Nimo – Habeebeee


  • 01. Welcome in my Dunya
    02. Ich mach es wie
    03. Komm ran
    04. Lass mich wissen
    feat. Olexesh
    05. Idéal
    06. Nie wieder
    feat. Abdi
    07. Flouz kommt Flouz geht
    08. Wo du bist
    09. Who the Fuck is This?!
    10. Camp Nou
    feat. Celo
    11. Im Park
    12. Vollautomatik
    feat. Hanybal
    13. Bitter
    14. Irgendwie normal
    15. Dolla Dolla
    feat. Capo
    16. Dunya
    17. Black Domina Day
    18. Weil ein Adler nicht mit Tauben fliegt
    19. Leck Sibbi
    20. Fake
    feat. Brate
    21. Lass Knospen regnen feat. Soufian
    22. Alupacks ernähren mich feat. O.G.
    23. Türen schließen sich


    Als Celo & Abdi mit Nimo das neueste Mitglied der 385i-Familie vorstellten, war dieser noch ein völlig unbeschriebenes Blatt, dessen Handyvideos Adbi auf Youtube entdeckt hatte. Kurzerhand wurde Nimo als Support für die Bonchance-Tour rekrutiert und dort die Azzlack-Gemeinde vorab mit dem sedierten Chiller bekannt gemacht. Diverse Features, unter anderem auf Haftbefehls "Chabos", offenbarten das große Potential des Newcomers. Die aktuelle Promo-Offensive, eine Handvoll vorab veröffentlichter Tracks und ein zweiteiliges Snippet, vermittelten letztlich einen mehr als rudimentären Eindruck von "Habeebeee". Inzwischen ist das Debüt des Wahl-Frankfurters trotz des Verzichts auf physische Datenträger in die Top 10 eingestiegen. Ob es sich dabei um das Resultat der intensiven Promophase handelt oder tatsächlich der Qualität des Mixtapes Rechnung getragen wird, steht auf dem Prüfstand.


    Mit "Welcome in My Dunya" wird "Habeebeee" eröffnet. Über einem orientalischen Sample mit TR-808-Drums beginnt der Newcomer ganz langsam und rekapituliert in wenigen Sätzen, wie es zur Entstehung des vorliegenden Werkes kam. Erfrischend ist hierbei die Demut, die der Rookie an den Tag legt. Wo andere davon erzählen, dass sie all die Jahre im Untergrund bereits zu den Besten gehörten und der Elite ab sofort zeigen, wo es lang geht, spricht Nimo von den glücklichen Umständen, die ihn unter die Fittiche von Celo & Abdi geführt haben. Auch werden im Intro die weiteren Themen des Albums genannt: zurückliegende Probleme, Straßenalltag, Familie, Freunde, Drogen. Eine Autotune-Hook führt zum Ende des Intros und leitet zu "Ich mach es wie" über. Hier vergleicht sich Nimo auf einem prototypischen Trapinstrumental mit diversen Persönlichkeiten der Weltgeschichte, von Frank Ribéry bis Jimmy Neutron. Trotz der Ähnlichkeiten – denn er macht "es" stets wie eben diese Figuren – bleibt er einzigartig und seiner eigenen Linie treu. Im Großen und Ganzen handelt es sich hierbei eher um einen klassischen Skiptrack, denn weder die Thematik noch das Instrumental reißen den Hörer besonders vom Hocker. Zudem wird die stete Wiederholung des Satzanfangs "Ich mach' es wie" mit der Zeit etwas anstrengend und sorgt dafür, dass von dem geringen Inhalt des Tracks kaum etwas hängen bleibt.
    "Komm ran" markiert eine für einige Anspielstationen andauernde 180-Grad-Wende. Ein klassischer Sample-Beat bildet die Grundlage des dritten Tracks. Statt der Aneinanderreihung ähnlicher Sätze behauptet sich Nimo als Storyteller in bester Azzlackmanier, grenzt sich jedoch ebenso deutlich ab. Statt des großen Gangsterepos fährt der Feuerbacher die authentische Schiene und erzählt von kleinkriminellen Haschtickern am Ende der Nahrungskette. Der Hörer erhält damit einen Einblick in Nimos Leben in Stuttgart-Feuerbach. Anders als seine Kollegen legt er dabei mehr Wert darauf, Sätze ganz auszuformulieren, und bedient sich weniger der Substantivketten à la Haftbefehl.


    Sieh' alles in der Hood, ja, von Straßenhustlern/
    Über Bonzen zu Aiubs, die nie Miete bezahlen/
    Viele waren im Knast, ja/
    Von Kavaliersdelikten zu miesen Geschichten/

    (Nimo auf "Komm ran")


    Der erste Featuregast gibt sich auf "Lass mich wissen" die Ehre. Olexesh eröffnet dabei den ersten Representertrack des Albums und passt dabei ganz hervorragend zum Stuttgarter. Das Geflexe um Reimtechnik und Flows auf einem sauber ausproduzierten Kopfnicker-Beat wird mit einer eingängigen Hook ergänzt und rundet den Track ganz wunderbar ab. Auch bei "Idéal" handelt es sich mehr oder weniger um einen Representer. Auf einem weiteren Trap-Beat streut Nimo allerdings neben dem typischen Überhöhen der eigenen Person auch ein paar biographische Informationen ein. So wird neben der Knasterfahrung einmal mehr der Deal mit 385i thematisiert. Insgesamt handelt es sich hierbei wieder um einen recht passablen Track, der aber auf Dauer eher zum Skippen einlädt. Wenngleich die Trapinstrumentierung den Stuttgarter von einem Großteil der Szene abhebt und wohl auch so etwas wie Mut beweist, kann "Idéal" nicht so recht überzeugen. Auch thematisch wird hier, wie auch in den anderen "Skiptracks", von denen es einige auf das Album geschafft haben, nicht viel Neues preisgegeben. Punktuell macht sich somit beim Hören eine gewisse Langeweile breit, was besonders angesichts der nächsten beiden Tracks sehr schade ist.
    "Nie wieder" ist ein glühender Abschwur von der Drogensucht, die zwangsläufig zur Kriminalität führt. Der Track zeichnet sich dabei nicht nur durch das Abdi-Feature aus, sondern weiß auch durch den autobiographischen Einschlag zu überzeugen. Einmal mehr wird hier deutlich, was für ein Talent Nimo in Sachen Storytelling mitbringt. Mit "Flouz kommt Flouz geht" folgt darauf einer der stärksten Tracks auf "Habeebeee". Erneut mit Sample und TR-808-Drums geht der Newcomer auf der siebten Anspielstation erstmals ausführlich auf seine Vergangenheit ein und schlägt dabei stellenweise sogar gesellschaftskritische Töne an. So wird beispielsweise der Deal mit 385i als letzte Rettung vor dem erneuten Abrutschen in die Kriminalität beschrieben und die mangelnde Unterstützung durch den Staat kritisiert.


    Es lief 'ne Zeit lang gut, doch dann kam wieder die Not/
    Nimo war wieder mal broke, wieder mal so tief in der Scheiße/
    War am verzweifeln, wollte 'ne Esso überfallen/
    Ich hatte Glück ekho, wurde von Celo abgefangen/

    (Nimo auf "Flouz kommt Flouz geht")


    In dieselbe thematische Richtung geht "Wo du bist". Hier beschreibt Nimo den Verlauf der Verhaftung bis zur Inhaftierung und reflektiert die Zeit im Gefängnis, die Abkehr von Freunden, um im Anschluss die meist scheiternde Resozialisierung zu thematisieren. Es zeigt sich spätestens an dieser Stelle, dass der Neu-Azzlack, ähnlich wie seine Ziehväter, vor allem durch Storytelling zu überzeugen weiß. Ein großes Plus ist hierbei, dass der Stuttgarter keine Ghettoromantik versprüht oder seine Erfahrungen durch Übertreibung ausschmückt, sondern stets authentisch bleibt. "Who the fuck ist this?!" und "Camp Nou", auf dem sich Celo die Ehre gibt, lassen diese besonders starke Phase des Mixtapes langsam ausklingen. Die Instrumentierung wird hier um einen klassischen Samplebeat erweitert. An dieser Stelle sei angemerkt, dass "Habeebeee" trotz der zahlreichen Produzenten um Scott und Jimmy Torrio in sich sehr stimmig und homogen ausproduziert wurde. Die Beats fügen sich trotz unterschiedlicher Genres sehr gut zusammen und es entsteht zu keinem Zeitpunkt der Eindruck eines zusammengewürfelten Sammelsuriums mehr oder weniger ausgefeilter Tracks. Über "Im Park", einen weiteren Skiptrack aufgrund anstrengender Hook und thematischer Irrelevanz ohne technischer Höhepunkte, gelangt der Hörer zum kurzweiligen "Vollautomatik". Hier weckt Hanybal, der in Kürze zusammen mit seinem neuen Kollegen auf Tour gehen wird, Interesse für sein nächstes Album, wobei sich seine Vielseitigkeit gut mit der Nimos ergänzt. Wer weiß, vielleicht wäre ein gemeinsames Album keine schlechte Idee?
    "Bitter" leitet schließlich die zweite Hälfte von "Habeebeee" ein. Ein wenig sinnbildlich ist der Titel schon, denn während "Vollautomatik" das Ende eines sehr starken Debüts hätte darstellen können, verwässern die nachfolgenden Tracks den bisherigen Eindruck eher. So wird dem Hörer in keiner Hinsicht Neues geboten. Die Instrumentierung bewegt sich weiterhin zwischen Samplebeats und Trap, thematisch dreht sich Nimo im Kreis und auch im Hinblick auf Technik fährt er keine weiteren Geschütze mehr auf. So erfährt man zum wiederholten Mal, wie der Stuttgarter und sein soziales Umfeld über Kleinkriminalität in den Knast kamen, draußen nicht von den Drogen lassen konnten und ein Teufelskreis entstand. Ergänzt wird die Thematik mit dem Ausbruch aus dem alten Leben, also dem anstehenden sozialen Aufstieg. Der Versuch einer weiteren Sozialkritik läuft dabei ins Leere, denn zwar spricht Nimo auf "Dolla Dolla" die Problematik des Kriegstreibens um des Dollars Willen an, verbringt aber einen Großteil der Zeit auf dem Track mit Beschaffungskriminalität. Die gewählten Featuregäste verdeutlichen zusätzlich, wie stark "Habeebeee" in der zweiten Hälfte nachlässt. Weder Capo noch Brate oder Soufian können Akzente setzen, O.G. gar wurde vermutlich auf Anspielstation 22 in der Hoffnung platziert , dass bis dahin niemand mehr zuhört. Es lässt sich für Nimo hoffen, dass eben dies auch auf "Leck Sibbi" zutrifft. Die pubertäre Schilderung von Spontansex steht der an Tygas "Rack City" angelehnten Hook in Sachen "betretenes Schweigen nach dem Anhören" in nichts nach. Ein wenig enttäuschend ist dann abgesehen von dem wirklich peinlichen Text die Tatsache, dass der Debütant bereits im vorherigen Track "Weil ein Adler nicht mit Tauben fliegt" die Phantasie geäußert hat, Kokain aus einer Vagina zu ziehen.


    Sie sagte: "Fick bitte meine dicken Silikontitten/
    Spritz bitte auf meine Botoxlippen"/
    Chanel-Coco-Brille, ihr Schal war von Louis/
    Ihre rosane Pussy beschmier' ich mit Kokain/

    (Nimo auf "Leck Sibbi")


    Es wird wohl deutlich, dass das Outro "Türen schließen sich" letztlich keine Sekunde zu spät kommt. Wie der Titel vermuten lässt, geht es auch hierbei wieder um den dauerpräsenten Knast, sodass sich man durchaus sagen kann, dass Nimo bis zum bitteren Ende seiner Linie treu bleibt. Wie lässt sich "Habeebeee" unter derart unterschiedlichen Eindrücken einschätzen?


    Fazit:
    "Habeebeee" erfüllt seinen Zweck. Nimo hat sich der Szene vorgestellt und wird vermutlich nicht allzu schnell wieder verschwinden, denn der Einstieg in die Top 10 ist bereits aller Ehren wert. Zudem hat die Szene einen Eindruck von der Vielfältigkeit des Newcomers erhalten. Zwar zeigt er sich auf dem Mixtape thematisch etwas beschränkt, lässt aber seine Fähigkeiten durchblicken und spricht nicht nur unterschiedliche Themen an, sondern hat auch durch die Beatwahl seine Varianz unter Beweis gestellt. Während mancher gestandener Künstler auf einem Stil festsitzt, zeigt Nimo, dass er sowohl auf Trapbeats als auch auf unterschiedlichsten samplebasierten Instrumentals gut klingt. Die schiere Länge des Mixtapes bei abnehmender, oder bestenfalls stagnierender, Qualität der Tracks führt allerdings zu einer deutlichen Einschränkung des Hörgenusses. Auch muss beachtet werden, dass bereits in der ersten starken Hälfte einige Skiptracks vorzufinden sind, sodass keine Spitzenwertung erwartet werden kann. Dennoch sollte hervorgehen, dass mit Nimo ein Künstler das Game bereichert, der das Potential hat, den ein oder anderen Klassiker beizusteuern.



    (Claude Gable)


    [redbew]2038[/redbew]


    Bewerte diese CD:
    [reframe]reviewthread.php?reviewid=2038[/reframe]

  • Halbes Mic mehr hätte es schon verdient gehabt.
    Aber mit der Begründung nachvollziehbar, da es am Ende (nach Vollautomatik) schon echt viele Skipper sind.
    Wobei ich das Mixtape auch so im Loop zurzeit höre.


    Bin froh dass ich Nimo über das Hotbox Interview gefunden habe.

    "Ich bin wie schlechte Hundebsitzer man, ich hab immer etwas auszusetzen"

  • nie wieder bester song


    Und "Kokain!" die beste Stelle :D. Zumindest wenn mans Video vor der Nase hat.


    Mixtape finde ich auch durchwachsen, macht aber Laune auf mehr. Denke da ist noch Potenzial und auf nem Album wird dann sicher auch kritischer sortiert. Find ihn ganz cool und er hat die richtigen Leute um sich, das passt alles sehr gut zusammen.

  • Mixtape rotiert schon seit 6 Wochen
    Lyrisch leider paar richtige Abstürze dabei (z. B. "Und ficke Atheisten weil es einen Gott gibt" auf "Ich mach es wie") aber vom Sound her find ichs sehr gelungen, auch wenn es leider sehr stark durch den zurzeit gehypten Franzosenrapper Sch Mathafack inspiriert wurde
    Storytelling beherrscht er wie schon in der Review steht sehr gut, auch wenn sich einiges wiederholt


    Meine Favs sind Ich mach es wie, Komm ran, Nie wieder, Lass mich wissen, Ideal, Bitter (leider mittlerweile ein bisschen totgehört :D), Dolla Dolla, Dunya, Vollautomatik (Hany reißt richtig ab!)


    Größter Fail ist Leck Sibbi, soll bitte nie wieder auf die Idee kommen so nen Scheißtrack zu machen


    Review ist ganz gut geschrieben, auch wenn ich nicht mit allem einverstanden bin und Wertung geht klar, da sie zur Review passt, ich persönlich würde allerdings 4/6 geben bzw. gebe 7/10

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