Beiträge von TagTiC

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    Original von Prometheus


    Ich vergleich sie ja nicht, sondern bezeichne sie als wack. Lern lesen.


    Cuttack, cj: Passt schon, ihr seid halt n bisschen scheiße im Musik hören. Viele haben das Problem, ihr seid also nicht allein :thumbup:



    Wie scheiße dieser cuttack im musik hören is, wahnsinn

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    Original von Prometheus


    Hör weiter Kompass ohne Norden und Raop und bleib mit deiner Ansicht in Bereichen die du noch zumindest verstehen kannst.
    Der Tigerentenclub soll noch Mitglieder suchen, versuchs doch dort.


    e. Sorry, war etwas abfällig formuliert. Aber RAF ist halt n Spast.


    ach nein, wie süß

    Weiß gar nicht, wieso die Platte so schnell nachlassen soll. Hatte das Glück, das Album bereits 3 Wochen vor Release zu kriegen und selbst nach Abgabe der Review hab ich immer noch mehr als gerne reingehört (was quasi bei keiner Platte bisher vorkam, da man die im Zuge des Schreibens wirklich für Wochen und Monate tot hört meistens. :D)

    Wer kennt sie nicht? Die Werbung, mit der gefühlte 13 Millionen Amateurrapper in Form von Privatnachrichten in hiesigen Internetforen, Profilkommentaren auf Facebook oder Massenmails im Instant Messenger täglich unschuldige Konsumenten befeuern: "Hey, ich habe mein Album fertiggestellt! Es ist vielseitig, individuell und hebt sich von allen anderen ab." Es wäre schön, wenn jedes Release qualitativ so hochwertig wäre, wie angekündigt, aber bei der Masse an Rappern, die seit Beginn des Internetzeitalters rumgeistern, ist das nahezu unmöglich. Die Folge: Der enttäuschte Raphörer bleibt bei Altbewährtem – da kann er ja (meistens) nichts falsch machen – während viele Releases, die bei weitem mehr Aufmerksamkeit verdienen, in der Masse untergehen. Mit dieser Rubrik haben wir uns das Ziel gesetzt, Releases an die Öffentlichkeit zu bringen, die unserer Meinung nach (!) mehr Aufmerksamkeit verdienen. Hier werden weder die Releases überhypter Internetgrößen zu finden sein noch Marketingspezialisten, die nach ihrem zweiten geschriebenen Text schon ein eigenes Label, eine Webseite mitsamt Promoteam und ein von Papi im Hinterhof gefilmtes Musikvideo besitzen. Es geht ausschließlich um die Qualität der Musik, um das Produkt.





    Takt32 – #OVERKILL


    Folgende Worte hallten am 6. November 2013 durch einen szenebekannten Berliner Club: "Ja, ich war nie King bei RAM, hab' keine 1.000 Fans wie die, hab' auch keinen verfickten Labeldeal. [...] Hab' kein Album draußen, nicht mal 'ne EP." Diese doch sehr ehrliche Selbsteinschätzung wurde mittlerweile von über 100.000 Leuten bei YouTube angeklickt. Geändert hat sich seitdem doch einiges: Die 1.000 Fans hat Takt32 schon weit überschritten und seit dem 15. August wäre nun auch endlich das mit der EP geklärt. Das Ganze könnte man eher als eine Art Demotape statt als ein Gesamtkunstwerk betrachten, denn auf den sechs Tracks von "#OVERKILL" präsentiert sich der Ostberliner so variabel wie selten ein junger Künstler. Während er mit gefühlvoll eingesungener Hook auf "#sohell" die Jugendsituation in der Hauptstadt mit französischen Banlieus gleichsetzt, zieht er seinen Hashtag-Flow über einen Trapbeat auf "#bestertag" beinahe den ganzen Track durch und bringt so einen Hauch von Amirap-Flavour auf das Release. Doch Takt32 hat nie vergessen, für was er bekannt ist und für was vor allem seine Fans ihn lieben: tighten Battlerap. Den präsentiert er beispielsweise eindrucksvoll auf "#dreizwei", wo er auf einem schnellen Synthie-Beat mit harten Drumsets Zeilen wie "Unsere Tracks klatschen wie Hooligans in Zagreb" spittet. Den Kontrast zwischen ebensolchen Battletracks und seichten Gitarrenriffs, die auf "#vollerfarben" erklingen, wenn er die Schönheit der Berliner Nacht in all ihren Facetten besingt und berappt, macht nicht nur dieses ordentliche Debüt, sondern vielleicht auch den Rapper Takt32 an sich aus. Ein Allrounder eben, der Stipendiat aus dem Plattenbau.


    iTunes – "#OVERKILL" kaufen





    2Seiten – Bipolar Express


    Ich blicke gestresst auf die Uhr, als der Zug endlich am Hauptbahnhof einfährt. 20 Minuten Verspätung, typisch. Dicht gedrängt an einen unglücklich dreinblickenden Anzugträger und mit respektablem Abstand zum Kinderwagen links von mir trete ich vom Bahnsteig ins Abteil, wo ich glücklicherweise direkt einen Vierer-Sitzplatz erwische. Jeden Tag das Gleiche. Und was macht das Gewohnheitstier, um dieser Tristesse zu entfliehen? Richtig, Musik anschließen und den Jungen, der mittlerweile im Kinderwagen zu schreien begonnen hat, ausblenden. Doch irgendwas stimmt nicht. Denn mittlerweile leicht dösend empfängt mich hinter meinen geschlossenen Augen ein Schaffner. Ich erkenne den Namen Bülent Demirtas auf dem Namenschild, als er mein Ticket entwertet. Anstatt dem Alltag in die Musik hinein zu entfliehen, habe ich mich auch noch gedanklich in einen Zug verfrachtet. Doch die Aussicht im "Bipolar Express" ist sehr viel schöner als die, die mich erwartet, wenn ich meine Augen öffne. Auf unserer musikalischen Reise zeigt mir der Zugführer 2Seiten auch wortwörtlich zwei Seiten. Auf der einen eine Welt, die auch in schönen Momenten vom Realismus geprägt bleiben muss, um nicht den Halt zu verlieren, auf der anderen der Genuss selbiger, um auf die Kosten des Lebens zu kommen ("Konsument von Augenblicken"). Wie viele davon tatsächlich "der Rede wert" waren, entscheidet man bekanntlich erst danach, genau wie bei vielen Aussagen, die Pal-One und der Poetry Slammer auf gleichnamigen Track richtigstellen. Der Zug fängt an, unregelmäßiger über die Gleise zu tuckeln. Im Instrumental, das ich im Hintergrund wahrnehme, erklingen laute Bongos über einer klatschenden Meute. Fast schon aggressiv und gestresst wirkt bereits dieses kleine Anziehen des Tempos, nachdem man auf der gesamten EP nur seichte Klänge und eine beruhigt klingende, angenehme Stimme von 2Seiten hört. Dazu experimentelle Beats, die geprägt sind von den Geräuschen der Xylophone, Cabasas, Gitarren und Drums. Ein Soundteppich, der nicht nur wohl und angenehm im Ohr wirkt, sondern auch perfekt harmoniert, mit einem tiefenentspannten Demirtas. Was er sagt, wirkt hingegen doch länger nach als nur diese eine Zugfahrt lang, das merke ich schon jetzt. Wenn er über seine Vergangenheit referiert und 2Seiten erzählt, wie sie in den Kontext mit seinem aktuellen Schaffen nachwirkt, hallen einem die prägnanten Aussagen des Lyricist auch später im Kopf nach. Die vielleicht wichtigste Botschaft gibt er dennoch etwas früher auf dem Release mit: "Das Leben ist schön". Mit diesem Gedanken öffne ich meine Augen und blicke auf das mittlerweile friedlich schlafende Baby. Der Zug steht still. Nicht ein Geräusch ist mehr zu vernehmen, denn auch der "Bipolar Express" ist nach neun Haltestellen am Ende angekommen. Endstation. Ich steige aus mit einem Grinsen auf dem Gesicht. "Das Leben ist schön".


    iTunes – "Bipolar Express" kaufen





    dissythekid – Pestizid EP


    Man will fast schon weiterskippen, als die ersten leisen Töne des "Interludes" anschlagen. Unangenehm hallen die Klänge der Nacht, das Fiepen von Tieren, unterlegt von einem dumpfen Ton, durch die Kopfhörer, bevor dissythekid die ersten, verstörenden Sätze zum Besten gibt. Etwas von seiner Wohnung am Park, wie er mich manchmal sieht, ohne, dass ich ihn bemerke. Wohliger wird es einem nicht, wenn auf "Hook" ein völlig überzogener Bass den Takt angibt, der fast schon an Maschinengewehre erinnert. Dass der Rapper genau diese Atmosphäre braucht und sich seine ganze Qualität erst dann ausspielt, wenn man ihm den Raum genau dafür lässt, das erahnt man erst im Laufe der EP. Aber wer dissythekid eine Chance gibt ... Nun, der kann eines der innovativsten Werke des Jahres bestaunen. Hier ist weder thematisch noch vom Sound her etwas schon bekannt. Die interessante, helle Stimme wirkt fast gepitcht über die maschinellen Sounds und harten Drums, während er von einer Jugend erzählt, in der ein Heranwachsender die Texte seiner Lieblingsrapper für bare Münze nimmt und kurzerhand den Teddybären massakriert ("Hook"). Auf gleichem Track ertönt dann doch der Wunsch: "Ich will doch eigentlich nur sein wie andere Kinder und dass es warm ist und man mich drückt in einem Winter, Bücher lesen lernen und wunderschöne Bilder". Das alles ist unterlegt mit einem hoch singenden Männerchor im Hintergrund, nur um einen kurz darauf auf harten Drums wieder mit "Nein, war ein Spaß, fickt euch Hoes, ihr seid behindert!" zu begrüßen. dissy ist halt anders. Zwei Tracks später dann doch wieder die emotionale Seite zu zeigen und einen Disstrack gegen den Freund der großen Liebe zu schreiben, denn "Du hast die, die ich schon immer wollte" ("Benzin"), untermalt durch den kurz aussetzenden Synthie im Hintergrund, ist genauso paradox und zwiespältig wie der Rest von "Pestizid". Eeinerseits wirkt alles so berührend, andererseits kalt und abweisend im gesamten Soundbild und der Art. Der nächste Widerspruch in sich folgt, als er plötzlich den Comedy-Rapper mimt. Wenn dissy dann nämlich beispielsweise den "Trash"-Film fährt und kurz vor seinen Parts noch mal Ohrwürmer aus den frühen Zweitausendern anstimmt, die man eigentlich nie im Ohr haben wollte, summt man doch wieder angeheitert mit. Es gibt eigentlich kein passenderes Wort als "krude", um dieses Release zu beschreiben, nur leider klingt das viel zu negativ behaftet für so ein beeindruckendes Werk. Und das ist "Pestizid" auf alle Fälle: beeindruckend.


    Homepage von dissythekid – "Pestizid EP" kostenlos downloaden





    KinG Eazy – Startklar


    Wenn Amirap auf die Azzlackz trifft, würde das Ergebnis vielleicht KinG Eazy heißen. Der ist seit August endlich "startklar" und man fragt sich sogleich, warum auch immer er sein Talent so lange im Verborgenen hielt. Laut eigenen Angaben rappt der Lüneburger nämlich seit nunmehr acht Jahren und trat erst jetzt durch seine Battle-Erfahrung in Erscheinung. Die Vorliebe für amerikanische, traplastige Beats ist genauso unverkennbar wie der leichte Autotune-Effekt in beinahe jeder Hook, der allerdings so wenig aufdringlich oder lästig wie selten wirkt. Vielmehr erscheint all dies stimmig für ein Gesamtprodukt, was in englischer Sprache auch auf der anderen Seite des Atlantiks problemlos angenommen werden würde. KinG Eazys Markenzeichen ist die nasale und teils schrille Betonung in Parts und Hook, die hin und wieder gewöhnungsbedürftig klingen, aber dennoch immer stylisch geflowt sind ("Nix könnte anders sein"). Für die großen lyrischen Meisterwerke ist der Lüneburger auch nicht bekannt, doch dafür für einen Hörgenuss, auch bedingt durch die optimalen Beatpicks. Namhafte Produzenten wie SadikBeatz unterlegen die Texte des Rappers mit wummernden Drums und schrillen Effekten, die aber nie aufdringlich wirken, sondern eher noch mal die Unverkrampftheit des MCs hervorheben. Stets unterstützt wird er von seinen nicht weniger talentierten Kollegen aus der niedersächsischen Hansestadt, die seinen Stil perfekt ergänzen und Hooks beisteuern. Hervorzuheben wäre hier vor allem der Rapper Aze, der auf "Für die Hater" einen kleinen Part mit technischer Raffinesse auf die EP bringt. Von uns aus ist also alles "startklar" für ein Album von KinG Eazy im neuen Jahr.


    "Startklar" – kostenloser Download




    Du kennst jemanden (oder bist gar selbst der Meinung, dass du jemand bist), der dem Titel "Unknown King" gerecht werden kann? Diese Person hat erst vor Kurzem einen Tonträger oder Freedownload veröffentlicht, der eine Erwähnung in diesem Artikel wert ist? Schick eine Bewerbung mit dem Betreff "Kings – *Künstlername*" an [email protected]. Bitte beachtet aber, dass wir nicht auf jede Anfrage persönlich antworten können. Ihr werdet sehen, ob das Release dann letztendlich seinen Platz in dieser Sammlung findet. Viel Erfolg!



    (Sven Aumiller)



    01. Wann bin ich dran
    02. Für immer
    03. Es ist gut wie es ist
    04. Schlaraffenland
    05. Besser jetzt als spät
    06. Geschichte
    07. Vier Minuten
    08. 8701
    09. Immer Held
    10. Der coolste Motherfxcker
    11. Raumschiff
    12. Zu Gast
    13. Tag eins


    Schritte. Tapsig, aber bestimmt, laufen zügig über knarzende Dielen. Scheinbar zielführend, denn so schnell die Schritte zu hören sind, werden sie auch schon wieder von Geraschel übertüncht. Unterdessen: Eine Lade öffnet sich und rastet klackend ein. Es herrscht komplette Stille, bis man hört, wie der Pianist die Finger auf die Klaviatur legt und zuckend die erste Taste herunterdrückt. Komplett wahllos scheint er sich für die ersten Klänge zu entscheiden. Was ertönt, ist ein E: Der Soundtrack zur "Generation Egal" ist also in E-Moll geschrieben. Die Symphonie einer Generation, über die uns Ahzumjot unter anderem erzählen will. Anders: Die Symphonie einer Generation, die Ahzumjot unter anderem ändern will. Wichtige Entscheidungen und relevante Ideale werden durch erzwungene Gleichgültigkeit auf später verschoben oder gleich komplett irrelevant beziehungsweise egalisiert. Probleme, die sich allerdings nicht nur durch diese Generation ziehen, sondern durch das Denken eines fast jeden Menschen. Warum auch vorher wissen, was man im Leben will, wenn man einfach irgendetwas studieren kann. Irgendwann wird sich schon von selbst zeigen, wofür man bestimmt ist. In den Tag rein leben, in der Hoffnung, man sehe die Ziellinie direkt hinter dem nächsten Hügel, ist schließlich auch ein Weg. Aber garantiert nicht einer, den Alan Julian Asara-Taiwah einschlagen will. Dem "coolsten Motherfxcker" ist seit "Tag Eins" offiziell "nix mehr egal". Und wie generationsändernd er seine Überzeugungen herüberbringt, werden wir wohl auf den 13 Tracks der gleichnamigen Platte erfahren.


    "Meine ersten Worte waren genau die, die man von mir hören wollte/
    Bekam genau dann Ärger, wenn ich nicht hören wollte/
    "
    (Ahzumjot auf "Wann bin ich dran")


    Wer Großes vorhat, muss groß denken. Da kann man schon einmal von den eigenen Ansprüchen überfordert sein. So fühlt sich wohl Ahzumjot von seiner eigenen Revolution erschlagen, wenn er sich in gewohnten Handlungsmustern festlegt, ohne über den Tellerrand blicken zu können ("Es ist gut wie es ist"). Es gilt, die Kluft zwischen Ansprüchen der Gesellschaft und den zu verwirklichenden Träumen und Wünschen zu überwinden, doch wie findet man den richtigen Moment, um den Sprung über die Klippe zu meistern? In "Wann bin ich dran" widmet sich der Ex-Hamburger der Frage, wie man aus diesem System ausbrechen soll, obwohl man es am Abiball im maßgeschneiderten Anzug mit Chardonnay begießt.


    Wenn er in der Hook dann beinahe aggressiv die Titelfrage ausruft, merkt man, wie der Rapper sich inhaltlich und musikalisch seit "Monty" weiterentwickelt hat. Fast schon orchestral wirkt die Aufmachung mit stimmungsvollem Echo und Background-Chorklängen; spiegelt perfekt seinen Drang wieder, seine Geschichte selbst bestimmen zu wollen. Mehr Gefühl für Musikalität als noch auf dem Vorgänger. Man spürt, dass auch Ahzumjot die Veränderung, die Weiterentwicklung seitdem wollte und zwar "besser jetzt als spät". Im gleichnamigen Track spielt er darauf an, dass man sich den Erfolg, um am Ende eben auch im Reinen mit sich selbst zu sein, verdienen muss. Rundum nach dem Motto "Alles kann, nichts muss" – eine schöne Idee, die ein wenig an der Inszenierung scheitert. So hört man hinter verträumten Synthies und sanften Drums das laute und zeternde Klatschen einer Menschenmenge, die den Takt vorzugeben scheint. Das Gesamtprodukt wirkt durch die Intensität der Hintergrundgeräusche weniger stimmig als beispielsweise auf "Es ist gut wie es ist" und "Raumschiff". Auf beiden Tracks geht es thematisch eigentlich gleich zu: Die Gesellschaft will ihn in das System reinzwängen, gegen das er rebelliert. Denn schließlich weiß man selbst, was gut für einen ist oder? Auf dem ersten Werk spiegelt er die Meinung des Einzelkämpfers, der sich nicht von der Gesellschaft beeinflussen lässt, wider und setzt das Ganze musikalisch grandios um. Dadurch, dass er seine Bridge monoton und stakkatohaft herunterrappt, kommt der Sound in der Hook umso epochaler, wenn er gen Himmel schreit, dass er gar nicht hinsieht, "wenn du den Weg zeigst." Auf letzterem bleibt das Konzept gleich, doch alles ist ein wenig düsterer. Die Zweifel, hervorgerufen durch die Ideale aller Menschen um ihn herum, nagen doch mehr, als man auf "Es ist gut wie es ist" hätte denken können. Der Clou, der die beiden perfekt verbindet? Die Hook bei "Raumschiff" ist noch einmal genau die gleiche. Wieso? Man merkt permanent, was für ein Fan von Deutschrap Ahzumjot doch ist. So hat "Peter Fox gelogen mit dem Haus am See ("Für immer") und in "Der coolste Motherfxcker" trägt er nur "so lang Gold, bis es was Goldeneres gibt". Er rezitiert Ikonen, die in den letzten Jahren für Aufsehen in Rap-Deutschland gesorgt haben. Durch das Samplen seiner eigenen Hook gibt er sich den Status, dass sein Werk es wert wäre, rezitiert zu werden. So reiht er sich nahtlos in die Riege dieser Musiker ein, denen die Ehre gebührt, Inspirationsquelle gewesen zu sein. Ein Move, der allein schon der Idee geschuldet, mehr Stil und Selbstironie ausdrückt, als ihn 90% aller anderen Rapper je beweisen könnten.


    "Doch ich sag': 'Es ist gut wie es ist'/
    Und hör' dir gar nicht zu, wenn du sprichst/
    Und seh' gar nicht hin, wenn du den Weg zeigst/
    Ich leb' für die Ewigkeit/
    "
    (Ahzumjot auf "Raumschiff")


    Während Alan teils tiefe Blicke in sein Innenleben gewährt, kämpft er auch für eine gesamte Generation. Die Generation Egal, zu der er eben auch zu gehören scheint. Die Generation, die nicht zu würdigen weiß, was die Eltern ihnen gaben. Natürlich muss man da als Vorgänger dieser Heranwachsenden behaupten, sie seien verzogen und verwöhnt, anstatt tiefer hinter die Fassade zu blicken. Wir wissen ja nicht einmal die Legenden zu schätzen, die man uns hinterließ – im Gegenteil! Für unsere Revolution rollen die Köpfe der Michael Jacksons und Kurt Cobains dieser Welt. Oder wie Ahzumjot das formulieren würde: "Wir sehen doch vor lauter Werten den Wald kaum." Passenderweise erklingen diese Zeilen in "Schlaraffenland" auf einem Instrumental, welches nach einem guten Rockalbum der 80er Jahre anmutet. Inklusive harter Gitarrenriffs und schallenden Snare-Schlägen ergibt sich so ein ungewöhnlicher, aber interessanter Sound, der sich durch das ganze Album zieht.


    Bei so vielen Experimenten, die sich Levon Supreme, Ahzumjot und Nikolai Potthoff da trauen, spricht es für die Qualität der drei, dass kein einziger Beat irgendwie unstimmig oder unausgereift wirkt. Verwunderlich, vor allem, wenn man bedenkt, dass zeitweise sogar Xylophon-Schläge und andere außergewöhnliche Sounds verarbeitet wurden. Das Meisterstück gelingt dann aber doch wieder den Berlinern The Krauts mit "Geschichte", auf dem ein kompletter Lebensweg von Ahzumjots Traumfrau nacherzählt wird. Während der Einstieg komplett verkitscht gewählt ist, mit zigfacher Wiederholung allerlei 0815-Phrasen, die so in jedem Popsong der Welt fallen könnten, endet die letzte Hookline im Stillen. Der Beat setzt aus, doch der Herzschlag beginnt. Über wummernde, kraftvolle Drums setzt sich das typische schrille Fiepen eines EKGs, welches im Taktrhythmus surrt. So intensiv und drückend wie dieses Geräusch schon allein auf einen wirkt, erzählt auch Ahzumjot vom Leben der Traumfrau, die ihre Liebesgeschichte selbst schreibt. Wie wichtig sie ihm ist, lässt er auf "8701" durchblicken: Dort erzählt er, was die Eine für ihn ist – und vor allem, was nicht. Denn die einzig Richtige für ihn ist "die, von der James Brown seinen Soul hat", während die anderen nur der Grund sind, "warum van Gogh kein Ohr hat". In dieser Art und Weise erzählt er drei Parts durchgehend, wie viel sie ihm bedeutet. Einerseits vielleicht kitschig, aber andererseits viel zu grandios und technisch ausgefeilt formuliert, als dass man ihm da fehlendes Feingefühl vorwerfen könnte. Das würde man auch nicht auf "Immer Held" behaupten können, ein Track über den Alltags-Superhelden, der sich mit nicht ganz so monströsen Problemen wie Superman und Co rumschlägt.


    "Alle sagen: 'Sky's the limit', nicht mehr und nicht weniger/
    Doch ich sag': 'POW zum E zum R', nach vorne, bis zum geht nicht mehr/
    "
    (Ahzumjot auf "Immer Held")


    Dennoch ist das Gesamtprodukt dank einiger schiefer Betonungen und Silben, die gequetscht wirken, speziell in der Hook sehr gewöhnungsbedürftig. Noch persönlicher, als auf "8701" wird es jedoch erst, wenn er von dem einen Bob Marley-Song erzählt ("Vier Minuten"). Der Song, bei dem seine Eltern immer gemeinsam still waren. Jahre später findet er sich jedoch wieder in der Behausung ein, die mittlerweile ein Hotel ist, um diesen Song zu schreiben – und wie persönlich das Ganze war, hört man aus jeder Zeile raus. Vielleicht ist es genau das, was nicht nur diesen Song, sondern das gesamte Album "Nix mehr egal" so wahnsinnig gut macht: dass man Ahzumjot jede Zeile glaubt.


    "Und das Plastikschild auf dem Tisch? Es sagt: 'Gastfreundschaft verbindet'/
    Was macht die Erinnerung, wenn sie nur mal kurz verschwindet?/
    'I wanna love you and treat you right'/
    Hör' ich diese eine Zeile, sind wir wieder vereint/
    "
    (Ahzumjot auf "Vier Minuten")


    "Tag eins". Zeit für Veränderung. Zeit, sich von der alten Generation zu lösen. Zeit, das Leben zu beginnen, welches man immer wollte. Zeit, endlich seine Geschichte selbst zu schreiben und nicht andere das machen zu lassen, was man selbst träumt. "Tag eins" um mit der alten Welt abzurechnen. Was für einen grandiosen Sound dieser Song hat. Gesungene Hook. Perfekt stimmig. Orchestraler Anschluss – passt optimal. Ein absolut großartiger Abschluss für ein fast perfektes Album. Ahzumjot lebt nach seinen eigenen Prinzipien, denn auf "Nix mehr egal" ist wirklich nichts mehr egal. Da sitzt beinah jeder Ton, jeder Reim genau da, wo er sitzen sollte. Hin und wieder noch die ein oder andere Betonung, die mehr als fragwürdig gesetzt ist, doch speziell inhaltlich ist das vielleicht mit das Beste, was 2014 bisher zu bieten hatte. "Alan ist mein Name, 24 Jahre." ("Raumschiff") und vielleicht der beste Newcomer dieser Tage. Ist ihm hoffentlich egal, dass ich die Zeile selbst beende, wie ich mir das denke.


    "An einem Ort, an dem jeder Tag dem nächsten gleicht/
    hält nur Tag eins für die Ewigkeit/
    "
    (Ahzumjot auf "Tag eins")



    (Sven Aumiller)

    [REDBEW]1602 [/REDBEW]

    Bewerte diese CD:
    [reframe]reviewthread.php?reviewid=1602 [/reframe]
    [azlink]Ahzumjot - Nix mehr egal[/azlink]

    Zitat

    Original von TonySunshine
    Ich find's sehr gut. Erinnert mich in der Hook musikalisch bisschen an M83. Freu mich sehr auf das Album.


    :thumbup:


    Mag den Beat auch total gern, kein Plan was alle haben. Ist doch das, was man von Curse erwarten konnte.


    e: schiebt im Video n bisschen den Epileptiker am Anfang mit dem Rumgefuchtel

    Ich behaupte mal, das ist nicht die offizielle Email vom Wallraff :D Warum Hank sich ausgerechnet ihn auswählt für ne Fakemail, erschließt sich mir nicht.