Das Konzept "Album"

  • Hi, ich habe schon öfters mit Freunden dadrüber geredet wie wir am liebsten Musik konsumieren und viele Leute scheinen immer weniger wirklich Alben zu hören sondern sich nur noch einzelne Tracks von Künstlern anzuhören.
    Wenn überhaupt skippen sie Alben noch ein/zweimal durch um zu gucken ob was für ihre Playlists dabei ist (die dann oft nach Stimmungen/ Genres etc sortiert sind).
    Weil Hip Hop aber ein Genre ist in dem das Album aber wie ich denke noch einen etwas höheren Stellenwert besitzt würde mich interessieren was ihr dazu denkt und wie ihr selbst Musik hört.


    Ich Persönlich höre eigentlich sehr gerne Alben, vor allem zu Hause, habe aber das Gefühl das es sich bei immer weniger Künstlern wirklich lohnt. Oft fühlt sich das für mich zu sehr nach Mixtape an statt nach einem einheitlichem Kunstwerk.
    In der Bahn und so bin ich aber auch auf Playlists umgestiegen.

    +They always expect the Monster. And It's always just some bloke.
    There ain't no monsters. There's no great saving grace.
    No us and them. There's just us. - Hellblazer+

  • Ich höre allermeistens komplette Releases (ob jetzt EP oder Mixtape oder eben Album) und mache nur zu besonderen "Anlässen" Playlists-Mixtapes, manchmal für mich, manchmal zum Verschenken.


  • Weil Hip Hop aber ein Genre ist in dem das Album aber wie ich denke noch einen etwas höheren Stellenwert besitzt würde mich interessieren was ihr dazu denkt und wie ihr selbst Musik hört.


    Ist das so? Würde sagen, dass grad Hiphop sehr Single- und Einzeltracklastig ist im Gegensatz zu anderen Genres.


    Bin auch kein großer Freund von Spotifyplaylists und co, sondern mag viel viel lieber "Gesamtwerke"... die Entwicklung ist ja trotzdem nicht aufzuhalten. Würd mich aber nicht wundern wenn früher oder später mal wieder n Gegentrend eintritt.

  • Ich frage mich EH ob es das konzept Album in der Form noch lange geben wird (zumindest im Hip-Hop). Man hat doch schon bei Drake gesehen, dass da neue Wege eingeschlagen werden (Playlist) und auch Kanye hat sein TLOP Album einige Male geändert und damit neue Wege eingeschlagen. So Künstler wie Future, Migos usw. brauchen meiner Meinung nach nicht mal Alben, weil sie eher von Singles leben. Ich habe teilweise das Gefühl, dass Alben auch nur noch gemacht werden, weil sich so Geld verdienen lässt und es kompakteren/übersichtlicheren Output liefert, als wenn man bspw. alle paar Tage tracks droppt.


    Es gibt vor allem im Deutschrap kaum noch Alben, die auch wirklich Alben sind und nicht einfach die Ansammlung von Einzeltracks. Aber wenn Leute wirklich Alben bringen, hinter denen ein Konzept, eine lyrische Idee, oder ein kohärentes Soundbild steckt, dann lohnt es sich für mich auch immernoch sich sowas anzuhören. Ein Paradebeispiel wäre hier natürlich To pimp a Butterfly, wo die Tracks außerhalb des Albums fast nicht funktionieren. Andere Alben, die mir da einfallen wären das neue Cole Album, oder AE von Danny Brown.


    Aber Künstler wie XXXTentacion, Lil Pump, Lil Yachty usw. tun sich meiner Meinung nach mit Alben keinen Gefallen und ich warte nur darauf, dass die das kompett sein lassen und dazu über gehen einfach 5 Tracks an einem Tag auf Spotify zu droppen und das vlt in eine Playlist oder so verpacken, statt ein "Album"rauszuhauen mit Cover, Name und gepressten CD´s

  • Ist das so? Würde sagen, dass grad Hiphop sehr Single- und Einzeltracklastig ist im Gegensatz zu anderen Genres.


    Ich würde sagen das da so ein zwiespältiges Verhältnis vorliegt... Was du sagst stimmt irgendwie, aber Hip Hop Fans kaufen trotzdem verhältnismäßig viele Alben. Könnte mir aber vorstellen, dass das viele eher machen um die Künstler zu unterstützen..


    edit. Eine meiner Lieblingssängerinnen (Amanda Palmer) finanziert sich z.B. fast nur noch über Patreon und haut Songs meist dann raus wenn sie fertig sind. Ihr Hauptargument ist, dass jeder Song in gewisserweise an seinen Entstehungszeitpunkt gebunden ist und sie es unangenehm findet erstmal 12 Songs fertig zu stellen und dann daraus ein Album zu formen.

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    Einmal editiert, zuletzt von Leedt ()

  • Ob es sich "lohnt", ist natürlich pauschal unmöglich zu beantworten ... aber gibt doch auch einige Artists, die ihr gesamtes Release von einer Person oder einem Team produzieren lassen wegen Gesamtzusammenhangsbild?

  • Daheim hör ich eigentlich nur alben. So ne atmosphäre von nem album errreichst du halt nicht mit ner playlist. Unterwegs hör ich aber recht wenig alben, sondern einfach so alle lieder auf shuffle oder halt nur lieder von nem speziellen artists. Rr ich hab an die 50 unfertige playlists für die ich mir alle mal voll coole konzept ausgedacht hab und dann nach 5 liedern aufgegeben hab haha. Kann btw null nachvollziehen wie man ein album auf shuffle hören kann, will da jedesmal heulen wenn ich das mitbekomme.


    Ich bin mir ziemlich sicher dass album nach wie vor das hauptmittel für den künstlerischen output bleibt. Das so manche artists zwar mehr auf singles (speziell in hip-hop, mancher form von electronic oder welches genre halt sonst in der zukunft die hits bringt) setzten mag, ist durchaus möglich aber im endeffekt wird es dann schlussendlich trotzdem iwann auf so ne sammlung zusammenläuft dass man dann auch wieder album nennen kann.
    Man kann ja auch nich steuern was einhit wird und was nicht (klar gibt es paar sachen die man machen kann um wahrscheinlichkeit zu erhöhen aber gewissheit hat man nie). Der track des jahres mask off war zb erst keine single. 21savage releast übrigens auch erst sein album und guckt dann welche tracks sich als hits herausstellen und macht dann videos etc dazu, siehe bank account.

    Ich sag immer das gleiche, aber was soll ich auch sagen? Ich wach auf und ich hab einen Harten

  • Für mich sind Alben total integral für die Bewertung bzw. Beurteilung eines Künstlers. Würden Künstler wild anfangen Songs oder kleine Songpakete zu releasen würde mir persönlich einfach so viel fehlen. Für mich ist es viel monumentaler, wenn ein Artist ein geniales Album releast als Tracks in unregelmäßigen Abständen. Brauche einfach so dieses Gesamtwerk, das man auch richtig ausgiebig durchdringen kann und nicht so kurzlebige Einzeltracks, die in der Schwebe hängen. Dazu kommt, dass ich kein Freund davon bin, wenn Künstler so diese Vorstellung von dem perfekten Gesamtwerk aus den Augen verlieren und beginnen jeden Monat ungeniert Songs rauszuhauen. Finde generell diese inflationäre Songflut von manchen Künstlern dieser Tage schon ziemlich nervtötend. Nicht nur führt das schnell zu Abnutzungserscheinungen, darunter leidet auch oft die Qualität der Songs. Lil Wayne war damals so einer der ersten, die damit anfingen Unmengen an konzeptlosem Output zu releasen und es hat seiner Karriere nicht gut getan.


    Finde aber gar nicht so, dass Alben heutzutage nicht mehr wie Alben klingen. Sehe das eher andersrum. Es gab lange sone Phase als Hip-Hop nocht nicht so festen Stand in der Musiklandschaft gefasst hat, in der viele Alben halt total ruiniert wurden, weil sie zwanghaft den Spagat zwischen Kommerz auf der einen und Rapansprüchen auf der anderen Seite genügen wollten. Dabei kamen dann teilweise sehr inkonsistent zusammengepuzzlte Konstrukte bei raus. So nach dem Motto "für jeden was dabei" gabs dann ne unnatürliche Sounddiversität und halt immer ein-zwei obligatorische Entgleisungen mit dem Blick auf die Charts, sprich kompromissbereite Mainstreamnummern, die richtig ins Gesamtbild gegrätscht sind. Heute ist das find ich ganz anders. Langsam wagen sich immer mehrere Künstler für mein Empfinden auf Albumlänge kohärente Soundbilder zu schaffen, die viel kompromissloser sind, aber dann trotzdem auch mit Hits aufwarten - nur eben viel natürlicher. Strenge Konzeptalben inhaltlicher Natur sind da vielleicht nochmal was Anderes, aber von der Sorte gabs doch im Hip-Hop generell nie so viele, soweit ich weiß.

  • sehe das irgendwo zwischen Kolu und streifii...
    Mukke ist teils immer krasser auf einzelne Hits angelegt und da ergibt es wenig Sinn Alben zu droppen und zu hören, dafür hab ich auch nicht immer die Aufmerksamkeitsspanne
    aber wenn ich in Ruhe Mukke hören will nervt mich Reizüberflutung in Form ständig komplett wechselnder Soundbilder schon



    aber ich kenn sehr wenige Rapalben, die mich wirklich insgesamt interessieren (höre halt auch fast ausschließlich Deutschrap)
    zuletzt vermutlich Intergalactica und Kaas' EP letztes Jahr, sonst so Sachen wie Tua - Grau oder Bushido - VBBZS, evtl noch ZHT3 (müsste nochma anhören tho)
    gefühlt scheitern deutsche Rapper beim kohärenten Soundentwurf schon am miserablen Beatgeschmack und retten sich dann im besten Fall noch in feste Producer

  • Glaube, es kommt immer darauf an, was grade technisch möglich ist. Alben gibts ja auch nur, weil das eben Länge X war, die auf eine Schallplatte gepasst hat. Durch MP3 und Streaming hat sich das total verlagert, daher weichen auch die Grenzen bisserl auf. Playlist ist ja quasi die Inkarnation dessen, wie Spotify funktioniert, daher nur konsequent, dass das grade viel ausprobiert wird.

  • Ein großer Unterschied zu "früher" ist, dass man jetzt ja alle Lieder vom Album hören kann, ohne das Album zu "haben". Das ging ja vor dem Streamen ziemlich umständlich nur - oder wie man es auch immer ausdrücken mag.

  • ich glaub, erstmal sollte man zwischen dem album als kunstform und dem album als kommerzieller instanz in der musikindustrie unterscheiden.


    Ich hab gerade ein bisschen quergegoogelt und gefunden, dass der Begriff "Album" Anfang des 19. Jahrhunderts schon in der Romantik verwendet wurde, zB von Schumann im "Album für die Jugend", der Begriff leitet sich aus dem lateinischen "Verzeichnis" ab. Ich will jetzt gar nicht so tun, als hätte ich den krassen musikhistorischen Durchblick, aber wenn ichs richtig sehe, dürften von den 20ern bis in die 40er Platten vor allem als Recordings von Sessions verwendet werden (zumindest kenn ich das so aus dem Bebop-Zeug von Charlie Parker) und wenn man das durchdenkt, heißt es ja etwa, dass ein Album für daheim so ein bisschen ein Äquivalent zu einer Liveshow sein wollte. Und ich denk das is so der Punkt, an dem ich [MENTION=521197]InsertPointlessName[/MENTION] recht geben würde, denn dadurch, dass die Verfügbarkeit von Musik sich auf dieses Medium konzentriert hat, dürfte sich das Album als Kernstück der musikalischen Verbreitung etabliert haben. Die große Änderung entsteht dann glaub ich das erste Mal in den 60ern, einfach dahingehend weil ich einfach mal unterstellen würde, dass die Jazz Fusion und ProgRock-Leute als erste Musiker auch Einfluss aus Oper und Musiktheater in die Popmusik geholt haben und dadurch die Gesamtnarrative im Album als Musikwerk eher auch ins öffentliche Bewusstsein gerückt haben (gabs sicher auch schon früher, aber ich denk bei king crimson oder pink floyd wurde es mit das erste mal zum wirklichen massenphänomen). Dazu kommt, dass irgendwann die Digitalisierung der Musik und die größer werdende Möglichkeit von Manipulation im Audiorecording das Potential von Musik auf Platte zu eine völlig anderen als Live werden ließ, weswegen die Musik zunehmend weniger "handgemacht" sein dürfte, bis die Streaming-Ära jetzt auch noch das Konsumverhalten komplett auf den Kopf gestellt hat.


    Der Punkt den ich mit dem kurzen Rundown machen will ist: Im Grunde ist das Album sowas wie ein Überbleibsel. Es wird zwar fast in jedem Musikstil benutzt, aber eigentlich auch nur, weil es nie anders gemacht wurde. Deswegen haben wir auch total verschiedene Ansprüche an Alben. Momentan wäre so der dominante "Gutes Album"-Anspruch, dass es irgendwo konzeptionell und durchdacht ist, also ein "To Pimp A Butterfly" oder sonstetwas, das als Narrative oder Erfahrung in sich selbst geschlossen ist. Andererseits könnte man auch nur erwarten, dass ein Album eine geschlossene Soundästhetik mitbringt, zB wenn man ein Black Metal Album anmacht, dass die Kohäsion da nur im musikalischen Handwerk besteht. Man könnte auch erwarten, zB von einem Pop- oder Trapalbum, dass jeder Song ein Hit ist und da eventuell sogar für verschiedene Geschmäcker etwas dabei ist.


    Und ich glaub der letzte Punkt ist etwas, den gerade der Mainstream gerne von den Artists einfordert, zu nem Punkt, an dem Mixtapes und Alben nur noch releast werden, um via Streaming quasi herauszufinden, welche Single sich am Besten eignet. Nur noch Singles zu droppen wäre zwar logischer, aber unklug, um den Hype der Leute einzufordern. Unser Hörverhalten, die Taktung der Industrie und die generelle Aufmerksamkeitsökonomie ist eben auf das Album geeicht. Wir wollen, dass unser Lieblingsartist etwas releast, ein Produkt, dass man diskutieren und einordnen kann. Einzelne Singles funktionieren da weniger. Mir ist gerade eh langweilig und ich bin ein wenig ins schreiben gekommen, das hier sind alle Alternativen zum momentanen Release-Stil, die mir spontan eingefallen sind:



    Bottom Line: Das Album ist eigentlich schon seit Jahrzehnten mehr Überbleibsel als tatäschlich aktiv durchdachtes Medium. Und auch, wenn Streaming das noch einmal erschüttert, ist unsere Aufmerksamkeit viel zu sehr auf das Kommen und Gehen von Releases geeicht, als dass es da gerade einen wirklichen Wandel geben könnte. Ich glaube aber trotzdem, dass gerade in kommenden Generationen durch die steigende Zahl von Indie-Artists und auch durch Kanyes "Life of Pablo" und Drakes "More Life", die beide das erste mal öffentlichkeitswirksam durch neue Technik am Fundament des Albums gerüttelt haben, eventuell ein Klima enstehen könnte, in dem jeder Musik bewusst einen Releasetakt wählt, der seinen musikalischen und kommerziellen Interessen am besten entgegenkommt.

  • :thumbup: an [MENTION=343124]Cuttack[/MENTION], das ist sehr interessant und schön zu lesen, danke dafür! :chu:


    Was mir noch eingefallen ist: Sind die "Playlists" in fester Reihenfolge zu hören gedacht? Gibt ja, grad im Rap-Bereich, schon viele Alben/EPs, die mit "Intro" beginnen. Und das hört man den Songs meistens auch irgendwie an. Bei manchen Platten (jetzt mal nicht Rap-Alben) gibt es sogar - wie bei Musicals fast :D - so eine Art "Finale des ersten Akts", also der letzte Track auf der A-Seite. Da hab ich meistens schon das Gefühl, dass die das ganz bewusst so machen und sich ganz bewusst für genau diese Reihenfolge und für dieses Medium entschieden haben. Klar gibt es auch die Alben mit den Filler-Tracks, bei denen ich mir denk, dass man auch eine schnieke, unzusammenhängende EP oder was auch immer draus hätte machen können.

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