Lil Wayne – Dedication 6 inkl. Reloaded


  • 1. Fly Away
    2. Everyday We Sick
    3. Boyz 2 Menace
    feat. Gudda Gudda
    4. Eureka feat. HoodyBaby
    5. 5 Star feat. Nicki Minaj
    6. Bank Account
    7. XO Tour Life
    feat. Baby E
    8. Let 'Em All In feat. Cory Gunz & Euro
    9. Young
    10. New Freezer
    feat. Gudda Gudda
    11. What's Next feat. Zoey Dollaz
    12. Blackin' Out feat. Euro
    13. Suwu
    14. My Dawg
    feat. HoodyBaby
    15. Yeezy Sneakers




    01. For Nothing
    02. Go Brazy
    feat. Jay Jones
    03. Weezy N Madonna feat. Stephanie
    04. Big Bad Wolf
    05. Sick
    06. Family Feud
    feat. Drake
    07. Abracadabra feat. Jay Jones & Euro
    08. Back From The 80s
    09. Gumbo
    feat. Gudda Gudda
    10. Drowning feat. Vice Versa & Marley G
    11. Back To Sleep
    12. Thought It Was A Drought
    13. Groupie Gang
    14. Dont Shoot Em
    feat. Marley G & Rich The Kid
    15. 2 Hot For TV feat. Lil Twist
    16. Kreep
    17. Freaky Side
    18. Main Things
    19. Light Years
    20. Bloody Mary
    feat. Juelz Santana



    Gleich vorweg: Ich war nie Fan von Weezy. Meine erste und lange Zeit prägende Wahrnehmung von ihm war sein Lolli-lutschender Auftritt im "Lollipop"-Video, den ich zum Kotzen fand, von Müll wie "On Fire" oder "Fireman" ganz zu schweigen, alles für mich damals peinlich und noch heute zäh und ohne Seele. Um sicherzugehen, habe ich mir das gerade nochmal angeschaut, ist immer noch scheiße. Seine frühen Werke, die ja allgemein als stilprägende Meilensteine beachtet werden, konnte ich mir in den letzten Jahren dementsprechend nur sporadisch erschließen. "Mo Fire" und "Shoot Me Down" eigneten sich für mich bislang nur zum Autofahren, für intensives Zuhören wirkten Waynes alter Output zu sehr als Kind seiner Zeit, zu sehr lediglich als Blaupause für das, was dann von anderen kam. Das spricht natürlich einerseits für dessen Bedeutung, andererseits sollte das mit echten Evergreens nicht passieren. Selbst das starke "6 Foot 7 Foot" konnte mich damals nicht für "Tha Carter IV" begeistern, trotz lyrischer Gewalt und Sprachwitz ("I got through this sentence like a subject and a predicate"). Als langjähriger Pitchfork-Leser blieb mir bei den Höchstwertungen vor allem die Begeisterung der Rezensenten angesichts des Flows hängen, der sich mir im Nachhinein leider auch nicht erschloss. Während ich Weezy also zunächst ignoriert hatte, nahm seine Karriere in der Zwischenzeit einen eher üblen Verlauf mit vielen allseits als medioker angesehenen Releases. Seine maßgebliche Leistung in der Zwischenzeit dürfte der massive finanzielle Beitrag zur neurologischen Notfallversorgung in den USA sein. "6 Foot 7 Foot" wurde hier ja schon erwähnt, Feature-Gast war der von mir ab dann innig geliebte Cory Gunz; leider eine amour fou, da der gute Cory sich anschließend wegen Waffenbesitz größtenteils aus der Öffentlichkeit zurückzog (aber wohl in Kürze sein Debütalbum veröffentlichen wird). Jedenfalls war er Gast auf "Dedication 6", ich höre mir den Song deswegen an, finde ihn gut, höre mir das ganze Tape an, finde es interessant, komme erst nicht zum Schreiben, Tunechi droppt "D6: Reloaded" und hier sind wir wieder.


    Your squad ain't hard, that's cushion/
    That ain't sauce, that's puddin'/
    Tunechi across her bosom, damn!/
    Shootin' up the jurors, damn!

    (Lil Wayne auf "Big Bad Wolf")


    Nun habe ich schon relativ viel Rahmen geschrieben, etwas mehr muss aber doch sein, denn "Dedication 6" und "Dedication 6: Reloaded" sind beide Teil der Gangsta-Grillz-Serie von DJ Drama (was leider auch in jeden Song geplärrt wird und sich anhört wie "bang some Brasil"), ebenso wie es die vorherigen "Dedication"-Mixtapes zumindest teilweise auch waren. Die "Dedication"-Reihe ist eine echte Mixtape-Reihe, hier wird wirklich über (nur wenig) angepasste fremde Beats gerappt und kein eigenes Material gedroppt. Drama nennt alle möglichen anderen Releases auch Gangsta Grillz, ist ja offenkundig auch ein obertoller und keineswegs pubertär klingender Name, wobei diese anderen Werke durchaus Produktionstalent erahnen ließen. Ein wirklich Großer ist er aber nicht, was sich darin spiegelt, dass er außer mit Weezy mit Hinz und Kunz arbeiten muss (T.I., an dieser Stelle Jimmy-Fallon-eew-gif vergegenwärtigen). Hier macht er seinen Job, der im Wesentlichen aus Cutten und Zusammensetzen besteht, ganz ordentlich, da er die stärksten Aspekte der Originalsongs, meist einen prägnanten Melodiebogen wie bei "Fly Away" (K-Dots "D.N.A.") wirken lässt und ansonsten Wayne genug Raum zum Atmen verschafft und einen meist eher simplen Beat mitlaufen lässt. Dieser ist es dann in den allermeisten Fällen auch, auf den sich unser Lil MC konzentriert und das ist ein kleiner Kritikpunkt: Zwar tut es seinem Flow offenkundig gut, dass allzu viel Adaption an die Instrumentierung unterbleibt, bei manchen Songs schleicht sich jedoch das Gefühl ein, dass der eigentlich prägende musikalische Rahmen (wie die Synthies bei "XO Tour Lif3", ihr wisst schon: di-dew-di-dew) für den MC irrelevantes Beiwerk ist und der relativ austauschbare Grundbeat den einzigen gesanglichen Bezugsrahmen bildet – das schafft Beliebigkeit und wenn der Grundbeat fehlt, wie bei "Blackin Out" (Jiggas OJ), ignoriert Wayne die Musik einfach komplett. Dieses Problem ist dort am wenigsten stark, wo die Musik homogen und ohne große melodische Ausschläge auftritt, wie im sowieso bärenstarken "Yeezy Sneakers" oder bei "Bank Account", hier wirkt Tunechi richtig im Einklang mit dem Song im Sattel, statt ihn einfach nur durch Reimketten zu zähmen. Auf diesen Songs gelingt es dem Rapper auch, einen hypnotisch wirkenden Flow zu erschaffen, der sich ungekünstelt immer weiter in den Track bohrt, bis man endgültig den Eindruck hat, man sei in den Kaninchenbau gekrochen; dazu passt der oftmals erst tief im Track zum Einsatz kommende metallene Vocoder-Effekt auf Waynes Stimme, gut zu hören bei "Weezy N Madonna", sehr gut. Dabei vereint er eine streckenweise famose Technik mit Energie und Varianz mit einem feinen Sprachgefühl und Sprechrhythmus, die viele rezitierwürdige Lines ergeben (mein Liebling: "I feel like North Korea/ even though we oceanside" auf "Yeezy Sneakers"). Man hat fast nie das Gefühl, ein Wort stehe an der falschen Stelle oder werde zu viel gesagt. Diese Stärke zieht sich durch beide Mixtapes wie ein roter Faden, technisch solide ("2 Hot For TV") über gute ("Freaky Side") bis großartige ("5 Star") Leistungen prägen diese Werke, die sich im übrigen kaum unterscheiden und hier pauschal zusammen bewertet werden. Gerade bei "5 Star" ist schön zu sehen, wie Wayne mit einer aktuellen Top-MC, in diesem Fall eine prächtig aufgelegte Minaj, nicht nur mithalten kann, sondern die Tempovariationen aus ihrem Part aufgreift, ausbaut und so einen wirklich bemerkenswerten, einnehmenden Part schafft.
    Was hier allerdings nicht geschieht, ist der "Mixtape-Optimalfall": Das Zu-Eigen-Machen eines fremden Beats. Weezy liefert hervorragend ab, man hat allerdings kaum den Eindruck, dieser oder jener Beat hätte für ihn statt für den eigentlichen Künstler komponiert werden sollen oder der MC suche eine künstlerische Auseinandersetzung mit dem Original-Artist. Dafür rappt Wayne zu eigen und ignoriert wie gesagt die Musik zu sehr, ein echter Vergleich mit den Original-MCs erübrigt sich so. Man hat auch nicht den Eindruck, dass der New Orleanian dieses Kräftemessen suchen würde oder sein Eigenanspruch sei, diese Songs zu vereinnahmen. Die Breite und Aktualität der Trackauswahl (Jiggas "Story of OJ", Malones "Rockstar", Tillers "Set It Off" – alles aktuell und Mainstream) ebenso wie sein Rapstil sprechen eher für eine Fingerübung der guten Sorte, für le rap pour le rap, und wenn man die Technik hat, spricht nichts dagegen, sie zu demonstrieren. Veröffentlicht wurde über datpiff, was leider ebenfalls gerne in die Songs gebrüllt wird, aufgrund der anhaltenden Streitigkeiten mit dem Vogelmann.


    I'm just lookin' for lil' sexy to direct me from the sorrow/
    They ain't promisin' tomorrow but she promise to be loyal/
    So I promise to be faithful, but I'm prolly not gon' chase you/
    Sit down on my dinner table, eat that pussy like it's catered

    (Lil Wayne auf "Main Things")


    Dass der Spracheinsatz geglückt ist, wurde bereits festgehalten, die inhaltliche Seite der Lyrics offenbart allerdings einige Schwächen. Denn einer der wenigen Aspekte, die ich früher an Lil Wayne mochte, nämlich dass er einer der viel zu wenigen Rapper war, die tatsächlich über Themen oder ein Song-Motiv rappen ("Mrs Officer", "I Feel Like Dying", "Georgia...Bush"), hat sich mittlerweile erledigt. Die Kinder haben die Revolution gefressen, könnte man sagen, denn Weezy rappt zwar sprachlich ungemein eleganter als die ganzen anderen gesichtstattoowierten Lils, sein Horizont endet aber mittlerweile auch bei diversen seizure-triggernden Drogen, Ficken und Auf-Das-Eigene-Vermächtnis-Abstellen. So werden die langen Passagen aber irgendwann dröge, egal wie technisch fein sie vorgetragen werden. Das sich abzeichnende Muster, wie unter anderem auf "Kreep" zu sehen: Bitches auf Kodein halb querschnittsgelähmt vögeln, dann zum Schluss alle Homies daran erinnern, dass man den Bitches nicht trauen darf. Fraglich bleibt, wie die Juristen so schön sagen, ob Weezy manch feinen Witz, der sich aus der Gegenüberstellung von Original und Remix ergibt, absichtlich tätigt: Wie Kodak Blacks hochgradig weinerliche "Jesus rettet mich, obwohl ich so kriminell bin"-Ode in eine Art misogynes "Into my arms" samt blasphemischer Kanye-Spielerei umgedichtet wird, entlarvt das Original gekonnt als den unreflektierten Scheißdreck, der er ist. Wo die Auseinandersetzung mit dem Originaltext offen stattfindet wie bei "Fly Away", findet Wayne nur oberflächlichen Zugang ("I got Doja, Narcotics, and Actavis; that's DNA").
    Die Feature-Gäste stören nicht und bewegen sich eher im üblichen Verdächtigenkreis um Young Money, sind also größtenteils deutlich unter der Schlagweite des Hauptakteurs. Eine Ausnahme bilden Drake und Minaj, die beide auch tatsächlich starke Parts liefern, vor allem Minaj passt gut zu Weezys schnellem und rhythmischem Flow und überzeugt mit feiner Ruptur im Flow-Tempo.


    I prolly was fucking your bitch on Dedication 4, and the whole fucking shit was dedicated to her, you know what I mean. I dunno. Whichever one that wasn't, that didn't do as well as all of the rest of them, that was definitely the one that was dedicated to her (Lil Wayne auf "For Nothing")


    Fazit:
    Kann sein, dass meine Erwartungen einfach deutlich anders waren als die vieler anderer Rezensenten; ich erwartete mir nichts, und ich bekam starken Flow, einen gut gelaunten MC und viele Lines für mein Eminem-sitzt-im-Bus-und-draußen-regnet's-Notizbuch. Was ich nicht bekam, war eine Epiphanie. Weder ergibt sich mir jetzt im Nachhinein die breite Verehrung, die Lil Wayne für sein Frühwerk erfährt, noch ist Dedication 6 samt Reloaded auch nur das beste Release, das ich auch nur die letzten drei Monate gehört habe. Dafür ist es eine beeindruckende Fingerübung, die zeigt, dass hier ein Gigant schlummert, der in dieser Phase seiner Karriere vielleicht auch gut daran tut, 35 Songs einfach mal zu rappen, ohne sich über viel anderes einen Kopf machen zu müssen. Und der dabei, vom künstlerischen Gesamtwerk abgesehen, einige der stärksten Parts hinlegt, die ich in den letzten Jahren gehört habe. Damit bin ich schon happy.



    Franz Xaver Mauerer


    [redbew]2335[/redbew]


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  • was gabs in den letzten 3 monaten denn so für nennenswerte releases?
    außer JBG3 natürlich. also spontan fallen mir da nur N.E.R.D, Migos, Brockhampton und Black Panther ein.


    "I got 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10 bank accounts
    Plus a main account, with insane amounts
    That's somethin' to think about"

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