Beiträge von baurau

    Oh, eine Review die mich interessiert. Sehr schön, das Album muss ich mir endlich mal anhören, habe ich schon länger im Hinterkopf.
    "Venusrapperinnenfalle" finde ich etwas gezwungen blumig formuliert.
    Dafür ist dieser Teil "Das ist durchaus kompetent umgesetzt, aber zu diesem Sound hat R. Kelly schon in den 90ern Minderjährigen in den Mund gepisst, mit zeitgemäßem Soul, wie ihn Syd von OFWGKTA mit Fin zuletzt eindrucksvoll demonstriert hat, hat dieses solide Handwerk wenig zu tun. Und so schafft die Produktion Homogenität, aber auch dessen hässliche Schwester Eintönigkeit, da braucht es eine(n) starken MC, um Abwechslung und Kontraste zu schaffen." sehr schön :)


    danke dir- nur eine anmerkung zum linepicking: ich schreibe hier nicht für vice und dementsprechend versuche ich auch nicht, coole zitierfähige lines oder begriffe rauszuhauen, die sich tussen auf ihre einkaufsbeutel drucken können. meine review soll kohärent und auch im stil schlüssig sein, also wegen mir nicht unbedingt kritik/ lob für einzelne wörter oder sätze, das finde ich persönlich am wesen der aufgabe vorbei.

    Guck mal baurau, ich glaube gar nicht, dass das Grundproblem ist, dass du grim auf dem Album gut und testo halt nicht so findest. Es wirkt auf den Außenstehenden allerdings so, dass du schon mit genau dieser Erwartungshaltung an die Bewertung rangehst, eine Einleitung sagt ja schon aus, Grim104 einer der beste, wenn nur nicht testo wäre, der mir die Lust auf das Album schon nimmt bevor ich angefangen habe zu hören. Finde es ja legitim, dass es bei dir so ist, ich würde es nur in deiner Erwartungshaltung bzw. Einleitung vielleicht nicht schon so deutlich sagen, dass ist mir persönlich nämlich auch etwas aufgestoßen als ich die Review gelesen habe, dass es rüberkam als ob du testo einfach keine Chance geben willst.


    das verstehe ich vollkommen, aber das hat doch auch etwas mit ehrlichkeit gegenüber euch lesern als individuen zu tun. natürlich kann ich das alles verschweigen, aber das ist doch kindergarten. zumal es ja eben klare fakten gibt, an denen ich das fest mache, eben der sich wandelnde sound von ZM. das album steht ja nicht für sich, sondern ist teil der diskographie der beiden, und dann will ich die entwicklung auch nennen und muss sie dann auch bewerten. dass die kurve in einem aspekt weiter in eine richtung zeigt, dafür kann ich ja nichts. es wurde ja auch ausreichend betont, was alles gefällt, und wo die kurve nach oben zeigt. hängt euch nicht so an der einleitung auf, irgendwo muss man anfangen, lest das ganze ding und nicht wie ein deutschlehrer ("wie könnte jemand anderem dieser einstieg gefallen"), sondern wie mündige musikbegeisterte ("wie hat mir diese ganze review gefallen")


    01. Laila’s Wisdom
    02. Power
    feat. Kendrick Lamar und Lance Skiiiwalker
    03. Chrome (Like Ooh)
    04. Pay Up
    05. Ridin'
    feat. GQ
    06. Sassy
    07. Nobody
    feat. Anderson .Paak, Black Thought und Moonchild
    08. Black and Ugly feat. BJ The Chicago Kid
    09. You Should Know feat. Busta Rhymes
    10. A Rollercoaster Jam Called Love feat. Musiq Soulchild und Gwen Bunn
    11. U Used 2 Love Me feat. Terrace Martin
    12. Knock On My Door feat. BJ The Chicago Kid
    13. OooWee feat. Anderson .Paak
    14. Jesus Coming feat. Amber Navran


    Wenn ich mich nicht täusche, rezensiere ich hier zum ersten Mal eine Frau, ich bin ganz hibbelig. Wusste ich zugegeben gar nicht, als ich die Review annahm, Rapsody ist schon recht neutral. Im Hinterkopf hatte ich die Böhmische (get it?) allerdings, sie hat nämlich bei "To Pimp a Butterfly" auf dem allerdings nicht allerstärksten Song "Complexion (A Zulu Love)" mitgewirkt, trotzdem gibt es schlechtere Posten im CV. Die Gute ist jedenfalls seit letztem Jahr bei Jiggas Roc Nation Label unter Vertrag, was Grund genug für r.in ist, uns "Laila's Wisdom" anzuhören und festzustellen, ob wir Hovas Enthusiasmus teilen.
    Zu den vielen Sachen, die ich als unangenehm empfinde, zählt unauthentisches Rappen. Weibliche MCs leiden als Rap-Minderheit unter der Versuchung, wie ein 13-Jähriger Junge vor dem Stimmbruch zu klingen. Sie beobachten halt den Markt und sehen wenig erfolgreiche Frauen und viele erfolgreiche Präpubertäre, das stimmt schon, klappt bei ihnen aber halt trotzdem nicht. Deshalb gleich mal die gute Nachricht: Rapsody rappt wie eine Frau und singt auch wie eine Frau und beides macht sie gut, und singen tut sie vor allem songdienlich, nicht als show-off. Minderheitenfalle Nummer zwo: Die eigenen Themen verkrampft komplett meiden oder nur über seine eigene zu kleine Nische jammern. Die erste Option führt oftmals dazu, dass einem die Themen ausgehen (Eve), da man über das, was einen eigentlich interessiert, nicht rappen will, die zweite dazu, dass man zur Karikatur wird (Nicki Minaj).


    He just wanna lay up in yo' place
    Livin' off yo' income, chillin' all day
    Borrowed her the car and bring it back on low tank
    With his homeboys' homeboys playing 2k

    (Rapsody auf "Pay Up")


    Und schon wieder habe ich gute Nachrichten, denn Rapsody vermeidet auch diese Venusrapperinnenfalle. Nicht nur hat sie wirklich gute Lyrics im Sinne einer lebendigen und formschönen Sprache, die dem Rhythmus ihres Vortrags zupasskommt, sie berichtet reflektiert und intelligent von ihrem Kosmos als kontemporäre schwarze Frau. Man hat fast nie den Eindruck, dass sie in einer Passage eigentlich nichts zu erzählen hatte und halt noch irgendwas zu Papier bringen musste. Allerdings, das wäre dann aber auch ein sehr hoher Maßstab und für unsere MC erst der nächste Schritt, findet auch kein fortgeschrittenes Storytelling à la Cave, Common oder Lamar statt. Gerade letzterem eifert die Rapperin aber ganz offenkundig nach, wenn sie mit "Jesus Coming" einen skelettierten, rein auf ihren Rap konzentrierten und inhaltlich abstrakten Song ans Ende von "Laila's Wisdom" stellt, in dem die Interpretin bei einem Gangkonflikt erschossen wird, während sie ihre Tochter zum Spielen begleitet (wobei sie aber die Charaktere nur grob zeichnet). Diese Gewalterfahrung und die Reflexion darüber, warum sie geschieht, ist dann auch ein typisches Themenbeispiel für die Scheibe, dazu kommen beispielsweise Sub-Dom-Beziehungen ("Pay Up"), die eigene Unsicherheit ("Black & Ugly") und die eigene Ohnmacht ob politischer Verwerfungen ("Nobody"); alles unmittelbar, glaubhaft und reflektiert.


    So excited to play but now there's blood soaking our clothes/
    And we ain't have nothing do wit [sic!] it/
    Why they have to trip we were enjoying the day/
    But they had to go and ruin shit

    (Rapsody auf "Jesus Coming")


    Noch kurz zu ihrer Sprache: Rapsody rappt mit einem großen Vokabular und bemerkenswerter Stilsicherheit, das Ganze liest sich aber wie Cindy aus Marzahn, Detroit-Edition. So reden schwarze Frauen in den USA zumeist aber nun mal und ich finde es gut, dass Rapsody keinen Grund sieht, das zu verstecken, auch wenn es sich für den ungeübten Fremdsprachler vielleicht sogar noch weniger als für einen weißen US-Amerikaner wie Unterschichtendialekt anhört.
    Produziert hat das Album 9th Wonder, der bereits zuvor mit der MC zusammengearbeitet hat. For better or worse hört man seinen Einfluss recht stark heraus, denn als Produzent ist er für Soul-Samples so bekannt wie Kid Rock für versifften Feinripp; kaum ein Song, der ohne Ohh-Ohh-Säusel-Sampel und weichen Bass auskommt. Das ist durchaus kompetent umgesetzt, aber zu diesem Sound hat R. Kelly schon in den 90ern Minderjährigen in den Mund gepisst, mit zeitgemäßem Soul, wie ihn Syd von OFWGKTA mit Fin zuletzt eindrucksvoll demonstriert hat, hat dieses solide Handwerk wenig zu tun. Und so schafft die Produktion Homogenität, aber auch dessen hässliche Schwester Eintönigkeit, da braucht es eine(n) starken MC, um Abwechslung und Kontraste zu schaffen. Umso mehr, als dass 9th Wonders Songs größtenteils gedrängt am Ende der Scheibe zu finden sind und so teilweise den leichten Geschmack von Fillern haben ("A Rollercoaster Jam Called Love", "Knock On My Door") und so das Organische, das Warme einer guten Soulproduktion, wie es bei "U Used 2 Love Me" und "Black & Ugly" zu Tage tritt, unnötig etwas verwässern.
    Eine starke Rapperin ist Rapsody gottlob, sie hat einen im hohen Maße melodischen, leicht abgehackten Rapstil, den sie offensiv und laut vorträgt und der so sehr lebendig wirkt. Cloud-Rap könnte sie damit vermutlich nicht vertonen, aber muss sie ja auch nicht. Sie trägt auch die wenigen schwächeren Beats ohne Probleme über die Ziellinie. Trotzdem ist man für jeden Song dankbar, der aus dem üblichen Soulrahmen ausbricht, und absurderweise ist der einzige nicht-Soul-Song von 9th Wonder, das megastarke "Power", der frühe Höhepunkt der Platte, auf das mit "Chrome (Like Ooh)" und "Pay Up" die nächststärksten Songs folgen. Alle drei verfügen nämlich über einen deutlich lebendigeren und straighteren Beat als die übliche Soul-Produktionen, was Rapsodys ja selbst sehr extrovertierter Delivery entgegenkommt und sie anscheinend auch zu Höchstleistungen motiviert; daneben sind alle drei Songs auch schlicht gutes Songwriting und die Produktion nicht nur anders, sondern auch stark. Selbst ein K-Dot hat auf "Power" offenkundig viel Spaß, ein so engagiertes Feature bekommen von ihm normalerweise nur die Black Hippys oder Kanye.


    Neben dem bereits angesprochenen King Kunta finden sich als Feature-Partner der mir immer ein bisschen überschätzt vorkommende Säuselwicht Andersoon .Paak wieder, hinzu kommen einige Mitläufer, aber auch Schwergewichte wie Busta Rhymes und Black Thought. Selbst wenn die beiden ihren Schaffenszenit 19XX erreicht hatten, die Verkaufszahlen ziehen sie bestimmt immer noch an. Hier stören die alten Säcke nicht besonders, haben aber auch nichts Großartiges beizutragen. Unnötig zu sagen, dass Kendrick dafür liefert, allerdings, und das ist angenehm, lässt Rapsody zu keiner Zeit die Zügel aus der Hand und ist auf jedem Track selbst die bestimmende und stärkste Interpretin.


    Fazit:
    Wow, das ist richtig gut. Ich habe auf jeden Fall eine neue Lieblings-Rapperin, hatte aber auch nur eine vorherige (sorry Sookee, es ist NoName), die dieses starkes Album noch dazu vor allem mit ihren eigenen Fähigkeiten trägt und nicht etwa durch smartes Beatpicking. Ich freue mich jedenfalls auf Rapsodys weitere Werke auf Roc Nation, allein die Gäste und die sehr warme Rezeption der US-amerikanischen Fachpresse sollten ihr ordentliche Verkäufe bescheren. Beim nächsten Mal 9th Wonders Nummer etwas weniger oft wählen, auch wenn er ihr Entdecker war, und Mut zum elaborierteren Storytelling, sonst sehe ich wenig Raum nach oben. Potential für ein 6 Mics-Album ist auf jeden Fall vorhanden.



    Franz Xaver Mauerer


    [redbew]2293[/redbew]


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    wenn du denkst, dass ZM ihre musik wegen ihrer (wie bereits in der review betont, völlig oberflächlichen und beliebigen) gesellschaftskritik machen, dann bewundere ich deine naivität, empfehle dir aber, deinen keller nicht mehr zu verlassen, denn die welt draußen ist böse.


    zum rest: dein punkt ist also, dass ich testo zu schlecht finde? siehst du den irrsinn? ich hab ja die review geschrieben. wenn jemand anders die review über meine meinung geschrieben hätte, dann hätte er meine meinung vl nicht getroffen. aber ich bin halt ich... get it? sowohl der thread als auch fb sind mir dabei ziemlich wurscht, da meine kritikpunkte an testos stil bislang nur mit "aber ich find den besser" gekontert wurden.


    deine halbsteifen "herr lehrer, der franz hat was vergessen"-anmerkungen kannst du gerne einpacken. ich schreibe reviews, ich bin kein katalogisierungsinstrument. silkersoft ist für den sound des albums ganz maßgeblich, das ist so. ich erwähne auch in anderen reviews selten alle beteiligte. ich habe auch nie behauptet, dass grim nie an hooks mitgewirkt hätte; ich erwähne testo beim kritikpunkt hooks nicht mal. die hooks sind auch dann cheesy, wenn grim mit"singt", allerdings ist auch klar, dass testo in sachen stimmtiefe grim bei hooks untergehen lässt (live btw noch deutlicher)


    du wirkst sehr glaubwürdig, wenn du deiner pflicht als internettroll, der nichts besseres zu tun hat, als sich über reviews zu echauffieren, nachkommst, gz


    der rest der redaktion sieht das album btw tendenziell negativer, nicht, dass es von belang wäre. wenn du aepp nen fuffi spendierst, schreibt er dir bestimmt noch eine review, ganz wie du sie haben willst (ich aber gerne auch!).


    01. Intro/Liebe
    02. Blackout
    03. Bass
    04. Bros
    05. Vagabundo
    06. Arrêté (Skit)
    07. Ich will dass du mich brauchst/ Maria
    08. Dizzee Rascal Type Beat
    09. Doverstreet
    10. Nightlife
    11. Gamma
    12. Colette
    13. Sag mir wenn du high bist
    14. Monica Bellucci
    15. Aretha Franklin Freestyle


    Prätention, das ist das Wort, das einem unvermeidlich einfällt, sobald man sich etwas mit RIN beschäftigt. Die Cornraw-Zöpfchen, das etwas zu Gepflegte, die grotesken Klamotten zwischen MC Hammer und schlanker Missy Elliot, das Posen vor imaginären Fotoshootings in seinen Musikvideos, das alles ist umso schwerer zu schlucken, da er und seine Crew, vor japanischen Leuchtreklamen posend, ihr Gehabe ernst zu nehmen scheinen. Ich muss gleich zu Beginn dieser Review zugeben, dass mich modisch lediglich eine nach Meinung meiner Frau "lächerlich hohe" Anzahl an Bandshirts auszeichnet, darüber hinaus ist mir Mode recht wurscht. Das bringt leider einige Deutungsprobleme bei "Eros" mit sich, da RIN auf manchen Songs circa alle 2 Sekunden den Namen irgendeines Labels, Onlineshops oder des persischen Schneiders um die Ecke droppt, gern auch zusammenhanglos, anscheinend um sich selbst an den noch nicht finalisierten Warenkorb im Firefox-Tab zu erinnern.
    Tatsächlich, und das zeigt der Albumtitel "Eros" ja auch schon, geht es aber in den nicht gerade wenigen wirklich emotional beladenen Tracks um Beziehungen, tatsächlich wirkt es so, als ginge es bei der ganzen Chose um eine einzige Beziehung, die mehr Hochs und Tiefen hat als eine "Ren & Stimpy"-Folge. Ob vom Interpreten selbst bewusst so platziert oder nicht, wirkt sein Modetrieb samt groteskem Brand-Dropping in diesem Kontext wie ein Bewältigungsmechanismus. Nur so sind von einem eigentlich fähigen Schreiber Texte wie "sähe ich aus wie du, würde ich mich schämen" (RIN auf "Blackout") erklärbar und damit wäre zumindest auch der extreme Kontrast zwischen nahbaren und oberflächlichen Texten verständlich. Denn immer wenn der gute RIN vom Ihn-RIN-Machen erzählt, bekommen die Lyrics sozusagen Grip und wirken nicht wie dadaistisches Rhythmus-Instrument zu Modewerbung, sondern haben eigentlich immer etwas zu erzählen, selbst auf einem vordergründig hohlen Song wie "Arrêté":


    Du hast Streit mit Cousin Ramazan/
    Du willst keine Liebe machen, es ist Ramadan/
    Doch wir sündigen nicht, machen Liebe nur ohne den Gummi

    (RIN auf "Arrêté")


    Das erzählerische Element in RINs Liebesliedern ist stark, da authentisch und unmittelbar wirkend. Dazu trägt bei, dass es meist ein recht schmerzhaftes ist, wenn Shawty in "Monica Bellucci" ihrem lieblosen Zuhause ihre Drogensucht zu verdanken hat, die Dame in "Arrêté" versucht, sich von ihrer muslimischen Familie zu emanzipieren, das Mädel in "Nightlife" unseren MC betrügt und der Interpret in "Intro/ Liebe" und "Ich will dass du mich brauchst/ Maria" schließlich gar nicht weiß, wohin mit seinem Schmerz durch das Verlassenwerden und sich selbst vergeblich Mut und Martin-Dean-Coolness zuspricht in "Vagabundo".


    Dein Papa war nicht hier/
    Also steig mit mir in diesen Zug/
    Du bist jetzt allein mit mir/
    Meld dich heute ab von deinem Lovoo

    (RIN auf "Arrêté")


    Wenden wir uns von den Texten ab und dem Songwriting und der Produktion zu, fällt auf, dass das Album in drei Teile zerbricht: Einem sehr starken, angeführt von einem Mördersong ("Ich will dass du mich brauchst/ Maria"), einem ziemlich guten und einem eher schwachen, lustlos wirkenden. Die Diskrepanz ergibt sich bei den hervorragenden Tracks aus der Dynamik und dem Willen zur Ruptur, die eben ein "Ich will dass du mich brauchst/ Maria" so bärenstark und interessant machen; man höre nur das absurd starke Ende. Hier und bei "Intro/ Liebe", "Gamma" und "Vagabundo" hat man zu jedem Zeitpunkt den Eindruck, dass der Track stante pede eine 180-Grad-Wende machen könnte und sich trotzdem organisch in das Klanggefüge einordnen würde, da der Bietigheim-Bissinger zu jeder Zeit die Zügel in der Hand hält und man auch beim dutzendfachsten Hördurchgang immer noch Details und Nuancen entdeckt, die einem Freude bereiten. Das gilt hier eben nicht nur für die Instrumentierung, sondern auch für RINs Vortrag, der dank seiner interessanten, oft etwas scharf ankommenden Stimme und der Fähigkeit, schnell einen Flow zu kreieren, auf diesen persönlich wirkenden Liedern ganz exzellent rüberkommt. Bei den guten Songs fußt sie auf der narrensicheren hervorragenden Produktion eines "Blackout", "Dizzee Rascal Type Beat" und "Monica Bellucci", die für sich genommen aber recht konservative Songs mit simpler Struktur sind. RIN rappt die handwerklich sauber runter, sie würden sich aber selbst bei Kurdos Gestammel noch annehmbar anhören angesichts der bärenstarken musikalischen Grundlage von Minhtendo, Lex Lugner und Alexis Troy – alle bestimmt nicht billig, aber in diesem Fall ihre Taler wert. Die maximal durchschnittlichen bis schlechten Songs zeichnet aus, dass RIN ihnen spürbar die Liebe versagt und in einen Track wie "Bass" oder "Doverstreet" entweder 15 Minuten Arbeit gesteckt hat oder aber so viel, dass das Endergebnis abgeschliffen und fade wirkt. Diese schablonenartigen Machwerke wirken wie Massenware, ohne Seele und, noch schlimmer, ohne jede Energie. Das sind auch nicht einfach Kiffersongs oder relaxte Tracks, sondern vor sich hin mäandernde Filler (schlimm: "Colette").


    Wo wir von einerseits oberflächlichen und andererseits katharsischen Lyrics sprachen, da kann man zum Schluss dieser Review RIN den Vergleich mit Yung Hurn, den nicht nur in diesem Magazin höchst angesehenen Prinzen des artsy Befindlichkeitsraps und des Schwaben ehemaliger Förderer, nicht ersparen. Und dabei fällt auf, dass Hurn seine Kunstfigur schlicht besser im Griff hat. Nicht nur bringt er konstantere Leistungen über Albumlänge, sondern sein Konzept und Auftreten wirkt deutlich durchdachter und in seinen Brüchen gewollter als das Modegetue des herzgebrochenen RIN. Wenn Hurn der Cloud-Rapper-Bowie unserer Zeit ist, gönne ich RIN aber den Titel des emotional gebeutelten und partysüchtigen Iggy Pop. Was ich übrigens nicht teilen kann, ist der Vorwurf mancher Kollegen (am explizitesten bei laut.de, bemüht Google), dass RIN Hurn imitiere – die Gemeinsamkeiten sind vorhanden, ja, gerade in der Art, wie sich beide geben. Aber genau deswegen fand Hurn RIN doch auch interessant und holte ihn ursprünglich ins Boot. Es wirkt für mich wie eine arge Verengung, allen abgemagerten Augenringe-Dudes mit cloudigen Liebes- und Luluthemen im Sprechgesang vorzuwerfen, sie eiferten sich gegenseitig nach. Auf die Idee wäre bei Danzer und Ambros oder Nash und Stills auch keiner gekommen. Die junge Rapszene ist nun mal nicht unendlich groß und eben als Milieu zwangsweise etwas homogen, da gibt es zur Stunde nicht 20 Rapstile, und junge Leute reden halt meist von Liebe und Lulu.


    Fazit:
    Einfach ist "Eros", dessen gelungenes Cover hier noch lobend erwähnt werden soll, nicht, die anhaltend guten Verkaufszahlen verwundern insofern und sind wohl auf kluge Ausnutzung seines "Bianco"-Hypes und ebenso schlaue Singlewahl zurückzuführen. RIN ist zwar kein kohärentes Album gelungen, erst recht kein Partyalbum, dafür hat man den Eindruck, dass ein hochgradig talentierter Musiker sein Debütwerk dazu nutzen konnte, etwas Seelenballast loszuwerden und gleichzeitig sein großes Talent als Beatpicker und sein großes Potential, wenn nicht unbedingt aus technischer Sicht als Rapper, aber als Unterhalter und Künstler zu demonstrieren. Die mangelnde Konsistenz ziehe ich angesichts mancher Topsongs dem Durchschnittsbrei so manch anderer MCs allemal vor. Was kann man vom Debütalbum eines gehypten Künstlers eigentlich mehr erwarten, als dass es das Interesse auf das Zweitwerk nur weiter steigert?



    Franz Xaver Mauerer


    [redbew]2290[/redbew]


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    "Plattenbau O.S.T." fand ich fei ziemlich stark... Wo bitte singt Testo darauf...? Brudi...?


    hatte da etwas umgestellt- das gab mehr Sinn, als die Kritik am "Singsang-Rap" von Testo (jetzt im 4. Absatz) noch davor stand, und bezieht sich eben auf Testos zähflüssigem Pseudorap, der sich für mich so anhört, als würde er mit Teppich im Mund versuchen zu singen. Extrembeispiel: Plattenbau OST mit seinen unerträglichen Parts.


    ob ein Sound vonnöten ist, um Kohle zu machen, sei mal dahingestellt...


    dein Punkt ist, dass ich Testos Rap mögen muss, weil er anders als Grims ist?


    01. Intro
    02. Was für eine Zeit
    03. Uwe & Heiko
    04. Alle gegen Alle
    05. Vor Adams Zeit
    06. Stirb!
    07. Yeezy Christ Superstar
    08. Nachtbus – das war Ich hasse alle
    09. Teenage Werwolf
    10. Steffi Graf
    11. Der müde Tod
    12. Steine & Draht


    Ich oute mich gleich mal als sort-of ZM-Fanboy – und höre, glaube ich, schon, wie sich die Kollegen bei Max im Büro versammeln und Wurfgeschosse verteilen. Meine Zuneigung rührt hauptsächlich daher, dass ich grim104 für den deutschsprachigen Rapper mit dem größten Potential halte. Dieses Potential rief er bei frühen Veröffentlichungen von Zugezogen Maskulin (hört euch nur "Lena Meyer Landruth" oder "Häuserkampf" an) regelmäßig ab und kulminierte in seiner bärenstarken selbstbetitelten EP. Testo wiederum ist der Grund für das "sort-of", denn obwohl dieser junge Herr live sehr gut rüberkommt, halte ich ihn für einen technisch deutlich beschränkten Rapper, der noch dazu nicht im Geringsten an die Texter-Fähigkeiten von grim herankommt. Dass er nicht ganz mithalten kann und eigentlich nichts zu sagen hat, spürt Testo wohl selbst, weshalb er ins vermeintlich Poppige und Plakative ausweicht, dabei aber schon beim ersten Schritt in Beliebigkeit und Stumpfsinn versinkt, was in seiner fürchterlichen "Töte deine Helden"-EP gipfelte. Die schlechte Nachricht ist, dass 104 zwar immer noch liefert, aber Testos Einfluss im Soundbild deutlich stärker wird und "Alles brennt" mit seinen plakativen Botschaften und Testos Gesang (bei "Plattenbau O.S.T." läuft es mir immer noch kalt den Rücken runter) das schwächste Release der beiden war, auf dem eigentlich nur grims Solosong "Oi" wirklich überzeugen konnte.


    Doch plötzlich feiern alle halbironisch reiche Bengel/
    Mit dem Sarah-Michelle-Geller-Swag aus "Eiskalte Engel"/
    Hip-Hop hieß auf einmal: Unsere Väter haben Geld/
    Und wir campen für die Yeezys vor dem Solebox in 'nem Zelt

    (Grim104 auf "Yeezy Christ Superstar")


    Sieht man sich das Cover dieses Albums an und den Titel "Alle gegen Alle", dann drängt sich mir das üble Gefühl in die Magengegend, dass der dämlich wirkende Titel keine Sub-Ebene umfasst, sondern wirklich so blass-verhärmt auf Bento-Art (ich schwöre, dass mir erst, nachdem ich das geschrieben hatte, aufgefallen ist, dass die eine grässliche Review zu dieser Scheibe geschrieben haben) auf eine angebliche Verrohung unseres gesellschaftlichen Diskurses anprangert – very 200X. Beginnen wir mit dem Titeltrack, so zeigt sich hier zunächst wie auf dem gesamten Album (besonders negativ auf "Teenage Werwolf"), dass die Hooks, für mich der größte Kritikpunkt am Vorgänger, tatsächlich noch eine Ecke schmalziger in-your-face wurden und endgültig Kraftklub-Niveau erreicht haben, schade.


    Heut' sind wir noch richtig yolo drauf, Mann/
    Einfach young und fresh/
    Aber eines Tages sind wir alt/
    So alt wie K.I.Z

    (Testo auf "Stirb!")


    Ein weiteres Problem von "Alles brennt" war das Potpourri an behandelten Themen, von Gentrifizierung über Jugendarbeitslosigkeit bis Krieg war alles dabei, wenngleich anders als bei Möchtegernpredigern wie den Antilopen zumindest meistens mit einem originellen Blickwinkel. Auch auf "Alle gegen Alle" findet sich wieder eine große Bandbreite von Themen, von Heimat ("Uwe & Heiko", "Nachtbus"), bösen sozialen Medien ("Stirb!"), überall etwas Konsumkritik und der gute alte Krieg ("Steine & Draht"). Wenn man aber selber nicht zufällig eine kongolesische Kriegswaise ist, was soll man dem als kommerziell orientierter Künstler denn wirklich ernsthaft mit dem Medium Musik neu hinzufügen? Blixa Bargeld kann das, klar, aber auf diesem Album führt es zu einer Zweiteilung der Songs in eine Kategorie der reinen Beschwersongs und in eine zweite, in der es den beiden MCs gelingt, aus einem abstrakten Thema eine sinnvolle Reduktion auf ihre eigene Gefühlsebene herzustellen oder in denen zumindest nicht eine rein monothematische Schiene gefahren wird, wie es noch bei "Alles brennt" fast ausschließlich der Fall war.
    Rein sprachlich ist vor allem grim104, der auch in Interviews zur Scheibe deutlich differenziert nicht von einem "Wut-Album" sprechen will, nach wie vor eine echte Bank, der kluge Wortspiele, breit gestreute popkulturelle Referenzen und eine geballte Ladung Zynismus, aber auch Selbstironie in die Texte packt. Die Leistung der beiden MCs divergiert leider wieder stark, denn den Singsang, den sich Testo zugelegt hat und der mutmaßlich ironisch rüberkommen soll (gut zu hören auf "Was für eine Zeit"), aber sich nur artifiziell anhört, hält man auf Dauer kaum aus. Der Grimmige rappt ebenfalls mit bekanntem Stil, einer zeternden Aggressivität, die ihn aber im Gegensatz zu seinem Kollegen authentisch wirken lässt und auch viel besser zur Konzeption von ZM passt, die anders als K.I.Z oder der allseits beliebte Mushiflo keine reine Persiflage sein wollen – ich konnte beim besten Willen keine schwache Leistung von 104 auf diesem Album finden, Höhepunkt könnte sein Part auf "Steffi Graf" sein. Dieser Kontrast aus dumpfer Verschmitztheit und ehrlicher Empörung funktioniert aber halt nicht und lähmt das ganze Getriebe.
    Die Produktion vom gewohnten Haus- und Hofproduzenten Silkersoft hilft den Protestsongs nicht, da sich die beiden Rapper mittlerweile meist von Synthies und Bässen im Artillerieformat begleiten lassen, so dass selbst Hudson Mohawke manchmal auf die Bremse treten würde. Ich mag so was persönlich sehr gerne, ich würde diesem Sound auch nicht kommerzielle Anbiederung vorwerfen wollen, da zumindest auf Albumlänge keine Provinzdisco derart stark verzerrte Musik spielen wird. Das ist kein Parolenpunkrock im HipHop-Gewand, eher eine vom Industrial angehauchte Monumentalelektronik in Riefenstahlschem Ausmaß, die wohl zum einen den Druck der sowieso schon nicht subtilen Messages verstärken soll, zum anderen eine Fallhöhe zusammen mit den oft ironisch gemeinten abgehobenen bis größenwahnsinnigen Lyrics aus Täterperspektive schaffen soll, die anschließend durch die Auflösung in den Texten zum Einsturz gebracht wird. Das gelingt zwar, behebt das Problem der Abnutzung über einen Großteil der Spielzeit aber nicht. Die bei den Themen angesprochene Zweiteilung zeigt sich auch hier, meist sogar deckungsgleich: Die feineren Songs ("Steffi Graf", "Der müde Tod", "Steine & Draht"), die mit mehr Originalität und Kreativität aufwarten können, weichen zumindest teilweise vom sonstigen Produktionsschema ab und bringen so (leider geballt am Ende) frischen Wind ins Album.


    Skippy, Wicki, Flipper/
    Bonzo geht nach Bitburg/
    Unterm Schlussstrich schreibt man nichts mehr

    (Grim104 auf "Steine & Draht")


    Fazit:
    Zugezogen Maskulin entwickeln sich weiter und das immerhin nicht nur in eine verkehrte Richtung. Was mich stört, habe ich oben hinlänglich ausgeführt, die Lichtblicke, die komplexer produzierten Titel und das leichte Abrücken von rein monothematischen Songs, sollen hier aber noch mal hervorgehoben werden und heben das Album für mich neben der teilweise tollen Leistung grims insgesamt über Durchschnitt. Das Duo scheint jedoch für grim104 immer mehr wie eine Zwangsjacke, die seine künstlerischen Ambitionen einengt. Ich wünsche ihm, dass er zusammen mit seinem Buddy wenigstens gut cashen kann, für das nächste Album erhoffe ich mir viel weniger Produktionsballast und weniger Plakatives. In der Zwischenzeit cutte ich mir alle Parts von grim104 raus und mache damit mein eigenes Mixtape "grim gegen 104". 2 Mics für Testo, 5 für Grim, treffen wir uns bei 3,5, die auch Silkersoft verdient hätte.



    Franz Xaver Mauerer


    [redbew]2288[/redbew]


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    Meine allererste Reaktion vor mittlerweile doch einigen Jahren, als ich von Käptn Peng hörte: Was für ein unlustiger Spasti-Name, dazu noch der mega einfallslose Alias seines Kollegen Shaban. Das schrie alles nach pseudo-gewollt-kopflastiger Studentenscheiße, nach einem Affen, der Rap als Vehikel benutzt, weil er hier irgendwie denkt, einen Stich landen zu können, indem er einen auf künstlerisch-intellektuell macht und sich ironisch-wohlwollend gegenüber den Gangsterprollos positioniert. Ich war noch nie jemand, der mit einer vermeintlichen "HipHop-Kultur", insbesonderer deutscher Prägung, irgendetwas hätte anfangen können, aber das ökohipsterige Auftreten von Käptn Peng führte dazu, dass ich den allerersten Kontakt via Youtube, das Video zum Song "Kündigung 2.0" vom Album "Die Zähmung der Hydra" gleich wieder abbrach – nachdem ich gesehen hatte, dass der nächste Track den Titel "Sie mögen sich" mit schlechten (Hans-Unstern-Videos gab's damals noch nicht) Kritzeleien trug, die mir allzu anbiedernd nach Diddl-entwöhnten Lehramtsstudentinnen aussahen. Der Name vom Label Kreismusik, den fand ich aber schon damals irgendwie niedlich-entwaffnend, denn wer liefert sich schon einem Reim auf "Scheißmusik" aus? Trotzdem war unsere Romance denkbar schlecht gestartet und ich in meinem Urteil schon ziemlich versteift: Das war Curse-Kacke.


    [youtube]ojrwKSWrNCs[/youtube]


    Was war ich für ein falsch liegendes, verbittertes Wesen. Wie im Nachhinein so oft schwimmt der goldene Lachs, der einfach ums Verrecken für diese deine Angelrute bestimmt ist, auch gegen den Strom, um dir ins Maul zu hüpfen: Ich hörte, ich denke, es war auf einer eher gequälten Hausparty in einer zu engen Studenten-WG, diese Musik, aber eher im Hintergrund, und ich war auch schon gut besoffen – wie es sich für einen (damals zukünftigen) Musikkritiker gehört, gab ich ungefragt in die Runde meinen Senf, dass dies ja ganz gut hörbar sei. Irgendeine dumme Sau meinte dann, sie müsste gegen die Musik motzen und etwas "Partymäßigeres" bestellen, ein bei mir sehr zuverlässig wirkender Trigger. Nach einer standgemäßen Pöbelorgie balancierte ich meinen Schwerpunkt vor den Laptop, um bei ca. 2 Zentimeter Abstand vom Monitor zu lesen, wen ich da eigentlich mit Verve und Gewaltandrohung gegen das schwache Geschlecht verteidigt hatte: Shaban feat. Käptn Peng mit "Kündigung 2.0" mit Texten wie


    Vergesst mich, ersetzt mich/
    Ich war nie hier/
    Ich bitte euch hiermit/
    Mich zu exmatrikulieren

    (Käptn Peng auf "Kündigung 2.0")


    , dabei wirkte das keineswegs pseudoakademisch-gewollt, sondern war eine, eben da ihr die Wut und das sprachlich Brachiale ebenso wie die konkrete Anklage fehlte, komplett authentische und verzweifelte Kapitulation vor dem Leben selbst, vorgetragen in einer Selbstverständlichkeit, die eben eine solche war, keine gewollte Nicht-Kanackengangsteraggressivität als Distanz zu "doofem" Rap, sondern schlicht die stimmliche Entsprechung zu dieser Musik – wem gelingt das schon so, dachte ich damals – den Stiebers, auf guten Platten? Diese Selbstverständlichkeit, von der hier die Rede ist und die sich in absolut jedem Part von Käptn Peng findet, nimmt nicht nur das Verkrampfte aus seinen verkopften Vorträgen, sie spielt sich technisch auf extrem hohen Niveau ab. Sie ist, je öfter man die Songs hört, immer auffälliger eben nicht dahingerotzt, sondern in sich sorgfältig austariert, um eine ganz eigene Melodik zu ergeben. Ich kann es nur mit Nick Cave vergleichen, der sich immer unverwechselbar und genau richtig anhört, sich das aber auch hart erarbeiten musste. Käptn Pengs Parts funktionieren tatsächlich auch ohne Musik, wie er in ausufernden Freestyles auch immer wieder unter Beweist stellt. Diese sind, wie seine Lyrics, wunderschön verschachtelte Eigenbetrachtungen, die jedoch nie l'art pour l'art sind, sondern immer ein abstraktes Thema der, ich nenne sie mal so, persönlichen Philosophiesphäre erkennen lassen – der Platz Pengs in der Welt, sein Anspruch an sich selbst, das Wohinwollen in unseren Zeiten.


    Um zu mir, auf dieser Party stehend, zurückzukommen: Das waren nicht mal Beats, sondern echte Instrumente, und trotzdem war das kein reines Versuchsstadium eines verpoppten Hybrids wie die frühen Clueso-Sachen, sondern, und das war, was mich wirklich von den Socken haute, dieser Song hörte sich so verdammt unausweichlich, so determiniert an. Das Ganze musste exakt so sein. Mit einem Schlag war ich (annähernd) nüchtern: Das konnte doch nicht sein. Ich fand das Album "Die Zähmung der Hydra" auf der festen Platte vor und zog versuchsweise noch 2-3 Songs auf die nächsten Spots: Das wurde sogar immer besser. Das war musikalisch allerfeinste Sahne, es war intelligent, es war lustig in deutscher Sprache, ohne "lustig & deutsch" zu sein, und vor allem, und das ist der Grundpfeiler meiner Liebe zu diesem Künstler: Es war authentisch und deshalb war es so originell. Ein gelernter Schauspieler und Künstlerkind, ein klassischer Intellektueller, der Rap nutzt, um, unverblümt aber auch nicht künstlich aufgebauscht seine offenkundig zahlreichen Gedanken über sich selbst, den Kosmos, Zeit, Menschen zu teilen, ohne irgendeinen Willen, dafür auf Storytelling zurückzugreifen.


    Ich bin ein Volk, ich bin ein Hofstaat/
    Und mein Kopf ist voll/
    Mit toten Despoten/
    Die wie verirrte Piloten/
    In mir tosen und toben/
    Mir meine Logik verschoben/
    Mir meinen Körper verbogen/
    Mir ihre Seele anboten/
    Sie haben mich ungefragt zu ihrem Boten erhoben

    (Käptn Peng auf "Sein Name sei Peng")


    Kurz den Rausch komplettiert und dabei zelotisch den Laptop verteidigt, stand ich um 6:00 Uhr auf, um direkt selbst mein Exemplar dieses Albums zu bestellen, das anschließend für Tage auf Rotation lief. Ab dann verfolgte ich das Werk von Shaban (Johannes Gwisdeck) und Käptn Peng (Robert Gwisdeck) wie gebannt, besuchte mehrere Livekonzerte und bevor ich noch richtig durchblickte, dass Shaban, der Bruder von Käptn Peng (und deutlich limitiertere Rapper; wer sich überzeugen will, der sei auf ältere Stücke der Beiden verwiesen) auf "Die Zähmung der Hydra" für die Produktion und einen Großteil der Instrumentierung verantwortlich zeichnete, kam "Expedition ins O" raus und Käptn Peng & die Tentakel von Delphi (und somit offizieller Band samt Shaban) waren geboren, was meinen Eindruck, dass Peng durchaus der Hauptcharakter und Shaban besser als musikalischer Leiter aufgehoben war, ganz ohne mein Zutun in die Tat umsetzte. "O" begeisterte mich auch deswegen so, da die Reaktion von Peng und Shaban auf den unerwarteten Erfolg daraus bestand, ihre künstlerische Vision noch stringenter durchzusetzen und die Gründung der Tentakel eben keinen massentauglicheren Sound, sondern ein noch eingespielteres Experimentieren und dem Käptnein noch stärkeres Abtauchen in Selbsterkundungssphären ermöglichen sollte: Ein Versuch, der voll aufging, "O" ist für mich ein 6/6 Album.


    Ein Aspekt, den ich bislang zu wenig hervorgehoben habe, der aber gerade durch die "Expedition ins O" noch deutlicher in den Vordergrund trat: Nicht nur ist Käptn Peng ein technisch exzellenter MC, sondern die Tentakel von Delphi sind auch eine hervorragende Band – dass Peng sie gar nicht bräuchte, ändert daran nichts. Wie schon erwähnt, sind die Tentakel eine "echte" Band, deren musikalische Komplexität aber weit darüber hinausgeht, Beatstrukturen nachzuäffen, sondern die Songs der Delphine sind herausragendes Songwriting, mit klarer Handschrift und kohärentem Stil, der seiner eigenen Logik folgt, ohne nur Unterlage für Pengs Vortrag zu sein. Ich kenne ungelogen keine vergleichbare Backingband eines Rappers, die den Tentakeln musikalisch auch nur ansatzweise das Wasser reichen könnte. Denn was für Peng zutrifft, stimmt auch für die Delphis: Sie brauchen den anderen nicht unbedingt. Ohne Peng würden sie sich wie eine Mischung aus einer schmissigeren Instrumentalvariante von Grizzly Bear und der Hochzeitskapelle anhören; offenkundig gäbe es schlechtere Verwandte.


    [youtube]cLqKYGiqkUc[/youtube]


    Und so sehr ich mich für diese tollen Menschen freute, dass die Single "Der Anfang ist nah" aus dem "O"-Album ein kleiner Hit wurde, hatte gerade dieser Erfolg auch negative Resultate: Wie in jeder guten Beziehung gibt es auch Tiefpunkte, die ich in diesem Plädoyer nicht verheimlichen mag, ja kann, da sie, und das ist das Schlimmste (neben dem Ausbleiben von Bier, klar) im Zwischenmenschlichen: Wenn das significant other gegen einen Wesenszug handelt, den man selbst an eben jenem ganz außerordentlich schätzt, den man gar für wesensbestimmend hält, ohne den das zurechtgemachte Bild des Anderen im eigenen Kopf nur noch begrenzt Sinn gibt und bedrohlich anfängt, zu wackeln wie ein Kartenhaus, auf das Fresh Polakke rotzt; und am einfachsten widerspricht man sich selber, wenn man die eigenen Stärken untergräbt: So geschehen, als Käptn Peng, es muss irgendwann 2014-15 gewesen sein, in der grundsätzlich eigentlich nur von Wolfskin-Jacken-tragenden Arschlochstudienräten besuchten Kulturbrauerei gastierte. Das Konzert war, wie ein Konzert in diesem Scheißloch nun mal ist: Unmögliches Dreckspublikum, teure Tickets, lange Warterei, unverschämte Preise für alles, Sound höchstens solala, Sicht beschissen, Luft zum Schneiden (aber nicht wegen Dope oder Pisse). Klar, es gibt Locations, in die geht man einfach nicht, weil sie noch jeden Artist kaputtkriegen (looking at you, Huxleys Neue Welt), aber es gibt einfach keinen Grund, in die Kulturbrauerei zu gehen, außer um dick zu cashen. Die Show, die ich in fast identischer Form in der versifft-heimeligen Alten Mälzerei in Regensburg ebenfalls genießen durfte, hat in Ratisbonn frei nach Neil Young den shit out of den place geteared, versandete in der riesigen und unpersönlichen Kulturbrauerei aber völlig. War diese lieblose Show, bei der alle freien Reimketten des Käptns natürlich auch im Getuschel des Publikums untergingen, der Anfang vom Ausverkauf des Pengs, der drohende Vorbote einer Bagatellisierung dieser eher trotz und nicht wegen Zurschaustellung ihrer Authentizität erfolgreichen Musik? Weniger gravierend, aber doch merklich ist auch, dass Shabans Solo-Producer-Album "Apto Machinam", eines der wenigen Alben, das ich je vorbestellt habe, leider ebenso wie der von den Tentakeln von Delphi (und damit faktisch hauptsächlich Shaban zuzuordnende) aufgenommene Soundtrack zum Film Alki Alki ziemlicher uninspirierter Schrott sind und Robert Gwisdeck als Schauspieler anscheinend zunehmend gezwungen ist, auch in üblem öffentlich-rechtlichem Filmmüll wie "Die Glasbläserin" mitzuspielen. Wahrscheinlich verdient der Arme einfach nicht genug mit der Musik, aber so ein Scheißdreck konterkariert letztlich seine Texte spürbar.


    Demzufolge war ich nervös ob des Release des neuen Albums "Das Nullte Kapitel": wiederum zu Unrecht. Versteht dieses Plädoyer also durchaus auch gerne als Kurzreview zum neuen Album, das dort anknüpft, wo "Expedition ins O" aufhörte. Etwas mehr musikalische Breite, etwas variablerer Stimmeinsatz von Peng, ansonsten gewohnte hervorragende Kost, der Sprung vom "Hydra"-Album zu "O" war eindeutig weiter, was angesichts der vier Jahre seit "O" schade, aber zu verschmerzen ist, zumal "Das Nullte Kapitel" für sich genommen ein herausragendes, stimmiges Album mit einem Peng in Hochform ist, mit gewohnt nachdenklichen und stilistisch wunderschönen Texten, mit darüber hinaus beträchtlichem Umfang und offenkundiger Spielfreude aller Beteiligter.


    Mein Hirn ist ein Haus und mein Körper ein Garten/
    Doch wenn mich jemand fragt, wer darin wohnt, muss ich raten/
    Er trägt keinen Namen, doch er ist übersät mit Narben/
    Die einmal Gesichter waren

    (Käptn Peng auf "Pförtner")


    Es sei hiermit jedem wärmstens ans Herz gelegt. Auch wenn unsere Künstler sich damit wenig weiterentwickelt haben, so verstehe ich das jüngste Werk doch als Beleg dafür, dass Peng & Co. endgültig ihren Sound gefunden haben, mit dem sie sich wohlfühlen und den sie auch bei weiterem großem Erfolg nicht über Bord werfen werden.


    [youtube]4jWIgcdoowM[/youtube]


    Übrigens war der Käptn auf dieser Tournee in der deutlich angenehmeren Columbiahalle – mein Fanboy-Herz hofft, dass er das Kulturbrauerei-Konzert auch scheiße fand. Ich gelobe, ab jetzt nimmerniewieder kritisch gegenüber Käptn Peng zu sein. Ich will alle seine Alben zufrieden konsumieren, mich auf seinen Tourneen an ausufernden Freestyles berauschen und zumindest gegenüber diesem einen Rapper einfach so Fanboy sein, wie ich es sonst nur Nick Cave und Julian Knoth zugestehe. Sollten wir zusammen alt werden, Gwisdeck, werde ich Dein wirres und kaum verdauliches Alterswerk vorbehaltlos konsumieren, selbst wenn ich es bei Dir persönlich bestellen muss wie bei Sam Gopal. Ich schwöre Dir Treue!


    XOXO,
    dein


    Franz Xaver Mauerer


    1. Intro
    2. Falling in Love
    feat. MC Bomber
    3. Wochenende feat. Pilskills
    4. Feuerwasser feat. Shacke One
    5. Alles fit im Slip
    6. Asylheim für Werbetexter
    7. MegaMix
    8. USA
    9. FünfFingerRabatt
    feat. MXM
    10. Punani
    11. Outro
    12. 104er
    feat. Mister Jones (Bonustrack)


    Was ein schönes Albumcover. Wir würdigen das hier manchmal zu wenig, ehrlich gesagt auch deswegen, weil viele Rapcover Schmutz sind. Aber Mensch, dieser LKW mit seinem sanften Bernsteinton, der durch die Schattierungen aber doch genau das richtige Maß an On-the-road-feeling vermittelt, den pastell- und neonfarbenen Rauch und Wüstenhorizont, gebrochen durch eine schmutzig-ausgreifend wabernde, wolkenartige Kondensschicht, mit einer slicken Unterschrift, als würde sie von einem echten Gentleman und nicht zwei Berliner Vollproleten stammen. Sollte jemand die moderne Biotechnik sinnvollerweise dafür einsetzen, einer Zombiecyborg-Version von Gene Clark ein Comeback zu ermöglichen, dann sähe so das Cover seines umjubelten Comebacks aus (David Eugene Edwards würde es übrigens produzieren).
    Tiger und G.G.B., das sind zwei Jungs aus MC Bombers Upstruct-Umfeld und wie erfahrene Leser dieses Portals wissen, bin ich der für diese Brut Zuständige im weit verzweigten r.in-Organigramm. Da Upstruct zurzeit sehr viel für Battlerap allgemein und dessen Berliner Variante im Besonderen tut, wollen wir an dieser Stelle, zugegeben arg verspätet, das Debütalbum mit Namen "Cornertape" dieser zwei weniger bekannten Mitglieder ihrer Crew unter die Lupe nehmen: Dies nicht nur aus Komplettierungswillen heraus, sondern was eine gute Crew sein will, die muss sich auch am schwächsten Glied beziehungsweise weniger publikumswirksamen Veröffentlichungen messen lassen. Wu-Tang ist so stark wie Inspectah Deck, nicht wie GZA – Odd Future muss sich an Hodgey messen lassen, nicht an Earl. Denn wo ist der Sinn an Crews, wenn einem ein schwacher MC einer eigentlich guten Crew (looking at you, B-Tight) auf dem Crewsampler fürchterlich auf den Sack geht?


    Schon von Beginn des "Cornertape"s an wird stilistisch die Nähe zu Rappern im Umfeld der beiden MCs deutlich, denn wie MC Bomber, Pilskills oder der sehr geschätzte Shacke One halten sich auch Tiger und G.G.B. an die Labelpolicy "Vorwärts immer, rückwärts nimmer"; wer deepe Thementexte und aufwendig strukturierte Songs sucht, ist hier eher falsch, die Heimat ist Battlerap. Wie schon "Falling In Love" zeigt, funktioniert das vor allem aufgrund der Authentizität aller Beteiligter und der starken Produktion, die für das Album typisch mit simplem, aber melodiösen und angenehmen laid-back Beat samt sparsamen Samples unterlegt, aufwartet. Sie kann mit Texten wie


    Während ihr mit Sitzblockaden glaubt, die Welt zu verbessern/
    Investier' ich in den Mittelstand und geh' in Kneipen bechern/
    Kämpf du mal weiter für Gerechtigkeit und Frieden/
    Ich zock' Novoline und will in Reihe drei mal sieben

    (Tiger auf "Falling In Love")


    und


    Und ich weiß, dass sie ein Flittchen ist/
    Oben ohne, nur Kondome und die Lippen sind verziert mit rosa Lippenstift/
    Sie ist der Inbegriff, keine wie sie/
    Außer ich [sic!] haben die Anderen sie auch verdient

    (G.G.B. auf "Falling In Love")


    ob der Diskrepanz zwischen ihrem smoothen Wesen und den harschen Texten und der Sturm-und-Drang-delivery eigentlich nicht richtig funktionieren, vermittelt aber im besten Sinne eines "Cornertape"s das Gefühl, mit zwei Asis und ihrem Vollasikumpel (MC Bomber) in einem Döner an der Greifswalder zu sitzen, während sie entspannt, weil so selbstverständlich, über eine Frau herziehen, der sie sich eigentlich emotional verbunden fühlen, in völliger Abwesenheit jeglicher safe spaces, political correctness oder auch nur der geringsten Achtung vor Frauen oder Mitmenschen. Dazu gehört, dass die beiden Berliner es ohne großen Aufwand vermögen, lebendige Sprache zu schaffen, die ihren jeweiligen Flow im Sprachrhythmus niemals im Weg steht und sich trotz Profanität auch schwierigen Versmaßen nicht verweigert. Den zwei und der Abwechslung auf dem Album tut neben der Produktion gut, dass sie sich stimmlich und als MCs recht deutlich unterscheiden: Tiger verfügt über einen melodischen, hooklastigen Flow ähnlich dem von Shacke One, während G.G.B. über einen nasalen, eher sprechlastigeren Stil kommt, wie ein noch nicht zu oft auf den Kopf gefallener früher MC Bogy. Wie bei allen guten Duos gibt es also eine klare Distinktion zwischen den beiden MCs, wobei die funklastige Produktion eher Tiger zupasskommt (der auch die meisten Songs produziert hat).


    Ohne Kater aufzuwachen, diese Zeit ist lang' vorbei/
    Kein Problem, ich bin gewohnt, vom Saufen abgefuckt zu sein/
    Wird erst gesellschaftstauglich mit 'nem 2 1/2er-Pegel/
    Die einzig wahre Wahrheit liegt bei mir unter dem Tresen

    (Tiger auf "Feuerwasser")


    Um zurückzukommen auf "Falling in Love": Dieser grundstabile Sound, funkige Beats und harte Raps, ist das grundsolide Gerüst dieser Scheibe und findet sich sehr vergleichbar in "Alles fit im Slip", "FünfFingerRabatt", etc. Allerdings muss ich hier zwei Songs herausstellen, mit denen "Cornertape" sich auf lange Zeit in meinen iPod gebrannt hat: "Punani" ist Sommerhit einer musisch kundigeren Gesellschaft, eine Perle, die ob ihres an 2Pac erinnernden Mumu-Namens wohl nie über Nicht-einmal-Kultstatus hinauskommen wird. Der Track zeigt sehr schön, was passiert, wenn sich starker Beat und beide MCs in Höchstform treffen und die Produktion ihnen erlaubt, etwas mehr Spielereien einzubauen, als das auf dem Großteil des restlichen Albums der Fall ist. Jedenfalls eine der schönsten und beschwingtesten Hommagen an die Tropfsteinhöhle des Lebens, die ich jemals hören durfte. Mit "USA" verhält es sich da etwas anders, denn hier findet auf einem wirklich wunderschönen Pseudo-80er-Sound, der auch zu Hotline Miami gepasst hätte, tatsächlich eine vertiefte Auseinandersetzung mit den USA aus Sicht zweier armer Ostberliner Jungs statt, die in ihrer Ehrlichkeit einfach mitreißt – auch hier liefern beide MCs ihre mit besten Parts des Albums ab und beherrschen die schwierige Instrumentierung mit nach vorne gemischter, gestreckter Melodie ohne Probleme.
    Die kompetente Produktion wurde bereits erwähnt – die Beats von "Punani", "USA" und "Feuerwasser" sind absolute Banger, typisch für die besten Upstruct-Produktionen mit einem ordentlichen Anteil Funk und Cheesiness – und das, obwohl Haus- und Hofproduzent Achim Funk hier nicht beteiligt war, sondern fast alle Songs von Tiger selbst produziert wurden – daneben noch von Pavel und MC Bombers Buddy Morlokk Dilemma. Es gibt keinen langweiligen Beat auf dem gesamten Album; kritisch anzumerken ist höchstens die auf Albumlänge zu oft simple Struktur der Produktion: Soul-Samples und Funk werden nicht verschmolzen, sondern nebeneinander gestellt und die überaus feinen Beats zu selten gebrochen, sie bleiben meist über Tracklänge starr, was vor allem G.G.B. Möglichkeiten nimmt, sich über Tempianpassungen als Rapper hervorzutun. Darüber hinaus ist sowohl Aufnahme- als auch Mischqualität vorzüglich, bei Kollaborationsalben selbst bei AAA-Aufnahmen leider keineswegs eine Selbstverständlichkeit. Die Features machen übrigens nichts kaputt, bringen aber auch keinen Mehrwert: Shacke One liefert gut ab, MC Bomber ebenfalls, beide stören durch ihre sehr gewachsenen und wiedererkennbaren Stile den so gelungenen Fluss dieser Scheibe eher. MXM und Pilskills performen leider eher schwach, wie so oft fühlen sie sich auf fremden Songs merklich unwohl – falls einer ein gutes Feature von denen kennt, bitte melden.


    Abschiedskuss, du bist am Flennen/
    Das nächste Mal, wenn wir uns sehen, werd' ich dich nicht mehr kennen/

    (G.G.B. auf "Alles fit im Slip")


    Fazit:
    "Cornertape" ist genau das: Ghettoblaster auf die Schulter oder Album aufs Handy, mit Kumpels auf ein Bierchen am Späti, dafür liefern Tiger und G.G.B. zwar nicht die perfekte, aber hochgradig gelungene Unterhaltung. Mehr will das Oeuvre gar nicht sein, dank seiner starken Produktion, gelungener Texte und souveräner MCs erreicht es stellenweise aber unbeabsichtigte Höhen und überzeugt nicht zuletzt deshalb als Debütwerk über alle Maßen umso mehr, wenn man die hohe Eigenproduktionsquote berücksichtigt. Die beiden Berliner schaffen es, vom Cover angefangen, ein homogenes und in sich stimmiges Album vorzulegen, mit dem sie, abgesehen von der handwerklichen Qualität des Ganzen, im eng gedrängten Deutschrap-Kosmos bereits jetzt einen eigenen Stil gefunden haben, ich würde ihn "80er-LKW-Fahrer hält an Späti in Arizona an, schlägt Frau und alle lachen"-Sound nennen wollen. Die bestehenden Schwächen im Songwriting und der Produktion, die hier allerdings zumeist durch Herzblut wettgemacht werden konnten, sollten sich zukünftig durchaus ausmerzen lassen. Als MCs sind die beiden Künstler mit ihrem hohen technischen Niveau bereits jetzt für Größeres bereit.



    Franz Xaver Mauerer


    [redbew]2266[/redbew]


    Bewerte diese CD:
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    finde das album ist ein schwächeres damn, finde die beiden irgendwie recht ähnlich. hätte es 4 oder 4 1/2 mics gegeben, denn ich mag das album schon irgendwie.
    kann man sich zwischendurch immer mal wieder geben


    stimme dir zu, aber gerne mögen und zwischendurch geben können sind keine 4- 4 ist richtig gut.


    01. Good Morning Amerikkka
    02. For My People
    03. Temptation
    04. Land of the Free
    05. Devastated
    06. Y Don't You Love Me? (Miss Amerikkka)
    07. Rockabye Baby
    feat. Schoolboy Q
    08. Ring the Alarm feat. Kirk Knight, Nyck Caution & Meechy Darko
    09. Super Predator feat. Styles P
    10. Babylon feat. Chronixx
    11. Legendary feat. J. Cole
    12. Amerikkkan Idol


    Meiner Meinung nach einer der spannendsten Rapper der letzten Jahre, dieser Joey Badass (das Bada$$ kann man jetzt anscheinend mit oder ohne Dollarzeichen schreiben, aus Gründen der Lesbarkeit in dieser Review ohne). Denn seid mal ehrlich, welcher junge Rapper konnte in den letzten Jahren tatsächlich durch sich selbst und durch sein Songwriting als klassischer Rapper überzeugen? Ich meine keine nostalgische Oldsql-igkeit, sondern einen relativ frischen Rapper, der tatsächlich außerhalb eines eng definierten Soundschemas (wie Cloud oder ähnlichem) mit dem Vortrag selbst überzeugen kann, und der dazu noch Producer im Nacken hat, die ordentliche Songs schreiben und selber geistreiche Lyrics schreiben kann. Bishop Nehru? Mit Abstrichen vielleicht. Tyler, the Creator und Earl? Ja, schon eher – aber die beiden sind letztlich schon wieder Avantgardisten, weniger klassische Rapper. NoName genauso. Vince Staples? Gut, kann man gelten lassen. Aber von dem abgesehen, sehe ich da wenig im klassischen Rap, außer eben unserem Joey hier. Er hat seit "1999" auf konstant hohem Niveau abgeliefert, wenngleich der geniale Touch, der seiner Partnerschaft mit Capital Steez innewohnte, durch seinen neuen Adlatus Kirk Knight nicht komplett aufgefangen werden konnte. Sein letztes Werk, "B4.Da.$$", zeigte auf Songs wie "On & On" und "Belly of the Beast" bereits eine deutliche stilistische Entwicklung zu einem differenzierten Soundbild und einem neu entdeckten Willen zur Message, jedoch ohne klar erkennbaren Fokus. Gibt es diesen bei "ALL-AMERIKKKAN BADA$$"?


    Bref: Ja, den gibt es. Im Sound ist eine ganz klare Orientierung zum Pop festzustellen, die nicht zuletzt darauf zurückzuführen sein wird, dass Badass nur bei zwei Songs mit seinem Haus- und Hofproduzenten Statik Selektah zusammenarbeitet und ansonsten auf seinen MC-Buddy Kirk Knight, den bekannten Pop-HipHop-Produzenten DJ Khalil (der für "Recovery" und andere Schandtaten von mir aus gerne verrecken darf) und den relativ unbekannten RnB-Produzenten 1-900 vertraut. Das Ganze führt zu schmissigen, handwerklich gut gemachten Beats, die eine deutliche Leichtigkeit besitzen und in dieser Form zu einem Großteil auch als Ausgangspunkt für Katy-Perry-Songs geeignet wären, und das muss nichts Schlechtes sein, der Dame werden ja durchaus schmissige Lieder geschrieben.
    Inhaltlich dagegen beschäftigt sich Joseph Maria Kellys Namensvetter nun vornehmlich mit der kontemporären US-Politik, warum auch nicht? Sieht man von den üblichen Verdächtigen wie Common ab, blieb US-Rap angesichts der doch bemerkenswerten Entwicklungen im Land vergleichsweise stumm oder sah zumindest keine Notwendigkeit für eine Auseinandersetzung auf Albenlänge. Joey war, seien wir ehrlich, bislang kein Rapper mit einer Message. Sehr jung sehr erfolgreich, nicht wirklich Unterunterschicht, so fiel die Rolle des politischen Rappers seinem Pro Era – Spezl Capital Steez zu, nach dessen Tod blieb die Stelle dann vakant. Schon am Albumcover wird offenkundig, dass sich das nun ändern soll. Der KKK-Bezug in Album- und Songtitel zeigt aber schon die Zweischneidigkeit dieses Schwerts: Einerseits ein hübscher Rückgriff auf Ice Cube, andererseits ist der Gag so flach wie die Brüste von Maya in GNTM 17.


    Sorry white Amerikkka, but I'm about to black out/
    Got a message for the world and I won't back out/
    So turn the kid raps loud, I'm about to spazz out/
    Watch out, another nigga runnin' in the White House

    (Joey Badass auf "Amerikkkan Idol")


    Wie haut das also alles in der Praxis hin? "For My People" ist ein etwas verquerer Song, da der seichte Beat nicht recht zur Message des MC passen will: Vom angeblichen Überlebenskampf aller Afro-Amerikaner zu einem beschwingten Beat zu erzählen und dabei auch relativ entspannt zu rappen, das wirkt einfach schräg. Ein Song weiter, schon wieder dasselbe Problem, denn die Instrumentierung von "Temptation" hätten auch Laid Back bei einem ihrer Feelgood-Sommersongs verwenden können. Der ist gar nicht schlecht, wenngleich schlicht, bei Lines wie "Oh Lord, can you help me?" wirken fröhliche Hintergrundbläser aber wie Satire und machen den Song letztlich kaputt. Erst ganz zum Schluss kommt kurz ein gospelhaftes Element hinzu, das vielleicht die eigentliche Grundidee beim Songwriting war, aber bei der Produktion verloren ging. Hinzu kommt eine leider fast schon lächerliche Oberflächlichkeit der Lyrics, die sich durch das ganze Album zieht: Joey rappt über Politik, ja, allerdings auf FOX-News-Niveau. Ein bisschen BLM, ein bisschen Verschwörungstheorie, Trump ist scheiße, das war's dann aber auch. Für einen so intelligenten Rapper ist das einfach zu wenig und für ein Album 2017 auch. Die Sprache an sich beherrscht der New Yorker nach wie vor, auch wenn er weniger Wert auf komplexe Reimketten und Wortspielereien legt als auf früheren Werken, was seinem Flow aber manchmal auch gar nicht schadet.


    Can't change the world unless we change ourselves/
    Die from the sicknesses if we don't seek the health/
    All eyes be my witness when I speak what's felt/
    Full house on my hands, the cards I was dealt

    (Joey Badass auf "Land of the Free")


    Nun ist die Formel selbst ja nicht schlecht, wie "Y Don't You Love Me? (Miss Amerikkka)" eindrucksvoll beweist, zumal, dazu kamen wir bislang gar nicht, Joey selbst natürlich nach wie vor gut rappt. Wahrscheinlich könnte er unter Wasser rappen und es wäre noch gut, sein sehr lebendiger Flow, seine facettenreiche Stimme und seine Fähigkeit, karibische Betonungen wie Krokant auf einen Eisbecher zwischen die Lines zu streuseln ist nach wie vor Weltklasse. An dieser Stelle sei jedem der Besuch eines seiner Live-Konzerte empfohlen (November), er hat das Bi Nuu schon einmal abgerissen. Zurück zu "Y Don't You Love Me? (Miss Amerikkka)": Auch der ist sehr poppig, allerdings wunderbar verschachtelt und komplex; man hat den Eindruck, dass der MC sich herausgefordert fühlt und deutlich mehr Kraft und Aufwand in seinen Part legt als beispielsweise im wie eine Auftragsarbeit wirkenden "Devastated", das leider recht erfolgreich war als Sommerhymne für 15-jährige Kathis, die in ihrer Provinzdisco gerne in die "Black-Area" gehen.


    Kurz noch zu den Features: Wie von Joey gewohnt eine sehr interessante Auswahl, Schoolboy Q und J. Cole haben eh noch keinen schwachen Part aufgenommen, die beiden Songs "Rockabye Baby" und "Legendary" sind dann auch mit die besten Songs, vor allem, weil ihnen die gewollte Poppigkeit abgeht – textlich sind Badass' Parts leider auf beiden inhaltlich ultraseicht. Die Zusammenarbeit mit Chronixx war schon auf dem Vorgängeralbum lohnend und er bereichert "Babylon" ganz ausgesprochen. Er impft dem Song konzeptuellen Mut und Verve ein, die auch Joey zum besten Part des Albums zu motivieren scheint, der, bei mangelnder thematischer Auseinandersetzung, immerhin echte Wut über die politischen Bedingungen erkennen lässt – mehr verlange ich von einem so jungen Burschen ja gar nicht.


    You more like damagin' and hurtin'/
    And letting off shots 'til you motherfuckers certain/
    He ain't breathin', you made it clear/
    "Fuck your breath, nigga," don't even deserve air

    (Joey Badass auf "Babylon")


    Fazit:
    "ALL-AMERIKKKAN BADA$$" ist ein gutes Album, das muss man an dieser Stelle festhalten. Es ist kein Album, das in einigen Monaten noch auf Eurem Walkman sein wird, es ist keines, von dem Ihr Euren Enkeln erzählen werdet. Aber es ist ein gutes Album mit einigen merklichen Schwächen in der Umsetzung seiner Ideen. Besorgniserregender ist die Entwicklung, die Joey Badass hier vollzieht, sie führt ihn nämlich in die Irre. Es muss nicht alles düster und/oder extravagant sein, aber es muss stimmig sein, es muss sich richtig anfühlen. Und das hier fühlt sich nicht richtig an, sondern wie die Vergeudung eines enormen Potentials. Dazu gehört für den Rapper dann die bittere Erkenntnis, dass nicht jeder J. Cole , Tyler oder K-Dot sein kann und seinen Sound organisch und trotzdem gewollt weiterentwickeln kann. Vielleicht sollte er dieses Klassischer-Rap-Ding erst noch ein bisschen machen und dann schauen, wo die Reise hinführt und so seinen Sound an seine Interessen anpassen, statt künstliches Pop-Appeal entwickeln zu wollen.



    Franz Xaver Mauerer


    [redbew]2258[/redbew]


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    1. Dopamine Lit (Intro)
    2. NGL
    feat. Ty Dolla $ign
    3. Promise
    4. Made In the USA
    feat. Bianca
    5. Jump feat. Gizzle
    6. City of the Year feat. Rondo
    7. High (Interlude) feat. Simon Sayz
    8. Tranquilo feat. Big KRIT & Rick Ross
    9. Kill feat. Ty Dolla $ign & Victoria Monet
    10. Law feat. Simon Sayz
    11. Pick Up The Phone feat. Sebastian Lundberg
    12. It's Not Design feat. Salim
    13. Wild Child feat. Jake Torrey
    14. More Than My Heart feat. Rxmn & Salim


    Lupes Karriere, seien wir ehrlich, war bislang eher ein Fiasko, dafür braucht man keine Lupe. So, 2 Cents in die Bonmot-Kassa, leider stimmt es aber: Was hätte man 2007 nicht gewettet, dass dieser Fiasco 10 Jahre später ein XXL-Superstar der West-Riege wird. Popappeal, künstlerische Relevanz, the looks, alles da. Stattdessen kennen wahrscheinlich sogar mehr Leute Roc Marciano. Nach starkem Debüt folgte ein qualitativer Abfall und künstlerischer Stillstand. Mit "Tetsuo & Youth" gelang Lupe aber vorletztes Jahr ein zwar inhaltlich wirres und wenig kohärentes Werk, aber insgesamt konnte das Album aufgrund seiner Rückbesinnung und Fokussierung auf die MC-Qualitäten des Chicagoers überzeugen. Er hat zumindest etwas seiner früheren Leichtigkeit im Flow wieder erlangt, deshalb hat er es nach den strengen r.in-Auswahlkriterien auch wieder in den Review-Relevanzpool geschafft.
    Schaut man sich "DROGAS Light" an, wird man zunächst das Gefühl nicht los, Lupe habe auch hier eine seiner üblichen Lapsi begangen: Prätention. Cooles asiatisches Schriftzeichen auf dem Cover, DROGAS muss groß geschrieben werden, soll Teil einer abgespaceten Trilogie werden und ist laut Künstler irgendwie auch eine Fortführung des 2011er-Albums "Lasers". Wirkt alles bedeutungsschwanger, aber eines von Lupes Problemen war es, dass er für jemanden, der viel zu sagen haben will, einfach kein Thema findet. Gleichzeitig betont er selbst, dass das Album zusammengebastelt sei aus teilweise älteren Songs und er dem Werk selber 7/10 gebe – immerhin erfrischend offen. Aber warum dann das Ding als Start einer Trilogie benutzen? Kennt jemand eine Trilogie, nach der sich die Leute dachten "hey, das erste war scheiße, aber fuck, bin ich geil auf die beiden nächsten Teile, gimme gimme gimme"? Siehe Mass Effect und alle Spiele von Ubisoft: Man muss am Anfang gut sein, andersrum ist schwierig.


    Davon lassen wir uns aber nicht beirren und hören uns stattdessen "Dopamine Lit (Intro)" an. Und da sieht man, was diesen Rapper eigentlich so auszeichnete, warum man überhaupt mal dachte, dass aus dem mal was wird, nämlich sein wahnsinnig melodischer Flow und intelligente Texte:


    'Less I'm thinkin' 'bout the money, I can't concentrate/
    Don't talk if you ain't ball enough to commentate, yeah/
    That's a Super Bowl every time I contemplate

    (Lupe Fiasco auf "Dopamite Lit (Intro)")


    Lupe scheint an seine wiedererweckte Freude am Rap anknüpfen zu können, er schwimmt wieder so durch die Songs, wie man es von "Paris, Tokyo" oder "The Coolest" vor langer Zeit gewohnt war. Das Beste aber ist, dass der Song sogar einen vernünftigen Beat hat und das ist auf allen Vorgängeralben ein gewaltiges Manko gewesen. Austauschbares Produzentenstückwerk, das seinen Teil dazu beitrug, dass Lupe nicht zu einem eigenen Stil finden konnte. Und leider finden sich diese musikalischen Totausfälle auch auf "DROGAS Light", denn "Promise" könnte jeder Hanswurst mit 10-Minuten-Ableton-Einführung zusammenbasteln und dementsprechend lustlos wirkt der Rapper auf dem Song, ja sogar beim Texten:


    I try keep it peaceful, I try keep it peaceful/
    And stay away from people, I stay away from people/
    Be solo, be solo, my niggas is gone (yeah)/
    When I'm not in the streets you can find me at home

    (Lupe Fiasco auf "Promise")


    Das kann man samt Autotune-Geträller als Zugeständnis an die Future-Gegenwart (get it?) werten. Leute wie eben Future feilen an diesem ihren Stil aber ewig und selbst dann ist er oft cheesy Müll. Das als alter Sack mal eben nachmachen zu wollen, muss ja in die Hose gehen. Diese Dualität zieht, also der Gegensatz der wie oben erwähnt wieder stärkeren, souveräneren Delivery und dem stilistischen Irrlichtern, zieht sich durch das gesamte Album: Songs mit starker Instrumentierung, die Lupes Delivery auch entgegenkommt, indem sie seinem distinktiven Singsang-Rap einen offenen, aber melodischen Rahmen schafft, wechseln sich ab mit missratenen Songs, bei denen man merkt, dass die grundsätzliche Idee, diese eine gute Hook, dieses eine gute Sample, einfach dieser eine zündende Gedanke, um den man normalerweise einen Song herumbaut, fehlte. Dieser Mangel fiel den Prouduzenten und/ oder Lupe sogar auf, denn das wäre eine Erklärung dafür, warum die Songs so heterogen sind und deutlich spürbar ist, dass jedem Lied irgendein Stempel aufgedrückt werden sollte. Bei "Jump" mit der starken Gizzle, "Kill" und "Law" geht die Rechnung auf, da ihr komplexer Aufbau Fiasco als MC herausfordert - das sind eigentlich wirkliche schwierige zu berappende Beats, mit Tempiwechsel und komplexen Strophenstrukturen. Aber als der gute Rapper, der er ja eigentlich ist, kriegt Lupe das hin und brilliert dabei teilweise sogar auf ungewohntem Feld, denn "Kill" ist eigentlich R'n'B, in dem der Rapper trotzdem seinen Flow, hier nur langsamer, ausbreiten kann. Auf der anderen Seite stehen Totalausfälle, in denen man sich auf einem anderen Album wähnt: "City of the Year" ist so verkrampft hymnenhaft, dass man teilweise meint, eine Persiflage zu hören. Der Beat 0815, der Rap offenkundig gelangweilt, der Refrain wie für Kleinkinder geschrieben. "Tranquillo" ist ein fürchterlicher Song, auf dem Lupe sich merklich unwohl fühlt. Der Refrain wiederum außergewöhnlich grauenhaft, der Beat wie aus einem voreingestellten Keyboard-Loop, die Lyrics wie hingerotzt. "Pick Up The Phone", das mit dem großartigen The-Notwist-Song leider nicht viel gemein hat, sondern sich wie eine verunglückte Ty Dolla $ign-Hommage anhört (viel mehr als "NGL", bei dem er tatsächlich featured), auf der Lupe hilflos während des Refrains "yay" grunzt, um auch mitmachen zu dürfen, ist dann der absolute musikalische Tiefpunkt. Einen inhaltlich wie auch immer gearteten roten Faden gibt es übrigens mitnichten, auf den starken Songs hält Fiasco aber das textliche Sprachniveau mit einigen starken Lines, der Rest fällt inhaltlich und sprachlich ab. Indiskutabler Sido-Scheiß und textlicher Tiefpunkt: "More Than My Heart", in dem die Mütter dieser Welt mit pathetischem Schmalz bedacht werden.


    Fazit:
    So bleibt es nach dem Hören eines Lupe Fiasco-Albums erneut bei einem frustrierenden "Rap doch einfach, weil du könntest es ja"-Fazit. Stilistisch wild und von einer ganzen Produzentenriege verantwortet, aber von den Einzelteilen nichts wirklich durchgezogen, bleibt der Eindruck eines Rappers, der seinen künstlerischen Fokus verloren hat, zurück. Von jemandem, der sich nicht entscheiden kann, ob er jetzt wirklich Rap machen möchte, oder doch dieses neue Ding, das die Kids hören – der sich aber nicht sicher ist, was dieses neue Ding ist, halt irgendwie mit Autotune und Leuten mit bürgerlichen Namen als Künstlernamen, die die Vokale in den Refrains möglichst lange strecken. Als Deutschrapper würde das wahrscheinlich für einen Echo reichen, in den USA geht er aber zurecht unter damit. Zumindest sucht er ihn anscheinend noch, seinen Stil, das ist ja zu befürworten. Allerdings kann er uns nicht böse sein, wenn wir erst wieder in drei Alben nachhören, ob er ihn gefunden hat, denn die Suche ist einfach zu frustrierend mit anzuhören. Zu guter Letzt ist festzuhalten, dass thematisch nicht zu erkennen ist, wie "DROGAS Light" Einstieg in eine Trilogie sein soll, inwiefern hier ein konzeptueller Rahmen für ein Magnus Opum geschaffen worden sein soll. Ganz im Gegenteil hat Lupe recht, wenn er dieses Album mit "Lasers" vergleicht – eine ungare Single-Sammlung ohne Herz, die weit hinter ihrem Potential zurückbleibt.


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