01. Wieder da
02. Save Money
03. Holland
04. Jibbitbongbier
05. Elton John
06. Out Of Se Window
07. Mama feat. Horntje
08. Früher war besser
09. Platzverweis
10. Das Gleiche
11. Esdzda
12. Püppchen
13. Weil ich kann
14. Diggy Diggy
15. Holz
Einer weniger also … aus Shneezin, Mike und Keule wurden Shneezin und Mike. Kein sonderlich herber Verlust allerdings, denn Keule war, zumindest in meinen Augen, der stimmlich wie auch technisch schwächste Part im Trio und so vergieße ich zunächst keine Träne aufgrund dieser Änderung. Massentaugliche Beats zwischen Schlager- und Clubsounds treffen auf pubertären Pimmelhumor; ob dieses, zwar dämlich klingende, aber in der Praxis durchaus erfolgreiche Konzept auch zu zweit aufgeht?
257ers weiter stabil/
Mit Scheißhits, um deinen Geist zu verwirren/
(Mike auf "Wieder da")
Alexis Troy als neuer Produzent der 257ers war definitiv eine gute Entscheidung, denn auf "Mikrokosmos" finden sich neben den altbewährten Synthesizern auch Einflüsse aus Rock, Reggae und mit "Holz" sogar eine Nummer mit Jazzelementen und somit bietet die Platte extrem viel Abwechslung, ohne wirklich Abwechslung zu bieten. Zwar lässt sich beim ersten Durchlauf nicht mal für Kenner der 257ers erahnen, wie das nächste und übernächste Lied klingen könnte, aber man kann sicher sein, dass es definitiv hektisch, laut und klamaukig wird. Die BPM scheinen sich schon fast im vierstelligen Bereich einzuordnen, die Bässe sind drückend und dominant und die aufdringlichen Instrumente überschlagen sich. Für Menschen mit dem absoluten Gehör könnte "Mikrokosmos" durchaus eine interessante Sache sein, für jeden anderen wird es aber wohl ein mühsames Unterfangen werden, sich durch das Album zu kämpfen. Ein Mann weniger im Team tut der Musik auf gewisser Ebene gut, denn würden die 257ers an ihrer alten Philosophie "Jeder einen Part und eine im Kollektiv gebrüllte Hook" festhalten, wären die Lieder ziemlich kurz und ebenso langweilig. Durch den Weggang Keules sind die Verbleibenden gezwungen, Parts gemeinsam zu performen und die altbewährten Songstrukturen aufzubrechen. Mehr Positives lässt sich, abgesehen davon, dass Mike und Shneezin technisch starke Rapper sind und man ihnen die Routine sehr wohl anmerkt, leider nicht über "Mikrokosmos" sagen, denn das Album ist in erster Linie eines: Anstrengend.
Wir sind Homo sapiens, bei uns ist Weisheit Tradition/
Sogar die Höhlenmenschen hatten schon paar Steinzeitphilosophen/
(Shneezin auf "ESDZDA")
Ob auf "Save Money" der chronische Mangel an Bargeld oder auf "Mama" die, für das Alter der Protagonisten höchst unangemessenen, Beziehungen zu ihren Müttern thematisiert werden, die Kreativität, mit der die 257ers auf früheren Alben überzeugten, kommt diesmal irgendwie zu kurz. Nicht dass sie es nicht versuchen würden, denn das und nur das rechne ich ihnen hier an, aber sei es aufgrund meines fortschreitenden Alters, aufgrund des fortschreitenden Alters der beiden Rapper oder – ich wage es zu bezweifeln – aufgrund von Keules Ausstieg, der Funke springt bei mir einfach nicht mehr über und so wird es überaus mühsam, das gesamte Album durchzuhören. Was ein hartgesottener Fan der Essener Crew vermutlich als gelungene Weiterführung eines eigenen Stils bezeichnet, schmerzt dem Normalverbraucher in Ohren, Kopf und Seele, denn – ja, ich wiederhole mich – es ist furchtbar anstrengend. Anstrengend! Anstrengend! Anstrengend! Wer die ersten sechs Nummern noch erträglich fand, wird spätestens beim Guildo Horn-Feature erste Tränen vergießen. Der Track "Das Gleiche" führt weiter, was begonnen wurde: Ein paar sinnlose Namen, ein paar Reimketten, ein paar aufdringliche Beatdrops und nervtötendes Wiederholen des eigenen Bandnamen ("257ers 257ers 257ers"). So fühlt sich vermutlich ein Iron Man bei 30 Grad Hitze an. Mit "Diggy Diggy" folgt ein Song, dessen Hook so vielsagend ist, dass ich keine weiteren Worte dafür verschwenden will und lieber die Lyrics sprechen lasse:
Bam-be-be-bam-be-deng-de-deng-de-diggy-diggy/
Bam-be-be-bam-be-deng-de-deng-de-diggy-diggy/
Bam-be-be-bam-be-deng-de-deng-de-diggy-diggy/
Diggy-diggy-diggy-diggy-diggy-diggy-diggy-diggy/
(257ers auf "Diggy Diggy")
Ja. Im Ernst.
Im, so Gott will, letzten Track auf der Platte, huldigen die beiden, ohne Rücksicht auf Verluste und ihrem anstrengenden Stil treu bleibend, ihrem Lieblingsrohstoff "Holz" und spätestens jetzt fühle ich mich, als hätte ich soeben den Ring höchstpersönlich nach Mordor getragen. Ich könnte mir jetzt kein akustisch schöneres Gefühl vorstellen, als die nach diesem Album einsetzende Ruhe, aber eines bleibt: die Angst vor dem Hidden Track, der zum Glück ausbleibt.
Fazit:
Vielleicht haben hartgesottene Fans ihre Freude an dem Album, vielleicht funktionieren die lauten, vollgepackten Instrumentals auf der Festivalbühne oder am Ballermann. Vielleicht habe ich auch nur nicht genug XTC genommen oder es wirkt noch nicht. "Mikrokosmos" ist einfach nur (ihr kennt den Text) anstrengend und abgesehen von veränderten Songstrukturen und etwas mehr Abwechslung bei den Produktionen ist absolut keine Verbesserung zu Vorgängeralben feststellbar. Nach 15 Tracks, inklusive einem Feature mit Guildo Horn aka Horntje, sitze ich kraftlos in der Ecke und frage mich nur, ob ich das Auenland jemals wieder sehen werde.
El-Patroni (David)
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