01. Arbeit macht mega Bock
02. Ghettoblaster
03. Tattoo feat. Sido
04. Einhorn Fang
05. Mama halblang
06. Dance feat. Vokalmatador
07. LSD
08. Hüpfburg
09. Fotos
10. Hauptsache Gold feat. DCVDNS
11. Paradies aus Glas
12. Mein Delorean
13. Zauberei
14. Blumenmädchen
MC Fitti, zu Beginn: Danke! Nicht nur dafür, dass Du das Wort "Geilon" genauso schnell populär gemacht hast und auf deutsche Schulhöfe brachtest, wie es wieder davon verschwunden zu sein scheint. Du hast außerdem letzte Hashtag-Entdecker in die Welt technisch wenigstens halbwegs affiner Jugendlicher geführt. Es ging um schöne Mädchen, Whatsapper und schnelle Ponys ... und wer dachte, mit der doch relativ überraschend verlaufenden Karriere des Wahlberliners sei nach dem Debüt Schluss, der hat sich geschnitten. Mit "Peace" lässt der Vollbartträger sein zweites Werk über Styleheads Music auf eine Meute kreischender Halbwüchsiger los – und auch diesmal sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt. Von Einhörnern, "Zauberei", "LSD" und der Hoffnung, ein auf den Zeitgeist fokussiertes Konzept langfristig zu etablieren.
Fangen wir doch ungefähr in der Mitte an, ganz unkonventionell. Denn dort lässt sich der vermutlich wertvollste Titel des Langspielers finden: "Einhorn Fang". Schließlich sollte das Hauptaugenmerk hier auf der musikalischen Seite der Medaille liegen – selbst, wenn diese auch nicht immer golden ist. Aber neben besagter Anspielstation, die wohl den größten Hit mit der eingängigsten Hook des Albums darstellt, bietet auch eine Handvoll anderer Songs Ohrwürmer ("Arbeit macht mega Bock") oder dance-taugliche Inhalte, wie das gleichnamige Lied ("Dance") schon zu versprechen scheint. Doch schon auf dieser Seite der Medaille lassen sich Kratzer und Unfeinheiten finden. Denn die von unter anderem Oliver Koletzki ("Der Mückenschwarm") produzierten Beats wissen mit abwechslungsreichen Synthies, Techno-lastigen und stellenweise dennoch HipHop-artigen Beats sogar zu überzeugen – wäre da nicht der ausgefuchste Spezialist, dem kein Beat so leicht davonkommt. An der Zeit des Autotune zum Beispiel ist MC Fitti locker eine halbe Dekade vorbeigerutscht, was ihm egal zu sein scheint. Selbstsicher wirkt er trotz allem, dieser Eindruck schwindet jedoch spätestens beim Hören des Effekts völlig: Auf "Zauberei" zerstört der Protagonist geradezu die nervige Hookline "Das' Zauberei" mit Kanonenfeuer auf jeglichen Hörgenuss in Form eines Autotune-Gesangs. Wobei es sich der 38-Jährige nicht nehmen lässt, dieses Trommelfellgewitter gebührend anzukündigen:
"Ich steh' am Mikro, dabei kann ich gar nicht singen/
Autotune an, plötzlich kann ich übelst singen/"
(MC Fitti auf "Zauberei")
Nicht der einzige Fehlschuss, der uns in den Texten auf "Peace" noch unterkommen wird. Denn drehen wir die Medaille um, ist aus raptechnischer Sicht das zweite Album des gelernten Elektrikers eine Nullnummer. Zur Einordnung der Reime braucht man eine Schublade unter der untersten, Flowvariationen lassen sich maximal zwischen Part, Hook und Features finden und, als wäre das nicht genug, fehlt MC Fitti jegliche textliche Substanz, die den Mangel an raptechnischer Qualität in irgendeiner Weise hätte rechtfertigen können. Die Inhalte des Musikers sind wieder einmal nur Produkte des Zeitgeistes, die Kunstfigur MC Fitti schafft nichts selbst, sondern gibt nur wieder – und das auf extrem oberflächliche Weise und, nach den verzeihlichen Aussetzern auf dem Vorgänger, ohne Anzeichen positiver Ansätze in Richtung Tiefgründigkeit und Wirkung. Oft sind gar weder Reim noch Aussage in einzelnen Zeilen zu finden.
"Nur Jogginghose, keine Arbeitsklamotten anzieh'n/
Voll hammer, oh, voll entspannend, ey/
Einfach ma' machen, wasse sonst nicht machen kanns', ne/
Ja, einfach mal nachmittags ein paar Freunde treffen/"
(MC Fitti auf "Mama halblang")
Minimale Lichtblicke seien dennoch nicht außer Acht gelassen: Die mögliche Retourkutsche "Paradies aus Glas" auf Bushidos Zeile "Dieser Penner MC Fitti lebt von Bierdosenpfand" ist zwar in der Umsetzung aufgrund raptechnischer Mängel und wenig Kreativität in puncto Metaphern und Finesse mangelhaft, die Idee ist jedoch ausgesprochen lustig und textlich wohl einer der Ausreißer nach oben. Auch "Mein Delorean" überzeugt zumindest in Ansätzen, da er den wechselhaften Zeitgeist endlich einmal beiseite lässt und die eigene Geschichte retrospektiv erzählt. Die Features stellen den Capfanatiker übrigens völlig in den Schatten: Schon mit dem soliden Vokalmatador auf "Dance", spätestens aber mit dem zweifellos überzeugenden Sido auf "Tattoo" und einem gewohnt technisch starken DCVDNS auf "Hauptsache Gold" sind die meisten unter den wenigen Momenten gefunden, die den Finger am Skip-Button noch einmal zurückzucken lassen.
Fazit:
Mit "Peace" hat sich Dirk Witek, so MC Fittis bürgerlicher Name, mit Sicherheit seine Einzigartigkeit, die er auf "Geilon" schon demonstriert hatte, beibehalten. Durch das neue Werk sind jedoch alle negativen Facetten ebendieser hervorgekommen und im Übermaß zelebriert worden. Denn das angebliche Unikat ist nur ein scheinbares: MC Fitti und vor allem seine Texte sind ein Produkt – aus Jugendkultur, Medien, vorzugsweise aus dem Internet, und den Bewegungen unserer Zeit. Nicht nur, dass jegliche Rapfähigkeiten fehlen, den Inhalten mangelt es massiv an der eigenen Note, der Musiker verliert sich in Phrasen und der Wiedergabe des Gedankenguts einer Jugend- und Popkultur, die der Künstler nicht interpretiert, sondern lediglich wiedergibt. Genau das lässt "Peace" letztlich in der Bedeutungslosigkeit verschwinden, sodass kleine Lichtblicke wie gute Features und ein paar Ohrwürmer dem Hörer nichts weiter geben als einmal Durchhören auf dem Weg zum Bäcker ... zum nächstgelegenen ... auf dem Hinweg.
(Max)
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