Majoe & Kurdo – Blanco


  • 01. Smokey und Body
    02. Nachtaktiv
    03. REFU GS
    04. Barone
    05. Paranoia

    06. Ka7hba Slap (Skit)
    07. Charlie Sheen
    08. 7 Todsünden
    09. Letzter Brief
    10. Maserati
    11. Der Lügenbaron
    (Skit)
    12. Pinocchio
    13. Rolling Stone
    14. Desert Eagle
    15. Blanco
    16. Perdono
    17. Alles schon gesagt


    Die FDP ist zurück, die AFD zieht mit 12,6% in den Bundestag ein, der Sommer ist vorbei – einfach schlechte Zeiten. Wem das alles noch nicht gereicht haben sollte, dem geben nun Kurdo und Majoe gemeinsam den kulturellen Randsteinbeißer. Der Independent-Label-Besitzer und das Banger-Camp/McFit-Maskottchen tun sich zusammen und beglücken ihre Fans und alle anderen mit einer Ansammlung zusammen produzierter Songs, einem stolzen, ganzen "Kollabo-Album", wallah. Während meiner persönlichen Erwartungen bereits die Wohnsituation der örtlichen Kanalisation ausloteten, schien sich anderswo tatsächlich Spannung aufgebaut zu haben, gar absurde Fragen beschäftigten die Kollegen: Hat sich Kurdo im Vergleich zu "Vision" zurückentwickelt? Hat Majoe sich seit "Auge des Tigers" fortentwickelt? Gibt das Album gar Deutschrap eine neue Richtung? Fragen, deren Antworten völlig obsolet sind, denn Spoiler: Auf "Blanco" arbeiten beide auf überragend niedrigem Niveau zusammen. Wer hätte das gedacht.


    Ich will alles/
    Pesos, Liras, Dinars, Euros, Dollars/
    Nie wieder im vollen Wagon/
    Sondern in Boca Raton oder in Costa del Sol/
    Ich will alles/
    Ich will alles/
    Gib mir mehr als 'ne Präsi-Suite (mehr)/
    Nein, ich will sogar mehr als die Kennedys/

    (Majoe und Kurdo auf "Smokey und Body")


    "Smokey und Body" hat alles, was dieses Album ausmacht – und erklärt gleichzeitig, warum man um diese Scheibe einen kleinen bis großen Umweg machen sollte. Musikalisch läuft hier alles sehr gewohnt ab: Der Beat bewegt sich zwischen Gangsta-Gewummer und Trap, ein belangloser Synthie spielt die drölfte Raubkopie von etwas, was schon vor fünf Jahren nur noch "okay" zu nennen gewesen wäre. Und über all dieser herrlichen Belanglosigkeit erheben sich Kurdo und Majoe mit der gleichzeitig Mitleid und Belustigung erweckenden Anmut geistig halb-gelähmter Berggorillas- Oder dreibeiniger Katzen, je nach persönlichem Galgenhumor. Was man sich nach "Vision" und "Das Auge des Tigers" bereits hätte denken können, wird nun bittere Realität: Textlich gibt's hier, euphemistisch formuliert, nicht viel zu holen. Ihr vorläufiges Challenger-Tief erreichen die beiden bei der Bridge, die tatsächlich nur aus einem mit Autotune verzerrtem "Ah" zu bestehen scheint, welches sich korkenzieherhaft in die Gehörgänge bohrt.


    Wer will mich abschieben, ich zahle Steuern?/
    Ich bin 1.80 groß und schwanzgesteuert/
    (…)
    Und wenn Kurdo ekelhaft wird/
    Bringt er's dazu, dass du deine Nägel lackierst (hehe)/

    (Kurdo auf "Paranoia")


    Auch wenn sich dieses etwas beunruhigende Fetisch-Bekenntnis mit dem tumben Macho-Gehabe à la "mein Schwanz ist zehn Meter mal vier" (ernsthaft?) zu beißen scheint, so ist es doch der Autotune-Gesang, der beinahe jedem Song den finalen Rest gibt. Keine Spur von Musikalität, schief gesungen, Autotune drüber und anschließend Taschen-Kicker am Mischpult gespielt. Ungefähr so muss ich mir wohl die "Studio-Arbeiten" vorstellen. Einmal schütteln und durchatmen. Frei nach einem geheimen Gedankengang Schönbergs 1913: "Brace yourself and buckle your seat belts motherfuckers", das war nur das Vorspiel, 12 weitere folgen noch. "Nachtaktiv" nutzt gefühlt die gleichen Drums, nur haben sich beide bei der Anspielstation auf eine Musikrichtung einigen können. Ein "klassischer" Banger, beziehungsweise ein klassischer Representer soll es sein. Textlich unteres, teils verschwörungstheoretisches Geschwätz, dennoch tatsächlich irgendwie hörbar.
    Aber auch nur der Hubbel vor dem Schlagloch. Wie bereits eingangs erwähnt, die AFD ist bei 12,6% und die Flüchtlingskrise seit über zwei Jahren ein dauernder Brennpunkt in Deutschland. Wer von zwei Künstlern irakisch-kurdischer und tamilisch-sri-lankischen Ursprungs ein paar vernünftige, wenn vermutlich auch simple Aussagen pro Flüchtlinge kontra Rassismus erwarten haben sollte, der hat den Hirnschmalz dieser beiden Intelligenz-Antipoden gehörig überschätzt.


    Wir sagen Kahba und nicht Mademoiselle (Mademoiselle)/
    Wir zähl'n nicht in Milligramm (äh-äh)/
    Wer ist Willy Brandt? Ich bin ein Immigrant!/
    Wir klären's mit der Faust, keiner hat's mit Kopf versucht/
    Fick Snoop Dogg, auf Repeat ist George Wassouf/

    (Kurdo auf "Refu Gs")


    An dieser Stelle ist mein persönlicher Hang zum Masochismus weidlich ausgereizt, deshalb werde ich's mir hier etwas kürzer machen. Musikalisch passiert nicht mehr viel. Wer sich bei den beiden Skits noch nicht den Strick genommen hat, den belohnen die Künstler auf ihre ganz eigene Art. Entweder Banger, pseudo-emotionales Realness-Geprolle, für das sich selbst ein Fler im ekstatischsten Zustand die Kugel geben würde, das Ganze mal mehr, meist weniger bis gar nicht passend mit Autotune und vergeigten Gesangspassagen vermengt. Was bleibt, sind verbale Absonderungen frauenfeindlicher und homophober Art, welche bereits anderswo für Aufregung sorgten. "Die Bitch muss bügeln, muss sein, wenn nicht, gibt's Prügel, muss sein" oder "Fick Rapper, denn nur echte Männer können Frau'n schlagen". Jeder Text von Hollywood Hank oder Rhymin Simon beinhaltet deutlich härtere Textpassagen. Das feministische Aufkeuchen à la Yannik entsprechend beiseite lassend ist es doch diese betont hirnlose Darbietung, dieser vollkommene Mangel an Ironie, welche man nach einigen Minuten dieser gepressten Geldverschwendung den agierenden Protagonisten auch überhaupt nicht mehr zuzutrauen imstande ist. Und so sehr ich die Polemik auch schätze, es scheint so, als seien die beiden schlichtweg dumm, in ihrem begrenzten Weltbild festgewachsen, unfähig, sich der eigenen Primitivität bewusst zu werden, wandelnde negative Klischees. Mitleid sollte man wohl haben, Resignation überwiegt und was bleibt, ist nur ein weiterer schwarzer Fleck im Deutschrap-Kosmos, den zu vergessen nicht schnell genug geschehen kann.



    (Andreas "Aepp" Haase)


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    [align=center]"[U][I]Es ist ja relativ bekannt, dass Hip Hop nicht so schwer zu machen und meistens nicht so anspruchsvoll ist.[/I][/U]" - JAW[/align]

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