Beiträge von Holle



    01. Beichtstuhl
    02. Klonlabor
    03. Arschpiraten
    04. Skit
    05. Kirchencore
    feat. Jason
    06. Limbus
    07. Feuerball
    08. Hell
    feat. Chris Miles
    09. Trugbild


    Mit der "Trugbild EP" hat jüngst ein weiterer bekannter VBTler quasi sein Debüt nach den Turnieren abgeliefert. Dollar John aus der Reimebude lässt sich mit einem Album noch etwas Zeit und probiert sich erstmal an kürzerer Spieldauer. Der Stil des Hamburgers ließ sich bereits in seinen Runden und vorigen Tracks erkennen: Ruppig, düster und ein wenig asozial kommt Johnny daher. So sorgte er zum Beispiel durch seine Wortwahl immer wieder für Diskussionsstoff und Kontroversen. Das komplette Soundbild Johns steht meist im Gegensatz zu Tracks seiner Crewkollegen, dem fröhlichen Beckmann oder dem arroganten 4tune. Hören wir mal rein, wie das Ganze auf EP-Länge wirkt.


    "So wenig Platz auf deinem Beifahrersitz, wie/
    Könntest du mich stehen lassen? Nein/
    Ganz alleine am Schwitzen, bei 30 Grad Hitze/
    Doch ich schwöre, wir werden sehen, wer am Ende hier der Leidtragende ist
    /"
    (Dollar John auf "Beichtstuhl")


    Der Beginn der EP zeigt sofort: Mit VBT-Internetbattle hat dieses Werk definitiv nichts zu tun. Auf einem düsteren, langsamen Instrumental führt John aus, wie er den Fahrer eines Leihwagens ermordet, nur um dann die Toilette einer Tankstelle zu besuchen und seine Sünde zu beichten. Hört sich absurd an – ist es auch. Aber ihm gelingt es auf jeden Fall schonmal, atmosphärisch in die EP einzuführen. Der nächste Track offenbart dann eine weitere Seite des Hamburgers: Auf einem an einen alten Kinosoundtrack erinnernden Samplebeat wird richtig losgeflext. Der folgende Titel "Klonlabor" bietet aggressive Flows, punktgenau auf den Takt gelegt. Die Wortwahl ist vulgär, dreckig – und genau richtig gewählt. Außerdem wird deutlich, dass sich der Rapper skillmäßig auf hohem Niveau bewegt. Reim- und flowtechnisch zeigt er extreme Präsenz und Vielfalt. "Klonlabor" und auch zum Beispiel der Titel "Kirchencore", bei dem Jason einen starken Part hinlegt, der vom Textaufbau Johns in nichts nachsteht, können definitiv als Battle-Tracks bezeichnet werden. Das Brett von Beat des zweitgenannten Songs bringt den Kopf ab der ersten Sekunde zum Nicken, geht ordentlich nach vorne und unterstützt die dreckigen Flows der beiden perfekt. Die Themen des Reimebude-Mitglieds sowie sein Wortschatz, dem er sich in seinen Zeilen bedient, sind allerdings alles andere als gewöhnliche Battlephrasen. Ähnlich dem Thementrack "Beichtstuhl" wirkt auch hier jedes Zeilenkonstrukt wie eine ausgedachte und aufgebaute Geschichte, die somit dem Hörer sehr bildlich vor Augen erscheint. Ob das immer so schön ist, ist die andere Frage. Außergewöhnlich ist es auf jeden Fall. Als weiteres Themengebiet fällt die Abschätzigkeit gegenüber dem weiblichen Geschlecht auf: Die "Nutten", wie John sie zu nennen pflegt, scheinen über den Status des Sexobjekts, Bierträgers und Aggressionsventils nicht hinauszukommen. Hört sich verwerflich an. Passt in die Texte, passt ins Konzept, ist konsequent und fügt sich ins Gesamtbild ein. Außerdem sollte klar sein, dass die Zeilen des Hamburgers, gerade in dieser Richtung, nicht allzu ernst genommen werden sollten.


    "Ey, der Drogenkönig dreht durch wie'n Fleischwolf/
    Mein Schorelöffel sieht mittlerweile aus wie'n abgebranntes Streichholz/
    'Ich will in der Gang sein!' – okay, Nigga, jetzt wird es teuer/
    Du bezahlst mit deinem Leben, Triple 6 – Kirchensteuer/
    "
    (Dollar John auf "Klonlabor")


    Das Skit sowie der vorangehende Titel "Arschpiraten" wirken eher unpassend platziert und hätten meiner Meinung nach gut weggelassen werden können. Der Song handelt von der von John bevorzugten Sexpraktik – Analverkehr. Er ist von ekelerregenden Metaphern durchzogen, was ja an sich an der Tagesordnung bei John liegt. Allerdings wirkt das in diesem Fall viel zu stumpf aufgebaut, um überzeugen zu können; die Innovation geht hier ab. Auch der Synthie-Beat ist recht einfach gehalten und kann hier nicht wirklich etwas reißen. Der simple Necrophilie-Humor des Skits weiß ebenfalls nicht zu gefallen und stört bloß den atmosphärischen Aufbau der EP. Die weiteren Tracks hingegen wissen zu großen Teilen wieder zu überzeugen. "Feuerball" stellt den einzigen Titel dar, in dem John etwas aus seiner verrückten Rolle schlüpft und nachdenkliche Gedankengänge preisgibt. Kritik an verbreiteten Wertevorstellungen, Medien, der Illusion von Objektivität und Politik wird laut.


    "Dieser Bush war auch nicht besser als Obama, das Weißbrot/
    Echte Helden sind für mich nur Baader und Meinhof/
    Wagst es, einen Blick über den Tellerrand zu riskieren/
    Schließt man dich weg oder du wirst in 'ne Kellerwand betoniert/
    "
    (Dollar John auf "Feuerball")


    Im nächsten Titel bricht er allerdings wieder aus dem "sich Gedanken machen um irgendwas" aus und bringt die absolute Style-Nummer dieser CD. Gast? Natürlich Chris Miles. Der zeigt mal wieder eine unfassbare Flowpassage mit verrückten Betoungen und Varianten und verschmilzt auf eine Weise mit dem Beat, die jedes Mal wieder beeindruckend ist. Textlich liefert er, was man ebenfalls von ihm gewohnt ist. Auch John reißt einmal mehr ordentlich ab und schafft es in diesem Track wieder, Provokation, Dreckigkeit und einen Schuss Asozialität zu einem überzeugenden Gesamtbild zusammenzufügen. Der Abschluss "Trugbild" ist ein weiterer dieser "Dollar John-Representer". Einen Fick auf alles, Drogen, Nutten und ab und zu ein paar Wackos wegklatschen. Das Ganze flowlich perfekt verpackt, atmosphärisch und provokant.


    Fazit:
    Das Bild, das ich zuvor von Dollar John hatte, hat sich bestätigt: Er unterscheidet sich durch seine düstere, provokante und expressionistische Ausdrucksweise von seinen Reimebude-Kollegen und dem allgemeinen VBT-Rapper. Die Texte sind abstrakt – egal, ob philosophischer Titel, erdachte Geschichte oder aggressiver Auf-die-Fresse-Battlerap. Allerdings driften sie zeitweise in einfach nur noch ekelhafte Bilder ab, die keinen großen Hörgenuss mehr bereiten. Auch die manchmal plumpen Formulierungen und Beleidigungen, zum Beispiel gegen Frauen, mindern den Gesamteindruck etwas. Bis auf einige Ausnahmen sind die derben Zeilen aber gut in das Konstrukt des ebenfalls teilweise vom Hamburger erschaffenen Soundbilds eingearbeitet. Atmosphäre aufbauen ist eine der großen Stärken von Dollar John – gepaart mit einem sauberen und routinierten Flow sowie ausgefeilter Technik. Insgesamt ist "Trugbild" ein gutes Debüt des Hamburgers, das seine Musik und sein Soundbild genauer vorstellt und Lust auf mehr macht.



    Alexander Hollenhorst (Holle)

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    01. Intro
    02. Jesus Christus
    03. Deutscher Rap
    04. Badaboombap
    05. Ich bastel eine Collage
    06. Nicht jetzt
    07. Kunst
    08. Pretty Girlz RMX
    09. Fans
    10. Diktator von Deutschland (Teil 1)
    11. Smile
    12. Diktator von Deutschland (Teil 2)
    13. Check uns aus!
    14. Taschenlampe
    15. Badaboombap RMX


    Den sogenannten Placebo-Effekt kennt ja fast jeder. Von "Nocebo" hatte ich allerdings vorher noch nichts gehört. Im Gegensatz zum Placebo-Effekt, bei dem der Körper positiv auf ein Mittel reagiert, das ihm gar nicht verabreicht wurde, reagiert er beim "Nocebo"-Effekt negativ, sagt mir Wikipedia. Aber was hat das alles mit dem neuen Album von Fatoni und Edgar Wasser zu tun? Fatoni erklärt im rappers.in-Interview, dass er da dem Hörer selbst einen freien Interpretationsspielraum lassen möchte. Eine genaue Angabe zur Bedeutung gibt er nicht. Kennt man von den beiden ja auch – irgendwie ist stets das Unerwartete zu erwarten. Auf jeden Fall birgt der außergewöhnliche Titel Spannung – und diese verspricht definitiv auch einmal mehr die Kombo der beiden Münchner MCs, die nach einigen vorherigen Zusammenarbeiten zum ersten Mal gemeinsam eine Platte veröffentlichen. Mal hören, wie gut die beiden harmonieren und ob "Nocebo" den Langspieltest besteht.


    "Deutschrap ist ein Money-Boy-Clip/
    Den man krass behindert findet, aber noch mal anklickt (Swag!)/
    [...]
    Deutscher Rap ist jetzt wie die Gesellschaft/
    Jeder Dreck wird akzeptiert, wenn irgendein Spast damit Geld macht/
    "
    (Edgar Wasser & Fatoni auf "Deutscher Rap")


    Das "Intro" gibt dem Zuhörer einen wundervollen Einblick in die Entstehung der Platte. Edgar bekommt es zu Beginn der Albumproduktion scheinbar nicht hin, sein Mikrofon richtig einzustecken. Fatonis Ratschläge sind auch nicht grade hilfreich. In den ersten Tracks wird dieser Eindruck allerdings relativiert – ihr Handwerk beherrschen die beiden definitiv. Und auch inhaltlich wird schon mal die Route klar abgesteckt. "Deutscher Rap" ist eine etwas andere Ode an die hiesige Rap-Landschaft, in der in gewohnt sarkastischer Anti-Haltung aufgezählt wird, worüber man in unserer kleinen Welt vielleicht mal genauer nachdenken sollte. Weiter wird sich auf "Ich bastel eine Collage" darüber aufgeregt, dass man im deutschen Rap eigentlich gar nichts Neues mehr bringen kann, da ja alles schon mehr oder weniger gesagt wurde. In der Hook mutiert dieser Track allerdings fast zu einer wirklichen Hommage an deutschen Rap, wenn bekannte Lines der Beginner, Kool Savas, Freundeskreis, aber auch Casper oder Haftbefehl zitiert werden – wenn auch natürlich gelangweilt und amüsiert. Irgendwas haben die beiden scheinbar doch für Rap-Musik übrig. Schließlich sind Toni und Edgar eigentlich krasse Realkeeper, wie man auf "Badaboombap" erfährt. Ersterer erzählt, wie er Züge bombte, mit seinen Homies "rappte und so", mit "langen Blättchen und so" und natürlich auch "so mit Drogen auf der Straße kaufen". Yeah. Mister H2O kann darüber natürlich nur lachen, denn er hat gesehen, wie bekiffte Jugendliche in den Streets von New York – natürlich ebenfalls drogenverkaufend – die Texte des East-Westcoast-Beefs zitierten. Bis ihm einfällt, dass er ja doch eigentlich gar nicht dabei war. Na ja. Im Endeffekt konstatieren die beiden, dass ihr Rap dope und Scheißdreck nun mal Scheißdreck ist. Yo.


    "Ich chill' hinter schwedischen Gardinen - ausm IKEA-Katalog/
    Und setze mich ein für ein deutsches HipHop-Szene-Pressefoto-Gebetsposen-Verbot/
    Wo ist die HipHop-Polizei, wenn man sie mal braucht/
    Pässte ich in Röhrenjeans rein, spränge ich einfach auf den Hype mit auf/
    "
    (Fatoni auf "Check uns aus!")


    Man merkt, dass die beiden Rapper sowohl humortechnisch als auch gedanklich auf einer Wellenlänge liegen. Die Aspekte Sarkasmus und Kritk an Musik, Gesellschaft und menschlichen Charakteristika beziehungsweise so ziemlich an allem, was nicht direkt Erzeugnis der beiden Rapper ist, ziehen sich durch das ganze Album. In "Nicht jetzt" kann man allerdings fast schon ein bisschen Selbstkritik erkennen. Angesprochen wird die Möglichkeit, sich selbst zu verwirklichen, anderen zu helfen und die Welt zu verbessern. Aber halt "nicht jetzt" ... kein' Bock, keine Verantwortung. Aber im Gegensatz zu anderen Titeln fühlen sich Fatoni und Edgar Wasser hier der Masse zugehörig – auch sie selbst können sich davon nicht lossagen. Hervorzuheben sind außerdem die beiden "Diktator von Deutschland"-Titel. Die Münchner erschaffen hier eine fiktive Welt, in der Edgar besagter Diktator und Führer ist. Der Bezug zur NS-Zeit und Adolf Hitler ist ganz klar formuliert und nicht misszuverstehen. Allerdings wird die Geschichte umgedreht: Die Ausländer in Deutschland jagen nun die Deutschen. Fatoni findet sich als Gejagter wieder. "Es fing dann in Wedding oder Kreuzberg an, auf einem Schaufenster stand: 'Kauft nicht mehr bei Deutschen, lan!'" (Fatoni auf "Diktator von Deutschland (Teil 2)"). Die Geschichte wird umspielt von einem sehr düsteren Beat, der es schafft, die richtige Atmosphäre zu kreieren. Dieser stammt von Edgar selbst. Auch der Versuch der beiden, ernstere Töne anzuschlagen und einmal mehr zum Nachdenken anzuregen, gelingt so definitiv.


    "Jetzt bekommt der Deutsche das, was er verdient/
    Öffentliche Steinigung für diesen Thilo Sarrazin/
    Jeder Deutsche ist ein Nazi, das weiß doch jedes Kind/
    Dass die genetisch eben entsprechend veranlagt sind/
    "
    (Edgar Wasser auf "Diktator von Deutschland (Teil 1)")


    Diese Textelemente waren vor allem in früheren Edgar Wasser-Releases öfter anzutreffen, allerdings meist spielerisch und somit stets etwas paradox anmutend. In letzter Zeit, zum Beispiel auf der "_EP", wurde sein Stil etwas Meta-Rap-lastiger, der Münchner flexte oft einfach drauf los, brachte innovative Vergleiche und Lines. War auch richtig gut. Ich persönlich hab' diese Texte allerdings vermisst. Das kann sicherlich als Kritik angemerkt werden: Herr Wasser hätte ein paar ernsthaftere Gedanken öfter einfließen lassen können, die Fähigkeit, diese ironisch darzustellen, hat er ja. Auch Fatoni lässt sich zwischen guten Zeilen manchmal zu etwas zu plumpen Passagen hinreißen. Wenn man an dieser Stelle Ironie öfter mit ernsthafter Kritik oder ähnlichem verbinden würde, würde das Gesamtwerk runder wirken.


    Beattechnisch ist das Album sehr gut geraten – die Produzenten aus dem Umfeld der beiden, Cap Kendricks, Bustla, Maniac, Provo und V.Raeter, erschaffen einen sehr runden und roughen Neo-Boom-bap-Sound. Ob Samplebeat oder komplett neu gebautes Instrumental, das Zusammenspiel zwischen den Beats und den sehr souveränen Raps der beiden MCs ist harmonisch und wirkt sehr ausgereift.



    Fazit:
    Fatoni und Edgar Wasser ist es mit "Nocebo" gelungen, ein Album zu kreieren, das die perfekte Harmonie zwischen den beiden Rappern eindrucksvoll wiedergibt und die Stärken ihres Zusammenspiels gut, wenn auch nicht komplett, ausnutzt. Man merkt, dass die beiden MCs eng zusammenarbeiten und auf einer Wellenlänge sind. Man hat es hier nicht mit einer in die Länge gezogenen EP, die die zwei irgendwie zusammengepappt haben, zu tun. Die sarkastischen Texte, geschickt gespickt mit jedem geneigten Rapfan bekannten Phrasen und Slogans, sind Unterhaltung pur. Gesellschaftskritik und eben auch dieses Amusement über bestimmte Verhaltensweisen und Menschen im Allgemeinen regen zwar auch zum Nachdenken an – davon hätte es allerdings ruhig etwas mehr sein dürfen. Die Art und Weise, in der die beiden Münchner ihre Texte verpacken und rüberbringen, ist auf jeden Fall etwas Besonderes und genießt durchaus eine Alleinstellung. Auf den überdurchschnittlichen, wunderbar produzierten Beats kommt außerdem Kopfnickerstimmung auf. Auf ein nächstes Release – ob wieder von beiden zusammen, oder jeweils solo, wieder mit Augenmerk auf alle Facetten des jeweiligen Rappers –, kann man sich nur freuen. Vielleicht dann auch wieder etwas mehr gespickt mit Sozialkritik und Ernsthaftigkeit – dem Unterhaltungsfaktor tut das normalerweise keinen Abbruch.



    Alexander Hollenhorst (Holle)

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    Wohl der unterhaltendste Live-MC, den ich kenne. Die ganze Show ist einfach jedes Mal zum Totlachen, sieht man dem Hodn auch noch jedes Mal an. Dope Mucke machen die natürlich sowieso. Aber wie der am Anfang einfach jedes Mal da ankommt, mit irgendeinem Hut auf, sein Scheiß-Kabel Mikro einsteckt und dann 5 Minuten über die Bühne steppt und seine ersten Verses einflüstert und an den Decks rumfummelt ist immer wieder viel zu herrlich. Die Freestyles, ob mit oder ohne Beat sind auch einfach viel zu heftig, sowohl komödiantisch als auch skillmäßig. Wenn er anfängt irgendwelche alten Souldinger zu singen auf irgendwelche 10 Minuten Loops vom Hodn ist eh alles vorbei. Viel Liebe für diese beiden dopen Mossafucker.

    Bester Mensch überhaupt. Auf'm Splash bei den Demograffics vor'm Saloon mal kurz unterhalten, mega sympathisch. Beats sind für mich das krasseste was es in Deutschland gibt, kenne da nichts vergleichbares. Ich bin ein Fanboy.


    Er war zuletzt in Münster mit Suff und Brenk an den Decks auch einfach stralle bis zum geht nicht mehr, war sehr schön. :D



    01. Ansichten eines Clowns
    02. Schlachtbank
    (Cuts von Flowtec)
    03. Noch eins feat. Loki
    04. Er lebt (Cuts von Mirko Machine)
    05. Sichtweisen (Cuts von Mirko Machine)
    06. Rohes Material (Cuts von Ive the Knife)


    Eloquenz ist für einen Rapper sicherlich nicht das Schlechteste. Aus einem großen Schatz an Worten auswählen und diese dann auch noch verpacken zu können, ist fürs Texten oder Freestylen natürlich zuträglich. Gepaart mit einem guten Flow, guter Technik und auf den richtigen Beat gelegt, haben wir schon einen schönen Rap-Song. Um wieder zum ersten Satz zu kommen ... Der Rapper, der sich auf seiner neuen EP "Skizzen in Blau" zusammen mit Produzent I.L.L. Will an der Aufgabe des "Machens schöner Rap-Songs" versucht, kommt schon mal eloQuent daher. Mal hören, ob der MC aus der Sichtexot-Crew seinem Namen gerecht wird und ob die anderen Zutaten, die er und der Beatbauer in den Rap-Song-Topf schmeißen, überzeugen können.


    "Ich bin immer noch am Start, weil ich diese Sache lieb'/
    Doch viele prostituieren sich, denn sie machen es für Kies/
    Yo, ich mach' es für MCs, für die Menschen in der Hood/
    Wenn die Wahrheit bitter schmeckt, hast du sie besser schon geschluckt/
    "
    (eloQuent auf "Ansichten eines Clowns")


    Den ersten Track der EP leitet der Produzent mit smoothen Piano- und Saxofontönen ein. Ein jazzlastiges Soundbild, untermalt mit einer durchgehenden Hi-Hat, veranlasst den Kopf spätestens dann zum Nicken, wenn eloQuent erstmals die Hook zum Besten gibt. Textlich beschäftigt sich der Rapper mit der Kommerzialisierung von Rap, die ihm zuwider ist, sowie mit seiner eigenen Ansicht und seinem Verständnis von Rap und Musik. Die stark geflowten Verse eloQuents verschmelzen perfekt mit dem von I.L.L. Will kreiierten Instrumental und ergeben ein absolut stimmiges Soundbild. Der erste Titel erfüllt seine Aufgabe als Einleitung in die EP, indem er das Klangbild des ganzen Produkts vorgibt. Der nächste Song, "Schlachtbank", kommt etwas düsterer daher, elementar für den Beat ist erneut das Saxofon. Auf härteren Drums widmet sich eloQuent jetzt klassischem Battlerap, der auch durch den Beat extrem atmosphärisch und authentisch daherkommt. Die Cuts und Scratches von Flowtec unterstützen das Ganze noch mal und bringen richtigen Oldschool-Flavour in den Titel.


    "MCs bleiben still, wenn ich Inneres nach außen trag'/
    Begründete Hasstiraden, denn Rapper verkaufen Arsch/
    Für weniger als tausend Mark/
    Oder sie finden einen vermeintlich gehypten Produzentenschwanz und saugen hart/
    Was, neue Schule? Ich fackel' die scheiß Uni ab/
    Solang ich 'n Beat, meinen Block und 'n Kulli hab'/
    "
    (eloQuent auf "Schlachtbank")


    Auf den weiteren Tracks befasst sich eloQuent vor allem mit der Bedeutung von Kultur und Tradition im HipHop, schießt gegen Wack-MCs, Kommerz und das dadurch erzeugte Verkommen der Szene. Raptechnisch überzeugt er dabei durchgehend, wirkt sehr versiert und routiniert und schöpft tatsächlich aus einem großen Wortschatz. Die Stimme und der Flow passen perfekt zu den Instrumentals, die wirklich ein wahrer Genuss sind. Man merkt, dass hier eng zwischen Rapper und Produzent zusammen gearbeitet wurde. I.L.L. Will hat – wie man es von Sichtexot-Releases gewohnt ist – extrem gute Arbeit geleistet und wunderbare Boom-bap-Beats gezaubert. Vor allem der Jazz-Einfluss mit Piano und Saxofon in fast jedem Beat ist etwas Besonderes und lässt den geneigten Hörer nicht so schnell wieder los; die perfekt ausgewählten und ausgeführten Cuts und Scratches von Mirko Machine, Ive the Knife und Flowtec tun ihr Übriges. Neben dem alltäglichen Wack-MC-Mord und dem Wahren alter HipHop-Werte beschäftigt sich eloQuent auf "Sichtweisen" mit seiner Sicht auf alltägliche Dinge und die Gesellschaft. Hierbei lässt er Kritik an scheinbar normalen Vorgängen, kapitalistischen Ansichten und Systemen durchblitzen.


    "Ich seh', wie gierige Hände nach blutigem Geld grabschen/
    Macht ist die babylonische Hure im Pelzmantel/
    Des Teufels Habitat eine rußige Zellkapsel/
    Seine Reputation ohne Makel – super und weltklasse/
    "
    (eloQuent auf "Sichtweisen")


    Fazit:
    eloQuent und I.L.L. Will bringen mit "Skizzen in Blau" eine EP für Liebhaber. Die Raps und Beats des Beatmachers sind straight oldschool gehalten, die Themenauswahl des MCs beschränkt sich fast komplett auf Battlerap und "Rap über Rap". Dabei ist eloQuent stets extrem authentisch und hat sich genau den Richtigen für die Zusammenarbeit ausgesucht. Die stark Jazz-beeinflussten Beats sind erste Liga, die DJs geben jedem Titel den richtigen Schliff mit Cuts und Scratches und der Kopf nickt. Als Kritikpunkt könnte die fehlende Themenvielfalt bemerkt werden, doch für eine kleine EP geben genau diese Themen den Flavour wieder, den eloQuent und I.L.L. Will bringen wollen. Von daher ist es nur konsequent, sich mit Ausnahme eines Titels auf diese zu beschränken. Klar, dieses Ding ist Geschmackssache. Für Boom-bap-Fans, die auf smoothe Beats und straighte Raps stehen, ist "Skizzen in Blau" aber definitiv ein Muss.



    Alexander Hollenhorst (Holle)

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    Bin jetzt grade beim 7. Track. Alter ist das eine geile Scheiße. Beats die Überbretter und SSIO rastet einfach aus drauf, gepaart mit diesem übergeilen Humor ist das einfach Wahnsinn. Macht so keiner in Deutschland.
    257ers kommen auch aufm Boombap-Beat fett

    Alter, was ist das bitte für ein unfassbar geiles Line-Up?
    So was von vielfältig und hochwertig, der Wahnsinn.
    Trailerpark, SSIO, Genetikk,Audio und Yassin, Architekt, Lakmann, Mega, Edgar, Schaufel und Spaten auf einem Festival... und dann noch ne "Aftershowparty" mit Leuten wie Brenk, Dex, Suffy und Eskei. Nennt sich wohl Pflichttermin. Vor allem SSIO mit seinem neuen Stuff so schnell live zu sehen, hätt ich nicht erwartet. Riesen Vorfreude. Großes Lob an die Jungs!
    Spiegelt unsere geile Szene momentan super wieder.

    Zitat

    Original von Vogel.
    Warum macht er nicht endlich mal für dope Artists Beats ? =/


    [YOUTUBE]OsWukBlIrCA[/YOUTUBE]
    [YOUTUBE]OEvQVt3lFjA[/YOUTUBE]


    Vielleicht trifft das eher deinen Geschmack?
    Leute wie Ewa oder Olexesh kommen aber auch einfach dick auf seine Beats.
    Dopes Ding.



    01. Moselfeuer
    02. FV
    03. Dinnertime
    04. Tag eins
    05. Illusionz
    06. Es heißt
    07. Funky Beretta
    08. Fürs Kombinat
    09. Anomalie
    10. Last Days
    11. Eff Fau Army
    12. Schlangen
    13. Basiscamp
    14. Nonsens Interview
    15. Outback
    16. Von wegen
    17. Outro


    Kürzlich feierte HipHop seinen 40. Geburtstag. Im August 1973 schmiss DJ Kool Herc in der Bronx die erste HipHop-Jam der Geschichte, indem er Soul- und Funkplatten auf seinen Tellern mischte. 40 Jahre später hat sich die Kultur und die Musik über die ganze Welt verstreut und überall ihren ganz eigenen Stil entwickelt. In Deutschland scheint die Szene gerade so vielfältig wie nie zu sein. Azzlackz, Hipster, Oldschool und Newschool – alles hat seinen Platz, jeder akzeptiert jeden. Die Charts sind voll mit deutschem Rap – Friede, Freude, Eierkuchen. Doch manch einem scheint diese Entwicklung doch übel aufzustoßen. Die Funkverteidiger um den Kern der MCs Pierre Sonality, The Finn, Mase, Katharsis, Maulheld und Lars vom Dorf hätten sich auf besagter Jam wohl um einiges wohler gefühlt, stehen sie doch noch immer vor allem für die alten Werte und Traditionen der HipHop-Kultur ein. Zwei Jahre nach den letzten gemeinsamen Releases haben sich die Mitglieder des Kombinats aus Leipzig, Magdeburg, Berlin und Hamburg einmal mehr zusammengetan, um ihre Ansichten auf Vinyl zu pressen. Der simple Titel für Sample-Beats, Scratches, Cypher, Battleraps und Straßenpoesie: "FV".


    "Legt diese Platte auf die Teller und ihr relativiert/
    Eure Ansicht von Rap auf die Schnelle zwischen Schwelle und Tür/
    [...]
    Deine Definition von Rap dreht sich um Modegags, Trainingshosen und Caps/
    Schick, schick, doch wo ist dein Text?/
    "
    (Maulheld auf "Funky Beretta")


    Von Beginn an ist dem Hörer dieser Platte klar, welcher Sound, welche Attitüde und welche Art von Texten ihn erwarten. Die Funkverteidiger bleiben sich selbst treu. Schallplattenknistern leitet den düster scheppernden Beat von "Moselfeuer" ein und untermalt die punktgenauen Raps der MCs, die mit kurzen Parts eine erste Probe ihrer Fähigkeiten zum Besten geben. Dies wird auf den ersten Tracks des Albums fortgesetzt. Auf dreckigen, oldschoollastigen Beats, wie man sie in dieser Form ansonsten kaum noch hört, wird gegen den gemeinen Wack MC, Hipster und kommerzielle Musik in jeder erdenklichen Weise geschossen. Ausgefallene Wortspiele, Doppeldeutigkeiten und Punchlines, raptechnisch perfekt auf die Instrumentals verpackt, gestatten es hierbei den Interpreten, von oben auf das imaginäre Gegenüber herabzublicken. Das meist düstere Klangbild sowie gelungene und passende Scratches, oftmals ans Ende der Titel gesetzt, unterstützen die Atmosphäre dieser Titel perfekt. Produziert und eingespielt wurde dies wie immer von Mitgliedern des großen Funkverteidiger-Teams um Marcus B, der hauptsächlich für die Produktion verantwortlich zeichnet, Odd Job, DJ Skala, DJ MetaZwo, DJ LuKutz, DJ Ronny Montecarlo, DJ Mirko Machine, DJ Dextar sowie Mr. Lipster. Neben dem lyrischen Wack MC-Mord legen die Funkverteidiger großen Wert darauf, die Bedeutung der eigenen Crew hervorzuheben, und schildern Beispiele des normalen Alltags der Mitglieder. Durch die authentische und emotionale Erzählweise fesseln Titel wie "Illusionz" oder "Fürs Kombinat" den Zuhörer und erzeugen nie den Eindruck, hohle Phrasendrescherei zu sein. Die instrumentale Untermalung dieser Tracks fällt weniger düster aus, sondern kommt positiver und mit etwas mehr Funk daher. "Tales from the Hood" werden hier mit einem positiven Unterton erzählt, Liebe zur Musik in jeder Lage wird vermittelt und gelebt.


    "Boxender Bass, knackende Snares, staubiger Sound/
    Aufsteigender Rauch in einem viel zu kleinen Raum (State of Flavour!)/
    [...]
    Ein paar Stunden weiter saßen sie nach der Party im Bus/
    Aus dem Club in den Morgen und atmeten frische Luft/
    Die ersten Schwalben zeigten es an/
    Es wird ein funky Tag für kaltes Bier mit der Bande im Park/
    "
    (The Finn, Mase und Pierre Sonality auf "Fürs Kombinat")


    Neben den Erzählungen aus dem eigenen Leben und den Schüssen gegen Hipster, Kommerz und andere neumodische Erscheinungen im HipHop-Geschäft sind gesellschaftskritische Passagen Bestandteil der Texte von "FV". Die Vorstellungen von der klassischen vorbestimmten Karriere in Anzug und Krawatte, gesellschaftliche Normen und Zwänge sowie zu geringer Horizont und das Streben nach Berühmtheit werden angeprangert. Der Mensch soll frei denken und handeln und sich nichts vorschreiben lassen – von niemandem. Am deutlichsten wird diese Haltung im Track "Es heißt". Als Kritikpunkt an "FV" lassen sich höchstens die sich in gewisser Weise ähnelnden Lyrics und die Beschränkung auf wenige Themen- und viele Battleraps der MCs nennen. Themenvielfalt geht der Platte tatsächlich etwas ab. Doch der Battlecharakter, auch was keine reinen Battletracks angeht, ist eben genau wie das Scratching, die Produktion et cetera fester Bestandteil des Oldschoolcharakters von "FV" und der Attitüde des Kollektivs. Durch die außergewöhnlichen und immer wieder variierenden Flows der Rapper, vor allem Pierre Sonality, Maulheld und Mase sind hier hervorzuheben, kommt auch nach mehrfachem Hören keine Langeweile auf und immer neue Feinheiten können entdeckt werden. Die Raps der MCs gehören definitiv zur obersten Klasse in Deutschland. Technisch perfekte, komplexe Reimketten werden in einer Qualität auf die Beats gelegt, wie es in dieser Art nicht viele vermögen. Trotzdem bleiben die Texte stets auf höchstem Niveau und weichen keinerlei leeren Phrasen oder Textfüllern und weisen ebenfalls eine Authentizität und Echtheit auf, die einfach etwas wirklich Besonderes ist.


    "Wir bleiben jung und verpeilt, reichen Lunten in die Runde/
    Gib uns einfach noch 'ne Stunde und wir heizen's in die Lunge/
    High sein, frei sein, hier sein, dort sein/
    Das Bier schmeckt am Besten mit den Jungs auf dem Bordstein/
    "
    (Katharsis auf "Es heißt")


    Fazit:
    Mit "FV" bringen die Funkverteidiger eine echte, authentische HipHop-Platte mit Ecken und Kanten. Dreckige Beats und Samples werden von MCs auf die bestmögliche Art beackert und von perfekten Scratches veredelt. Jeder Text für sich sowie das Gesamtwerk der Künstler drücken aus, welchen Stellenwert die Musik für jeden einzelnen an diesem Album Beteiligten hat. Am Ende ist alles wie es sein soll: Jeder Wack MC liegt auf dem Tisch zur "Dinnertime", die Nadel des Plattentellers setzt die Nacht durch nicht mehr ab, das Bier ist kühl und die Köpfe nicken. Doch klar ist auch: Das Ganze ist "Fürs Kombinat". Von Heads für Heads – "FV".



    Alexander Hollenhorst (Holle)

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    01. Intro
    02. Kapitel 1 – Meine Story
    03. Kapitel 2 – Heimkind
    feat. Sahin
    04. Authentisch
    05. Kapitel 3 – Treppenhaus
    06. Ab jetzt
    07. Vielleicht
    08. Kapitel 4 – Überfall
    09. Wie wir
    feat. Fard
    10. Kapitel 5 – Knast
    11. Identität
    feat. Toony
    12. Kapitel 6 – Musik
    13. Das ist Rap
    feat. SadiQ
    14. Stille Helden
    15. Unvergesslich
    feat. Migo


    Musik war schon immer ein Mittel der Menschen, sich auszudrücken und ihre Lebenserfahrungen zu verarbeiten. Vor allem im Rap ist neben all den Battle- oder Partytracks die Verarbeitung der Vergangenheit und das Verpacken von Lebenserfahrungen in Worte seit jeher einer der wichtigsten Aspekte, gerade im Straßenrap. Ein solcher Straßenrapper ist der ehemals bei Baba Saads Label Halunkenbande gesignte Cashmo, der mit "In Erinnerung", seinem zweiten Album nach dem 2008 erschienenen "Im Visier", nun seine Geschichte auf 15 Songs erzählt. Aufgebaut hat er seine Story hierbei stellenweise wie ein Buch, unterteilt in sechs Kapitel. Ich schlage das erste auf ...


    "Als sie ihr Schweigen brach und er es nicht geglaubt hat/
    Dass sein Vater seine Schwester jahrelang missbraucht hat/
    Es wird sich viel verändern, nichts wird mehr wie vorher sein/
    Denn du musst deiner Schwester jetzt ein starker Bruder sein/
    "
    (Cashmo auf "Kapitel 1 – Meine Story")


    Im ersten Kapitel seines Albums stellt Cashmo seine Kindheit und die Probleme, die ihn in dieser belasteten, dar. Auf einem melancholischen Piano-Instrumental schafft er die Grundlage für die folgenden Abschnitte. Aufgrund der Dissonanzen mit seiner Familie geht der Weg des jungen Mannes weiter ins Heim und mit erst 15 Jahren kommt es bereits zum ersten Gefängnisaufenthalt. Cashmo ist hierbei authentisch, er versteht es, die Trauer über die Geschehnisse zu vermitteln und schafft es, Interesse für das folgende zweite Kapitel zu wecken. In selbigem geht er genauer auf seine Zeit im Heim ein und erzählt Details aus seiner Zeit bei einer Pflegefamilie, in der er vom Pflegevater schlecht behandelt wurde. Erstmals betont er die große Bedeutung von Rapmusik, die ihm Hoffnung für die Zukunft und Halt verschafft. Die gefühlvoll vorgetragene Gesangshook von Sahin unterstreicht den emotionalen Charakter des Titels, der auch bei diesem Kapitel klar deutlich wird, sehr gut. Nach diesen ersten beiden Anspielstationen wird das Album erstmals von einem Track unterbrochen, der keine Kapitelzahl trägt. "Authentisch" fällt direkt extrem von den beiden zuvor vorgetragenen Werken ab. Auf einem standardmäßigen Streicherbeat lässt Cashmo Phrasen über seine Realness und Streetcredibility sowie banale Representerlines hören. Rap- und flowtechnisch hat er allerdings nicht allzu viel Besonderes oder Abwechslungsreiches zu bieten, wodurch der Song einfach nur störend zwischen den Kapiteln wirkt. Wurde gerade durch die Kapitelabfolge Interesse beim Zuhörer geweckt, so ist man verwundert, dass nun ein vom Konzept "des Buches" unabhängiges Lied folgt. Es bricht schlicht aus der zuvor gelungenen Abfolge der Titel heraus, ohne dabei durch ein besonderes Thema oder eine Pointe überzeugen zu können, wodurch dies eher als unerwünschte Unterbrechung denn als gelungene Verbindung erscheint.


    "Er sagte: 'Jetzt steig aus!', und griff zu einer Tasche/
    Ich wusste schon, was kommt, doch was sollte ich machen/
    Ich weiß noch, als er sagte, ganz klar und deutlich:/
    'Schrei, wie du willst, weil keiner hier hört dich!'/
    "
    (Cashmo auf "Kapitel 2 – Heimkind)


    Auch der nächste "Kapitel"-Track kann leider nicht mehr so überzeugen wie die beiden vorherigen. "Kapitel 3 – Treppenhaus" beschreibt den Alltag des ausgezogenen Cashmo, der sich als Kleinkrimineller über Wasser hält. Doch es gelingt dem Rapper diesmal nicht so gut wie zuvor, den Zuhörer seine Erinnerung miterleben zu lassen. Der Track erscheint gerade nach dem Hören von "Kapitel 4 – Überfall" als eher unnötig, denn in diesem wird detailreicher und ergreifender der kriminelle Alltag des jungen Cashmo beleuchtet, was unter anderem auch an dem atmosphärischeren Instrumental liegt. Ohne das "Intro" befinden sich auf "In Erinnerung" sechs "Kapitel"-Songs und acht unabhängige Tracks. Es ist allgemein festzustellen, dass die "normalen" Titel eher als Füllsongs wirken, als dass sie das Album bereichern. Auf Tracks wie "Vielleicht" oder "Stille Helden" beschäftigt sich Cashmo zum Beispiel mit seiner nicht fehlerfreien Persönlichkeit und bekräftigt, immer für sein Umfeld da zu sein. Mit diesen bewusst zwischen den einzelnen Kapiteln angeordneten Liedern versucht der Rapper, weitere Details über sich selbst preiszugeben und somit die einzelnen Abschnitte etwas weiter auszuschmücken – es gelingt ihm aber ohne die Struktur einer klaren Geschichte, wie sie in den Kapiteln gegeben ist, meist nicht. Oft verliert er sich hierbei in austauschbaren Zeilen und Fülllines, die das Gesamtbild der Lieder herunterziehen. Das weitere Spektrum dieser Titel wird von Representern eingenommen, in denen Cashmo versucht, seine Skills und Stärken zu betonen, was ihm meiner Meinung nach allerdings kaum gelingt. Inhaltlich sind diese Tracks recht flach und voll von Phrasen, die man auf so gut wie jedem Straßenrapalbum schon einmal gehört hat. Da Cashmo technische Raffinesse, spektakuläre Punchlines oder ein besonderer Flow abgehen, können die Titel nicht überzeugen. Auch die Instrumentals, meist simple Streicher- oder Piano-Beats, wurden so schon viel zu oft gehört. Die Features wie Toony, SadiQ und Fard reihen sich hier in die bekannte Thematik der Songs ein und können ebenfalls kaum für Abwechslung oder Überraschungen sorgen. Auch ihre Verses bestehen fast ausschließlich aus schwachen Punchlines und Selbstbeweihräucherung, vermischt mit Standardzeilen über das Straßenleben. Stilistisch passen sie allerdings gut zum Klangbild von Cashmo und ergänzen ihn somit gut auf seinen Songs.
    Die Titel "Kapitel 5 – Knast" und "Kapitel 6 – Musik" beenden das Buch, das der Rheinländer mit seinem Album aufschlägt. Sie sind ebenfalls interessanter zu hören als die "normalen" Titel, doch auch die Thementracks verlieren an Qualität und vieles wiederholt sich. Anstatt die Probleme des Alltags zu beschreiben, sind es nun eben die Probleme im Gefängnis. Zu viele Zeilen ähneln sich. Doch noch immer wirken diese Tracks um einiges interessanter als die vom Buch-Konzept unabhängigen Titel, da es Cashmo besser gelingt, Geschichten zu erzählen, zu denen er eine emotionale Bindung hat, als Battlezeilen auf die Beats zu legen. Auf diesen Songs schafft er es, die eher monotonen Raps durch das Gefühl, das hineingelegt wird, zu kaschieren. "Kapitel 6 – Musik" bildet den endgültigen Abschluss. Cashmo beschreibt seine Liebe zur Rapmusik, die ihm half und hilft, all das, was er zuvor beschrieb, durchzustehen und nach vorn zu sehen. Doch auch genau diesen Titel findet man eben auf so vielen Straßenalben – und das eben auch einfach lyrisch anspruchsvoller, als es hier gelingt.


    "Hör mir zu, das alles hier ist wahr/
    Ziele, die so fern waren, sind heute endlich nah/
    Ich weiß noch, wie es war, als jeder noch gelacht hat/
    Doch ich bin dieser Typ, der Typ, der es geschafft hat/
    "
    (Cashmo auf "Kapitel 6 – Musik")


    Fazit:
    Cashmo hat für sein zweites Album "In Erinnerung" ein interessantes Kapitel-Konzept ausgearbeitet, in dem er dem Hörer sein Leben Stück für Stück, mal mehr, mal weniger detailreich erzählt und verarbeitet. Doch er hat dieses Konzept nicht komplett durchgezogen, sondern schob weitere Titel dazwischen, die die Geschichte unterbrechen und stören. Im Vergleich zu seinen authentisch und gefühlvoll vorgetragenen Thementracks gelingt es Cashmo auf diesen überwiegend inhaltslosen Songs weniger, zu überzeugen. Es wäre konsequenter und wohl auch qualitätshebend gewesen, das Konzept der Kapitel stringent zu verfolgen. Bei der Anzahl dieser Kapitel wäre es dann wohl nur eine EP – doch diese würde sich auf diese Weise immerhin abheben. So bleibt ein gerade durchschnittliches Straßenrapalbum mit durchschnittlichen Raps, Beats und Inhalten und einer kleinen Portion Innovation.



    Alexander Hollenhorst (Holle)

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    A-Seite:
    01. Ein besserer Mensch
    02. Propheten
    03. Menschen wie ich
    04. Feuer und Flamme


    B-Seite:
    01. Eins und Eins
    02. Ein schlechter Tag
    03. Sonntag
    04. Ein besserer Mensch (Elefantenherz-Remix)


    Wer wäre nicht gerne "ein besserer Mensch"? Fast jeder findet irgendetwas an sich, was ihm nicht passt oder was er gerne besser machen würde. Weniger faul sein, weniger leistungsorientiert, sich weniger oder mehr anpassen, längere oder kürzere Beine, ein paar Kilos mehr oder weniger auf den Hüften. Wer sich schon einmal etwas mit der Musik von Audio88 aus Berlin beschäftigt hat, weiß, dass er sich eher weniger mit solchen Banalitäten beschäftigt. Und wenn doch, dann bloß, um sie in ihrer Banalität zu entlarven. Der Rapper vom "normalsten Label Deutschlands", Analog Alpha, setzt sich mit seiner eigenen Persönlichkeit sowie der der gesamten Gesellschaft und der des Systems, in dem er lebt, auseinander und stellt Thesen darüber auf, ob er denn "ein besserer Mensch" sei als all die anderen – oder überhaupt einer sein möchte. Sechs Jahre nach der ersten Veröffentlichung der EP "Ein besserer Mensch" stimmt Audio wohl noch immer mit seinen Aussagen überein und bringt das Werk erstmals auf der heiß geliebten Vinyl heraus.


    "Ich würde ja gerne beim Bau einer Schule in Afrika helfen/
    Aber ich bekomme so leicht Sonnenbrand/
    Ich wäre auch gern ein besserer Mensch, aber ich weiß nicht, wie/
    Mir fehlt das Geld, um einer Religion beizutreten/
    "
    (Audio88 auf "Ein besserer Mensch")


    Die EP beginnt genau so, wie man es von einer Audio88-Platte erwartet. Auf einem düsteren, langsamen Beat, der den Text in den Vordergrund stellt, lässt der Berliner seine sarkastischen Zeilen auf den Zuhörer los und zeigt auf, was die meisten Menschen so sehr daran hindert, bessere Menschen zu sein: In Afrika ist es einfach viel zu heiß, als dass man dort helfen könnte, ein gutes Bildungssystem aufzubauen; in der Straßenbahn gibt er dem Fahrkartenkontrolleur nur aus Mitleid für seinen schrecklichen Job sein Geld und so weiter. Gekonnte Gesellschaftskritik, die sowohl zum Schmunzeln als auch zum Nachdenken anregt, bildet den Kern von Audios Lyrics. Auf Reime oder Flowvariationen verzichtet er hierbei wie gewohnt und bleibt seiner ganz eigenen Vortragsweise über die Instrumentals treu. Weniger ironisch fährt der Track "Propheten" fort, auf dem kritisiert wird, dass so viele Aussagen dieser sogenannten "Propheten" leicht falsch gedeutet werden können, wenn man nur ein Wort von ihnen nicht richtig versteht. Trotzdem lassen sich die Menschen nach Meinung des Berliners zu schnell alles für wahr verkaufen. Wenn man nur daran glaubt, dass einem aus welchen Gründen auch immer der Weltuntergang bevorsteht, glaubt man es auch sofort, wenn jemand eben diesen ankündigt, und seien seine Behauptungen noch so abstrus.


    "Für den Weltuntergang braucht man zunächst einmal einen Propheten/
    Wenn wir glauben wollen, dass Heuschrecken unser Ende ankündigen/
    Wird uns auch jemand erzählen, dass Heuschrecken unser Ende ankündigen/
    Für den Weltuntergang braucht man zunächst einmal einen Propheten/
    In der Silvesternacht 1999/2000 schalteten sich alle Computer ab/
    Und Robert Steinhäuser konnte kein Counter-Strike spielen/
    "
    (Audio88 auf "Propheten")


    Die Unzufriedenheit mit dem Verhalten und der Gutgläubigkeit der Gesellschaft wird auch auf den weiteren Titeln, wie "Eins und Eins", auf dem bemängelt wird, dass uns alles vorgegeben wird ("Was ist, wenn eins und eins plötzlich drei ergibt?"), oder "Feuer und Flamme" ("Auch wenn die Hoffnung zuletzt stirbt, so stirbt sie doch.") behandelt und süffisant kommentiert. Etwas aus dem Raster fällt der Track "Menschen wie ich". Hier bezieht Audio sich selbst in die Handlung mit ein. Denn auch er ist keineswegs ein Überwesen, das von oben herab die Gesellschaft kommentiert und genau weiß, wie er "ein besserer Mensch" sein oder werden kann. Auch er kann nur versuchen, seinen eigenen Ansprüchen gerecht zu werden und irgendwie mit sich selbst zufrieden zu sein, was ihm merkbar schwer fällt. Der nachdenkliche, mit Streichern unterlegte Beat von Desad unterstreicht hierbei die etwas persönlichere Note des Lieds. Ansonsten sind sich die weiteren Instrumentals von Bit-Tuner, Misanthrop und Otem Rellik alle recht ähnlich und bilden wie gewohnt eher den Hintergrund zu den Ausführungen des Interpreten. Sie schaffen die richtige, düstere Atmosphäre, die Audio zum Vortrag seiner Texte benötigt.
    Den Abschluss des Werks bildet neben dem "Elefantenherz-Remix" des Titeltracks der Song "Sonntag". Auf einem Instrumental, das einerseits monotone, ruhige Synthies und gegensätzlich dazu sehr hektische, rasende Drums aufweist, lässt Audio sich über all das aus, was einem auffällt, wenn man sich eben diesen "Sonntag" einmal genauer ansieht. Denn grade an diesem Tag der Ruhe tun sich dem Berliner anscheinend die meisten Fragen und Zweifel auf über den Sinn dessen, was sich auf dieser Welt so ereignet. Dieser Gedankengang endet nach fünfminütiger Stille in der Erkenntnis des Interpreten, sich ob all diesem erbrechen zu wollen. Ein typisches und gelungenes Ende einer Audio88-Platte.


    "Es kommt nur dann anders als man denkt, wenn man überhaupt denkt/
    Wenn es einen Gott gäbe, würde er mit Sicherheit über Menschen wie mich lachen können/
    Weil Menschen wie ich über fast nichts lachen können/
    Man kann auch lächelnd Zähne zeigen/
    "
    (Audio88 auf "Menschen wie ich")


    Fazit:
    "Ein besserer Mensch" ist eine typische Audio88-Platte. Sozialkritik und Sarkasmus prägen die Themen-Auswahl des Berliners seit jeher und diesem Kurs bleibt er treu. Und das ist auch gut so, denn er und sein Partner Yassin, mit dem es zum Zeitpunkt des ersten Releases noch keine gemeinsame Veröffentlichung gab, beherrschen genau das wie kaum ein Anderer in der deutschen Szene. Mit Blick auf ein in Zukunft erscheinendes, weiteres Album von Audio88 & Yassin gelingt es dem Berliner mit der erneuten Veröffentlichung seiner Platte, deren Inhalte für ihn immer noch erwähnenswert erscheinen, die Fans schon einmal auf neuen Output vorzubereiten. Features waren hier auch aufgrund der Kürze des Werks überhaupt nicht von Nöten. Kaum jemand schafft es so gut wie Audio, Kopfschütteln und schelmisches Grinsen derart zu vereinen. Texte, die dazu verleiten, leicht schmunzelnd über die Probleme der Gesellschaft und den Menschen an sich nachzudenken, um sich dann zu fragen, ob es eigentlich in Ordnung ist, dass man jetzt schmunzelt. Ich schmunzle. Aber ich denk' nochmal drüber nach.



    Alexander Hollenhorst (Holle)

    [REDBEW]1172 [/REDBEW]

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    Wenn du was cooles spielen willst:


    [YOUTUBE]Pvh3l_z_0Pc[/YOUTUBE]


    [YOUTUBE]cK0JafAM1BI[/YOUTUBE]


    [YOUTUBE]RjNL6FjL6p8[/YOUTUBE]


    Wenn's eher so der Standard-HipHop sein soll, der auch auf ganz normalen Partys läuft, fährste mit sowas ganz gut:


    [YOUTUBE]6y1ksm_5wtE[/YOUTUBE]


    [YOUTUBE]18NBM3X0mHk[/YOUTUBE]


    [YOUTUBE]WPRd892li3g[/YOUTUBE]