupellos
    feat. Jihad
    14. Echte Männer feat. Silla & Jihad
    15. City Boy feat. Jihad
    16. Mut zur Hässlichkeit (JBG)


    Wenn jemand "blaues Blut" hat, dann ist das entweder ein nie dagewesenes medizinisches Phänomen oder aber man nimmt es sprichwörtlich und es geht um Adelsgeschlechter und Aristokratie. Berliner Rapper und Maskulin-Labelchef Fler jedenfalls scheint es blau als Farbe angetan zu haben, weshalb er nun, nur knapp ein halbes Jahr nach seinem letzten Album "Hinter blauen Augen", sein neuestes Werk "Blaues Blut" veröffentlicht. Die Frage, ob Fler tatsächlich adelige Wurzeln hat, bleibt unbeantwortet, doch der viel wichtigeren Frage, ob wir es hier mit einem königlichen Album zu tun haben, möchte ich im Folgenden nachgehen.


    Bereits im "Intro" zeichnet sich ab, was die Hauptthemen von "Blaues Blut" sind: Auf der einen Seite stehen die Narben der schlimmen Vergangenheit, auf der anderen Seite der Ruhm und der Reichtum, den Fler inzwischen erreicht hat. Passend dazu wird per Sprach-Sample eingespielt, dass der gute Flizzy sogar "Scars on top of scars" hat. Aua. Klingt aber rund, da genanntes Sample sauber in den ohnehin cool klingenden Beat eingearbeitet wurde, der mit Synthies und Kopfnicker-Drums das Album eröffnet. Der Rap, der dazu geliefert wird, kommt leider etwas monoton daher. Fler flowt oft so träge, dass er sogar nach den meisten Lines noch Zeit hat, die Reimworte per Echo zu wiederholen. Könnte man als Stilmittel zur Unterstreichung der Arroganz des Berliners deuten, wirkt auf mich aber eher, als wäre er beim Rappen ziemlich gelangweilt. Nach ähnlichem Schema geht es in "Pheromone" weiter. Fler rappt über seinen Erfolg und seinen dekadenten Lifestyle. Textlich kommt dies leider ziemlich flach daher. Der Berliner bringt hier mehr als einmal Lines, die einen die Haare raufen lassen. Und doch wirkt es irgendwie. Der simpel gehaltene Text bringt die gewollte Arroganz Flers ziemlich gut rüber und lässt ihn irgendwie erhaben wirken. Doch daran ist wohl zum größten Teil der wirklich großartige Beat Schuld. Dieser erscheint durch sein niedriges Tempo, kräftige Strings und wuchtige Drums wirklich monströs und ist eindeutig der Star des Tracks.


    "Ich denke groß – Billionär/
    Ich geb' nicht auf, ich will noch mehr/
    Mehr Ketten, mehr Häuser, Mittelmeer/
    Ihr seid mittellos, dafür gibt's kein Mittel mehr/
    "
    (Fler auf "Pheromone")


    Doch gibt es auf "Blaues Blut" noch mehr als Selbstbeweihräucherung? Ja – teilweise wird auch versucht, in die deepere Richtung zu gehen. Auf "Meine Farbe" zum Beispiel. Hier erzählt Fler davon, dass er es wegen seiner "Farbe" immer schwer in seinem Leben hatte. Ob er mit "Farbe" nun seine Hautfarbe meint oder doch die seines Bluts, das ja laut Albumtitel wohl blau ist, bleibt offen. Klar ist, Fler musste sich als Kind alleine durchbeißen und ist heute deshalb besonders stark. Trotz der seltsamen Inszenierung klingt der ehemalige Aggroberliner dennoch authentisch und real. Übermäßige Emotionen werden dennoch nicht rübergebracht, da die Stimmung immer wieder durch willkürliche Lines gebrochen wird, die erzählen, wie Flizzy auf seine Feinde schießt oder Ähnliches. Viel tiefer geht es thematisch auf "Blaues Blut" kaum. Höchstens noch auf dem Track "Produkt der Umgebung", der sogar mit Zitat aus einer Dokumentation anfängt. Na, wenn das nicht nur so vor Authentizität strotzt! Wie der Name des Lieds leicht vermuten lässt, geht es hier um die Umgebung, aus der Fler und Featurepartner Jihad kommen und was diese mit ihnen angestellt hat. Thematisch geht es hier in Richtung Gesellschaftskritik, Zeilen über den eigenen Kontostand oder Schießereien auf Rapgrößen bleiben dennoch nicht aus, was einen den Track leider nicht so ganz ernst nehmen lässt. Immerhin der Beat passt mit einer etwas dramatischen Piano-Melodie zur angepeilten Thematik.


    "Der Rauch, der mich umgibt, der Smog in diesen Straßen/
    Die Justiz und die Bullen, sie könn' mir ein' blasen/
    Wir sind Hunde, die beißen, aber nie bell'n/
    Willkommen in meiner Hood, wir schießen auf T-Pain/
    "
    (Fler auf "Produkt der Umgebung")


    Das war es dann auch mit den Tracks auf "Blaues Blut", die eine ernstere Schiene einschlagen wollen. Ansonsten herrscht nur Straßen- und Battlerap vor. Und natürlich Rap über Geld und Luxusgüter. Aber das muss ja nicht unbedingt schlecht sein. Denn tatsächlich gibt es unter genau diesen Tracks eine kleine Perle, in die ich mich ein wenig verguckt habe. "Chrome" kommt mit einem 1A produzierten Trap-Instrumental daher, das ein tolles Feeling vermittelt. Dazu ein Fler, der zwar auch wieder in allen Parts gleich flowt, dafür aber anders als auf dem Rest des Albums und das ist ja schon mal was. Spaß beiseite, der langsame Flow des Maskulin-Chefs, der beim ersten Hören noch etwas seltsam klingt, passt überraschend gut zum Beat und auch die extrem einfach gehaltene Hook fügt sich optimal ein. So ist "Chrome" zwar auch textlich unterdurchschnittlich, hat aber dafür das perfekte Klangbild eines modernen Raptracks. Dieses Konzept wurde wohl auf dem gesamten Album versucht, funktioniert leider aber nur hier so reibungslos. Das liegt wieder zu einem sehr großen Teil am Instrumental, das, wie das gesamte Album, von den Highjackers produziert wurde. Die Produzenten haben wirklich eine tolle Arbeit geleistet, denn die Beats auf "Blaues Blut" sind der Hauptgrund, warum man oftmals über die simplen Texte hinwegsehen kann und anfängt, mit dem Kopf zu nicken.


    "Ich bin ein Berliner, doch chill' jeden Tag am Beach/
    Ich lach' euch Rapper aus, meine Zähne sind gebleacht/
    Ich jage meine Feinde wieder mit dem BMW/
    Der Schönste hier im Land, wenn ich vor dem Spiegel steh'/
    "
    (Fler auf "Chrome")


    Fazit:
    Wahrlich königlich kommt es nicht daher, das neue Album von Fler. Fast jeder Track gleicht dem anderen. Textlich sind sie austauschbar, flowlich kommt Frank White monoton und uninspiriert daher. Daran ändern auch die Features nichts, da sie dieselbe Schiene wie Fler fahren. Aber eines muss man Fler lassen: Er pickt super Beats. Und genau die retten dieses Release so ein bisschen. Denn dank der tollen Instrumentals hat "Blaues Blut" einen einheitlichen und vor allem coolen Sound. Sie sind es, was dieses Album vor der absoluten Belanglosigkeit rettet und so zur strahlenden Krone des blaublütigen Flers werden.



    Florian Peking (Florginal)

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    01. Hölle
    02. Romy Schneider
    03. Schall und Staub
    04. Skit
    05. Dieses Lied
    06. Aufstehen

    07. Wer ist hier Rockstar feat. Persteasy
    08. Platz
    09. Kultus
    10. Anneliese
    11. Skit (Der mit der Säge)
    12. Sommer in Stubenberg
    13. Maxi Kings
    14. Partybitch III
    feat. Lance Butters
    15. Nimm die Beine in die Hand
    16. Alles wird gut


    Allzu besonders ließ er mich ja noch nicht aufhorchen, der österreichische HipHop. Neodisco konnte dies ein wenig ändern. Dem ein oder anderen dürfte die dreiköpfige Formation schon ein Begriff sein, wurden in den letzten Jahren doch schon einige Singles und EPs veröffentlicht. Nun bringen sie endlich das erste richtige Album in die Läden. Ob Neodisco hier neue Disco oder alte Schule bringt oder doch nur ein bisschen Krawall machen möchte, versuche ich im Folgenden herauszufinden.


    "Hallo Hölle, das sind wir." Mit dieser Begrüßung leiten die drei Österreicher ihr erstes Studioalbum ein. Sofort wird klar: "Krawalle und Liebe" ist keine gewöhnliche Rap-Platte. Falls sich die Musik von Neodisco überhaupt noch in die Kategorie "Rap" einordnen lässt – aber ich bin nicht hier, um Schubladen zu beschriften. "Hölle" schlägt dem Hörer mit einer Fassade elektronischer Melodien und klatschenden Drums entgegen. Verstärkt wird das dichte Klangbild noch durch eine eingängige Hook, die wie dafür gemacht zu sein scheint, sich als Ohrwurm festzusetzen. Thematisch wollen die Jungs, passend zur wuchtigen Soundkulisse, lieber in die Hölle statt in den Himmel. Dort seien eh die cooleren Menschen. Schon hier schimmert klar die Attitüde durch, die auf "Krawalle und Liebe" vertreten wird: Wir scheißen auf Regeln und Konventionen. Wir sind die Jugend; wir machen, was wir wollen. Und das, was sie machen, klingt super. Denn auch der folgende Track "Romy Schneider" überzeugt durch ein stimmiges Klangbild. Der sehr poppige Beat trifft auf die lockeren Raps von Rapper Niko, dessen Art zu texten optimal zur Tunichtgut-Thematik des gesamten Albums passt. Seine charismatische Stimme tut das Übrige und schon steht der Neodisco-Sound. Da darf dann auch gerne mal ein Haftbefehl-mäßiges "Eova" auf den absolut radiotauglichen Beat gespittet werden. Die Stimmung passt trotzdem ... oder vielleicht gerade deswegen.


    "Du willst in die Hölle, aber stehst nicht auf der Gästeliste/
    Wenn ich mir dich so anseh' – besser is' es/
    Um Vergebung bitt' ich vielleicht morgen/
    Hier lässt es sich leben, dafür bin ich gern' gestorben/
    "
    (Neodisco auf "Hölle")


    Bevor die drei Grazer aber in die "Hölle" dürfen, muss erst mal das Leben gemeistert werden. Da stellt man sich schon mal die altbekannte Frage: Warum das alles, wenn die Welt schon morgen nicht mehr sein könnte? Vertont nennt sich das dann "Schall und Staub" und kommt in einem lockeren Instrumentalgewand und einem ebenfalls super einprägsamen Refrain daher. Dieser ist, wie vieles auf "Krawalle und Liebe", nicht gerappt, sondern gesungen. Auch das klingt rund und wertet das Lied weiter auf. Textlich ist "Schall und Staub" sicherlich keine Offenbarung, doch die teilweise simplen, aber dennoch vor Ironie und Stilmitteln strotzenden Texte ergänzen sich toll mit der stimmigen elektronischen Soundkulisse. Da können die einen oder anderen Lines auch noch so banal scheinen, zum Nachdenken regen sie im Endeffekt dann doch an. Das trifft auch auf den wohl ernsthaftesten Song auf "Krawalle und Liebe" mit dem Titel "Dieses Lied" zu. Hier wird es ruhiger, was sich auch im Beat widerspiegelt. Wo sonst die ganze Platte mit eingägigen Elektro-Melodien und Kopfnicker-Drums bestückt ist, wird hier auf einen minimalistischen Piano-Beat gesetzt. Dieser hat aber durch seine harten Drums einen dennoch recht rasanten Charakter. Auch an diese Produktion schmiegt sich die charismatische Stimme des Rappers überaus passend an und in der Hook wird das Ganze noch mit Gesangsvocals verfeinert. Erzählt wird von verflossener Liebe, Enttäuschung und Reue, was sich thematisch zwar gängig anhört, aber durch die eigenwillige Art der Texte und den charakterstarken Beat zu einem einzigartigen Sound verschmilzt.


    "Wusste nie, ob ich ein' Menschen finde, der mich versteht/
    Okay, vielleicht tust du's nicht, aber selbst wenn du es fakest/
    Machst du's so viel besser, als alle anderen, die da war'n/
    Soviel besser, als alle anderen, die dann kam'n/
    "
    (Neodisco auf "Dieses Lied")


    Doch lange wird auf "Krawalle und Liebe" nicht Trübsal geblasen. Lieber wird auf den Putz gehauen und Party gemacht. So erhält sich immer das Image des charmanten Versagers aufrecht, wenn man an der Bar "Platz" braucht oder aufgrund des ein oder anderen Drinks über den Durst nicht ins "Kultus" kommt. Hier geht der Sound passenderweise immer mehr in Richtung Elektro, sodass diese Tracks auch ohne Probleme im Club um die Ecke laufen könnten. Doch das Spektrum der Produktionen wird noch größer. Auf "Wer ist hier Rockstar" erwarten den Hörer adäquaterweise knallende E-Gitarren. Außerdem wird die Band hier von einem gewohnt arroganten Persteasy unterstützt, der einen stimmigen Part beisteuert und sich stimmlich gut mit Neodisco ergänzt. Apropos arrogante Rapper: Für den zweiten Featurepart hat sich die Band mit Lance Butters einen weiteren, ähnlich überheblichen Rapper ins Boot geholt. Gemeinsam wird sich auf "Partybitch III" über leichte Mädchen des Nachtlebens ausgelassen. Auf Neodiscos Seite geschieht dies wieder mit einer ordentlichen Prise Selbstironie, Lance Butters hingegen setzt eher auf pure Prahlerei. Dies stört das Gesamtbild, da es leider nicht allzu gut zusammen passt und lässt den Track, im Vergleich zum hohen Niveau der restlichen Titel, ziemlich schwächeln.


    "Er sagt, mir fehlt's an Niveau für sein Etablissement/
    Doch glüh' ich vor nur mit Dom Pérignon/
    Ich habe Stil und sauf' Long Island aus dem Weizenglas/
    Wir singen Katy Perry Karaoke – Heidenspaß/
    "
    (Neodisco auf "Kultus")


    Fazit:
    "Krawalle und Liebe" klingt anders als das gemeine Rap-Album. Elektronischer, melodischer und, ich bin fast versucht es so zu sagen, besser. Die Tracks haben allesamt einen einheitlichen Sound und dennoch besitzt jeder einzelne einen eigenen Charakter und eine verschiedene Stimmung. Dies ist nicht zuletzt den durchweg großartigen Beats zu verdanken. Jeder Beat klingt höchst professionell produziert und hebt sich mit Leichtigkeit von jeglichem Einheitsbrei der Musiklandschaft ab. Hinzu kommen treffende Gesangsparts, die im Ohr bleiben und Rap-Parts, die stilistisch eigenwillig und frisch formuliert eingerappt wurden. Alles in allem ergibt sich so ein einzigartiges Gesamtprodukt, das in sich stimmig ist und es perfekt schafft, seine jugendlichen Botschaften zu transportieren.



    Florian Peking (Florginal)

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    Ich versohl dir mit einem Teppichklopfer den Hintern, Rey! X(