01. Intro
02. Zurück zur Straße
03. Alles auf Null
04. Weiterlaufen 2
05. Skit 1
06. Batzen
07. Chaos feat. Samra45
08. Mr. Nice Gun
09. Reebox
10. Game Over feat. Caney Armee
11. Caneys feat. Anonym
12. Mein Tag
13. Gun macht Bang feat. Farid Bang
14. Skit 2
15. Schmerz feat. Cesur
16. Rotlicht und Blaulicht
17. Wenn die Uzi spricht feat. Massiv
18. Bang Bang
19. Katastroph feat. Samra45
20. Outro feat. Caney Armee
Ein Kind mit verdreckten und zerrissenen Klamotten hält mir den Lauf einer Pistole ins Gesicht. Darüber thront der Titel des neuesten Projekts aus der Mikrofonmembran des selbsternannten Meisters aller Glatzen: "Zurück zur Strasse". In mir türmen sich Erinnerungen und unangenehme Assoziationen aus meiner frühen Jugendzeit auf. Baggypants und riesige Snapback-Caps, die mehr an eine halbe Bowlingkugel erinnerten als an eine Kopfbedeckung. Das muss so vor neun/zehn Jahren gewesen sein. Damals erschien auch Alpa Guns erstes Album "Geladen und Entsichert". Warum ich ausgerechnet auf sein erstes Werk zu sprechen komme? Ich habe wohl den Nachfolger in der Hand. Also ab damit in den Player und lasst uns doch mal schauen, ob ich mit meinem Gefühl richtig liege. Halt! Davor noch zwei Schüsse in die Luft. Eine Kugel für Tupac. BAM! Eine Kugel für Biggie. BAM! Alles klar. Respekt gezollt, jetzt kann es losgehen.
Begrüßt wird der Hörer von einer Ansprache, welche die Biographie, Gedanken und Wünsche des Protagonisten in der Ich-Perspektive wiedergibt. "Ich – bin zurück auf der Straße" – mit diesem Satz endet das Intro und wird von dem Titeltrack des Albums abgelöst. Ein epochaler Streicher gepaart mit choralen Oneshots bilden die Grundlage des Instrumentals. Klassisch! Wo die meisten seiner Kollegen sich auf ihre Golden-Era-Zeit zurückbesinnen, besinnt sich Alpa Gun mit seiner Beatwahl auf die Aggro-Zeiten der Ansagen drei, vier und fünf, wobei ein Track sogar eine direkte Fortsetzung zu einem Song auf "Geladen und Entsichert" darstellt.
Vor meiner Haustür hier in Schöneberg/
Glaubte kaum einer, dass es möglich wäre/
Doch ich hab's gemacht, ausm Ghetto in die Charts/
Vom Päckchen voll Gras zu rappen mit den Stars/
(Alpa Gun auf "Alles auf Null")
Die üblichen Straßen- und Alpa Gun-Themen finden sich auch auf "Zurück zur Straße" wieder. Es geht um den Verrat alter Freunde, um den Aufstieg aus dem Ghetto in die Charts, Kohle, die Familie und das harte Leben auf der Straße. Zugegeben wirkt das Ausschöpfen dieser Thematiken über zwanzig Tracks etwas repetitiv und uninnovativ, funktioniert durch die Glaubwürdigkeit und dichte Atmosphäre aber dennoch, ohne Langeweile zu erzeugen. Die abwechslungsreiche Beatwahl trägt natürlich auch ihren Teil dazu bei. So finden sich auf dem Album leichte Kopfnicker mit orientalen Samples, viele harte Banger und ein paar Trapbeats. Trotz dieser unterschiedlichen Wahl bildet der Sound ein gutes Gesamtpaket und skizziert ein einheitliches Bild. Jeder Track und jede Zeile ergeben im Gesamtkontext Sinn. Einzig der Disstrack gegen die 187 Straßenbande fällt etwas aus dem Rahmen – tut dies aber auch nur, weil mir nicht ganz klar wird, warum dieser Diss überhaupt existiert. Nennt mich altmodisch, aber nur ein paar Kommentare auf Facebook sind für mich kein Grund für einen Disstrack, daher wirkt das Ganze doch eher wie ein kalkulierter Promomove.
Junge, flieh – ich hab' in meinem Kopf noch alte Kriegsbilder/
Was für Straße, Lan? Ihr seid nur kleine Pic-Kinder/
Ich komm aus Antep – press' die Walther in dein' Mund, Gzuz/
Dann kannst du sehen, wie meine Gun schmeckt/
(Alpa Gun auf "Chaos")
Die Musik von Alpa Gun lebt von seinem Erzählstil, denn Sprache, Aussage und Technik sind zu einfach und können hier keine großen Punkte sammeln. Den Vorwurf der Austauschbarkeit halte ich dennoch für unangebracht. Ein klassiches Straßenalbum zu produzieren, das war hier Alpa Guns Ziel, und ihm daraus einen Strick zu drehen, halte ich persönlich für etwas zu streng. Hart, asozial und direkt will es sein und ist es auch. Featureparts bewegen sich von Alpa Guns neuer Crew bis hin zu den beiden bekannten VIP-Features: Massiv und Farid Bang. Leider sind deren Parts kaum erwähnenswert und eindeutig unter Alpa Guns Klasse. Erfrischend klingt hingegen der junge und hungrige Samra45, der mit seiner energischen Art dem Album etwas Dynamik beifügen kann. So ist für mich "Katastroph" eines der Highlights des Albums. Ein harter und düsterer Banger bildet den Klangteppich, auf den Samra45 als Erster einsetzt. Dieser klingt so bissig, dass ich das Gefühl habe, er verprügele ein paar Leute, während er rappt. Vielleicht ein junges frisches Talent für den Straßenrap? Wir werden sehen. Aber auch einige Tiefpunkte sind vorzufinden. Eines davon ist das Feature mit Farid Bang. Der Klangteppich stellt einen ruhigen Trapbeat dar, auf dem der Bangermusiker in keiner Weise funktioniert. Er klingt sogar zwischendurch so, als würde ihm die Luft beim Rappen ausgehen, und auch die Betonungen klingen mehr als nur ungekonnt. Alpa kann da leider nicht viel retten, da auch die Hook die uninspirierteste auf dem ganzen Album ist.
Guck die Gun macht Click-Click-Click Bang/
Ich drück' ab, drück' ab/
Zisch' ab, zisch' ab/
(Alpa Gun auf "Gun macht Bang")
Fazit:
Das neue Werk von Alpa ist genau das, was es sein will: ein klassisches Straßenrapalbum. Wer sich mit dem Sound von "Geladen und Entsichert" gut gefühlt hat, wird auch mit diesem Release keinen Fehler beim Kauf begehen. Der Sound besitzt eine angenehme Straßenatmosphäre, ohne dabei zu düster zu werden. Gelegentlich eingestreute Selbstironie und spaßige Zeilen des Protagonisten lockern das Gesamtbild noch zusätzlich auf. Textlich ist mir das Album aber zu schwach auf der Brust und auch die Message bleibt bei vielen Tracks auf der Strecke. Ich hätte mir ein bisschen mehr Tiefgang gewünscht. So konnte ich leider schon fast am Titel eines Songs erkennen, worauf er hinauslaufen wird. Jeder, der über Text und Technik hinwegsehen kann und auf den Sound der Aggro Ansagen vier und fünf sowie "Geladen und Entsichert" steht, findet hier ein überdurchschnittliches Straßenrapalbum vor, dass das Rad nicht neu erfindet.
Stiff Scratch
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