Plusmacher – Die Ernte


  • 01. Schatzmeister
    02. Vollzeit Gangsta
    feat. Botanikker
    03. Taschenrechner
    04. Schuhkarton
    05. Brusthaare
    06. Hasselbachplatz
    07. Raubkatzen
    feat. Momo der Afrikaner aus dem Block
    08. Kingimkiez
    09. Arrestlokal
    feat. XATAR
    10. Jobcenter Gangsta
    11. Ernte
    12. Mit Senf
    feat. Karate Andi
    13. Popelbremse
    14. Miezentreiberflow
    feat. Nico Nuevo
    15. Harzmaniküre
    16. Privatact
    17. Zahnstocher
    18. Wir sind Gees
    feat. Botanikker


    Hugo Almeida ist zurück in der Bundesliga und trifft beim Debüt, Plusmacher steigt erfolgreich in die Charts ein; der Januar verläuft für Freunde des gepflegten Oberlippenhaares mehr als erfreulich. Bisweilen passiert es allerdings, dass ein Gimmick größer wird als der Künstler selbst, ein Symbol die Bewegung übertrifft. Kann sich "Plusi", wie ihn Freunde nennen, also beweisen – schafft es der "Cypher-Selleck" seinem imposanten Markenzeichen gerecht zu werden? Denn die Hoffnungen in den aus Magdeburg stammenden Rapper, welchen Xatar als Zugpferd seines "D-League-Labels" Kopfticker Records auserkoren hat, sind gewaltig. Eine knackige Promophase mit einigen Videoveröffentlichungen versprach, trotz des künstlerischen Umzugs nach Bonn, eine Fortführung der bisherigen Linie, garniert mit den BoomBap-Beats aus der Kopfnicker-Schmiede.


    "Meine Videos im Netz sind kein Beweis für euch Nuttensöhne/
    Hab' beim Goldräuber gesignet für gute Erträge/
    Der Kush-Puffer ist am Blüten verkaufen/
    Macht's wie Traffic und kommt niemals mit Minus nach Hause/
    "
    (Plusmacher auf "Taschenrechner")


    Den ersten Durchgang beschließe ich, mir beim Laufen zu gönnen; ein Plan, den ich schon nach wenigen Schritten verwerfe, da mein Gang immer federnder wird und mein Kopf in bester Wackeldackel-Manier durch die Luft wedelt. Damit wird auch schon eine zentrale Qualität des Albums offensichtlich, denn die Platte benötigt nur wenige Sekunden, um sich im Gehörgang einzunisten und den Rhythmus der Bewegungen zu diktieren. Förderlich für diesen Effekt ist zweifelsohne, dass es sich bei dem ersten Track "Schatzmeister" keineswegs um ein klassisches Intro handelt, sondern viel mehr um einen für das Album exemplarischen Titel, der auch an jeder anderen Position zu finden sein könnte. Ohnehin wirken die einzelnen Anspielstationen auch losgelöst von ihrem Umfeld, was nicht heißt, dass es keinen durchgängigen Vibe geben würde, der hauptsächlich durch die stimmigen Produktionen von etwa Pierre Sonality, Reaf oder Brudiloops entsteht.


    Die Themenfelder, welche von dem Schrebergärtner beackert werden, lassen sich auf einem Bierdeckel aufschreiben und umfassen Drogenhandel, Frauengeschichten und Lokalpatriotismus; so weit, so unspektakulär. Wichtiger als das Gesagte ist bei dem Berliner allerdings seine Attitüde, mit der er Zeilen wie "Du hast CDs, ich hab Mercedes", die man bei anderen Rappern als "Bad Bars" bezeichnen würde, derartig lässig auf den Beat rotzt, dass man über diese vermeintlichen Schwächen ohne weiteres hinwegsehen kann. In der Vergangenheit ließ sich immer wieder beobachten, dass Ausdrücke beispielsweise aus dem Azzlack-Camp sich auf die gesamte Szene übertrugen. Eine ähnlich sprachgenerierende Fähigkeit stellt auch der Plusmacher eindrucksvoll unter Beweis, der auf "Die Ernte" sein eigenes Vokabular etabliert. Die Fokussierung auf wenige Themen und die einheitliche Instrumentierung, die bisweilen fast zu einem Klangkorsett werden, weist nach einigen Hördurchgängen Abnutzungserscheinungen auf. Zwar ist ausnahmslos jede Produktion solide, doch die Spitzen, die wirklich herausragenden Nummern, gehen teilweise etwas abhanden. Nachhaltig ins Gedächtnis bringt sich etwa der Titeltrack "Ernte" in welchem MecsTreem die BpM-Zahl etwas erhöht und den Plusmacher zwingt, seine Komfortzone zu verlassen und etwas aufs Gaspedal zu treten. Daneben haut der Mann mit der Schenkelbürste einen Poesiealbum-würdigen Spruch nach dem anderen raus und sorgt für eine wahnsinnig eingängige Hook. Auf "Zahnstocher", dessen Beat mit mehr Glöckchen als Santa Claus' Weihnachtsschlitten auffährt, zelebriert Plusmacher seinen "Seerobbenflow" und sorgt damit für meine persönliche Metapher des noch jungen Rap-Jahres. Auch die Features tragen zum Gelingen des Gesamtprojektes bei, da hier weniger auf Namen als auf musikalische Stimmigkeit geachtet wurde, wirkt niemand wie ein Fremdkörper, wobei Karate Andi zweifellos die Galionsfigur der Gastbeiträge darstellt. "Mit Senf" fügt den Mustard zum Vorgänger "Bockwurst" und beweist erneut, dass sich die asozialen Auren der Trinkhallen-Gefährten ähnlich gut ergänzen wie Mario und Luigi. Auch die Storyteller, die sich allerdings im schon bekannten Themenkomplex bewegen, stechen hier heraus: "Raubkatzen", ein Track, der eine problematische Drogenübergabe schildert oder "Jobcenter Gangsta", auf dem Plusmacher das Ausnutzen des Arbeitsamtes glorifiziert, wissen hier besonders zu gefallen.


    "Teich voller Kois, der Rubel rollt/
    Kopfticker-Übernahme, Gee-Rap auf Deutsch/
    Was für Fitness, Fotze? Mein Speck macht mich breit/
    Ich fick' dich dadaistisch, besser Finger weg vom Mic
    /"
    (Plusmacher auf "Ernte")


    Fazit:
    Xatar bewies schon auf seinem Label "Alles oder nix" ein untrügliches Gespür dafür, welcher Künstler mit einem gewissen Push in deutlich höhere Sphären gelangen könnte und wählte seinen Hofstaat mit Maß und Bedacht. Auch bei seinem neuen Projekt scheint Deutschraps König Midas wieder ein goldenes Händchen zu beweisen, denn Plusmacher liefert einen überzeugenden Label-Erstling ab. Natürlich ist "Die Ernte" kein Werk, das sich durch einen hohen Anteil von tiefschürfender Gesellschaftskritik und substanziellen Texten auszeichnet, doch den eigenen Anspruch, unterhaltende Musik zu schaffen, erreicht man mit Bravour. Die Platte ist ein extrem kurzweiliges Hörvergnügen, dem man die 18 Tracks kaum anmerkt und die auch nach diversen Durchgängen noch keine gravierenden Verschleißerscheinungen aufweist. Bei einer Instrumentierung wie aus einem Guss geht hier lediglich die Vielfalt abhanden, nicht nur textlich fehlt es hier an Innovation im bekannten Umfeld, auch musikalisch ragt kaum eine Produktion aus der blauen Masse heraus. Der ein oder anderen Thementrack, natürlich im Rahmen des plusmacher'schen Mikrokosmos sowie etwas variablere Song-Strukturen hätten der sonst fast tadellosen Platte sicherlich gut getan.



    Lennart Gerhardt


    [redbew]2003[/redbew]


    Bewerte diese CD:
    [reframe]reviewthread.php?reviewid=2003[/reframe]

  • Album geht klar, aber muss sagen, dass ich es nicht so oft gehört habe wie das erste Album in der gleichen Zeit.
    Kein Track ragt wirklich heraus und vorallem kam im Januar zu viel geile Scheiße.
    Das beiden Platten von Crack Ignaz mit Wandla bzw. LGonny hab ich eher gepumpt in den letzten 2 Wochen.
    Nun ist das neue SSIO ALbum raus, welches natürlich in allen Belangen besser ist.
    Das Album ist nicht schlecht, aber wie gesagt...der Releasetermin... :(
    schöne Review mal wieder übrigens.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!