JON II
Eine schon beinah angenehme Kälte wehte Jon entgegen, als sich die Luke über ihm öffnete und er mit einer Art Aufzug nach oben gefahren wurde. Im Kapitol war es ihm viel zu warm gewesen. Jon mochte die Kälte und deswegen breitete sich auf seinen Lippen das erste Lächeln seit gefühlten Ewigkeiten aus, als er seine Umgebung wahrnahm. Schnee und Eis überall. Es sah aus wie in den Ausläufern der Frostfänge - dem größten und gefährlichsten Gebirgszug nördlich der Mauer - auch wenn Kälte hier noch gut ertragbar war. Jon erblickte schneebedeckte Hügel, tiefe Schluchten, zugefrorene Seen, einen dunklen Nadelwald und ganz in der Ferne einen gigantischen Berg.
Eine laute weibliche Stimme begann, die Sekunden bis zum Start herunterzuzählen, was Jons Blick schlagartig von der Natur auf das strahlend goldene Füllhorn lenkte. Anscheinend wollten die Herrscher des Kapitols den Eindruck erwecken, dass die Waffen und Vorräte darin besonders wichtig waren. Jon schreckte es eher ab. Er wusste, wie er in der eisbedeckten Wildnis des Nordens überlebte. Unzählige Tage lang hatte er das unter Wildlingen und schlimmeren Kreaturen überlebt. Sich in einen Kampf verwickeln zu lassen, schien ihm nicht besonders schlau.Wenn ich es schaffe, unnötigen Kämpfen aus dem Weg zu gehen, habe ich eine echte Chance. Diese Umgebung war wie für Jon geschaffen. ... 3 ... 2 ... 1 ... START!! Er fasste einen Entschluss und floh in Richtung des Nadelwaldes.
.....
Jon stand ihnen gegenüber und sie sahen aus, als hätten sie es auf ihn abgesehen. Der eine war ein merkwürdig stiller, junger Mann, dessen Blick dem eines weißen Wanderers sehr ähnelte, der andere ein aufgedrehter grinsender Kerl, der Flüche in Jons Richtung ausstieß und meinte er selbst wäre "der Sexbold". Merkwürdige Gestalten, aber offensichtlich aggresiv.
Dann ging der Aufgedrehte ohne Vorwarnung auf Jon los. Jon wollte das Schwert Langklaue aus seiner Scheide ziehen, bis er merkte, dass er in der Arena ja keinerlei Waffen besaß. Die Faust traf ihn hart in den Bauch und Jon spuckte Blut. Von einer wilden Wut ergriffen fing Jon den nächsten Hieb ab, packte seinen Gegner im Nacken und schleuderte ihn hart gegen einen naheliegenden gigantischen Eisblock, wo dieser reglos liegen blieb. Derweil kam jedoch der Ruhige langsam und bestimmt auf Jon zu. Er hatte wirklich beängstigende Augen. Dann folgte eine blitzartige Bewegung und Jon ging zu Boden. Er spürte wie zwei Finger seiner linken Hand brachen. Jon stieß einen Schrei aus, packte mit der gesunden Hand den Knöchel seines Widersachers und zog diesen mit zu Boden. Es entbrannte ein beinahe lautloser Kampf, in dem beide austeilten und einstecken mussten. Schließlich gelang es Jon, dem ihn immer noch anstarrenden Gegner den rechten Ellenbogen ins Gesicht zu rammen. Jon rappelte sich auf und rannte ohne einen Blick über die Schulter weiter in Richtung Wald.
Als er schließlich die Waldgrenze erreichte, sank Jon erschöpft zu Boden. Die beiden waren wirklich harte Gegner, besonders der mit der mit den blutrünstigen Augen jagte ihm immer noch Schauer über den Rücken. Mit Schwert wäre ich ihnen dennoch überlegen gewesen. War die Flucht vom Füllhorn womöglich ein Fehler? Eins war sicher: Jon musste seine Wunden versorgen und sich dann schnellstmöglich um eine Waffe kümmern. Ohne würde er nicht lange überleben... Nicht lange genug.