Pilz (Identität, Politik, Untergrund) – Text


  • rappers.in:
    Hey, Pilz! Schön, dass du dir die Zeit für ein Interview genommen hast. Wie geht es dir?


    [INDENT]Pilz:
    Haha, läuft.[/INDENT]


    rappers.in:
    Du befindest dich derzeit vor dem Release deines zweiten Albums "Kamikaze", das den Nachfolger zu "Beef" darstellt. Wie hast du dich durch dein Debutalbum entwickelt? Was hast du daraus gelernt?


    [INDENT]Pilz:
    Ich weiß nun noch besser, wo meine Stärken liegen, wenn es um meinen Flow geht. Ich finde, die neuen Beats harmonieren noch besser mit meiner Stimme und sie passen im Gesamtbild besser zueinander. Das Album ist einfach runder. Meine Beatproduzenten (LOCA und Christian Neef) haben sich sehr gut aneinander angepasst und dabei sind sogar zwei Beats entstanden, an denen beide gearbeitet haben. Ich habe auch gelernt, dass ich in meinen Songs bewusst kleine Pausen setzen muss, damit das Hören auf Dauer nicht zu anstrengend ist. Dadurch, dass auch einige ruhigere Songs dabei sind, ist es definitiv auch angenehmer, das Album am Stück zu hören.
    Ich bin stilsicherer geworden und zeitgleich rough geblieben, das war mir sehr wichtig.[/INDENT]


    rappers.in:
    In den Auskopplungen zum Album stand gerade videotechnisch ein starkes Spiel mit Maske und Identität im Mittelpunkt. Parallel dazu verwendest du das Wort "real" allerdings beinahe inflationär. Inwiefern ist dieses Spannungsfeld Teil deiner Attitüde als Rapper?


    [INDENT]Pilz:
    Ich bin eine Battle-Rapperin, aber wenn ich ein Album aufnehme, räume ich für die Spielzeit genug Platz ein, meinen Hörern auch noch etwas aus meinem Leben und meiner Sichtweise mitzugeben. Und das kommt cooler ohne Maskierung, finde ich.[/INDENT]


    rappers.in:
    Zum Thema Realness: Wie HipHop ist Pilz?


    [INDENT]Pilz:
    Die Frage klingt, als ob Realness zwingend mit HipHop verknüpft sein muss.
    Jeder definiert HipHop mittlerweile anders. Für einige reicht es aus, Teil einer Cypher zu sein und Oldschool zu hören. Sicherlich ist das ein Teil des Ganzen, aber man sollte es nicht darauf beschränken oder es als zwingende Grundvoraussetzung verstehen. Für mich ist es vor allem eine Einstellung. Es bedeutet, sich für etwas einzusetzen, wütend sein zu dürfen, eine Message zu verbreiten. Etwas, das oft vergessen wird, aber sehr wichtig ist, ist Toleranz und Respekt. Es ist nicht jemand nur dann HipHop, wenn er auf oldschool Beats rappt, sprühen geht und am besten noch tanzt. Auch die neuere Schiene kann HipHop sein. Um auf die Frage zurück zu kommen: Ich sehe mich selbst auf jeden Fall in der HipHop-Szene, aber ich habe überhaupt nicht den Anspruch daran, dass das jeder genau so sieht. Ich bin wie ich bin und wenn das HipHop ist, ist es cool und wenn nicht, dann juckt.[/INDENT]


    rappers.in:
    Welche Rolle spielt Maskierung und Identität in deiner Kunst? Ist die aktuelle Entwicklung deiner Musik eine Annäherung zwischen dem überspitzten Charakter Pilz und deiner realen Person?


    [INDENT]Pilz:
    Man lernt mich durch die neuen Tracks auf jeden Fall ein Stück weit besser kennen, ja. Aber ich würde es nicht als Annäherung bezeichnen, denn so sehr überspitzt, wie viele es denken, ist und war meine Musik nie.
    Die Leute kennen mich bloß nicht. Viele sind verwirrt, weshalb ich auf einmal eine politische Message in den Texten habe, obwohl ich doch Battlerap mache. Das passt für einige nicht zusammen. Aber genau das bin ich. Songs wie "Nie wieder Tipico" oder "Gert Postel" haben auch schon politischen Mehrwert gehabt. Nur weil Menschen immer alles und jeden in Schubladen packen wollen, muss ich da doch nicht mitziehen. Ich bin gut erzogen und mein Anspruch an mich selbst ist es, anderen freundlich gesonnen zu begegnen. Aber das bedeutet doch nicht, dass ich nicht auch anders kann oder will. Ich verstehe nicht, dass man immer idealisieren muss. Sobald jemand sich mal anders verhält, als man es von ihm denkt, passt man nicht mehr in sein Bild. Das ist doch behindert. Ich will nicht einer dieser Menschen sein, die nur das tun, was zu ihrem Image passt.[/INDENT]


    rappers.in:
    "Konfetti" ist ein durchgehend politischer Track. Wie kam es zur Entscheidung, ihn als ersten zu veröffentlichen?


    [INDENT]Pilz:
    Genau aus diesem Grund. Ich möchte nicht, dass Leute, die solche Thematiken nicht in der Musik haben wollen, die sie konsumieren, am Ende enttäuscht sind, wenn sie das Album gekauft haben. Gleichzeitig möchte ich natürlich aber auch den Leuten, die genau das wollen, zeigen, dass es sehr wohl Teil des Albums ist. Ich möchte zeigen, dass ich vielfältig bin. Allerdings ist "Konfetti" auch der Song, auf dem man meine Meinung zu der Thematik am
    deutlichsten zu Hören bekommt. In den anderen Tracks ist die Gesellschaftskritik versteckter und nicht so direkt.[/INDENT]


    rappers.in:
    Wie politisch wird "Kamikaze" als Gesamtwerk?


    [INDENT]Pilz:
    Es zieht sich schon ein kleiner politischer Faden durch, aber es bleibt Battlerap. Das meiste passiert zwischen den Zeilen und es gibt durchaus auch Tracks, bei denen man nichts davon mitbekommt.[/INDENT]


    rappers.in:
    Inwiefern hältst du Rapmusik für ein geeignetes Medium, um sozialkritische Aussagen zu transportieren? Was war dahingehend das Ziel, das du mit "Konfetti" erreichen wolltest?


    [INDENT]Pilz:
    Rap spricht immer noch überwiegend junge Menschen an. Menschen, die noch dabei sind, ihre Persönlichkeit zu entwickeln und die noch dabei sind, sich ihre Meinung über unglaublich viele Dinge zu bilden. Junge Menschen hinterfragen, gerade heutzutage, sehr viel. Von daher würde ich es als ziemlich ideales "Medium" bezeichnen. Ich habe mich aber nie hingesetzt und mir gedacht "Boah, also jetzt mach ich mal kurz einen auf politisch". Ich hatte kein Ziel, als ich "Konfetti " geschrieben habe. Ich hatte einfach Bock drauf.[/INDENT]


    rappers.in:
    Was würde in deinen Augen derzeit das dringlichste politische Problem in Deutschland?


    [INDENT]Pilz:
    Die AfD ist schon ziemlich belastend. Aber die sind mit Sicherheit nicht das einzige Problem.[/INDENT]


    rappers.in:
    Hast du persönlich etwas dagegen unternommen?


    [INDENT]Pilz:
    Naja, es war mehr ein Statement. Ein paar Plakate retten nicht die Welt, aber es lohnt sich immer, zu rebellieren. Der Staatsschutz ermittelt deshallb auch gegen mich, habe ich gelesen. [/INDENT]


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    rappers.in:
    Abseits von all den inhaltlichen Themen; wie würdest du "Kamikaze" musikalisch beschreiben? Was waren deine Inspirationen, was war dein Anspruch?


    [INDENT]Pilz:
    Es klingt immer noch nach Untergrund. Es ist rough, aber in sich stimmig. Und genau das war auch mein Anspruch.[/INDENT]

    rappers.in:

    Hast du dir mit der LP ein bestimmtes Ziel gesetzt?


    [INDENT]Pilz:
    Mein Ziel war es, einfach ein geiles Album zu machen, das mir gefällt. Und weil es mir gefällt, gefällt es auch den Fans. Da bin ich mir sicher.[/INDENT]


    rappers.in:
    Danke, dass du dir die Zeit genommen hast!


    [INDENT]Pilz:
    Sehr gerne, ich danke dir! Immer wieder gerne und vielen Dank für euren Support![/INDENT]


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    Cuttack

    pocky bloom gravity boy

    Einmal editiert, zuletzt von Max ()

  • Auf jeden fall korrekte titten


    Ne im ernst. Ich hab die pilz attitüde immer gut gefeiert, man merkt einfach, ob ein rapper (eine rapperin) den scheiß lebt, den er nach außen tragen will. Realness wird hier groß geschrieben und das kommt auch an. Auf jeden fall eine meiner lieblingskünstlerinnen. Gutes interview

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