Muss hier Beaucoup beipflichten, wenn auch etwas differenzierter.
Das Problem der Afrikaner ist die gelebte Abhängigkeit von Zuflüssen in Form von z.B. Entwicklungshilfe, von denen sich der Kontinent bisher nicht emanzipieren konnte. Eine vernünftige und verantwortungsvolle Politik wäre es, einen Weg zu beschreiten, auf dem sich eine Nation selbst und unabhängig entwickeln kann. Das muss man den Afrikaner durchaus vorhalten. Solange man es nicht schafft funktionierende Staaten und Ökonomien in Afrika aufzubauen, flüchten auch die Afrikaner. Und dieser flucht Reflex ist es ja, der den Europäer beschäftigt.
Das pauschal den Afrikanern anzukreiden ist aber auch nicht richtig. Ein Problem ist sicherlich die Machtkonzentration in Afrikanischenländern. Es gibt aber entschiedenen Widerstand gegen das System, nur weil das nicht in den Leitmedien steht muss es nicht unwahr sein.
Anfang 2018 / Ende 2017 sind z.B. in der DR Kongo, Togo oder Kamerun zehn- bis hunderttausende Menschen auf die Straße gegangen um zu demonstrieren. Das geht schon über mehrere Jahre so. Z.B. in Burkina Faso, Simbabwe, Gabun, Guinea, dem Tschad, Südafrika, Burundi usw. Die Demonstrationen richten sich in der Regel gegen das vorherrschende politische System:
https://qz.com/1168720/africa-…ovation-and-visa-travels/
Damit gemeint sind die Langzeitherrscher und der damit implizierten Perspektivlosigkeit für breite Bevölkerungsschichten, weil besagte Herrscher ihre Machtposition vorrangig dazu nutzen, sich selbst zu bereichern und Verfassungen dahingehend zu ändern, um ihre Machtposition auch langfristig zu festigen. Allein 15 dieser Staatschefs haben seit dem Jahr 2000 versucht, ihre Amtszeit durch Verfassungsänderungen um viele Jahre zu verlängern:
http://www.theeastafrican.co.k…249668-pcwo3uz/index.html
Warum intervenieren wir nicht in den besagten Ländern? Wenn es um Demokratie geht fackeln wir doch für gewöhnlich nicht lange. Auf diese Frage weiß ich keine Antwort, ich kann aber eine Vermutung formulieren. Afrika wurde vertraglich ganz gut geknebelt, sodass der Westen kein Interesse an veränderte Machtstrukturen hat. Daher muss der Westen (fast) keine Interessen mehr formulieren, sondern nur bewahren. Da passen politische Veränderungen nicht. Dabei wäre eine Unterstützung der Demonstrationen in Afrika wirklich Sinnvoll und auch erfolgversprechend, weil der Wunsch nach einem politischen Wechsel nicht von außen hineingetragen werden würde (wie in Afghanistan, Libyen oder Irak – allesamt gescheiterte Staaten), sondern von der Gesellschaft selbst gewünscht ist.
Wenn sich was in Afrika ändern soll, müssen folgende Veränderungen angestoßen werden.
Die Steuervermeidung, insbesondere im Rohstoffsektor, muss wirkungsvoll unterbunden werden
Dazu hab ich hier irgendwo schon mal einen Roman geschrieben.
EPA muss unverzüglich eingestampft werden
Kurz umrissen was EPA ist: https://www.youtube.com/watch?v=QG4K0_LT0ys
Afrika braucht Wachstum das auf Industrialisierung beruht
Nahezu alle wirtschaftlich erfolgreichen Länder haben einen dynamische Industrie- und Dienstleistungssektoren aufgebaut. Das hat einfach den Grund, dass das verarbeitende Gewerbe zwangsläufig positive Effekte (indirekte und direkte) für Wohlstand und Wachstum hat. Landwirtschaft oder der Export von unfertigen Erzeugnissen hat diese Effekte nicht, weil die mit der verarbeitenden Industrie verbundenen Vorteile nur dann zustande kommen , wenn es gelingt, einen ausreichend großen und diversifizierten Sektor mit steigenden Skalenerträgen aufzubauen. Der Aufbau einer verarbeitenden Industrie, die ausschließlich Güter produziert, die keine technologischen Entwicklungen mehr erwarten lassen (Textilien, Schuhe, Plastikwaren) ist schön aber nicht ausreichend.
Neue Rohstoffpolitik
Der freie Zugang und die freie Förderungen von Rohstoffen in Afrika ist das Hauptanliegen der westlichen Staaten. Dieses Interesse formuliert die EU ganz unverblümt. Seite 18.
https://ec.europa.eu/europeaid…763-annex-20171212_en.pdf
Aber ein souveräner Staat könnte selbst entscheiden, wie er seine Rohstoffvorkommen nutzen möchte und ob bzw. wem er Zugang gewährt. Durch EPA wird die rohstoffpolitische Souveränität afrikanischer Staaten eingeschränkt und man erschwert es ihnen Exportsteuern auf Rohstoffe zu erheben. Diese währen aber notwendig, um in Kombination mit anderen Maßnahmen ein Anreiz für Investoren zu schaffen, damit in den rohstoffreichen Ländern eine Rohstoffe weiterverarbeitende Industrie aufgebaut werden kann.
Damit afrikanischen Staaten eine realistische Entwicklungschance haben, bedarf es einer faireren Handelspolitik, eine Industrialisierung und die Überwindung von Strukturen, die Steuerflucht und Steuervermeidung ermöglichen. Zusätzlich bedarf es politischem Druck gegenüber Diktatoren, die ihre eigene Bevölkerung zur Flucht geradezu zwingen, statt einer Zusammenarbeit mit solchen Regimen. Erst dann kann man Fluchtursachen bekämpfen und gegen Überbevölkerung vorgehen.
Und Afrika hat auch die nötigen Persönlichkeiten, um eine bedeutende Veränderung anzustoßen. Ghanas Präsident Nana Addo Dankwa Akufo-Addo z.B. hat im Dezember die wohl beste Rede des Jahres 2017 gehalten: „Wir wollen, dass junge Afrikaner in Afrika bleiben. Und das bedeutet, dass wir uns von diesem Abhängigkeitsgedanken, von dieser Einstellung zu dem, was Frankreich (Marcon hat ungefähr dasselbe Zeug gefaselt wie Merkel) für uns tun kann, lösen müssen. Frankreich wird alles, was es tut, um seiner selbst willen tun.“ Im Grunde war der Tenor seiner Rede: Europa und der Westen allgemein müssten sich von der Vorstellung verabschieden, Afrika von außen entwickeln zu können. Das muss Afrika selbst tun und dafür brauchen die Länder Handlungsspielraum.
Damit es überhaupt einen Handlungsspielraum geben kann, muss man Afrika entweder eine Sonderstellung beim IWF und der OECD zugestehen, oder Afrika zumindest ein Mitsprache Recht geben. Die globale Finanzarchitektur wird z.B. vom IWF bestimmt. Und die Regeln zur Besteuerung internationaler Firmen werden auf OECD-Ebene verabschiedet. Bei beiden Themen hat Afrika kein Mitspracherecht. In der Finanzierung und Ausgestaltung ihrer Entwicklungspolitik ist Afrika daher von politischen Entscheidungen des Westens und vom Westen gesetzten globalen Rahmenbedingungen abhängig.