Original von Schönfelder
Diese Aussage bezieht sich ja unmittelbar auf die oben aufgegriffene Streitfrage, ob man "unfair" handelnde Menschen auch ungerecht behandeln/bestrafen sollte.
1. Beeinflusst eine psychische Störung nicht das Strafmaß, außer es geht z.B. nur um eine "leichte" Beeinträchtigung, die dann z.B. nach deutschem Recht zu einer eingeschränkten Schuldfähigkeit führen könnte, was hier aber weniger im Raum steht.
2. Es geht vielmehr darum, ob jemand schuldfähig ist, oder nicht. Wenn jemand nicht schuldfähig ist, d.h. das Unrecht seiner Tat nicht als solche einsehen und begreifen kann, weil es ihm aus Gründen, die in seiner Person liegen, unmöglich ist, dann kann er auch nicht dafür bestraft werden. Da aber gleichzeitig auch für die Sicherheit der Bevölkerung gesorgt werden muss und der Staat ein Interesse daran hat, kranke Menschen zu therapieren, wird so jemand dann nicht einfach freigelassen, sondern eben untergebracht. Wenn ein Tier ein Kind totbeißt, dann kannst Du es einschläfern lassen oder einsperren, um andere Kinder davor zu schützen, dass sich die Tat wiederholt. Wenn aber ein Tier in ein Geschäft geht und einen Apfel aus dem Obstkorb nimmt, dann kannst Du es nicht für diese Handlung bestrafen, da es im Allgemeinen keine Vorstellung davon hat, was Eigentum bedeutet.
3. Es kann sich keinesfalls jeder Mörder "als gestört hinstellen" lassen. Vielmehr ist eine psychatrische Begutachtung erforderlich, die mehr erfasst, als die unmittelbaren Aussagen des Täters über sich selbst.
4. Am bedenklichsten finde ich Deine Differenzierung nach der Schwere der Tat. Entweder ein Staat bzw. der Gesetzgeber entscheidet sich dafür, nur die Täter zu bestrafen, die fähig sind, das Unrecht ihrer Tat einzusehen, oder nicht. Er formuliert dann die These: "Jeder Mensch, der nicht schuldfähig ist, kann nicht bestraft werden, sondern wird untergebracht" und subsumiert unter diese These die jeweiligen Fälle. Würde er nun die These je nach Fall "anpassen" bzw. nicht anwenden, fehlte es ihm selbst an Glaubwürdigkeit und Konsequenz. Gesetze sind nach unserem rechtlichen Dafürhalten nur dann gültig, wenn Jedermann im Vorhinein weiß, was ihn im Falle einer Verurteilung erwartet. Aus diesem Grunde existiert auch der Grundsatz "keine Strafe ohne Gesetz". Gleichwohl sind Deine Ansichten in der breiten Bevölkerung zweifellos weit verbreitet. Dies ist ein Problem der Emotionalisierung, an dem auch die Medien zumindest eine Teil-Mitschuld tragen, dass man nämlich bei besonders schweren Straftaten die eigenen Grundsätze über Bord wirft, angesichts der Unverständnis. Deshalb sollten Juristen zum rationalen Denken und zur Differenzierung fähige Menschen sein.