Beiträge von Claude Gable


    01. Atme tief ein
    02. Ikarus
    03. Bis hierher
    04. Mitleid
    05. Hoffnung
    06. Wie könnt ich
    07. Gut Böse
    feat. Bonez MC, Nizi, RAF Camora
    08. Jetzt erst recht
    09. Paradies
    feat. Rico
    10. Nie wieder
    11. Kampfgeist
    12. An deiner Seite
    13. Labyrinth
    14. Brot stapeln
    feat. Fatal, Skinny Al, Rico
    15. Geist
    16. Tagtraum
    17. Sohn
    18. Bittersüß
    feat. Haudegen


    Etwas über ein Jahr mussten die Fans des Berliners Kontra K nach der Veröffentlichung von "Aus dem Schatten ins Licht" auf das Folgerelease warten. Mit "Labyrinth" steht das zweite Studioalbum nach dem Signing bei Four Music in den Regalen, welches im Vergleich zu den aktuellen Releases der Konkurrenz auf angenehm leisen Sohlen seinen Weg dorthin fand. Neben sechs kurzen Promovideos (verteilt auf acht Monate), die Kontra K beim Training, auf Tour oder beim Videodreh zeigten, wurden vorab gerade mal zwei Tracks veröffentlicht und die Spannung somit vergleichsweise hoch gehalten. Inzwischen hat "Labyrinth" an den Erfolg des Vorgängers anknüpfen können. Was den Hörer erwarten würde, war jedoch bis zum offiziellen Releasedate nicht wirklich klar.


    Schon das Intro dürfte den gespannten Fan beruhigt haben, denn mit "Atme tief ein" präsentiert sich Kontra K prototypisch mit Kampfsportmetaphern und mit "Rücken zur Wand"-Symbolik. Auf "Ikarus" thematisiert der Berliner seinen Aufstieg, der im Gegensatz zum mythologischen Namensgeber nicht durch wächserne Flügel gefährdet wird. Währenddessen packt der geneigte Fan seine Sneaker in die Trainingstasche aus der Deluxe-Edition. Denn "Bis hierher" gestaltet sich "Labyrinth" als Déjà-vu des letzten Release. Um im sportlichen Bereich zu bleiben, hat Kontra K wohl die alte Weisheit "Never change a winning team" beherzigt. Motivationale Texte, die entsprechend durch schnelle und treibende Beats untermalt werden, geben nachdenklichen Stücken die Klinke in die Hand, die dabei nicht selten monumental instrumentiert werden. Ungeachtet seines Images als Kämpfer, der durch seine Metaphorik zu physischer und psychischer Stärke gerne zum Personal Trainer für seine Hörer avanciert, gelingt es Kontra K, auch die leisen Töne anzuschlagen. Wird der Begriff "deeper Track" dabei allzu oft abwertend konnotiert, wenn es dem Künstler nicht gelingt, über die Aneinanderreihung totgehörter Phrasen philosophischer Abreißkalender hinauszugehen, so finden sich im Gegensatz dazu tatsächlich Tracks mit Tiefgang auf dem vorliegenden Release.


    Denn du bist das Licht, die Kerze im Wind, die niemals erlischt/
    Du bist der Fallschirm, der uns rettet, doch auch der Grund, warum man springt/
    Einer der Gründe, warum mein Sound genauso klingt/
    Und auch dafür, dass ich an dem schlechtesten Tag meines Lebens die beste Version von mir bin/

    (Kontra K auf "Hoffnung")


    Trotz dieser zweischneidigen Thematik ist es gelungen, "Labyrinth" musikalisch konsistent auszuproduzieren, wobei die Instrumentals sowohl durch qualitative Hochwertigkeit als auch zuweilen durch Raffinesse zu überzeugen wissen. Zwei weitere Punkte, die für ein Déjà-vu sorgen, sind die Instrumentals von "Jetzt erst recht" und "An deiner Seite", die die obligatorischen Ausreißer von der sonst so klaren Linie darstellen. Wurde dies auf "Aus dem Schatten in das Licht" durch rockige Beats erreicht, so dient auf "Labyrinth" drum and bass als experimentelles Feld. Gelungen sind aber auch diese beiden Instrumentals allemal. Auch Kontra K leistet seinen Beitrag zur überzeugenden Klangqualität, weiß er durchaus mit den vielseitigen Beats umzugehen und sich in Szene zu setzen. Einzig die lyrische Virtuosität wird hin und wieder hinter Zweckreimen zurückgehalten. Im schlimmsten Fall funktionieren diese Lines nicht einmal inhaltlich – "Und hier oben wird die Luft für euch knapp wie ein Kranker mit Asthma". Insgesamt verdeutlichen diese Momente aber recht exakt den Status Quo des Kontra K. Dieser liefert als passabler Durchschnittsrapper ein 18 Tracks umfassendes Album, auf dem er das zeigt, was er kann. Um erneut eine Sportmetapher zu verwenden: mit "Labyrinth" ist es zwar nicht möglich, die Championsleague zu gewinnen, der Abstieg aus der 1. Bundesliga ist allerdings auch kein Thema. Anders verhält es sich bei dem ein oder anderen Featurepart. Auf einer 18 Titel umfassenden Trackliste sind die acht Featuregäste glücklicherweise sparsam auf vier Tracks verteilt. "Brot stapeln" stellt dabei aber vor allem dank der Gäste den schwächsten Track auf dem Album dar und auch "Gut Böse" weiß nicht wirklich zu überzeugen. Im Gegensatz dazu liefert "Wie könnt ich" die stärksten Momente des Albums. Es handelt sich um einen der wenigen Tracks, auf dem Kontra K protoypisches Storytelling betreibt und weitgehend ohne Metaphorik auskommt.


    Die erste Zigarette, das erste Mal draußen Schläge/
    Mitternacht – kriminelle Action, dann auf der Wache zum Blutentnehmen/
    Von Neukölln bis Halle gelauf'n, die Bahn verpasst, aber nur um zu reden/
    Dabei eine Lunte geraucht, gesagt, wir hören auf, während wir schon den nächsten drehen/

    (Kontra K auf "Wie könnt ich")


    Fazit:
    Was beim wiederholten Hören von "Labyrinth" auffällt, ist die Tatsache, dass es keinen extrem schlechten Track zu geben scheint, zumindest drängt sich kaum ein Song wirklich negativ auf. Andererseits bleibt vom Gehörten auch nur wenig hängen. Ein passables Album ohne Ecken und Kanten von einem souveränen Rapper mittleren Bekanntheitsgrades. Sollte Kontra K sein Potential je voll ausschöpfen, so dürfte ihm der Anschluss an die Spitzengruppe zuzutrauen sein. Bis dahin begeistert er mit "Labyrinth" seine Fans und liefert neutralen Hörern eine ideale Playlist zum Joggen.



    (Claude Gable)


    [redbew]2071[/redbew]


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    01. Welcome in my Dunya
    02. Ich mach es wie
    03. Komm ran
    04. Lass mich wissen
    feat. Olexesh
    05. Idéal
    06. Nie wieder
    feat. Abdi
    07. Flouz kommt Flouz geht
    08. Wo du bist
    09. Who the Fuck is This?!
    10. Camp Nou
    feat. Celo
    11. Im Park
    12. Vollautomatik
    feat. Hanybal
    13. Bitter
    14. Irgendwie normal
    15. Dolla Dolla
    feat. Capo
    16. Dunya
    17. Black Domina Day
    18. Weil ein Adler nicht mit Tauben fliegt
    19. Leck Sibbi
    20. Fake
    feat. Brate
    21. Lass Knospen regnen feat. Soufian
    22. Alupacks ernähren mich feat. O.G.
    23. Türen schließen sich


    Als Celo & Abdi mit Nimo das neueste Mitglied der 385i-Familie vorstellten, war dieser noch ein völlig unbeschriebenes Blatt, dessen Handyvideos Adbi auf Youtube entdeckt hatte. Kurzerhand wurde Nimo als Support für die Bonchance-Tour rekrutiert und dort die Azzlack-Gemeinde vorab mit dem sedierten Chiller bekannt gemacht. Diverse Features, unter anderem auf Haftbefehls "Chabos", offenbarten das große Potential des Newcomers. Die aktuelle Promo-Offensive, eine Handvoll vorab veröffentlichter Tracks und ein zweiteiliges Snippet, vermittelten letztlich einen mehr als rudimentären Eindruck von "Habeebeee". Inzwischen ist das Debüt des Wahl-Frankfurters trotz des Verzichts auf physische Datenträger in die Top 10 eingestiegen. Ob es sich dabei um das Resultat der intensiven Promophase handelt oder tatsächlich der Qualität des Mixtapes Rechnung getragen wird, steht auf dem Prüfstand.


    Mit "Welcome in My Dunya" wird "Habeebeee" eröffnet. Über einem orientalischen Sample mit TR-808-Drums beginnt der Newcomer ganz langsam und rekapituliert in wenigen Sätzen, wie es zur Entstehung des vorliegenden Werkes kam. Erfrischend ist hierbei die Demut, die der Rookie an den Tag legt. Wo andere davon erzählen, dass sie all die Jahre im Untergrund bereits zu den Besten gehörten und der Elite ab sofort zeigen, wo es lang geht, spricht Nimo von den glücklichen Umständen, die ihn unter die Fittiche von Celo & Abdi geführt haben. Auch werden im Intro die weiteren Themen des Albums genannt: zurückliegende Probleme, Straßenalltag, Familie, Freunde, Drogen. Eine Autotune-Hook führt zum Ende des Intros und leitet zu "Ich mach es wie" über. Hier vergleicht sich Nimo auf einem prototypischen Trapinstrumental mit diversen Persönlichkeiten der Weltgeschichte, von Frank Ribéry bis Jimmy Neutron. Trotz der Ähnlichkeiten – denn er macht "es" stets wie eben diese Figuren – bleibt er einzigartig und seiner eigenen Linie treu. Im Großen und Ganzen handelt es sich hierbei eher um einen klassischen Skiptrack, denn weder die Thematik noch das Instrumental reißen den Hörer besonders vom Hocker. Zudem wird die stete Wiederholung des Satzanfangs "Ich mach' es wie" mit der Zeit etwas anstrengend und sorgt dafür, dass von dem geringen Inhalt des Tracks kaum etwas hängen bleibt.
    "Komm ran" markiert eine für einige Anspielstationen andauernde 180-Grad-Wende. Ein klassischer Sample-Beat bildet die Grundlage des dritten Tracks. Statt der Aneinanderreihung ähnlicher Sätze behauptet sich Nimo als Storyteller in bester Azzlackmanier, grenzt sich jedoch ebenso deutlich ab. Statt des großen Gangsterepos fährt der Feuerbacher die authentische Schiene und erzählt von kleinkriminellen Haschtickern am Ende der Nahrungskette. Der Hörer erhält damit einen Einblick in Nimos Leben in Stuttgart-Feuerbach. Anders als seine Kollegen legt er dabei mehr Wert darauf, Sätze ganz auszuformulieren, und bedient sich weniger der Substantivketten à la Haftbefehl.


    Sieh' alles in der Hood, ja, von Straßenhustlern/
    Über Bonzen zu Aiubs, die nie Miete bezahlen/
    Viele waren im Knast, ja/
    Von Kavaliersdelikten zu miesen Geschichten/

    (Nimo auf "Komm ran")


    Der erste Featuregast gibt sich auf "Lass mich wissen" die Ehre. Olexesh eröffnet dabei den ersten Representertrack des Albums und passt dabei ganz hervorragend zum Stuttgarter. Das Geflexe um Reimtechnik und Flows auf einem sauber ausproduzierten Kopfnicker-Beat wird mit einer eingängigen Hook ergänzt und rundet den Track ganz wunderbar ab. Auch bei "Idéal" handelt es sich mehr oder weniger um einen Representer. Auf einem weiteren Trap-Beat streut Nimo allerdings neben dem typischen Überhöhen der eigenen Person auch ein paar biographische Informationen ein. So wird neben der Knasterfahrung einmal mehr der Deal mit 385i thematisiert. Insgesamt handelt es sich hierbei wieder um einen recht passablen Track, der aber auf Dauer eher zum Skippen einlädt. Wenngleich die Trapinstrumentierung den Stuttgarter von einem Großteil der Szene abhebt und wohl auch so etwas wie Mut beweist, kann "Idéal" nicht so recht überzeugen. Auch thematisch wird hier, wie auch in den anderen "Skiptracks", von denen es einige auf das Album geschafft haben, nicht viel Neues preisgegeben. Punktuell macht sich somit beim Hören eine gewisse Langeweile breit, was besonders angesichts der nächsten beiden Tracks sehr schade ist.
    "Nie wieder" ist ein glühender Abschwur von der Drogensucht, die zwangsläufig zur Kriminalität führt. Der Track zeichnet sich dabei nicht nur durch das Abdi-Feature aus, sondern weiß auch durch den autobiographischen Einschlag zu überzeugen. Einmal mehr wird hier deutlich, was für ein Talent Nimo in Sachen Storytelling mitbringt. Mit "Flouz kommt Flouz geht" folgt darauf einer der stärksten Tracks auf "Habeebeee". Erneut mit Sample und TR-808-Drums geht der Newcomer auf der siebten Anspielstation erstmals ausführlich auf seine Vergangenheit ein und schlägt dabei stellenweise sogar gesellschaftskritische Töne an. So wird beispielsweise der Deal mit 385i als letzte Rettung vor dem erneuten Abrutschen in die Kriminalität beschrieben und die mangelnde Unterstützung durch den Staat kritisiert.


    Es lief 'ne Zeit lang gut, doch dann kam wieder die Not/
    Nimo war wieder mal broke, wieder mal so tief in der Scheiße/
    War am verzweifeln, wollte 'ne Esso überfallen/
    Ich hatte Glück ekho, wurde von Celo abgefangen/

    (Nimo auf "Flouz kommt Flouz geht")


    In dieselbe thematische Richtung geht "Wo du bist". Hier beschreibt Nimo den Verlauf der Verhaftung bis zur Inhaftierung und reflektiert die Zeit im Gefängnis, die Abkehr von Freunden, um im Anschluss die meist scheiternde Resozialisierung zu thematisieren. Es zeigt sich spätestens an dieser Stelle, dass der Neu-Azzlack, ähnlich wie seine Ziehväter, vor allem durch Storytelling zu überzeugen weiß. Ein großes Plus ist hierbei, dass der Stuttgarter keine Ghettoromantik versprüht oder seine Erfahrungen durch Übertreibung ausschmückt, sondern stets authentisch bleibt. "Who the fuck ist this?!" und "Camp Nou", auf dem sich Celo die Ehre gibt, lassen diese besonders starke Phase des Mixtapes langsam ausklingen. Die Instrumentierung wird hier um einen klassischen Samplebeat erweitert. An dieser Stelle sei angemerkt, dass "Habeebeee" trotz der zahlreichen Produzenten um Scott und Jimmy Torrio in sich sehr stimmig und homogen ausproduziert wurde. Die Beats fügen sich trotz unterschiedlicher Genres sehr gut zusammen und es entsteht zu keinem Zeitpunkt der Eindruck eines zusammengewürfelten Sammelsuriums mehr oder weniger ausgefeilter Tracks. Über "Im Park", einen weiteren Skiptrack aufgrund anstrengender Hook und thematischer Irrelevanz ohne technischer Höhepunkte, gelangt der Hörer zum kurzweiligen "Vollautomatik". Hier weckt Hanybal, der in Kürze zusammen mit seinem neuen Kollegen auf Tour gehen wird, Interesse für sein nächstes Album, wobei sich seine Vielseitigkeit gut mit der Nimos ergänzt. Wer weiß, vielleicht wäre ein gemeinsames Album keine schlechte Idee?
    "Bitter" leitet schließlich die zweite Hälfte von "Habeebeee" ein. Ein wenig sinnbildlich ist der Titel schon, denn während "Vollautomatik" das Ende eines sehr starken Debüts hätte darstellen können, verwässern die nachfolgenden Tracks den bisherigen Eindruck eher. So wird dem Hörer in keiner Hinsicht Neues geboten. Die Instrumentierung bewegt sich weiterhin zwischen Samplebeats und Trap, thematisch dreht sich Nimo im Kreis und auch im Hinblick auf Technik fährt er keine weiteren Geschütze mehr auf. So erfährt man zum wiederholten Mal, wie der Stuttgarter und sein soziales Umfeld über Kleinkriminalität in den Knast kamen, draußen nicht von den Drogen lassen konnten und ein Teufelskreis entstand. Ergänzt wird die Thematik mit dem Ausbruch aus dem alten Leben, also dem anstehenden sozialen Aufstieg. Der Versuch einer weiteren Sozialkritik läuft dabei ins Leere, denn zwar spricht Nimo auf "Dolla Dolla" die Problematik des Kriegstreibens um des Dollars Willen an, verbringt aber einen Großteil der Zeit auf dem Track mit Beschaffungskriminalität. Die gewählten Featuregäste verdeutlichen zusätzlich, wie stark "Habeebeee" in der zweiten Hälfte nachlässt. Weder Capo noch Brate oder Soufian können Akzente setzen, O.G. gar wurde vermutlich auf Anspielstation 22 in der Hoffnung platziert , dass bis dahin niemand mehr zuhört. Es lässt sich für Nimo hoffen, dass eben dies auch auf "Leck Sibbi" zutrifft. Die pubertäre Schilderung von Spontansex steht der an Tygas "Rack City" angelehnten Hook in Sachen "betretenes Schweigen nach dem Anhören" in nichts nach. Ein wenig enttäuschend ist dann abgesehen von dem wirklich peinlichen Text die Tatsache, dass der Debütant bereits im vorherigen Track "Weil ein Adler nicht mit Tauben fliegt" die Phantasie geäußert hat, Kokain aus einer Vagina zu ziehen.


    Sie sagte: "Fick bitte meine dicken Silikontitten/
    Spritz bitte auf meine Botoxlippen"/
    Chanel-Coco-Brille, ihr Schal war von Louis/
    Ihre rosane Pussy beschmier' ich mit Kokain/

    (Nimo auf "Leck Sibbi")


    Es wird wohl deutlich, dass das Outro "Türen schließen sich" letztlich keine Sekunde zu spät kommt. Wie der Titel vermuten lässt, geht es auch hierbei wieder um den dauerpräsenten Knast, sodass sich man durchaus sagen kann, dass Nimo bis zum bitteren Ende seiner Linie treu bleibt. Wie lässt sich "Habeebeee" unter derart unterschiedlichen Eindrücken einschätzen?


    Fazit:
    "Habeebeee" erfüllt seinen Zweck. Nimo hat sich der Szene vorgestellt und wird vermutlich nicht allzu schnell wieder verschwinden, denn der Einstieg in die Top 10 ist bereits aller Ehren wert. Zudem hat die Szene einen Eindruck von der Vielfältigkeit des Newcomers erhalten. Zwar zeigt er sich auf dem Mixtape thematisch etwas beschränkt, lässt aber seine Fähigkeiten durchblicken und spricht nicht nur unterschiedliche Themen an, sondern hat auch durch die Beatwahl seine Varianz unter Beweis gestellt. Während mancher gestandener Künstler auf einem Stil festsitzt, zeigt Nimo, dass er sowohl auf Trapbeats als auch auf unterschiedlichsten samplebasierten Instrumentals gut klingt. Die schiere Länge des Mixtapes bei abnehmender, oder bestenfalls stagnierender, Qualität der Tracks führt allerdings zu einer deutlichen Einschränkung des Hörgenusses. Auch muss beachtet werden, dass bereits in der ersten starken Hälfte einige Skiptracks vorzufinden sind, sodass keine Spitzenwertung erwartet werden kann. Dennoch sollte hervorgehen, dass mit Nimo ein Künstler das Game bereichert, der das Potential hat, den ein oder anderen Klassiker beizusteuern.



    (Claude Gable)


    [redbew]2038[/redbew]


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    01. Intro
    02. Fremde
    03. Es wird hell
    feat. Marq Figuli
    04. Die Frau am Fenster
    05. Ich baller auf die Rapper
    06. Identität
    07. Komm her
    feat. Johnny Pepp
    08. Mama muss in Bau
    09. Nummer ziehen
    10. Sag mir
    11. Solo wie ne Band
    12. Vater
    feat. Samson Jones
    13. Outro


    Als Anfang 2014 mit "Seelenschrift" das Debütalbum des Frankfurter Rappers Born veröffentlicht wurde, folgte darauf nicht der große Durchbruch. Auch privat ging es beim Newcomer nicht aufwärts, denn es folgten eine schwere Trennung, der Jobverlust und die Auflösung des Labelvertrages. Mit "Grautöne" soll diese schwere Zeit musikalisch verarbeitet werden. Als neues Signing auf dem Vega-Label Über die Grenze hatte der Frankfurter gerade einmal drei Wochen Zeit, um das noch persönlichere zweite Release fertig zu stellen. Hat die kurze Zeit gereicht, um ein überzeugendes Album zu präsentieren?


    Den ausgeführten Abwärtstrend spricht Born im "Intro" an, lässt dabei aber seine Einstellung durchblicken, nicht aufzugeben und es mit dem aktuellen Release allen zu zeigen. Bereits im Intro wird die Instrumentierung des Albums zementiert. Sowohl Born als auch die Produzenten um Freshmaker und Johnny Pepp sind dabei der Ansicht, dass ein persönliches Album Pianobeats verlangt. Im Laufe des Albums werden diese um Streicher und einige "deepe" Synthesizer ergänzt. Die Stimmung von "Grautöne" bleibt somit durchgängig auf einem gedrückten Niveau und unterstreicht den Habitus des gebrannten Kindes optimal. Hierbei wird bereits die Inkonsistenz des Albums offenbart, denn die angesprochene Trotzigkeit im Intro, welche sich im Laufe des Albums immer wieder zeigen wird, passt so gar nicht zu den emotionalen Tiefflügen, zu denen Born auf "Grautöne" ansetzt. Oder bringt dieser Wechsel nur den Fatalismus einer geschädigten Seele zum Ausdruck? Wie dem auch sei, besagte Streicher eröffnen die zweite Anspielstation "Fremde", in der die Entfremdung von der Heimat beklagt wird. Diese Entfremdung findet dabei auf unterschiedlichen Ebenen statt. Neben den Menschen ändert sich die Umgebung an sich und auch Träume von gestern scheitern an der Gegenwart.


    Meine Emotion wird zur verdorbenen Frucht/
    Ich muss sehen, wie unser gestern im morgen verpufft/
    Gestorbene Kunst von Fremden missachtet/
    Schauen wir auf uns, wir ham's aus Händen gelassen/

    (Born auf "Fremde")


    Die Nutzung von Sprachbildern zur Untermalung tiefgründiger Gefühlszustände lässt dabei an Sierra Kidd erinnern, was durch die Wahl von breit ausproduzierten Piano-, String-, und Synthbeats noch verstärkt wird. Trotz des Altersunterschieds fällt es auch bei Born schwer, diese Art von Texten ernst zu nehmen. Es mag sein, dass Born auf "Grautöne" tatsächlich eine schwere Zeit verarbeitet und nicht nur den depressiven Phasen der Pubertät Ausdruck verleiht. Dennoch bedarf es als erwachsener Hörer definitiv einer gewissen Anstrengung, den mehr oder weniger schwerwiegenden Alltagsproblemen eines Fremden in blumiger Sprache zu lauschen. "Es wird Hell" ist dabei leider kein Hoffnungsschimmer. Vielmehr verkörpert Marq Figuil mit seiner Gesangshook das Leiden des Born, dem auf diesem Track der "Boden unter den Füßen wegbricht" und der vom "Schmerz zu Boden gezogen" wird. Eben diese bildhaften Formulierungen sind es, die "Grautöne" stellenweise schwer erträglich machen, denn sind die Übertragungen, Personifizierungen et cetera in der Regel bestenfalls passabel, erreicht die bildhafte Sprache auf dem vierten Track "Frau am Fenster" ihren Tiefpunkt:


    Meine Stimme bringt mich weit weg – Segelflug/
    Ein Mann der lieber schreibt, als dass er davon reden tut/

    (Born auf "Frau am Fenster")


    Dies ist dann auch der Moment, der bestätigt, dass hier kein komplexer Zwiespalt zwischen seelischen Tiefpunkten und Momenten des Aufbäumens gegen den psychischen Zustand beschrieben wird. Vielmehr verdichtet sich der Eindruck, dass mit aller Macht versucht wurde, durch eine Technik, die der Künstler nicht beherrscht, eine nachdenkliche, gedrückte und emotionale Stimmung zu erzeugen. Würde man Born etwas Böses wollen, könnte man sagen, dass er sein zweites Album vor allem durch die dauerhafte Imitation der Ultima Ratio zur Darstellung von Gefühlszuständen der Herren Griffey, Kautz und Jungclaussen gegen die Wand fährt. Aber es liegt viel näher, dass durch die kurze Zeit, in der die Katastrophe "Grautöne" zusammengeschustert wurde, den Sprachbildern à la "Schmetterlinge sterben so laut" nicht genügend Zeit gegeben wurde, sich angemessen zu entwickeln, um schließlich wohl dosiert den Weg auf die Platte zu finden. Somit wird der Hörer durch hohle Phrasen und Reime wie 'Segelflug' auf 'reden tut' erschlagen. Positiv kann gesagt werden, dass das Album hierdurch eine innere Konsistenz vorweist, die ihresgleichen sucht. Als Beispiel kann hierfür auch der Track, der sich hauptsächlich um Borns Liebe zu seiner Mutter und dem Rest der Familie dreht, genannt werden, denn hier wird der Grundstein für den Folgetitel gelegt. Die Hook "Denn Mama weiß, ihr Sohn ist kein Gangster" greift der Kritik an unrealen Gangsterrappern auf "Baller auf Rapper" vorweg. Hierbei wird die fehlende Authentizität vieler Kollegen angeprangert und die Message mit dem Bild eines Amoklaufs bei der nächsten Jam transportiert. Derartige Kritik liegt nahe, denn wie Born auf "Identität" selbst einleitend bekundet, hat er die "Flatrate für Echtheit" und spuckt daher als leuchtendes Vorbild für Realness auf Imagerapper. In diesem weiteren autobiografischen Track werden einmal mehr Stationen aus dem Leben Borns in bekannter Weise thematisiert.
    Als Lichtblick auf "Grautöne" kann "Mama muss in Bau" gewertet werden. Auf diesem Track widmet sich Born einem Thema, das beim besten Willen nicht mehr zu beliebig trivialen Problemen der westlichen Welt gezählt werden kann. Das Drama der inhaftierten Mutter wird hier recht nüchtern betrachtet. Auf tiefgründige Floskeln wird größtenteils verzichtet, dafür umso mehr auf Storytelling gesetzt. Hierbei wird auch deutlich, was aus "Grautöne" hätte werden können, wäre Born nicht bemüht, einen Stil zu kreieren, der letztlich die Imitation eines erwachsenen Sierra Kidd darstellt.


    Mom und Dad eingesperrt, zwei Kids zurückgeblieben/
    Jetzt hat Gott auf meine Briefe zurückgeschrieben/
    Wie soll man verstehen und wie der Oma erklären?/
    Denn sie hat doch schon seit kurzem unseren Opa nicht mehr/

    (Born auf "Mama muss in Bau")


    Ähnlich verhält es sich mit "Nummer ziehen". Der Track beschreibt, wie der Frankfurter wiederholt aufgrund seiner Bemühungen als Rapper entlassen wurde und gezwungen war, auf Jobsuche zu gehen. Es zeigt sich, dass Born seine durchaus passablen Fähigkeiten durch Storytelling wesentlich angenehmer zur Geltung bringt. Doch statt hieran anzuknüpfen, wird auf den letzten Anspielstationen erneut die bekannte Schiene gefahren und im "Outro" das Leiden noch einmal zusammengefasst.


    Fazit:
    Es darf angezweifelt werden, dass "Grautöne" zu den Releases gehört, die sich zum Jahresende in den Toplisten wiederfinden. Ob dies überhaupt die Absicht des Künstlers war, ist die Frage, denn fast durchweg hört sich "Grautöne" nach einem Tagebuch an. Ein Tagebuch, das ein Mensch mit wenig positiven Erfahrungen im Leben geschrieben hat. Neben Born selbst gehören zur Zielgruppe somit wohl vor allem Menschen, die einen Leidensgenossen brauchen, da sie vom Schicksal gebeutelt nach dem Soundtrack ihres Lebens suchen. Sind ebendiese Menschen nicht wählerisch im Hinblick auf Reimstrukturen und in der Lage, über die massenhafte Phrasendrescherei auf "Grautöne" hinwegzusehen, so wäre die Zielgruppe für das Release genauestens abgesteckt.



    (Claude Gable)


    [redbew]2031[/redbew]


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    zum glück ist der himmel voll mit alten säcken. kinder mochte er ja nicht... r.i.p. peter


    Das stimmt einfach nicht. Er hat mal in einem Interview gesagt, dass er es nicht mag wenn Kinder(meistens nich von ihren Eltern vor geschickt) bei ihm im Garten stehen und Autogramme wollen. Das ist völlig nachvollziehbar. Die Bild macht daraus selbstverständlich mit nem Ständer im Blick auf die Auflage "Peter Lustig hasst Kinder".