Beiträge von WoboSolagl



    01. Kennst des
    02. Der Governor
    03. Von Block zu Block
    feat. Ramiz
    04. K bleibt K
    05. Heavyweight Champs
    feat. Johnny Suicide & Flowzilla
    06. Sexy
    07. Früher
    08. 1000 Meilen
    09. Lange nicht gesehen
    feat. Selam Araya
    10. Kinder dieser Welt feat. MC O
    11. Ich hol uns hier raus
    12. Anti-Rassismus
    feat. Enz MC & G-Fatal
    13. Dreh den Beat auf feat. Weeh78
    14. Wenn ihr uns auf Tour besucht feat. Ali A$ & Pretty Mo
    15. Das ist NPL feat. Beekay, Kay Gee & Shorty
    16. Alte Schule feat. PMD
    17. Memento
    18. Früher (RMX)
    feat. Peter Black


    München hat als Touristenhochburg eine Vielzahl von Sehenswürdigkeiten zu bieten, die vom Hofbräuhaus über den Marienplatz bis hin zum Englischen Garten reichen um nur ein paar zu nennen. Wer aber weniger an einer Sightseeingtour, sondern viel mehr an Rap aus der bayerischen Landeshauptstadt interessiert ist, muss sich teilweise abseits der großen Hochglanz-Aushängeschilder bewegen und sich zum Beispiel nach Neuperlach begeben. Neben großen Wohnblöcken gibt es hier auch Großes K zu sehen und im Falle des Letzteren vor allem auch zu hören. Der Rapper und Mitbegründer des Labels NPL 83 Recordz erzählt auf seinem neuen, größtenteils von SazzOne gemasterten Album diverse Geschichten von Herzschmerz, Rassismus und dem Erwachsenwerden, um seine Hörer dann zu fragen: "Kennst des?"


    "Kennst des, wenn du wieder mal blank bist/
    Wenn du fällst und dir niemand die Hand gibt/
    Kennst des? Tequila am Stammtisch/
    Die ganze Gegend hat 'nen lieblosen Anstrich/
    "
    (Großes K auf "Kennst des")


    Der Titeltrack, der zugleich auch die Einleitung ins Album bildet, zählt solche Situationen im Allgemeinen auf. Großes K rappt mit seiner prägnant tiefen Stimme von Existenzängsten, Beziehungsproblemen und dem Gefühl der Machtlosigkeit gegenüber den Dingen, welche einem über den Kopf wachsen. Vielleicht ist es diesem Aufzählmuster zu verdanken, dass er hierbei ein meist doch recht simples Reimschema und einen einfachen Flow nutzt, doch es wird schnell deutlich, dass der Neuperlacher das Rappen zwar durchaus beherrscht, dennoch aber kein großer Techniker ist. Während sich hier fast schon Oldschool-ähnliche Züge im Klangbild finden lassen, wenn der Boombap-Beat von Midiflash von DJ G-Spot mit Scratches und Cuts versehen wird, zeigt sich der zweite Titel in einem ganz anderen Gewand. Hier herrscht harter Straßensound vor, den "der Governor" mit großmäuligem Representertext kombiniert. Mag man allgemein vielleicht nicht unbedingt davon ausgehen, dass Straßenrap aus dem Münchner Raum die nötige Kredibilität aufweisen kann, so ist hier fast schon die tiefe, kräftige Stimme allein Legitimierung genug. Auch im weiteren Verlauf macht der Rapper deutlich, dass er seine Stimme durchaus zu nutzen weiß und so klingt selbst der Singsang-artige Anfang von "K bleibt K" ebenso wie die selbst eingesungenen Hooks, von denen es auf dem Album viele zu hören gibt, passend und gut. Auf dem fast etwas sehr mit Synthiesound vollgestopften Beat zu "Sexy" drängt sich Ks dunkler Klang in den Vordergrund, wenn er detailgenau den Sexappeal einer Frau beschreibt und sich sogar etwas selbstironisch zeigt, erhält er im letzten Part doch einen Korb vom Objekt seiner Begierde. Der selbsternannte "Neuperlacher Bürgermeister" muss sich also nach einer anderen Frau umsehen und macht sich daher "1000 Meilen" gen der Richtigen auf. Begleitet von sanften Gitarrenklängen schlägt er hier nachdenkliche Töne an, mit denen er die end- und rastlose Suche beschreibt, die vor ihm liegt und besingt und berappt die Frau fürs Leben. Dass sein Glück eventuell bereits hinter ihm liegt, wird dem Rapper auf "Lange nicht gesehen" bewusst, einem Track, der davon handelt, nach langer Zeit den Versuch zu starten, eine bereits zerbrochene Beziehung wieder in den Griff zu kriegen. Auch hier wirkt die Mischung aus Synthie und Boombap fast etwas überladen, sodass zumindest die Gesangshook vom ebenfalls aus Neuperlach stammenden Selam Arayam beinahe darin untergeht.


    "Man bewertet fremde Menschen nach Erfahrungswerten/
    Geht es um Zivilcourage, sind wir unter Gartenzwergen/
    Rassismus ist der Spiegel seiner eigenen Angst/
    Und deswegen fühlen wir uns fremd im eigenen Land/
    "
    (Großes K auf "Anti-Rassismus")


    Ein weiterer Aspekt, den Großes K auf diversen Tracks thematisiert, ist Gesellschaftskritik, insbesondere im Hinblick auf die Jugend und was aus ihr (gemacht) wird. So beschreibt er gemeinsam mit MC O, wie sie in ihrer Kindheit auch ohne Internet und Playstation zufrieden sein konnten, trotz des ein oder anderen Streits respektvoll und tolerant miteinander umgingen und dass es Aufgabe älterer Generationen sei, diese Werte an die jüngeren "Kinder dieser Welt" weiterzuvermitteln. Ruhige Pianoklänge von Zinobeatz bilden hierbei ein angenehmes Fundament für Ks langsamen Rappart, welcher besonders in Kombination mit der hellen Kinderstimme in der Hook kräftig und voll klingt. Auf seine Worte lässt er dann auch gleich Taten folgen und bietet einigen jungen Newcomern aus Neuperlach die Möglichkeit, ihr Können unter Beweis zu stellen. Shorty, BeeAy und Kay Gee schlagen zwischen "Klick-Klick" und "Boom" ebenso harte wie fragwürdige Töne an, ganz so, wie Großes K es ihnen auf "Das ist NPL" vormacht. Dabei schrecken sie weder vor den "Messern" anderer Rapper noch vor der Selbstbetitelung als "Gee" zurück. Neben solchen Neulingen sind auch alte Hasen und jahrelange Wegbegleiter des Großen Ks auf "Kennst des" vertreten, und so wird dieser bei seinem Kampf für den "Anti-Rassismus" von Enz MC und G-Fatal unterstützt, wobei besonders Letzterer einen sehr eigensinnigen, gewöhnungsbedürftigen Flow zum Besten gibt. Das deutlich am Positivsten auffallende Feature kommt von Ks "Der Neue Süden"-Kollegen Ali A$ und Pretty Mo. Man rappt mit ordentlich Humor und Wortwitz von den Erlebnissen vor und nach der Show sowie dem Verpassen der Aftershow-Party und packt das Ganze in einen Track, der zumindest deutliche Ansätze eines Partylieds aufweist. So könnte man allgemein sagen, dass alle Titel auf "Kennst des" gute bis solide Ansätze besitzen, sie hätten teilweise jedoch noch ausgefeilter klingen können.


    Fazit:
    "Kennst des" ist sicherlich kein Grund dafür, München jetzt an die Spitze der Deutschrap-Städte zu katapultieren, aber auch genauso wenig dafür, es am Ende dieser Liste versinken zu lassen. Großes K liefert guten, doch einfachen Rap auf meist stimmigen, manchmal aber etwas überladenen Beats, sowie eine Featureliste, auf der kein absoluter Totalausfall, aber auch nur selten ein Highlight zu finden ist. Gefeatured wird hauptsächlich aus Ks lokalem sowie musikalischem Umfeld, PMD von der New Yorker Crew EPMD bildet da die einzige Ausnahme. Gerade mit einem solchen Gast aber hätte die Oldschool-Thematik des Tracks deutlich besser ausgearbeitet werden können, weswegen auch dieser Titel nicht wirklich heraussticht. Insgesamt hat der Neuperlacher ein Album veröffentlicht, dass in Sachen Rap aus München kein absolutes Muss wäre, bei dem es aber auch keineswegs schadet, wenn man "des kennt".



    Wobo Solagl (Daniel Fersch)

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    01. Intro (Fuck it)
    02. Captain Hindsight
    feat. James Cook
    03. Lala Bamba
    04. Heavenly
    05. In a Dream (Skit)
    06. Crawl Space
    07. Baking Soda
    08. Housten
    feat. Dollar John
    09. Welcome 2 Hell 2
    10. Flugzeugmodus
    11. Outro (Fuck it)


    "Fuck it" – zwei kleine Worte mit großer Bedeutung. Sind sie doch mehr als die Summe ihrer Teile und reichen hinsichtlich ihrer Deutung von einem simplen Ausruf der Ablehnung bis hin zum inoffiziellen Slogan einer – bezüglich des Kontexts – "verschwendeten" Jugend. Eine Jugend mit deutlich nihilistischer Einstellung, ablehnender Haltung hinsichtlich bestehender Normen und Regeln und dem Drang, alles und doch irgendwie nichts zu tun und zu erreichen. Als Vertreter dieser Attitüde gibt es wohl wenige, denen es daher eher zustehen würde, ihr Werk "Fuck it"-EP zu nennen, als Chris Miles.


    "Chris Miles – Fuck it, ein Goldstück/
    Wenn du enttäuscht bist: suck this, so läuft das – du Fotze/
    "
    (Chris Miles auf "Intro (Fuck it)")


    Wer das Wasted YoutHH-Mitglied noch nicht kannte, bekommt bereits im "Intro" einen Einblick in das, was ihn erwartet: relativ einfach gehaltene Beats mit "way above" und "laid back"-Flow, der dank einem Augenzwinkern, das in jeder Zeile mitschwingt, trotz aller Arroganz irgendwie sympathisch rüberkommt. Auch thematisch wird der "Fuck it"-Charakter stets beibehalten und so inhaltlich vor allem lässig über den Dingen gestanden und die ein oder andere Droge konsumiert. Um nun aber all jenen vorzugreifen, welche zu viele Gemeinsamkeiten mit einem Rapper sehen, der sich hinsichtlich seiner äußeren Erscheinung in Tony Starks Waffenkammer bedient hat, sei hier gleich die erste Zeile des "Outros" zitiert, in der es heißt: "Und die Fanboys, sie sagen: 'Mach mal 'ne EP.' Ich mach gar nichts!" Die vielen Gemeinsamkeiten und Parallelen, welche man, sofern man es darauf anlegt, finden und ziehen könnte, sind ihm also durchaus klar, werden aber insgesamt mit einem dezenten "Fuck it" beantwortet. Ein tatsächlicher Superheld, mit dem sich Chris Miles selbst viel eher identifizieren kann, ist "Captain Hindsight". So wie der aus "South Park" bekannte Held mit der Fähigkeit, im Nachhinein feststellen zu können, was hätte getan werden sollen, weiß auch der Rapper genau, was zu tun wäre, doch "er macht ein' Scheiß". Stattdessen geht man zur Gruppentherapie und trällert auf einem Beat, der nicht zum Mitnicken einlädt, sondern geradezu dazu zwingt, "Lala Bamba". Trotz aller Abgehobenheit arbeitet Asie ADS also auch durchaus an seinen Fehlern und macht klar, dass er zwar besser als die meisten, aber eben auch nicht perfekt ist. Dieses Bewusstsein ist es wohl auch, dass zu so nachdenklichen Titeln wie "In a Dream" führt. Auf dem Alchemist-Beat mit sehr eingängigem Gesangs-Sample, den der eine oder andere vielleicht schon von Odd Future-Member Hodgy Beats und dessen "Untitled"-EP kennt, stellt Miles Traumwelt und Realität gegenüber, wobei er in ersterer seine Ziele genau fokussieren, sie in letzterer aber nicht unbedingt umsetzen kann oder will.


    "Mir fehlt nichts, nein, Quatsch, war gelogen/
    Nur 'ne Fehlinformation von dem Botenstoff der Droge/
    Wenn das losgeht, weck mich auf, ich bin nicht schlecht gelaunt/
    Nur, wenn ich wach werd', und klar, wird mir schlecht da draußen/
    "
    (Chris Miles auf "Flugzeugmodus")


    Dass der Drogenkonsum zwar den "Fuck it"-Lifestyle unterstützen mag, aber auch seine negativen Seiten hat, manifestiert sich in einem mit dichtem Rauch gefüllten Raum und einem damit verbundenen "Housten"-Anfall. Der etwas magere Reim von "Housten" auf "Husten" kann dann aber auch nur jemandem wie Reimebude-Mitglied Dollar John verziehen werden, dessen Rap trotz düsterer Atmosphäre immer mit einer großen Prise Humor und Leichtigkeit verbunden ist. Sein volles Talent kann er auf dem harten Boom Bap-Beat allerdings nicht unter Beweis stellen, ist er hier doch leider nur mit einer Bridge vertreten. Eine ähnlich düstere Seite wie John hat Chris selbst durchaus auch, lauscht man etwa dem Vorgängertitel von "Welcome 2 Hell 2" aus der "Most Sadistic EP". Nun, auf dieser Fortsetzung hört sich das Ganze sowohl hinsichtlich des Beats, der wegen seiner Lautstärke teilweise den Text etwas untergehen lässt, als auch in Anbetracht von Stimmeinsatz und Inhalt dennoch deutlich gelassener an. Die Hook beinhaltet sogar eine "Fast-Gesangseinlage", bei der Chris Miles in eine Art schiefen Singsang verfällt. Vom Tiefpunkt "Hölle" geht es im "Flugzeugmodus" wieder nach ganz oben, wenn der Hamburger unter Pianogeklimper einen zynischen Liebesbrief auf die "Rückseite von 'nem Stück Zeitung" kritzelt. Emotion und Gefühl werden per Pillenkonsum unterdrückt und ausgelöscht, sodass der zuvor hauptsächlich aus Arroganz abgehobene Chris Miles hier eine andere Facette zeigt und eine gewisse Verletzlichkeit preisgibt. Im "Outro" finden sich noch einmal sämtliche Wesenszüge, von lässig-arrogant aus dem Anfang bis nachdenklich und selbstzerstörerisch aus den letzten Titeln der EP, auf einem rückwärts laufenden melodiösen Sound ein und bilden sowohl Zusammenfassung als auch Abschluss des Werks.


    Fazit:
    Natürlich könnte man sagen, dass ein Rapper, der von sich selbst hauptsächlich in den höchsten Tönen und mit "way above"-Attitüde redet, mehr leisten sollte als eine EP, deren Inhalte größtenteils schon als einzelne Freetracks veröffentlicht wurde. Man könnte weiterhin auch bemängeln, dass sowohl die sehr simplen, teilweise nur aus einem einfachen Loop bestehenden Beats und die ab und an vielleicht sogar zu lässigen Strophen mit mehr Einsatz und Mühe deutlich ausgefeilter klingen könnten. Doch wer, wenn nicht Chris Miles, dürfte all diese Vorwürfe und Meinungen hinsichtlich seiner EP mit zwei kurzen Worten beantworten? "Fuck it."



    Wobo Solagl (Daniel Fersch)

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    01. Endlich wieder
    02. Die 2
    03. Bilder des Lebens
    04. Schlimmer geht's immer
    05. Nur ein Lächeln
    06. Liebe auf den letzten Blick
    feat. Samir
    07. Eine Minute
    08. Licht am Horizont
    09. Biest in der Booth
    10. 1001
    feat. M-Riebold
    11. Charlie Chaplin
    12. Du und Ich
    feat. Annie Reimann
    13. Chronik einer Liebe
    14. Für immer und ewig
    feat. Reno, Germany & Curse
    15. Ich will damals
    16. Meine Freundin
    feat. M-Riebold


    Will man sich über Rap aus Minden informieren, stößt man zunächst sicherlich auf Michael Kurth aka Curse, der lange Zeit als Leitfigur der Mindener Szene galt. In zweiter Reihe tauchen dann wohl mitunter die Namen Italo Reno und Germany auf, welche 2003 gemeinsam das Mixtape "Big Minden" über das Curse-Label "Alles Real Records" veröffentlichten. Das zwei Jahre später erschienene Sequel "Big Minden 2" stammte dann wiederum nicht mehr aus der Feder von Germany und Reno, sondern wurde zum Debüt von Stress und Trauma. Das Duo lieferte einen trotz anderer Besetzung würdigen Nachfolger und ein gutes Argument für das Mitspracherecht der nordrhein-westfälischen Stadt in der landesweiten Szene ab. Nach acht weiteren Jahren, in denen es mit einigen kleinen Ausnahmen relativ ruhig um Björn Bultemeyer alias Stress und David Stoebel alias Trauma war, will man nun erneut unter Beweis stellen, wie groß Minden ist und releast "Big Minden 3".


    "Und die Welt ist wieder nice, seit wir auf der Bühne steh'n/
    Schön, dass man in der Szene wieder von Gefühlen redet/
    Statt dass man sich immer mit Hass begegnet/
    Wird wieder mal von HipHop mit Leidenschaft geredet/
    "
    (Stress auf "Endlich wieder")


    "Endlich wieder" Rap aus Minden zu hören, macht bei einem Opener voller guter Laune mit entspanntem Sound und eingängiger Hook direkt Lust auf mehr, was "die 2" auch sofort liefern. Begleitet von rockigem Gitarrenriff und Bass wechseln sich Stress und Trauma alle paar Zeilen ab und beweisen ihre technischen Fertigkeiten sowie eine ordentliche Portion Energie im Flow. Alles, was danach folgt, ist leider deutlich ruhiger, was zwar nicht immer schlecht ist, aber eben nicht ansatzweise an die ersten beiden Tracks herankommt. Sowohl "Bilder des Lebens" als auch "Schlimmer geht's immer" bedienen sich sanfter, ruhiger Beats mit Klavierelementen und einer ähnlichen "Kopf-hoch-Thematik", wie sie dann auch auf "Nur ein Lächeln" zu finden ist. Auch hier verbinden sich Klaviersound und ruhiger Rap, während von Mobbing, Problemen im Elternhaus und von der Tatsache berichtet wird, dass manchmal schon ein einfaches Lächeln große Veränderungen bewirken kann. Eine kleine Sache mit großer Wirkung ist für Stress und Trauma auch die "Liebe auf den letzten Blick". Während die meisten Liebes-Tracks vom Anfang oder dem Ende der Gefühle handeln, thematisieren die beiden hier das Wiederaufleben der Liebe an einem Punkt, an dem sie schon zu sterben drohte, und dem Versuch, die gescheiterte Beziehung wieder zu kitten. Dieses Vorhaben gelingt spätestens mit der Unterstützung von Samir Soulstas gefühlvoller Gesangshook und wenn nicht, stellt sie zumindest ein harmonisches "Licht am Horizont" dar. Der Bericht von übermäßigem Alkoholkonsum und den daraus resultierenden Folgen eines Autounfalls beweist, dass die beiden Mindener auch das Storytelling beherrschen, was im späteren Verlauf des Albums auf "Charlie Chaplin" nochmals verdeutlicht wird. Auf Letzterem lässt Trauma (dessen Stimme ungemein an die von Curse erinnert) die Persönlichkeit und Beweggründe eines Selbstmörders von der Polizei sowie seiner Mutter anhand der Dinge, welche sie in seinem Zimmer finden, ergründen.


    "Sie meidet Augenkontakt zum Polizist/
    Der Blick schweift zur Leiche, zum Sohn, wo er sitzt/
    Sie starrt wie versteinert auf ihn, schaut daneben/
    Nimmt sich ein Tagebuch und beginnt zu lesen/
    "
    (Trauma auf "Charlie Chaplin")


    Vor Traumas Alleingang philosophiert Stress auf "Biest in der Booth" über sich selbst sowie seine Liebe zur Musik und ehrlichem HipHop, bevor er gemeinsam mit M-Riebold wieder zur Liebe zu einer Frau zurückkehrt ("1001"). Der soulige Beat sowie die Rapparts von Stress und M-Riebold beschreiben mit ein wenig Augenzwinkern die unerwiderte Liebe zu einer Frau, werden aber von einer äußerst quäkigen Interpretation des Liedes "1000 und 1 Nacht" von Klaus Lage begleitet, die dem Hörgenuss des Ganzen gewaltig schadet. Deutlich angenehmer ist da der Gesangsbeitrag einer gewissen Annie Reimann auf "Du und Ich", die dem Track ein gefühlvolles Gesamtbild verleiht und die Umsetzung der Hook von "1001" umso fragwürdiger erscheinen lässt. Ähnlich fragwürdig auch die Verzerrung des Trauma-Parts auf "Chronik einer Liebe", der sich nicht richtig in den sonst souligen Klang des Tracks einfügen will. Eventuell sind diese unpassend wirkenden Entscheidungen unter Berücksichtigung des Sprichworts "Gegensätze ziehen sich an" getroffen worden, welches auch das Fundament von "Meine Freundin" bildet. M-Riebold erhält eine zweite Chance und rappt mit Trauma über die Problematik, das komplette Gegenteil seiner Freundin zu sein, sich nie wirklich einigen zu können und sich dennoch irgendwie zu lieben. Dies mag im Zwischenmenschlichen vielleicht ab und an funktionieren, kann in den oben erwähnten musikalischen Beispielen jedoch eher als gescheitert erachtet werden. Um dem Albumtitel wirklich vollends gerecht zu werden, wird auf "Für immer und ewig" Minden vereint und Curse, Germany und Italo Reno gefeaturet. Zu fünft rappt man darüber, einen Freund in Nöten niemals hängen zu lassen und sich gegenseitig zu unterstützen, so wie es hier auf musikalischer Ebene stattfindet, indem man gemeinsam "Big Minden" repräsentiert.


    Fazit:
    Ein grandioser, energiegeladener Einstieg in das Album, das im weiteren Verlauf leider ein wenig schwächelt. Der ruhige, soulige Weg, der eingeschlagen wird, klingt durchaus nicht schlecht, ist aber doch mit dem einen oder anderen Mangel behaftet, der einem durchgehenden Hörgenuss schadet. Letztlich ist "Big Minden 3" dennoch ein solides Album und reiht sich bestens in die "Big Minden"-Serie ein, sodass Stress und Trauma definitiv zu den Namen gehören, auf welche man neben Curse & Co stoßen sollte, wenn es um deutschen Rap aus Minden geht.



    Wobo Solagl (Daniel Fersch)

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    01. On Air (Intro)
    02. Skit 1
    03. Totenkopfflagge
    04. T.O.O.T.A.
    feat. Louivielle Sluggah & Mars
    05. Skit 2
    06. WTF?!
    feat. Headtrick & Mortis One
    07. In the Night feat. R.A. the Rugged Man, JAW & Morlockk Dilemma
    08. Skit 3
    09. Hände
    10. J. Rambo Flow
    feat. Rasco
    11. Skit 4
    12. Tag der Veteranen
    feat. Kool G Rap
    13. Instinkt feat. Mortis One
    14. Zeit zu beginnen feat. Nekst86
    15. Skit 5
    16. Totschweigen (RMX)
    feat. Kamikaze
    17. Das neue Anders
    18. Skit 6
    19. Spuren im Schnee
    feat. Crop
    20. Die letzten unserer Art
    21. Hassliebe
    22. Skit 7


    Deutschrap im Radio wird szeneintern meist ein wenig argwöhnisch beäugt und hauptsächlich mit pandamaskiertem, inhaltlich etwas seichtem "Raop" in Verbindung gebracht. Was aber, wenn dem durchschnittlichen Rundfunkhörer nicht Namen wie Cro, sondern Crop, JAW, oder Morlockk Dilemma per Hörfunk zu Ohren kommen würden? Es wäre wohl jedem recht schnell klar, dass es sich dabei dann um keinen gewöhnlichen Mainstream-Sender mit weit verstreuter, sich durch alle Schichten und Generationen ziehender Hörerschaft handeln kann. Die Antihelden aka Abroo & SirQLate (ehemals Dra-Q) haben nun aber genau so etwas erschaffen. Nicht Mixtape, nicht Album, ist "Piratensender" eine auf Tonträger gebannte Radioshow, die einen Gegenpol zu dem bildet, was Radiogeräte ansonsten vereinzelt so an deutschem Rap erklingen lassen.


    "Keine Mainstream-Playlisten mit Chartsgarantien/
    Sondern echte Mucke mit Herz und 'n paar Batterien/
    Arschtritte für Rapper, Bars, richtige Bretter/
    Natürlich Nachrichten und Wetter – das volle Programm/
    "
    (Abroo auf "On Air (Intro)")


    Kaum "on Air", wird sofort deutlich, dass man keine allzu positive Position gegenüber massentauglichem Mainstreamrap und dessen Künstlern bezieht. Was ein echter "Piratensender" ist, hisst also sofort die "Totenkopfflagge" und schreibt sich eine gewisse "Anti-Einstellung" auf die Fahne, die man bewusst entgegengesetzt derer wehen lässt, die sonst so im Wind flattern. Statt einer haltlosen Antipathie, einfach nur des Protestwillens wegen, liefern die Antihelden jedoch eine Vielzahl gut begründeter Argumente, die von Kritik an fragwürdigen "Szeneauswüchsen" bis hin zu sozialkritischen Themen reichen, die Faust zu heben und sich als Antiheld zu bekennen. Genickt wird dabei nicht nur aus Zustimmung zu dem, was die beiden Rapper abliefern, sondern auch zum Takt des von 7Inch produzierten Beats und der eingängigen Hook. Neben der Unterstützung seiner Zuhörer erhält der "Piratensender" Beistand von diversen nationalen sowie internationalen Künstlern, wie etwa Headtrick und Nekst86 auf "WTF?!" und "Zeit zu beginnen", oder OGC-Member Louieville Sluggah und Mars. Während das ehemalige NewDEF-Mitglied Nekst86 durch schnellen Flow und Kraft in der Stimme überzeugt, beweisen Sluggah und Mars, dass deutscher und amerikanischer Rap thematisch sowie klanglich großartig miteinander harmonieren, wenn sie die Antihelden auf "T.O.O.T.A." unterstützen. Der dazu produzierte Beat des Kölners LGP wirkt durch jede Menge Sound fast ein wenig überladen, jedoch ohne die Stimmen der Interpreten untergehen zu lassen, was das Ganze dann doch verzeihbar macht. Dass der Producer auch anders kann, beweist er mit dem Beat zu "In the Nightlife": Während der Bridges zwar ähnlich wie "T.O.O.T.A" regelrecht "voll gestopft" mit Sound, wird der Beat hier während der diversen Rapparts auf wenige Töne reduziert. Wenn Namen wie R.A. the Rugged Man, JAW und Morlockk Dilemma, teils amüsant, teils kritisch vom Nachtleben und den damit verbunden Aspekten von Sex, Gewalt und Drogen berichten, hält sich der Beat aber verständlicherweise und aus gutem Grund etwas zurück. Dass aber nicht nur in Sachen Rap, sondern auch beattechnisch einige bedeutende Namen vertreten sind, hören wir spätestens, sobald Shuko seine "Hände" im Spiel hat. Boombap wechselt sich hier mit einem Udo Jürgens-Sample ab, dessen Inhalt SirQLate und Abroo von der Metapher "Meine Lieder sind wie Hände, die ich allen reichen möcht'" um diverse weitere Wortspiele und Bilder erweitern.


    "Meine Lieder sind wie Hände, 's hagelt Ohrfeigen, Backpfeifen/
    Schwachsinn – ich sollte das Blatt zerreisen/
    Besseres Fingerspitzengefühl, da ich nun echt aufpasse/
    Ihr kriegt den Mittelfinger, wie die rechte Maustaste/
    "
    (Abroo auf "Hände")


    Wenn DJ Shortys "Hände" zum Einsatz kommen und die Zeile "I don't want fans that don't know who G Rap is" von R.A. in sanfte Pianoklänge scratchen, dann aus gutem Grund. Denn genau dieser Kool G Rap philosophiert gemeinsam mit den Antihelden auf "Tag der Veteranen" darüber, inwieweit junge Rapfans den Urgesteinen der Szene noch Respekt zollen. Die jüngsten Hörer können teils gar keinen Bezug mehr zu den Zeiten herstellen, als HipHop Lebensstil statt Einnahmequelle war, wie es auch Mortis One auf "Instinkt" beschreibt. Während auch hier hauptsächlich ruhige Töne im Vordergrund stehen, klingt der Beat zum "Totschweigen RMX" dank hellem Geklimper von ebenjenem Mortis One trotz ähnlich nachdenklicher Thematik fast positiv. Kamikaze, auf dessen Album "Kritisch aber stabil" das Original dieses Tracks zu hören war, analysiert mit den beiden "Piraten" die Gedanken der Jugend, die irgendwo zwischen finsterer Zukunft, Drogenkonsum und der Angst, ein Außenseiter zu sein, schweben. Die Außenseiterrolle kennen die Antihelden nur zu gut, wird ihnen von vermeintlichen Trendsettern und YouTube-Usern doch gerne vorgeworfen, sie "würden leider nicht ins Jetzt und Hier passen" und etwas darstellen, was früher ganz normal war, aber dank selbsternannter Szeneexperten nun als "das neue Anders" gilt. Kein Wunder also, wenn jahrelang aktive Künstler das Gefühl haben, dass die Einflüsse, welche sie auf die Szene hatten, wie "Spuren im Schnee" langsam verschwinden. Um besagte Spuren wieder aufzufrischen, wird "Zeugen des Wahnsinns"-Member Crop ins Piratenboot geholt, dessen markante Stimme mit ordentlichem Druck aus den Boxen kracht. Passend zur stimmgewaltigen Unterstützung rappt man diesmal weniger mit einem Hauch Melancholie davon, dass man fragwürdige Szeneveränderungen nicht nur beobachtet, sondern wie man sich zur Wehr setzt und auf Verursacher und Unterstützer solcher Fehltritte lyrische Bomben regnen lässt. Zum Schluss liefert jeder der Antihelden noch einen Solotitel, innerhalb derer Abroo, "der die Imagetoys ordentlich auf Trapp hält", gegen HDF-Videos und Koksrap wettert und SirQLate mit jazzigem Saxophon- und Klaviersound sowie Samples aus dem dutzende Male gecoverten "Good Morning Heartache" seiner "Hassliebe" zum HipHop Ausdruck verleiht.

    Fazit:
    Thematisch bewegt sich das Werk in einem etwas sehr geringen Radius, in dem es hauptsächlich um die Legitimation dessen geht, warum die Antihelden denn so "anti" sind und was in der deutschen Raplandschaft momentan schief läuft. Die Darstellung einer Radioshow gelingt dennoch und durch die Moderations-Skits, welche vereinzelt zwischen die Tracks gestreut wurden, erhält das über NewDEF erschienene Projekt tatsächlich einen gewissen "Piratensender"-Charakter. Nebst Anmerkungen zu den einzelnen Liedern und Künstlern wird immer wieder eine fiktive Situation angedeutet, in der sich die beiden Piraten während ihrer Sendung vor der Überwachung und einer eventuellen Verfolgung durch beispielsweise die Polizei zu verstecken haben. So tauchen beim Hören ab und an Bilder zweier Antihelden vor dem geistigen Auge auf, die in einer nahen, postapokalyptischen Zukunft mit Mikrofon und Sendegerät bewaffnet und in einer Ruine verschanzt Botschaften an die verbliebene Menschheit schicken. Was bedingt dadurch eher rauschend und eintönig klingen müsste, wird durch eine lange, vielfältige Featureliste zu einer Show, die ähnlich dem üblichen Radioprogramm für fast jeden etwas bereithält und abwechslungsreichen Hörgenuss liefert, auch wenn die Antihelden selbst teilweise aufgrund hochkarätiger Gäste auf der Strecke bleiben. Auch in Hinblick auf die Producer mit Namen wie Mortis One, Shuko, 7Inch und den Snowgoons ist jede Menge qualitativ hochwertiger Oldschool-Sound auf 15 Tracks plus Skits garantiert, der dem eingängigen Mainstreamprogramm hinsichtlich des Klangbildes in Nichts nachsteht. Dennoch werden Künstler wie Abroo und SirQLate wohl niemals im allgemeinen Hörfunk zu hören sein, was wohl aber auch nicht weiter tragisch ist, denn ein echter Antiheld kommt vielleicht nicht auf konventionellem Wege, aber zur Not eben durch einen "Piratensender" ins Ohr.



    Wobo Solagl (Daniel Fersch)

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    01. Intro
    02. Das ist D.O.P.E.
    03. No Fame
    feat. Jokaz
    05. Marty McFly
    06. Dope Beatz and Rhymez
    07. Kagawa/Globalisierung
    08. Ich steh drauf
    09. Der Struggle dominiert
    feat. Lakmann
    10. Bei Geld
    11. Mission Boombap
    feat. Abroo
    12. Serienjunkie Vol. 2
    13. 4 Real
    feat. Moment One, Blanka & Farbiga
    14. Walkman Sound feat. Rugged Rome
    15. Hoch die Tassen
    16. Jungle VIP
    17. Wat los ist
    feat. Neno, TomTom & Brenna
    18. Beschäftigungstherapie
    19. Outro


    Bei der Vergabe eines Albumtitels spielen verschiedenste Faktoren, die nicht nur von Künstler zu Künstler, sondern auch von Album zu Album unterschiedlich sein können, eine Rolle. Mal entsteht der Titel vor dem Album und gibt die Richtung an, in die sich das Klangbild bewegen wird, mal ergibt er sich als logische Konsequenz aus dem Sound oder steht einfach als Metapher für das, was der Künstler mit seiner Musik ausdrücken will. Welcher Fall bei dem von Buddi & Benson gemeinsam erschaffenen Album mit dem Titel "D.O.P.E." als Akronym für "dreckig, oldschool, Pott und echt" vorliegt, wird sich zeigen.


    "Plus die Scheibe von uns beiden, ey, wir ha'm paar heiße Eisen/
    Und bau'n damit das Gerüst, mein Freund, du siehst es schon von Weitem/
    D-O-P-E dort aus Stahlbeton am Horizont/
    Auf 'nem Sprengsatz, der die Splitter weit bis in den Orbit bombt/
    "
    (Buddi auf "Das ist D.O.P.E.")


    D und O werden uns bereits im "Intro" serviert. Samplesound und Boom Bap-Beat, gepaart mit dreckigen Scratches und Zeilen über die goldene Ära des HipHops geben die Richtung an, in die das Album läuft und liefern einen guten Einblick in das, was auf den weiteren 18 Tracks wartet. "Das ist D.O.P.E." beginnt mit Schlagzeug und Gitarre ohne zusätzliche Spielereien, was den ersten gerappten Zeilen fast einen "A capella –Charakter" verleiht, bevor der Beat von Benson dann richtig einsetzt und auch Buddi mit mehr Power in der Stimme loslegt. Von da an wird gescratcht und der Ruhrpott sowie die 90er gefeiert, was das Zeug hält. Die beiden haben eine genaue Vorstellung davon, wie guter HipHop zu sein hat und meinen deshalb, gemeinsam mit Jokaz auf "No Fame", es zähle die Frage "Was kannst du am Mic? Und nicht die Resonanz von Kindern". Des Weiteren wird zwischen Erfolg in Form von Geld und Chartplatzierung und Fame in Form von gezolltem Respekt aus der Szene unterschieden. Tatsächlichen Fame erhält man also nicht durch beispielsweise einen plötzlichen Internethype, sondern indem man ihn sich in der Cypher verdient, wie es schon in den 90ern üblich war. Da Buddi zu dieser Zeit in der Szene aber noch nicht tätig war, musste er quasi wie "Marty McFly" aus "Zurück in die Zukunft" eine Zeitreise unternehmen, um die Oldschool in die Neuzeit zu transportieren. Auf dem Benson-Beat, mit einem teilweise fast etwas störenden "Pfiff"-Sample werden, wenn Buddi seinen "Fluxkompensator mit Punchlines betankt" oder ihn "die Vergangenheit wie Biff Tannen einholt", immer wieder kleine Anspielungen auf die Filmtrilogie gemacht und mit der Oldschool-Thematik verbunden. Der Halbchinese weiß also genau, wie er seine Hörer zum Lachen bringen oder ihnen zumindest das eine oder andere Schmunzeln entlocken kann. Diese humoristische Ader führt er auch auf "Kagawa/Globalisierung" fort, wenn er auf eine sehr amüsante Art seinen Migrationshintergrund thematisiert. So rappt er davon, dass er nicht nur jede Menge Klischees erfüllt – Brille, Asiat und Informatikstudent – oder regelmäßig mit Blumio verwechselt wird, sondern auch davon, dass er die richtigen Connections für den Fall hat, dass du ein gefälschtes Splash!-Bändchen brauchen solltest.


    "Nur wenn man älter ist, ändert sich Weltansicht/
    Ich hab zwei Kids und nehm' Hände weg vom Gangstershit/
    Was soll ich packen oder alles untern'n Hut bring'/
    Nur ab und zu schaff ich's zu 'nem Videoshooting/
    "
    (Lakmann auf "Der Struggle dominiert")


    Auf einem nach Oldschool klingenden Album aus dem Westen Deutschlands, darf ein Name eigentlich niemals fehlen. So ist ein Feature von Laki Polichronidis aka Lakmann auf "D.O.P.E." im Grunde ein Muss. Mit unverwechselbar ignorantem Lakmann-Flow, wird die Ambivalenz beschrieben, die ein Leben mit sich bringt, das einen geregelten Alltag mit dem HipHop-Lebensstil verbinden soll. In Hinblick auf den finanziellen Aspekt ist HipHop nun mal ein meist wenig rentables Hobby. Dennoch hat Buddi für seine Leute immer ein paar Euro übrig, die er dann gerne auch mal verleiht. Dass "bei Geld" die Freundschaft aber auch aufhört, wird klar, wenn der Mann, der Currywurst mit Stäbchen verspeist, auf einem langsamen Boom Bap-Beat mit sanften, ruhigen Tönen davon erzählt, wie ein lange nicht zurückgezahlter Kredit das Ende einer positiven Verbundenheit bedeuten kann. Die Kohle, die dann noch übrig bleibt, wird vor allem in DVDs ("Serienjunkie Vol. 2") und Alkohol ("Hoch die Tassen") investiert. Ersteres Lied entführt uns, wie sein auf Soundcloud hörbarer Vorgänger, in die Welt eines Menschen, der viel Zeit investiert, um von "Breaking Bad" über "Sons of Anarchy" bis zu "X-Diaries" jede erdenkliche Serie zu sehen. "Hoch die Tassen" dagegen lädt uns zu einer gemütlichen Kneipenrunde ins "Old Dreams" ein, wo Buddi neben jeder Menge alkoholgetränkten Zeilen auch eine gesunde Portion Ruhrpott-Charme ausschenkt. Vielleicht ist Alkohol in rauen Mengen auch der Vater der Idee zu "Jungle VIP", einem absolut "affigen" Track. In der Rolle von King Louie aus dem Dschungelbuch krönt sich der Ruhrpottler selbst zum König der Affen und wird dabei neben einer Horde von Gorillas, Schimpansen und anderen Primaten auch von Urwaldgeräuschen, Vogelgezwitscher und Affengebrüll begleitet. Denn genau so fühlt sich der MC am wohlsten: viel redend, umgeben von vielen Menschen und einer ordentlichen Geräuschkulisse, während er nur äußerst ungern allein ist, wie er auf "Beschäftigungstherapie" verrät. Trotzdem bleibt er für das "Outro" stumm, sodass der jazzige Klang des Beats und somit allein Benson Beatz im Mittelpunkt steht, um dem Hörer die Möglichkeit zu geben, auch ihm noch einmal vollen Respekt zu zollen.


    Fazit:
    Ein MC, ein Producer, ein gemeinsames Ziel, formuliert in vier Worten: dreckig, oldschool, Pott, echt. Dreckige Scratches und oldschool-Boom Bap-Beats mit diversen zusätzlichen Instrumenten wie Schlagzeug, Gitarre und Klavier. Golden-Era-Thematiken und Features wie Lakmann und Abroo sowie charmante, teils etwas rustikale Ruhrpott-Attitüde ohne jegliche Höhenflüge oder unnötige Representertracks. Ziel erreicht. Letztlich lässt sich das Ganze einfach, wie selten ein Album, zusammenfassen. Hier ist "D.O.P.E.", die Beschreibung des Klangbilds, die Konsequenz aus dem, was die Interpreten abliefern und die schlichte aber umfassende Beschreibung der Künstler selbst. Sprich: Buddi & Benson sind "D.O.P.E.".



    Wobo Solagl (Daniel Fersch)

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    01. Intro
    02. Bereue nichts
    03. Weisheit auf Papier
    04. Halt die Fresse
    05. Lass mich fliegen
    feat. Sarah Christie
    06. Vergessen wie sie hieß
    07. Kein Morgen
    08. Genug
    09. Abschied
    10. Atlantis
    11. Sich finden feat. Nedey
    12. Flut
    13. Gesichter
    14. Was verheimlichst Du
    15. Phantomschmerzen
    16. So leer
    feat. Sarah Christie
    17. Jenseits von Jedem


    Unter dem Begriff "Tai-Chi" versteht man eine alte chinesische Kampfkunst, die sich heutzutage in abgeänderter, weniger auf den Kampf, sondern hauptsächlich auf Meditation ausgelegter Form weltweit hoher Beliebtheit erfreut. Ihr Ziel ist es, Gelassenheit und Ruhe für den Tag zu sammeln. Auch Namensvetter Taichi scheint mit der Zeit weniger aggressiv, stattdessen ruhiger und gelassener, vielleicht sogar etwas reifer geworden zu sein. Das Ergebnis dieses Reifeprozesses manifestiert sich nun in der Vollendung seiner EP-"Trilogie", bestehend aus "Verblendung", "Verdammnis" und der Anfang März erschienenen "Vergebung".


    "Licht aus! Stopp den Atem! Ich will kurz mal in mich geh'n/
    Augen auf! Die Vergangenheit ist wie vom Wind verweht/
    Und ob ich dahinter steh'? Ja, hinter jeder Zeile/
    Doch ich seh' jetzt vieles anders, weiß, dass ich nicht fehlerfrei bin/
    "
    (Taichi auf "Intro")


    Bereits das "Intro" deutet die Entwicklung des Berliners aus dem Stadtteil Zehlendorf an, die auf "Bereue nichts" weiter ausgeführt wird. Aimo Brookmann scheint erwachsener geworden, blickt in die Zukunft, jedoch ohne dabei seine Vergangenheit von sich zu weisen. Er sagt von sich, dass er alles richtig gemacht habe. Er will damit aber keineswegs behaupten, keine Fehler zu begehen, sondern akzeptiert seine Fehltritte, lernt daraus und versucht vernünftig damit umzugehen. Diese Vernunft spiegelt sich auch in "Weisheit auf Papier" wieder. Begleitet von sanften Klavierklängen setzt sich der Rapper auf recht erwachsene Art mit dem Thema des Glaubens auseinander. Taichi spricht von seiner persönlichen Ansicht und den eigenen Gedanken zur Thematik, kommt dabei jedoch ganz ohne heftige Wetterei gegen Kirche oder Religion aus, wie man sie sonst oftmals auf solchen Tracks zu hören bekommt. Nach all den ruhigen Klängen, mit denen die "Trilogie" beginnt, kündigt der Titel "Halt die Fresse" eine deutlich härtere Gangart an, was sich bereits in den ersten Takten des Beats und kurz darauf auch in Taichis aggressiver Stimme bestätigt. Neben diversen Angriffen auf die seiner Meinung nach fehlgeleitete Szene allgemein lässt er sich sogar zu einem neuen Seitenhieb gegen Favorite samt Labelkollegen hinreißen und holt somit ein Kriegsbeil hervor, das vor einiger Zeit angeblich begraben worden war.


    "Ich hab' meinen Mann gestanden, Favorite meine Hand gereicht/
    'Du bist viel größer, als ich dachte', hat der kleine Punk gemeint/
    Und es war Angstschweiß, behaupte nicht das Gegenteil/
    Du kommst gegen Felix Blume an, aber nicht gegen Tai/
    "
    (Taichi auf "Halt die Fresse")


    Die Fähigkeit zu vergessen, über welche Taichi in Hinblick auf Streit und Hass also scheinbar nicht verfügt, besitzt er hinsichtlich des gegenteiligen Gefühls, sprich: der Liebe, jedoch schon – zumindest, wenn man seinen Worten auf "Vergessen wie sie hieß" Glauben schenkt. Auf einem Beat, der sich erst während der ersten Rapstrophe vollständig aufbaut, philosophiert er über eine verlorene Liebe und das Gefühl, sich eines Tages darüber bewusst zu werden, dass man diese letztlich vergessen hat. Hierbei zeigt sich auch sein Talent, nie allzu pathetisch zu werden, sondern auch solch emotionale Themen mit einer gewissen Nüchternheit zu vermitteln. Selbiges kommt auch auf "Kein Morgen" zum Tragen, welches ebenfalls vom Verlust der Liebe handelt, aber immer wieder gekonnt zwischen leisen Klängen und harten Rockelementen wechselt und dem Track in sich eine gelungene Abwechslung verleiht. Nicht ganz so gelungen ist hierbei jedoch der letzte Part, auf dem Taichi seine Stimme dem Takt etwas zu exakt angleichen will und aus seinem Redefluss eine recht holprige, "abgehackte" Angelegenheit macht, wie es auch auf dem Großteil des sehr unruhigen Beats von "Atlantis" der Fall ist.


    "Blonde lange Haare, top gestylet, Sport und kaum was essen/
    Als Belohnung schenken ihr die Typen sofort Interesse/
    Und sie kann nicht ohne leben, ist wie atmen für sie/
    Doch bleibt nie steh'n, aus Angst, was kommen könnte, wartet sie nie/
    "
    (Taichi auf "Gesichter")


    Neben einer Fülle an Tracks voller Selbstreflexion, Status in der Szene und verlorener Liebe wartet "Trilogie" auch mit einigen Liedern auf, in denen der Künstler in die Rollen anderer schlüpft und beziehungsweise oder deren Geschichten erzählt. So beschreibt er auf "Gesichter" das Leben einer Frau, die, gefangen in einer oberflächlichen Welt, auf der Suche nach ihrer Identität ist, was ihr trotz diverser Neuanfänge nicht zu gelingen scheint. "Was verheimlichst du" erzählt von einem Mann, der glaubt, betrogen zu werden, was nicht nur durch ein überraschendes Ende, sondern auch durch das, per wiederholtem Wechsel der Stimmlage von ruhig auf gereizt, gut dargestellte Gefühls- und Gedankenchaos besticht. Unterschiedlichste Stimmlagen und verschiedene Sprechtempi verleihen auch der Story von "So leer" einen besonderen Reiz, indem sie die Situation eines Mannes verdeutlichen, der um Fassung ringt, als er den Umstand begreifen muss, seine Frau ermordet zu haben. Dass es durch Taichis schnellen Flow hier nicht immer einfach ist, seinen Worten zu folgen, überträgt die Verwirrung und Orientierungslosigkeit des Mörders auf den Hörer und bildet zudem einen Kontrast zu der langsamen, wohlklingenden Gesangshook von Sarah Christie, welche zuvor bereits auf dem Track "Lass mich fliegen" zu hören ist. Ob das Weckerklingeln am Ende bedeutet, dass die Geschichte nur ein Traum war, bleibt der Fantasie des Hörers überlassen, bildet aber allemal ein Zeichen dafür, dass Taichi aus den unterschiedlichen Rollen wieder zurück zu seine eigene Person kehrt und "Trilogie" mit "Jenseits von Jedem" und fast versöhnlichen Tönen abschließt.


    Fazit:
    Wie die fließenden Bewegungsabläufe beim Tai-Chi gehen auch die drei EPs gut ineinander über und wurden auf "Trilogie" erfolgreich zu einem Werk gebündelt. "Verblendung", "Verdammnis" und "Vergebung", betitelt nach der "Millennium"-Trilogie von Stieg Larsson, behandeln inhaltlich hauptsächlich zwischenmenschliche Beziehungen, das Verlieren und Vergessen von Liebe und das allmähliche Schöpfen neuer Hoffnung. Es gelingt Taichi auf vereinzelten Tracks durchaus, diverse Aspekte zu verdeutlichen und sogar extreme Situationen herauszufiltern, wie es etwa in "So leer" der Fall ist. Trotz allem geht neben solchen Ausnahmen eine Vielzahl an Liedern dadurch unter, dass nur wenig Text beim Hörer hängen bleibt oder sie sich inhaltlich zu stark gleichen, was auch in Hinblick auf die instrumentale Untermalung zu erwähnen ist. Ruhige, oft mit Klavier und Streichinstrumenten unterstützte Töne mit der einen oder anderen Abwechslung sorgen zwar für ein einheitliches, hauptsächlich deepes Klangbild, welches sich gut um die emotionalen, melancholischen Texte legt, verleihen der "Trilogie" jedoch auch monotone Züge. Vielleicht spiegelt sich darin aber auch ein Stück mehr Gelassenheit und Ruhe, das Taichi gefunden hat, um nun neue Projekte anzugehen.



    Wobo Solagl (Daniel Fersch)

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    01. Anfangsstadium
    02. Schlangen sind giftig
    03. Vogelperspektive
    04. Wahre Liebe
    05. Ohne Gewähr
    06. Esperanto


    Seit Kurzem ist Rapdeutschland um ein Release reicher, denn Megaloh veröffentlichte sein Album "Endlich Unendlich", von dem zuvor schon gesagt wurde, es könne Mega vollends in der Elite der Rapper hierzulande etablieren. Auch wenn der Sohn eines Holländers und einer Nigerianerin mit diversen Projekten und Releases immer wieder von sich Reden machte, beträgt die Zeitspanne zwischen seinem ersten Album "Im Game" und diesem nun immerhin fast acht Jahre. All jenen, die noch nicht wissen, ob sich der Kauf seines neuen Werks lohnen würde, bietet Megaloh mit dem Mixtape "Auf Ewig", welches er zum Gratis-Download ins Netz stellte, die Möglichkeit, sich von seinem Talent zu überzeugen.


    "Die Zeit ist reif für den neuen Scheiß/
    Ich chill' mit Max als wär’ ich Freundeskreis/
    Mega – selbst der Teufel sagt: der Boy ist heiß/
    Tight klingende Rapstimme, ein Wille, sechs Sinne/
    Sei mit dabei, während ich's live und direkt bringe/
    "
    (Megaloh auf "Anfangsstadium")


    Die Quintessenz des gesamten Mixtapes wird im Grunde bereits in der ersten von Megaloh gerappten Zeile deutlich. Die von Lakmann entliehene Line findet sich exakt so auch im ursprünglichen Creutzfeld & Jakob-Track "Anfangsstadium" wieder, ist aber heute wie damals aktuell und gilt wohl vermutlich "auf ewig". Rap-Geschichte wird hier in Form der Beats von sechs absoluten Deutschrap-Klassikern gepaart mit neuen Megaloh-Texten in die Gegenwart geholt und verdeutlicht somit, dass sowohl Inhalt als auch Sound von damals auch heute noch vollkommen zu begeistern wissen. So nutzt Mega nicht nur die Instrumentals, sondern bezieht sich auch innerhalb seiner Texte des Öfteren auf die ursprünglichen Lieder, wenn er beispielsweise auf "Schlangen sind gifitg" meint wie Salvador Dalí zu malen, der auch von den Stieber Twins im Original erwähnt wurde, oder mit der Zeile "Chris hat's ja schon gesagt: Schlangen sind giftig" direkt auf Luxus Chris zu sprechen kommt. Kenner der Originale können also immer wieder Anspielungen und "recycelte" Strophen heraushören, was den Spaß am Hören von "Auf Ewig" noch mal steigert und eine weitere Brücke zwischen damals und heute schlägt. Trotz vieler solcher Gemeinsamkeiten gelingt es Megaloh dennoch, ganz eigene Tracks zu generieren, sodass seine Version von "Vogelperspektive" sich nicht zuletzt durch seine markante Stimme und textliche Raffinesse vom Eins Zwo-Titel deutlich unterscheidet.


    "Opfergaben auf dem Altar/
    Weihrauch importiert über die Straße von Gibraltar, Alter/
    Sitz' unter Palmen in El Palmar/
    Spiel Halma, kalte Coke, frischer Kalmar/
    Lass' sie wissen, ich bin bald da/
    Schein unausschaltbar/
    Reim unaufhaltbar
    "
    (Megaloh auf "Vogelperspektive")


    Hier finden sich also weder einfallslose Cover-Versionen noch billige Parodien auf Kosten der vergangenen Rap-Ära, sondern gelungene Neuinterpretationen, denen auch die ursprünglichen Producer und Interpreten wie etwa Curse durch diverse Shoutouts zwischen den einzelnen Stücken ihren Respekt zollen. Im Vorwort zu "Esperanto" von Max Herre heißt es sogar "Ich übergeb' meinen Staffelstab/ Mega, mach es klar", was die Hoffnungen verdeutlicht, die auf dem aus Moabit stammenden Rapper ruhen. Gleichzeitig ist es wohl auch eine Anspielung darauf, dass Megaloh seit Juni 2011 beim Herre-Label Nesola unter Vertrag steht. Auch bei diesem letzten Titel harmonieren die hellen Klänge des Beats wunderbar mit der tiefen, dunklen Stimme des Rappers und sorgen für einen stimmigen, ruhigen Abschluss.


    Fazit:
    Ghanaian Stallion, seines Zeichens Live-DJ von Megaloh, hat dafür gesorgt, dass alle Instrumentals fließend ineinander übergehen, sodass alle Tracks zu einem Gesamtkunstwerk verschmelzen und ein nostalgisches "Tapegefühl" entsteht. Der Download besteht aus keinen Einzeltracks, sondern einer einzigen, knapp 15-minütigen Audiodatei, wodurch man teils an das Vor- und Zurückspulen von Kassetten erinnert wird, wenn man einen speziellen Titel oder eine besondere Stelle hören möchte. Das Konzept des Mixtapes ist also perfekt umgesetzt worden und ermöglicht vielleicht nicht nur, alte Klänge in die Gegenwart zu holen, sondern lässt es den ein oder anderen Hörer auch in die Vergangenheit schweifen. Wer Dank "Auf Ewig" jetzt erst recht auf den Geschmack gekommen ist, kann sich darüber freuen, dass mit "Endlich Unendlich" die Zeit bereits reif für den neuen (Megaloh-)Scheiß ist.



    Wobo Solagl (Daniel Fersch)

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    01. Cloud Noire
    02. Hollywood
    03. Tote Poeten feat. Tweazy Cortex
    04. Galaxie
    05. Alles ist gut feat. Grebush & Luisa Skrabic


    Die VBT Splash!-Edition 2013 lud zur Qualifikation ein und die Rapper folgten dem Aufruf zahlreich. In hunderten von Videos versuchte man durch Aufzeigen des mehr oder minder vorhandenen Raptalents später einen der begehrten Plätze auf dem Turnierbaum zu ergattern, um sich im Achtelfinale dem ersten Gegner stellen zu können. David Losch aka DLG fand seinen ersten Gegner jedoch bereits in der Qualifikationsrunde in Form des Producers des von ihm verwendeten Instrumentals. Nach einer kurzen Meinungsverschiedenheit einigte man sich darauf, dass der Dortmunder das Video zumindest bis zum Beginn des Turniers auf YouTube präsentieren dürfte, da ihm angeblich die Rechte an besagtem Beat fehlten. So zogen schon vor dem Startschuss dunkle Wolken an DLGs VBT-Horizont auf. Wolken, wie sie auch im Titel seiner im Dezember letzten Jahres erschienen "Cloud Noire"-EP zu finden sind.


    "Mein HipHop, meine persönliche JUICE-CD/
    Dead Poets Society, ich trage das Crew-Emblem/
    Auf meinem Herzen, wenn ich dann nachts nach draußen geh'/
    AreDo, niemand außer ihr könnt mein' Traum verstehen/
    "
    (DLG auf "Tote Poeten")


    Bereits auf dem Titeltrack verdeutlicht der Rapper seine technische Begabung durch einen recht schnell gerappten Part und erschafft gemeinsam mit Exzact, welcher die gesamte EP produzierte, durch Klang und Inhalt eine düstere Atmosphäre. DLG stellt klar, dass er weder mit der Rapszene noch der Gesellschaft vollkommen zufrieden ist. Er beansprucht eine gewisse "Trueness" für sich, was aber vollkommen legitim erscheint, da es auf "Cloud Noire" keine erfundenen Gangstergeschichten oder dergleichen gibt, sondern die nüchterne Darstellung der dunklen Wolken, die am Horizont eines jeden auftauchen können. So führt er auf "Hollywood" genauer aus, dass jeder Mensch sowohl positive als auch negative Phasen in seinem Leben durchschreitet und man sich dessen bewusst werden muss, um nicht zu scheitern. Begleitet von einer eingänigen Hook fließen auf einem hauptsächlich mit dem Klavier eingespielten Beat auch DLGs eigene Erfahrungen ein, die ihm gezeigt haben, dass nur der verliert, der aufgibt und im Umkehrschluss nur wer wagt, auch gewinnt.
    Als stünde die EP selbst als Metapher dafür, dass sich, wenn man nur lange genug dafür kämpft, die dunklen Wolken auch wieder lichten können, ist ab "Tote Poeten" eine deutliche Hebung der Stimmung auf der EP bemerkbar. Der Track zeichnet sich, im Gegensatz zu den zwei vorherigen, relativ ruhigen Musikstücken, durch seine rockigen Elemente und das Feature von Tweazy Cortex aus, der ebenso wie DLG und Exzact Teil der Gruppe Dead Poets Society ist. Sowohl DLG als auch sein Featuregast überzeugen hier und vor allem Ersterer beweist, dass er nicht nur auf ruhigen Beats zu beeindrucken weiß.


    "Alles ist gut – so wie es jetzt ist, kann es für immer sein/
    Denn alles ist gut, alles ist gut – auch wenn wir zuletzt sind, hier scheint die Sonne rein/
    Ich lass' mich nicht mehr blenden von den schlechten Dingen/
    Wir könn' unser Glück nicht einfach so erzwingen/
    Alles ist gut, alles ist gut – so wie es jetzt ist, wird es für immer sein/
    "
    (DLG, Grebush & Luisa Skrabic auf "Alles ist gut")


    Ein weiteres Dead Poets Society-Mitglied und einziger Producer neben Exzact auf der EP ist Kenika durch seinen Beitrag auf "Galaxie". Das Liebeslied schlägt zwar wieder deutlich ruhigere Töne als "Tote Poeten" an, ist mit seinem positiven Inhalt aber ein weiterer Schritt in die sich merklich bessernde Grundstimmung der "Cloud Noire"-EP, die ihren Höhepunkt letztlich in "Alles ist gut" erreicht. Im Vergleich zu den vorhergehenden Tracks ein regelrechtes Feuerwerk der positiven Gefühle, was neben DLGs schnellem Flow auch dem Beat, der schon nach den ersten paar Tönen als "Kopf hoch"-Beat identifiziert werden kann, zu verdanken ist. Durch die gesangliche Unterstützung von Grebush und Luisa Skrabic erhält das Lied eine Hook, die sich kaum stärker von dem beinahe monotonen Refrain des Titeltracks unterscheiden könnte und zeigt, dass spätestens jetzt auch die letzten dunklen Wolken verschwunden sind.


    Fazit:
    Mit fünf Tracks mag die "Cloud Noire"-EP vielleicht etwas kurz geraten wirken, weist aber dennoch eine gewisse Vielfältigkeit auf. Sie stellt eine Klimax der Stimmung dar, die vom Aufziehen der finsteren Wolken bis zu ihrem Verschwinden reicht. So gelingt es DLG, einem gewissen roten Faden treu zu bleiben und dennoch sehr unterschiedliche Lieder auf einem Werk zu kombinieren. Dem Dortmunder mag der Einzug in die VBT Splash!-Edition zwar nicht gelungen sein, doch wer, wenn nicht er, weiß, dass sich solch dunkle Wolken schnell wieder verziehen können?



    Wobo Solagl (Daniel Fersch)

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    01. Intro
    02. WWW
    03. Noize
    04. Tiefenrausch feat. Zylle
    05. Weltbilder feat. Simao Capitao
    06. All In
    07. Herrbeat
    08. From Brooklyn 2 Munich feat. Louis Logic
    09. Dreh den Beat auf
    10. Was du willst
    11. U
    12. Und Feb
    13. O' zapft is
    14. Einundzwanzig Leben
    15. Shout's aus


    Bei der schieren Masse deutscher Rapkünstler und Releases heutzutage ist es für Newcomer nicht unbedingt immer einfach, sich durch Neues zu etablieren. Die meisten Thematiken sind bereits behandelt, so gut wie jeder Style verwendet und jedes Image vergeben. Auch der Weg des niveauvollen, gesellschaftskritischen Raps wird bereits von vielen Künstlern beschritten, sodass es schwer ist, durch Innovation zu glänzen. Doch das Rad muss nicht immer neu erfunden werden, um gut zu klingen. Ähnlich verhält es sich mit dem Debütalbum des Münchner Rapduos Herrbeat & Feb, "Eat My Words".


    "Wenn die Welt 'ne Scheibe ist, dann schmeiß' ich einen Dartpfeil/
    Getragen von der Lüge sitzt ein Kobold auf dem Drahtseil/
    Wenn das dann mal reißt – was dann? – dann gibt's Napalm/
    Für alle, die nur 'Ja' sagen – bestätigt nur das Blabla/
    "
    (Herrbeat auf "Weltbilder")


    Bereits "WWW" lädt dank herausragender musikalischer Untermalung schnell zum Mitnicken ein. Dabei sinnieren Herrbeat & Feb, anders als der Titel zunächst vermuten lässt, nicht über das "world wide web", sondern über die W-Fragen des Lebens: "Wer? Wo? Wann? Was? Wie? Warum?" Hier zeichnet sich auch schon eines der eher störenden Merkmale der beiden Münchner ab, da ihre Texte oftmals fast schon kryptisch wirken und ihre Aussage aufgrund schwer verständlicher Metaphern teils verborgen bleibt. So klingt auch "letztens, da war alles beim Alten wie neulich" als Antwort auf die Frage, was es denn "Noize" gäbe, zunächst etwas verwirrend und umständlich, tut dem sehr entspannten, jazzigen Sound des Tracks jedoch nur wenig Abbruch. Wie in fast jedem der Lieder auf "Eat My Words" lassen sich auch hier teils gesellschaftskritische Inhalte finden, auch wenn sie nicht immer so deutlich wie beispielsweise auf "Tiefenrausch" sind. Der Track mit der etwas experimentellen und gewöhnungsbedürftigen, aber trotz allem irgendwie eingängigen Hook handelt von den negativen Seiten der Konsumgesellschaft und der Dröhnung, die jeder durch die tagtägliche Eindrucksflut erfährt. Wem diese Hook zusagt, der wird sich wohl auch über den ebenso ungewöhnlichen wie eingängigen Refrain von "All in" freuen, in dem ein kritischer Blick auf urbane Erlebnisse und den Großstadtdschungel gerichtet wird.
    Dieser thematische rote Faden des kritischen Inhalts zieht sich – etwas zu strikt – auch durch "Was du willst" und "U", wobei bei ersterem Track auf einem entspannten Beat über die negativen Seiten des Geldes gerappt wird, während auf dem zweiten ein ruhiger, klavierlastiger Sound verwendet wird, um zu analysieren, was weltweit so im Argen liegt. Der Großteil des Albums ähnelt sich sowohl thematisch als auch vom von DJ Fine, Elemental Beats und Drum Addict produzierten Sound her so sehr, dass man fast glauben könnte, Herrbeat & Feb verfügten nur über ein recht eingeschränktes Repertoire, auch wenn "O' zapft is" ein wenig Variation einbringt.


    "Mehr als dreitausend Sprachen, unter weißblauen Fahnen/
    Am Parkplatz ein schwarzgelber Reisebus aus Japan/
    Blitzlichtgewitter, Altweibersommernacht/
    Tische sind trittfest, Sitzplätze gibt's nicht, wo rollt das Fass/
    Vorbei am Teufelsrad, rüber zum Bräustüberl/
    Komm mach den Maßkrug voll/
    "
    (Herrbeat auf "O' zapft is")


    Auf einem Bierzelt-Partybeat geben die beiden Münchner ihre Oktoberfest-Erfahrungen zum Besten und kreieren eine Schunkelhymne, die sich in jeder Hinsicht vom restlichen Album unterscheidet. Der vor Partystimmung und guter Laune sprühende Track sorgt für zumindest ein Highlight auf "Eat My Words" und zeigt, dass das Rapduo mehr als nüchterne Alltagsdarstellung beherrscht, obwohl es nur selten davon abweicht. Neben den vielen kritischen Blicken auf gesellschaftliche und urbane Probleme sorgt dieser Track für eine ausgelassene, leichtere Thematik und bringt einen frischen Kontrast ein.


    Zwei knapp einminütige Instrumentals sorgen für weitere, wenn auch nicht sehr große Abwechslung beim Hören des Albums, während "From Brooklyn 2 Munich" mit dem US-Feature Louis Logic durch einen Doubletimepart von Feb am Ende von einer gewissen technischen Fähigkeit zeugt. Zum Schluss werden diverse Schicksale kurz umrissen und dargestellt, ohne dass jedoch der moralische Zeigefinger ausgepackt oder man erneut zu gesellschaftskritisch wird. Man erzählt auf "Einundzwanzig Leben" schlicht und einfach von "Geschichten, die das Leben schreibt", bevor sich Herrbeat & Feb auf "Shout's aus" bei ihren Freunden, Familien und Mitwirkenden bedanken, was für den Außenstehenden vielleicht nicht immer unbedingt von Interesse ist, aber einen netten Abschluss bildet.


    Fazit:
    Das einheitliche Klangbild sowie die recht ähnlichen Themen, die sich hauptsächlich auf urbanes Storytelling beschränken, verleihen dem Album einen etwas eintönigen Charakter. Teils sinnfrei scheinende Textstrophen sorgen zudem dafür, dass es manchmal schwer fällt, den Liedern zu folgen oder deren Inhalt vollständig zu erfassen. Dank "O' zapft is" gewinnt "Eat My Words" gegen Ende jedoch noch einige Facetten hinzu, sodass daraus ein kurzes und angenehm hörbares Album wird, das vielleicht nicht unbedingt viel Originalität aufweist, aber dennoch keinesfalls schlecht klingt.



    Wobo Solagl (Daniel Fersch)

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    01. Sex und Gewalt
    02. Hemd voller Sperma
    feat. Koljah
    03. Sachzwang feat. Prezident & Me$$age
    04. Fotomodell
    05. Klickklackbumm
    06. Arzttonne
    feat. Arbok 48 & Daniel Gun
    07. Fickbeschaffung


    Bonus-Track:
    08. Mundfick Extrem


    Während sich heutzutage viele Rapper mit dem Vorwurf konfrontiert sehen, ihre Releases so poppig zu gestalten, dass sie eine möglichst breite Masse ansprechen und somit hohe Verkaufszahlen erzielen, findet sich ab und an auch eine Neuerscheinung, deren Interpret anscheinend genau das gegenteilige Ziel erreichen möchte. Alben, die man in den CD-Regalen etablierter Läden vergebens sucht. Die man wohl höchstens in einem versteckten, dunklen Kuriositätengeschäft findet, wo sie von einem verschrobenen, alten Greis mit der Warnung, dass sie verflucht seien, aus einer staubigen Schatulle hervorgeholt werden. "Räuberpistolen" von Illoyal und BassDeaph ist genau ein solches Release. So gilt hier – wie für viele Illoyal-Werke – dass man das Ganze als grotesken Mist ohne Rhythmus und Flow abtun oder darin das geglückte Experiment sehen kann, eine EP zu schaffen, die zwar bewusst viele Klischees bedient, aber dennoch nicht nur weit ab vom Mainstream, sondern jenseits jeglicher Sparte steht.


    "Du bist umso cooler, je größer der eingeführte Gegenstand in deiner Harnröhre/
    Ich schaffe immerhin die kürzere Seite einer Panflöte/
    "
    (Illoyal auf "Sex und Gewalt")


    Bereits das leicht verstörende Intro macht dem Hörer sofort klar, dass ihn hier alles andere als gewöhnlicher Deutschrap erwartet. Die etwa einminütige Audiosequenz klingt, als würden Chip und Chap ihre sadistische, mörderische Ader ausleben und verleiht einen ersten Eindruck vom gesamten Werk. Mit "Sex und Gewalt", dessen Titel auch als kurze Zusammenfassung der kompletten Thematik von "Räuberpistolen" gesehen werden kann, wird das verstörende Gefühl aus dem Intro dann weitergetragen. Ein Beat, der irgendwo zwischen Dschungelatmosphäre und Klangtherapie liegt und mit einem durchgehenden Plattenknacken durchzogen ist, dient als Plattform für unterschiedlichste Phrasen, deren Inhalte stets eng mit dem Titel verknüpft sind. Das von Illoyal aus dem Film "Der Baader Meinhof Komplex" frei zitierte "fucking and shooting are the same" als Paradigma aller Tracks lässt die beiden Themenschwerpunkte "Sex und Gewalt" immer wieder fließend ineinander übergehen. Alles andere als fließend sind jedoch die Übergänge der verschiedenen Titel, wenn auf den beruhigenden, fast hypnotischen Beat mit "Hemd voller Sperma" etwas folgt, das wie der Versuch klingt, einen Boom Bap-Sound auf Metallschrott zu kreieren. Den zweiten Part liefert hierbei Koljah, der den Rhythmus des Beats fast vollkommen zu ignorieren scheint und seinen Part rücksichtslos teils rappt und teils spricht. Das Prezident- und Me$$age-Feature "Sachzwang" legt neben den zwei bereits erwähnten Grundthematiken von "Räuberpistolen" auch einen besonderen Wert darauf, sich medienmanipulierter Mainstreamrapper und -hörer zu erwehren und entledigen.


    "Ja, krass, deine Vorstellung von einem echten Mann deckt sich exakt/
    Mit meiner Vorstellung von einem echten Spast/
    Plus: Du siehst in deiner Fubu-Wanksta-Uniform in etwa aus/
    Als kämst du von 'ner Party, auf der Jessy Pinkman Meth verkauft/
    "
    (Prezident auf "Sachzwang")


    "Klickklackbumm" bringt mit dem gefühlt ersten Beat auf "Räuberpistolen", der auch vom Durchschnitts-Raphörer als solcher erkannt werden könnte, klanglich eine gewisse Abwechslung in das musikalische Bild, wird thematisch aber erneut für Sexualpraktiken und Gewaltakte der groteskesten Sorte verwendet. Ein weiteres beattechnisches Juwel ist "Fickbeschaffung". Thematisch hauptsächlich auf Sex und dessen Konsequenzen und Folgen basierend, lässt sich eigentlich schon nach den ersten Tönen ein Hulk Hodn-Beat identifizieren. Als Abschuss könnte dies für einen Ausklang von "Räuberpistolen" sorgen, der die Verstörung durch die zuvor gewonnenen Eindrücke etwas abmildert. Da dies aber fast schon kontraproduktiv für die Wirkung des Gesamtwerks wäre, folgt mit dem Bonus-Track "Mundfick Extrem" noch etwas, das nicht nur die Wirkung des Unwohlseins zurückbringt, sondern textlich auch klarmacht, das mit "Räuberpistolen" in keinster Weise je die Absicht verfolgt wurde, zu gefallen.


    "Es ist leicht, Consciousrapper an ihre Grenzen zu bringen/
    Man braucht nur zwei unzusammenhängende Punchlines mit "denn" zu verbinden/
    Hier an dieser Stelle noch mal richtig/
    Jedes Verlangen nach konkretem Inhalt in den Lyrics ist elementar faschistisch/
    "
    (Illoyal auf "Mundfick Extrem")


    Fazit:
    Werkimmanent ist das von BassDeaph gemixte "Räuberpistolen" eine Ansammlung von größtenteils mehr als eigenwilligen Beats, gepaart mit vor Klischeehaftigkeit triefenden Texten, in denen Phrasen nicht gedroschen, sondern halb tot geschlagen werden. Da man von Illoyal und Konsorten ansonsten jedoch durchaus niveauvollere oder tiefergehende Lyrics erwarten kann, darf die EP ruhigen Gewissens als der Versuch angesehen werden, möglichst viele grausige und ekelerregende Bilder aneinanderzureihen, Klischees bis aufs Äußerste auszureizen und beim Hörer ein Unwohlsein zu erzeugen, das auch nach dem Genuss dieses Werkes erst langsam wieder abklingt. "Räuberpistolen" ist also wesentlich mehr als die Summe seiner Teile und für jemanden, der sich auf dieses Experiment einlässt, heiligt der Zweck definitiv die Mittel. Allen anderen bleibt nichts anderes übrig, als Illoyal und BassDeaph vorzuwerfen, ihr Release so gestaltet zu haben, dass es eine möglichst kleine Masse anspricht und somit geringe Verkaufszahlen erzielt werden.



    Wobo Solagl (Daniel Fersch)

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    01. Mehr als ein Superstar
    02. Angefangen aufzuhören
    03. Doppelpunktklammerauf
    04. Polaroid feat. Lance Butters
    05. Hallo, ich bin Lukas


    "Nomen est omen" oder "Namen sind Schall und Rauch" – egal, welcher Redewendung man nun mehr Glauben schenken mag, für gewöhnlich beginnt ein Mensch bei der Vorstellung seiner Person immer mit dem Namen. Auch Lucky Looks beziehungsweise Lukas tut dies, stellt sich den Leuten, die ihn noch nicht kennen sollten, aber nicht nur mit seinem Namen, sondern auch gleich mit einer fünf Tracks starken EP zum kostenlosen Download vor.


    "Ich geh' auf Facebook und schreib' Deutschrap an die Pinnwand/
    'Fick doch selber deine Mutter, man, ich finde dich behindert'/"

    (Lucky Looks auf "Hallo, ich bin Lukas")


    Die obligatorische Hassliebe zum deutschen Rap veranlasste den jungen Mann wohl, in der Szene vorstellig zu werden und prägt auch seinen Wunsch, irgendwann mit seiner Musik einen gewissen Erfolg verbuchen zu können. Dabei mag "Mehr als ein Superstar" als Einleitung zunächst vielleicht klingen, als würde der gute Lucky etwas übers Ziel hinausschießen, ist allerdings weniger ein Mittel, um sich selbst in den Himmel zu loben und als Star darzustellen, sondern wird viel mehr für etwas Selbst-, Szenen- und Gesellschaftskritik genutzt. Dennoch beansprucht der bei Bohemian Grove gesignte Rapper mit der Aussage "Dieses Tape macht mich zum Star, allein, weil ich's verdien'" einen gewissen Status für sich, was jedoch wohl eher als Zielsetzung statt als aktuelle Selbsteinschätzung zu verstehen ist. Der von Klaviertönen eingeleitete Beat zu "Angefangen aufzuhören" setzt den angenehmen Klang fort, der auf vier der fünf Tracks durch die Producerarbeit von Buskapé entstand. Thematisch basiert der Track auf kleineren Problemen des Erwachsen- oder Älterwerdens und der Tatsache, dass alles, was man anfängt, irgendwann auch wieder aufhören wird. Auch "Doppelpunktklammerauf" wird von einem Klaviersound begleitet und behandelt Probleme innerhalb einer Beziehung und der Einsicht, dass nicht jede Liebe ewig hält, ohne zu sehr ins Kitschige abzudriften.


    "Die große Liebe ist doch nur 'n Märchen/
    Und leider mehr als 'ILD' oder 'Doppelpunkt Sternchen'/"

    (Lucky Looks auf "Doppelpunktklammerauf")


    Zwar auch, aber nicht ausschließlich, aufgrund des Lance Butters-Parts ist "Polaroid" das Highlight der EP. Der von Menace produzierte Track hat sowohl im Beat, als auch in den Rapparts und der Hook deutlich mehr Druck als die anderen Lieder und lädt definitiv zum Mitnicken ein. Während Lance in seinem Text quasi das thematisiert, was sein Image ausmacht – also eine gesunde Portion "Fuck it"-Einstellung, gepaart mit "Irgendwie läuft das schon"-Ambition – umreißt Lukas eher die Schattenseiten einer so gearteten Jugend, die dadurch entsteht, dass man nicht ewig so jung bleibt. Der Titeltrack "Hallo, ich bin Lukas" ist der Abschluss der EP, in dem Lucky neben seiner Beziehung zum Deutschrap auch von sich redet und einen kleinen Einblick in sein Leben und seine Anfänge bezüglich des Rappens gewährt, ohne jedoch wirklich tief in die Thematik einzudringen.


    Fazit:
    Dass Rap nicht immer die ganz großen Probleme der Gesellschaft in all ihrer Vielschichtigkeit thematisieren muss und sich auf einer einfacheren oder simpleren Ebene bewegen kann, ohne gleich stupide zu sein, beweist die "Hallo, ich bin Lukas"-EP bestens. Auch klanglich ist das Gesamtwerk sehr angenehm und in seiner Stimmigkeit doch nie eintönig. Mehr braucht eine erste Vorstellung im Grunde auch nicht und was Lucky Looks hier abliefert, ist sicherlich ein guter erster Schritt, um sich einen Namen zu machen.



    Wobo Solagl (Daniel Fersch)

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    01. Wall of Meth
    02. Fledermausland
    03. New Kids on the Blech
    04. Superstars
    05. Schlechter Tag
    06. Pokémonkarten
    07. Selbstbefriedigung
    08. Fahrerflucht
    09. Oer-Erkenschwick
    10. Alles für ein Shirt
    11. Immer noch egal
    12. U-Bahnschläger feat. K.I.Z. & Massimo
    13. Rolf feat. Dana


    Drogenexzesse, Sex mit minderjährigen Fans, Becher voll Erbrochenem und anderen Körperflüssigkeiten: Was für die Durchschnittsboyband als Indikatoren für das Ende der Karriere gewertet werden kann, ist bei Trailerpark aka Timi Hendrix, Sudden, Basti und Alligatoah schnöder Alltag. Scharen junger Mädchen schreien und weinen hier aus ganz anderen Gründen und ein Bravo-Interview würde vermutlich mit der Entführung des Journalisten enden. Wer Zweifel daran hat, dass eine Boyband mit einem solchen Image funktionieren kann, darf sich von dem eben erschienenen Album "Crackstreet Boys 2" der vier eines Besseren belehren lassen, sofern er das Augenzwinkern, das in jedem der Texte mitschwingt, versteht.


    Zum Einstieg wird auf einem von Jack Fuh produzierten Dubstep-Beat auf "Wall of Meth" aus Gründen der "Fanbindung" ein Groupie an Bastis Bett gefesselt, von Alligatoah etwas "Ei-Liner und Gliedschatten" aufgelegt, von Sudden "Champagner in die Fotze" geschüttet und von Timi Hendrix ins Bett gekackt. Hier wird schon zu Beginn klar gemacht, dass den Hörer nicht die typischen Boybandtexte erwarten.


    "Und das Wohnmobil hat Räder verdammt/
    Doch wir können hier nicht weiter, hier ist Fledermausland/
    Und so bleib ich in der Wagenburg und lebe hier/
    Kannst du die Berge nicht erreichen, hol den Schnee zu dir/
    "
    (Alligatoah auf "Fledermausland")


    Der Titel "Fledermausland" und die von Alligatoah gesungene Hook sind eindeutige Anspielungen auf das Duke’sche Zitat aus dem Film "Fear and Loathing in Las Vegas". Besagter Film weist wohl einen ähnlichen Verlauf wie ein Trailerpark-Tourtag auf, da auch dieser scheinbar den Konsum diverser legaler wie auch illegaler Drogen beinhaltet. Ein Lebensstil, der unter anderem zu einem Lebenslauf "mit mehr Löchern als das Gesicht von Mickey Rourke" führen kann, wie Timäh dann auf "New Kids on the Blech" klarstellt. Doch trotz gewaltiger Drogenexzesse und anderer Laster sind Trailerpark dennoch bessere Menschen als ihre Fans und Hörer, da sie schließlich "Superstars" sind und somit wesentlich mehr Privilegien genießen dürfen. Das wird mit einem extrem rockigen Beat und einer Hook von Beatmasta unterstrichen.


    "Jeder Radiosender landesweit spielt unser Lied – Superstars/
    Immer wenn wir Schuhe brauchen, stirbt ein Krokodil – Superstars/
    Wir checken im Hyatt ein, zerstören uns're Suite – Superstars/
    Und bereits zum Frühstück zieh'n wir Kokain – Superstars/
    "
    (Beatmasta auf "Superstars")


    Dass das Leben jedoch auch als Superstar nicht immer rosig ist, erfahren wir in dem Lied "Schlechter Tag", das zeigen soll, dass selbst die härtesten Zeiten noch immer etwas Gutes mit sich bringen. Auf einem fast schon glücklich klingenden Beat werden tragische Situationen und Lebensgeschichten mit viel Ironie beschönigt und als halb so schlimm abgetan. Auch hier beweist Kaliba 69 wieder sein Gesangstalent in einer Hook, die verlangt, über die Tragödien von heute Morgen wieder zu lachen. Für alle, die das nicht können, sowie die kopfschüttelnden Moralapostel und Spaßverderber, denen das Augenzwinkern entgangen ist, gibt's am Ende des Tracks eine Schweigeminute, um wieder zur Ruhe zu kommen.
    Nach dieser kleinen Pause erklärt uns das romantische Arschloch Sudden dann auf "Pokémonkarten", wie man heutzutage Frauen ins Bett lockt: Gegen das Bezirzen durch Sammelkarten ist kein weibliches Wesen, weder Schlampe noch Babe, gewappnet, wie er auf einem wundervoll kitschigen Beat von Beatzarre verrät. Und sollte dies doch einmal nicht funktionieren, müsse man nur mit einem Kamehame-Ha à la Son Goku nachhelfen.


    "Komm und schnapp ihn dir, mach meine Hose auf, denn/
    Dann wird er groß, ja, so groß wie deine Augen/
    Ein Pikachu-Tattoo zeichnet meinen Schwanz/
    Baby, sei jetzt mal ein Mann, und zeig mir was du kannst
    "
    (Sudden auf "Pokémonkarten")


    Wer nicht genug glitzernde "Pokémonkarten" besitzt, um die Frauenwelt beeindrucken zu können, hat keine andere Wahl, als der "Selbstbefriedigung" zu frönen, wie es Trailerpark im gleichnamigen Track tun. Der von Alligatoah mit E-Gitarre und Co. gezauberte Beat bietet eine grandiose Rock-Plattform, um über die absurdesten Facetten der Masturbation zu rappen, was gepaart mit einer Ohrwurmhook für Hitpotenzial sorgt.
    In der Rolle eines nur wenig rücksichts- und keineswegs verantwortungsvollen Autofahrers nimmt Alligatoah uns mit auf eine "Fahrerflucht". Sonst so ordentlich, dass man ihn auf Konzerten und sogar im Wald mit einem Staubsauger antreffen kann, hinterlässt er hier auf der Autobahn eine Schneise der Verwüstung bis nach "Oer-Erkenschwick", wo diverse mehr oder minder nachvollziehbare Bitten sogenannter Fans an die Truppe thematisiert werden. Anfragen nach einem "Supertight MC"-Feature, einem Konzert auf einem Nordpolgletscher oder in "Oer-Erkenschwick" werden mit einem dezenten "NEIN!" quittiert. Im Gegenzug hat die Boyband dann aber jede Menge Shirts dabei, welche die Besucher ihrer Konzerte für einen geringen Obolus in Form der einen oder anderen kleinen Gefälligkeit erhalten. Das Einverleiben verschiedener Körperflüssigkeiten der Bandmember und diverse andere Geschichten, die sich auf Trailerparkkonzerten schon so zugetragen haben sollen, erhalten mit "Alles für ein Shirt" nun also auch ihre eigene Hymne.


    "Hast deine Ehre grad verkauft – und das alles für ein Shirt/
    Von der Stage ins Krankenhaus – und das alles für ein Shirt/
    Und ganz Facebook lacht dich aus, die Karriere ist verbaut – und das alles für ein Shirt, alles für ein Shirt/
    Du schickst deinen Vater auf den Strich – und das alles für ein Shirt/
    Und du nagelst deine Sis – und das alles für ein Shirt/
    Deine Mama wird gefickt, selbst der Labrador macht mit – und das alles für ein Shirt, alles für ein Shirt
    "
    ("Alles für ein Shirt")


    Der Track "Egal" aus dem 2011 erschienenen DNP-Album "Bis einer weint" von Basti und Beatmasta findet mit "Immer noch egal" einen Nachfolger, der ersterem sowohl qualitativ als auch in Sachen Pietätlosigkeit oder auf sonstige Weise in nichts nachsteht: Basti sieht die Dönermorde als Antwort auf den Gammelfleischskandal und fragt sich, ob es am Aussehen seiner Mutter liegen könnte, dass Conscious-Rapper sie nicht ficken wollen – und das Ganze geht dennoch wunderbar ins Ohr. Spätestens an diesem Punkt haben sämtliche Menschen, die den Trailerpark-Humor nicht verstehen, fluchtartig den Raum verlassen, weswegen es keinen Grund mehr für Zurückhaltung gibt und man getrost in die Rolle der "U-Bahnschläger" schlüpfen kann. Wer würde sich bei einer solchen Thematik besser als Featuregast eignen als K.I.Z. zusammen mit Massimo?
    Zu acht beleuchtet man verschiedenste Aspekte des "U-Bahnschläger"-Lebens und tritt alles, was sich in den Zügen und am Bahnhof so herumtreibt, zu Boden.
    Also genau dahin, wo "Rolf" schon lange angekommen ist: ganz unten und am Ende seiner Karriere. Gemeinsam mit Dana, die hier wie in einigen anderen vorangehenden Trailerpark-Liedern die Hook singt, erzählt uns Tim Jong-Il vom Ende eines abgehalfterten Musikstars und rät den zuhörenden Kindern, einen anständigen Beruf zu wählen oder es ihm gleich zu tun und einfach "Timäh" zu werden. Wie könnte ein Boyband-Album besser enden als mit einem gut gemeinten Rat an Kinder und Jugendliche?


    Fazit:
    "Crackstreet Boys 2" bietet jede Menge musikalischer Variation von dubstep- über rock- bis hin zu fast popmusikähnlichen Beats von unter anderem Gee Futuristic, Cop Dickie und Ronald Mack Donald. Eine Fülle an Thematiken von Sammelkarten bis zum Prügeln in der U-Bahn machen die CD facettenreicher als die gesamte Karriere vieler anderer Boybands. Auch auf den jeweiligen Solotracks brillieren die Bandmitglieder unentwegt mit Trailerpark-typischem Witz, der gerne unter die Gürtellinie geht, hinter dem dennoch immer eine tieferliegende Aussage steckt. Um diese zu erkennen, muss ab und an einfach mal über den Rand des Bechers voll Kotze gesehen werden. Daher verdient das Album zu Recht fünf Mics und sollte das nicht reichen, lege ich noch mein glitzerndes Pikachu der ersten Edition oben drauf.



    Wobo Solagl (Daniel Fersch)

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    01. Intro
    02. Amok feat. Imbiss Bronko
    03. Stereo Killer
    04. Bring mich ins Krankenhaus feat. Frauenarzt
    05. Sehnsucht feat. Serk
    06. Lolly mit Puls
    07. Du liebst mich feat. Bass Sultan Hengzt
    08. Unter Strom
    09. Rapcore
    10. 28 Days Lazer
    11. Freibier
    12. Outro


    Wenn ein Rapper durch Brüste auf dem Cover seiner CD Aufmerksamkeit erregen will, ist dies meist schon ein erstes Anzeichen dafür, dass besagtes Werk nicht unbedingt meinen Geschmack trifft. "Rapcore" von Atakan besitzt ein solches Cover, wobei angemerkt werden muss, dass das Album über ILM erscheint und sich Dinge, bei denen Orgi seine Finger im Spiel hat, bekanntermaßen öfter mal durch weibliche Rundungen auszeichnen (das darf jetzt jeder verstehen, wie er will). Also versuche ich zunächst, guter Dinge zu bleiben und das Album für sich sprechen zu lassen.


    Der Beat des "Intro"s, bekannt aus Sillas Album "Massenhysterie", auf dem er für den Titeltrack Verwendung fand und hier recycelt wurde, ist durchaus hörbar und ebenso wie das restliche Album beattechnisch gute, meist sehr Drum & Bass-lastige Producer-Arbeit von Serk. Leider bestätigt sich dennoch nach den ersten Tracks mein Verdacht, dass das Gesamtpaket "Rapcore" nicht wirklich das ist, was mir persönlich gefällt.


    "Ich bin der Stereo Killer/
    Mein Style geht ab wie ein Gorilla/
    Du bist wohl eher so der Chiller/
    Das hier ist ein krasser Thriller/
    "
    (Atakan auf "Stereo Killer")


    Atakans Texte basieren größtenteils auf Endreimen, von denen ich die meisten in die Kategorie "Zweckreim, um auf die Kacke zu hauen" einordnen würde, was dann an und für sich auch für die meisten Tracks gilt. Von "Amok" über "Stereo Killer" bis hin zu "Unter Strom" wird meistens davon gerappt, wie geil Atakan denn ist, dass der Hörer den Sound des ILM-Signings liebt und er die krassesten Konzerte spielt. Auch der Titeltrack "Rapcore" liefert keine wirkliche Abwechslung, wobei zumindest der Beat mit E-Gitarre ziemlich für Stimmung sorgt, die Stimme des Künstlers aber teilweise etwas unverständlich darunter verschwindet. Selbst die Tracks, die mich aufgrund ihres Titels haben hoffen lassen, dass der Künstler mir mal von etwas anderem zu berichten weiß, als davon, wie krass er ist, stellen sich nur als Selbstdarstellung auf 'ner fetten Party heraus. So hatte ich bei "Lolly mit Puls" andere Erwartungen als eine sehr beatlastige Nummer, über die einige verzerrte Zeilen gestreut werden. Auch einen Track nur um des Wortspiels Willen "28 Days Lazer" zu nennen, ohne dann tatsächlich Bezug darauf zu nehmen, halte ich nicht so für das Wahre. "Bring mich ins Krankenhaus" greift den Titel wenigstens noch in der Hook auf, dieser spiegelt sich ansonsten jedoch nicht wirklich im Inhalt der Texte wider – weder in Atakans Lyrics noch in denen von Frauenarzt. Dessen Zeilen geben mir sowieso eher das Gefühl, dass sie nur dazu dienen, seinen Namen auf der Featureliste stehen zu haben.


    "Bring mich ins Krankenhaus, bring mich ins Krankenhaus/
    16bit – deine Mama rastet völlig aus/
    Alle Pimps tanzen ab sofort den Gangsta-Walk/
    An die Bitches in der Klinik: Es gibt Dirty Talk/"
    (Frauenarzt auf "Bring mich ins Krankenhaus")


    Weitere Featuregäste sind Imbiss Bronko auf "Amok" – wobei ich hier den "Bronko-typischen" Humor vermisse – und Serk mit einer Gesangshook auf "Sehnsucht", einem Track, der sowohl einer Frau, als auch den Drogen gewidmet sein könnte, in beiden Fällen aber zumindest mal mit wirklicher Thematik aufwarten kann, auch, wenn diese aufgrund raptechnischer Schönheitsfehler wie "Du bist in mir mit einem Atemzug/ und kurze Zeit später geht es mir so gut" (Atakan auf "Sehnsucht") an Aussage verliert.
    Dann gibt es da jedoch noch "Du liebst mich" mit Bass Sultan Hengzt – für mich das Highlight des Albums. Schon als Hengzt loslegt, stelle ich erleichtert fest, dass mich hier keine Endreim-Geschichte erwartet und das Thema "Groupies" beziehungsweise "Hardcore-Fans" zumindest etwas Abwechslung in "Rapcore" bringt. Selbst Atakan beweist in seinem (vielleicht etwas kurzen) Part, dass er durchaus die Fertigkeit besitzt, einen vernünftigen Text mit mehrsilbigen Reimen zu produzieren.


    "Und wir reden über dies und das/
    Dass du mir tausend Mal auf Facebook geschrieben hast/
    Ich nie geantwortet habe – du auf Antworten wartest/
    Du kannst dir nicht vorstellen, dass 'ne Andere am Start ist/
    "
    (Atakan auf "Du liebst mich")


    Fazit:
    Auch, wenn Atakan mit "Rapcore" nicht unbedingt eine Glanzleistung abliefert, so kann man zumindest eines aus dem Album heraushören: Als Live-Act hat der Gute sicherlich einiges zu bieten. Je lauter man das Ganze hört, desto verzeihlicher werden die textlichen Schwächen und simple, eingängige Hooks, die zum Mitgrölen einladen, sind allemal vorhanden. Ansonsten sorgen die Beats von Serk und die Features (insbesondere jenes von Bass Sultan Hengzt) dafür, dass "Rapcore" trotz allem ein Album ist, das man sich anhören kann, solange man keine zu hohen Ansprüche stellt. Vielleicht konzentriert sich der Rapper bei seinem nächsten Release mehr darauf, dass die Texte auf der CD eine runde Sache werden, statt sich nur auf die runden Sachen auf dem Cover zu verlassen.



    Wobo Solagl (Daniel Fersch)

    [REDBEW]911 [/REDBEW]

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    Zitat

    Original von Reyny Rey


    8o


    Was'n? Ich mag beides :D bei HRNSHN hatte ich halt auch nach jedem Track zuerst mal so einen WTF?!-Moment und das ging mir nach dem Teil damals nicht anders.




    Außerdem scheinen manche Leute nicht ganz zu verstehen, dass "vergleichen" im Grunde bedeutet, man zeigt sowohl Gemeinsamkeiten als auch Unterschiede auf. Etwas zu vergleichen ist ja nicht das selbe, wie etwas gleichzusetzen.


    Klar, gibts deutliche Unterschiede, aber dass es eine gewisse Schnittmenge im Vergleich von KIZ und den 257ers gibt, ist ja wohl nicht von der Hand zu weisen.

    Basierend auf dem was ich zur Zeit so am meisten höre


    - JAW
    - Alligatoah
    - Morlockk Dilemma
    - Prinz Pi
    - Taktlo$$


    Doch im Grunde wechselt das eigentlich ständig, abhängig von Situation, Stimmung, neuen Releases, alten Releases, die ich zufällig mal wieder ausgegraben hab, usw.