01. Intro
02. Für einen Traum
03. A.S.I.K.
04. Ein Engel auf Erden
05. Was is hier los
06. Guck mich an
07. Aus dem Nebel ans Licht
08. Wieder ein Kind
09. Überleben feat. Jonesmann
10. Legendär
11. Heute
12. Ich bete zu dir
13. Outro
"Musik ist Emotion und Authentizität, Therapie und Realität." Diese Aussage entstammt nicht etwa einer musikwissenschaftlichen Abhandlung, sondern dem Pressetext zu Asiks Debütalbum "Überleben". Der aus Griechenland stammende Rapper hat sich zum Ziel gesetzt, dem dahinsiechenden Deutschrap wieder Musikalität einzuverleiben. Die Notwendigkeit dafür sieht Asik dem Umstand geschuldet, dass die Szene in letzter Zeit mehr durch die "aufgesetzten Gangster-Images von sich reden machte als mit guter Musik". Eine typische Aussage der momentanen Post-Aggro-Ära. Ein großer Teil der Deutschrap-Szene ist auf der Suche nach der neuen Ehrlichkeit. Künstlerische Impulse mit substantieller Prägungskraft sind daraus jedoch noch nicht hervorgegangen.
Allerdings scheint "Authentizität" allmählich zum neuen Modebegriff der Szene zu avancieren. Auch Asik nimmt für sich in Anspruch, das "Leben und Überleben in einer asozialen und sicken Gesellschaft" zu thematisieren. Das klingt alles im entfernten Sinne nach Konzeptalbum oder ambitioniertem künstlerischen Konzept, nimmt sich in Wirklichkeit aber wesentlich bescheidener aus. Auf elf Songs (plus Intro und Outro) hat Asik ein Sammelsurium an Themen, Einflüssen und Musikstilen verarbeitet, dessen roter Faden sich nur schwerlich erschließen mag. Die Bandbreite reicht vom karibisch klingenden Spaßliedchen "Was is hier los" über allseits bekannten Representer-Stil ("A.S.I.K.") bis hin zu eher düster gehaltenen Selbstreflexionen über die Vergangenheit ("Aus dem Nebel ans Licht"). Produziert von vermeintlichen Größen wie Lex Barkey, Shuko, PhreQuincy, M3&Noyd und den Beatgees, sind die Beats überraschend uninspiriert ausgefallen. Routiniertes Handwerk mit viel Synthie-Spielereien ohne größeren Wiedererkennungswert. Vor allem Lex Barkey, der auf dem letzten "Echte Musik"-Sampler die Highlights lieferte, bietet bestenfalls Durchschnittskost und verantwortet zusätzlich die frustrierend lahme Produktion von "Intro" und "Outro".
Wo ein Lex Barkey produziert, ist natürlich auch "Echte Musik"-Labelchef Jonesmann nicht weit. Sein Gastauftritt auf dem Titeltrack veredelt das ohnehin beste Stück des Albums. Auf einen düster pulsierenden Beat droppt Asik die nachdenklichsten Lyrics der gesamten LP:
"Alles zieht mich runter, jeder Tag wie eine Qual/
Bin gezwungen zu rebellieren, Alter, manchmal hast du keine Wahl/
Dauernd sind die Krisen da und ich spüre jedes Mal/
Wie sie mich verfolgen, als wäre ich irgendein Psychopath/"
Jonesmann steuert dazu den passenden Refrain bei. Was schon bei Azad aufging ("Kopf hoch"), funktioniert auch hier ohne Einschränkung: nachdenkliche Verse und optimistischer Refrain als perfekte Kontrastierung der Ambivalenz von Lebensumständen. Das eigene Leben als permanenter Selbstzweifel – ein immer wiederkehrendes Kernthema des Albums, gespiegelt auch auf "Aus dem Nebel ans Licht":
"Was ist nur mit mir geschehen, ich komme damit nicht klar/
So vieles hat sich verändert bis zum heutigen Tag/
Ich habe auf alles geschissen und die Schule verkackt/
Meine Eltern enttäuscht und hab' darüber nicht nachgedacht/"
Das gleiche Lob lässt sich eingeschränkt auch für die erste Single "Engel auf Erden" aussprechen, eine Hommage an die eigene Mutter. Es ist beinahe ironisch, dass der so auf Authentizität bestehende Asik einem typischen HipHop-Klischee erliegt: die eigene Mutter emotional, alle anderen Frauen nach äußerlichen Merkmalen ("Heute") zu stilisieren. Wenigstens gelingt ihm beides mit Konsequenz und "Engel auf Erden" kann ohne Einschränkung als sensible Hommage gelten, die ohne jede künstliche Rührseligkeit auskommt.
"Du bist ein Engel auf Erden, es ist nicht leicht zu erklären/
Was du mir wirklich bedeutest, denn ich hab' dich so gern/
Ich würde für dich sterben, weil ich dich so liebe/
Du bringst Licht in mein Leben aus der dunkelsten Tiefe/"
Leider bleiben lyrische Souveränität und inhaltlicher Tiefgang über den größten Teil des Albums auf der Strecke. Wer wie Asik das Motto "Nur die Lyrics zählen" als Eigenanspruch wählt, muss mehr liefern als Standard-Reime auf Standard-Themen wie Liebe ("Guck mich an"), Religion ("Ich bete zu dir") oder Kindheit ("Wieder ein Kind"). Für deutschen Rap gelten die gleichen Gesetze wie für alle anderen Arten von Musik: Authentizität, Emotion und Intellektualität sind zulässige künstlerische Mittel, jedoch kein Selbstzweck. Genauso wenig wie Unterhaltung an sich Selbstzweck ist. Gelingende musikalische Produktion braucht im Normalfall beides.
"Überleben" mag die eigenen künstlerischen Ansprüche erfüllen, über weite Strecken ist das Debüt aber schlicht ermüdend. Für ein solides Erstwerk reicht das noch gerade aus. Für den künstlerischen Durchbruch muss Asik seine inhaltliche Potentialität aber wesentlich unterhaltsamer gestalten.
(Philipp_)
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