Private Paul & Rotten Monkey – Live Fast Die Young


  • 01. Intro
    02. Willkommen im Dreck
    03. Live Fast Die Young
    04. Vollkontakt
    05. Der realste Rapper
    06. Untergrund
    07. Intelligent Design
    08. Was wir kannten feat. BlaDesa
    09. Drogensumpf
    10. Am Ende des Tunnels
    11. Vergiss den Rest
    12. All 4 the KASH
    13. Ich schreib
    14. Nichts
    15. Chillen mit den Arbeitslosen feat. ODMGDIA & Scotch
    16. Großkalibergewitter
    17. Krieg
    18. Vier Fäuste
    19. Nicht mehr viel feat. Prezident
    20. Outro



    Private Paul und Rotten Monkey, das klingt, als würden sich zwei Mitglieder der späten Turbonegro auf Solopfade wagen. Private Paul – das ist in seiner dümmlichen Generizität schon wieder spaßig, aber welcher Affe kommt auf die Idee, sich Rotten Monkey als Alter Ego zu suchen? Jedoch gilt: "Don't judge a book by its cover". Trotzdem fällt der erste Blick nun mal unweigerlich aufs Cover und hier sehen wir: Einen Totenkopf aus Wolken, darunter eine voll düstere Stadt und ein Wolkenkratzer kratzt dem Totenkopf auch noch aus einem der Augen heraus beziehungsweise dieses aus. Alas, das ist düster und irgendwie schwant mir tatsächlich nichts Gutes, wenn ich diese plakative Zurschaustellung von Urbanität sehe. Private Paul, recherchiere ich, ist schon eine ganze Weile unterwegs und besitzt ein Label namens Emopunkrap. Uff. Im besten Fall wird das jetzt Death Grips oder eine der schnelleren Vocal-Passagen von Iceage, der Begriff hat aber mehr Fallstricke als ein The-Smiths-Coversong. Das aktuelle Werk hört übrigens auf den Namen "Live Fast Die Young" – so würde Vin Diesel auch ein Album benennen.


    Schlechter Start insgesamt, also weg vom Abstrakten, hin zum "Intro". Das zitierte There Will Be Blood (s/o an laut.de, so schwierig war das jetzt nicht herauszufinden), eine misanthropische, aber ohne Zusammenhang letztlich wirkungslose Passage. Kommt leider alles etwas zu lang und verkrampft, der Noise zu Beginn des Tracks hört sich nach Ableton an, nicht nach Merzbow. Versuch # zwo, "Willkommen im Dreck". Schöner Beat, wirklich etwas düster, aber nicht übertrieben emo-ish. Die Vocals dazu sind okay, Lyrics wie


    Die Wirklichkeit ist nur 'ne dünne Schicht, wie aufgeplatzte Haut/
    Die Wunde juckt in meinem Kopf und wenn's nicht aufhört, rast' ich aus/
    Affenfaust, kein Applaus, wenn ich Grenzen neu definiere/
    Vor mir selbst defiliere, königlich residiere

    (Rotten Monkey auf "Willkommen im Dreck")


    passen ganz gut zum Track. Einer der größten Pluspunkte dieses Albums ist damit auch schon entdeckt: künstlerische Authentizität, ebenso thematische und stilistische Kohärenz. Auch wenn die Künstlernamen Ironie vermuten ließen, malen die beiden schwarz auf schwarz, und zwar emotional auf Cohen-Niveau, circa 1969. Technisch sind die beiden dabei stabil, reißen allerdings keine Bäume aus. Es wird rasch deutlich, dass Private Paul der limitiertere Rapper ist, Tempiwechsel, lange Reimketten und ähnliche Extravaganzen fallen ihm schwer, weshalb er sich meist auch nicht an ihnen versucht. Rotten Monkey dagegen ist zumindest deutlich variabler und passt sich Song und Lyrics besser an. Insgesamt schmeckt die Suppe, und das überrascht nicht, schon nach dem sechsten Song nach saurer Lunge – pechschwarz, aber doch recht lange nicht eintönig. 20 Tracks hintereinander sind trotzdem zu viel des Guten, zumal potentiell auflockernde Feature-Gäste rar gesät sind und ins gleiche Horn blasen wie die Hauptdarsteller. Nett, dass mit Prezident der Vertreter der zweitdümmsten Pseudo-Rap-Nische (deine Katze kannte Whiskas-Rap nicht?) vertreten ist, der technisch wie gewohnt alle anderen MCs der Platte in ihre Schranken weist.


    Private Paul ist übrigens für die Beats verantwortlich und das macht er zum Beispiel bei "Am Ende des Tunnels" und "All 4 the KASH" ganz gut. Nicht aufdringlich, ein Komplettausfall ist eigentlich nicht dabei, allerdings sind "Ich schreib", "Krieg" und noch drei bis vier weitere Songs instrumentell arg simpel geraten, was auch daran liegen könnte, dass das relativ langsame und stabile Tempo Paul als Rapper mehr entgegenkommt als dem variableren Monkey, der so oft von einem Korsett eingeengt wirkt.


    Die beiden setzen leicht unterschiedliche Schwerpunkte bei den Lyrics, so ist Private Paul etwas introvertierter


    Rap ist Pest mit Cholera/
    Durch eine Hohlnadel direkt in deinen Oberarm/
    Ich mach' die Schore warm und leg' mich in die Ecke/
    Denn bevor ich wieder rappe, will ich elendig verrecken/

    (Private Paul auf "Vier Fäuste")


    als sein Compagnon


    Gegen politisches Establishment, gegen die Kanzlerin/
    Die Oppositionellen, die Parteien und all die anderen von Lügnern/
    Unterwanderten Keimzellen der Gesellschaft/
    Und den Affen in uns allen – die eigentliche Weltmacht/

    (Rotten Monkey auf "Ich schreib")


    , inhaltlich macht das das Kraut aber nicht fett: Hat man einen Song gehört, bringen die anderen keinen thematischen Erkenntnisgewinn. Was den beiden allerdings immer wieder gelingt, sind schöne Lines und diese, die größtenteils gelungen Beats und Monkeys okayer Flow retten das Album einigermaßen würdevoll über die Ziellinie.


    Fazit:
    Wie viele Emos braucht man, um ein durchschnittliches Rap-Album aufzunehmen? Obwohl sie sich thematisch nicht viel Neues zu erzählen haben, ist die Kollaboration von Paul und Monkey durchaus als Erfolg zu werten, birgt sie doch immerhin die Erkenntnis, dass Paul ein ganz guter Produzent und Monkey ein etwas besserer Rapper ist. Beim nächsten Mal mehr Arbeitsteilung, etwas weniger generisches QQ in den Texten, dann kann der Emo der beiden vielleicht noch mehr Herzen traurig machen, denn das Fundament für Cruellas Gruselschloss haben die beiden schon.



    (Franz Xaver Mauerer)


    [redbew]2158[/redbew]


    Bewerte diese CD:
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  • Private Paul fand ich vor 3-4 Jahren noch ganz okay, ist aber irgendwo auch ein One-Trick-Pony und seine Musik recht repetitiv. Werd mir mal das Prezi-Feat geben.

    [MENTION=315869]Max[/MENTION] - Ist doch nicht unbedingt eine Seltenheit, dass auch Leute, die nicht die weitverstrickte Substanz gewisser Werke verstehen, daran trotzdem partizipieren. Man hätte viel zu tun, würde man solche Leute tagtäglich rügen. Wie viele Leute haben Nietzsche gelesen und denken, glauben, meinen... und kriegen keinen geraden Satz zurechtgebogen? No Country for Old Men halte ich dann aber doch für den besseren Film ohne längere Überlegung :king:

  • prezident ist private paul (vor allem inhaltlich) einfach so viel überlegen. merkt man auch hier wieder:
    private paul klingt wie ein in sich selbstmitleid badender, unverstandener, von sich selbst überzeugter "spast"
    prezident top!


    e: ich feier private paul eigentlich ziemlich, aber in dem collabotrack mit prezident wirkt er viel zu peinlich

    "15 stunden hustlen und das eigentlich für nichts dann kommst du aus der spielo und die sonne scheint wie eine bitch"
  • Donnergeburt! Donnergeburt! Donnergeburt! Donnergeburt!


    Die There Will Be Blood Abhandlung völlig überzogen, ein "Private Paul ist wack" genügt. Miese Texte schlecht eingerappt. Wenn schon in der Review auf laut.de Bezug genommen wird, kann ich guten Gewissens ungehört 1/6 vergeben.


    offtopic: Wer erklärt mir den Zusammenhang von There Will Be Blood und No Country For Old Men?


    edit: Okay, habe gerade beim hochscrollen noch die letzten zwei Sätze des tl;dr gelesen.

  • [MENTION=315869]Max[/MENTION]: Ich glaube wir müssen uns hier in Kiel mal treffen und über Filme diskutieren ;) Komm doch mal ins Cafe Godot zum Filmquiz!


    [MENTION=81934]albu[/MENTION]m: Bin nur an dem Prezi-Part interessiert. Private Paul hatte damals sowas wie Potential und auf dem PCP-Album sind ein paar coole Parts von ihm drauf aber das wars auch schon. One trick pony trifft es perfekt.

  • There Will be Blood IST genial. Der Post trieft aber wieder mal vor Fanboyism und grenzt schon an Meinungsmache. Keine Ahnung, warum man sonst am "facepalmen" ist, wenn irgendwer No Country For Old Men für den besseren Film hält - das ist ne Diskussion in der beide Seiten ihre Daseinsberechtigung haben. Kann auch vollkommen verstehen, warum man jetzt TWBB für den besseren Film hält. Für mich ist NCFOM ein Meisterwerk, das meiner Meinung nach aus verschiedenen Gründen über There Will Be Blood rangiert. Das hat auch viel mit persönlichen Präferenzen zu tun, was die thematische Substanz anbetrifft. Was allerdings seltsam anmutet ist die Etikette "kurzweilig"... Ich will jetzt keine haltlosen Behauptungen aufstellen, ich steck da nicht so drinne und habe mich nicht durch jede Vergleichsdiskussion der beiden Filme gekämpft... Aber wie ich das mitbekommen habe hat man über No Country For Old Men ausgiebiger philosophiert als über TWBB und ich kenne auch mehr Leute, die sagen dass sie NCFOM nicht verstanden haben. In den Film wurde so viel hineininterpretiert. Ging sogar so weit, dass ich mir damals dachte, okay, übertreibts mal nicht. Mal ganz davon abgesehen, dass der Film allein wegen seines sehr, sehr offenen Endes mit der Tradition wirklich kurzweiliger Filme bricht.


    Was mich persönlich anspricht ist gerade die Bearbeitung der Frage nach dem erbarmungslosen Schicksal (was mich immer schon beschäftigt hat). Bardem, der zum einen als greifbares Individuum figuriert aber zugleich so losgelöst von jeder Definition von common sense als das personifizierte Böse fungiert, das von jeder Menschlichkeit abstrahiert und quasi als schicksalhafter Unstern einer verkommenen Welt, die diesen selbst herausfordert agiert, ist einfach großartig. Die Diskussion über die persönliche Präferenz endet meist darin, dass je 50 Prozent den einen der beiden Filme bevorzugen, von daher versteh ich nicht, warum man da andere Meinungen haten muss.


  • Erster PTA-Film seines Lebens und er denkt, das wär sone Art Offenbarung. L I T


    Auch wenn es dumm ist, überhaupt darauf zu reagieren: Ich kenne jeden PTA Film (ist ja auch nicht schwierig), aber das Zusammenspiel von DDL und PTA ist einfach grandios. Freue mich schon aufs nächste Mal, Anfang 2017 beginnen Dreharbeiten über ein Mode-Industrie-Drama in den 50ern von PTA, mit Day-Lewis. Bin einfach richtig hyped.


    Und ansonsten: NCFOM ist ebenfalls ein genialer Film, die Coen-Brüder ja sowieso. Ist wahrscheinlich ne Geschmacksfrage, mir gefallen die Thematik und das Setting in TWBB einfach besser. Kann aber jeden verstehen, der eher zu NCFOM tendiert, zeugt auf jeden Fall nicht von schlechtem Filmgeschmack.


    [MENTION=1028382]Ermak[/MENTION] war bisher zweimal da, wie erkennt man sich? :)

    [indent]It ain't about who did it first, it's about who did it right.[/indent]

  • ...


    No Front,
    aber ich würde keinen der beiden Filme als "Überragend" kennzeichnen^^


    Album ist halt semi.

    [align=center]"[U][I]Es ist ja relativ bekannt, dass Hip Hop nicht so schwer zu machen und meistens nicht so anspruchsvoll ist.[/I][/U]" - JAW[/align]

    2 Mal editiert, zuletzt von Moody ()

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