TAMI – Habakuk


  • 01. Das Buch HABAKUK
    02. KVS together
    03. Pauke
    04. Das Leben ist schön
    05. ‪#‎Mels‬‬
    06. Antenne
    feat. Fleur Earth Experiment
    07. Kiosk feat. Veedel Kaztro
    08. Armlänge
    09. Ich bin ein ...
    10. Lattenzaun
    11. Homeland
    12. Knoten
    feat. Quichotte
    13. Shitstorm
    14. Belgische Verhältnisse
    15. Gefällt mir
    feat. Projekt Gummizelle & Whzky Frngz
    16. Keine Berührung
    17. Habakuk


    Mit seinem Debüt-Album "Habakuk" schickt sich der Grembranx-Repräsentant TAMI an, auch über die Grenzen seiner Heimatstadt Köln einen gewissen Bekanntheitsgrad zu erlangen. Denn trotz seines vermeintlichen Newcomer-Status ist der Rapper in der Untergrund-Szene der Rheinmetropole seit einiger Zeit ein Begriff. In der Vergangenheit veröffentlichte er beispielsweise die EP "Zurück in die Zukunft", die als T-Shirt erschien (auf dem Shirt befand sich ein Download-Code) und das Free-Mixtape "Klassische Musik". Für sein erstes Release, das man sich auch ins Regal stellen kann, schien sich der Kölner einiges vorgenommen zu haben, denn die nicht nur exzellent bebilderten, sondern auch inhaltlich enorm interessanten Vorboten "Ich bin ein…" und "Habakuk" schafften es, das Interesse an dem Langspieler zu wecken.


    "Ich bin nicht blind und glaub nur das, was ich seh'/
    All die Machthaber stehen für den Hass, den ich heg'/
    Und sie morden in deinem Namen, um die Ordnung zu bewahr'n/
    Wir sehen uns morgen dann im Pardies, bei Orgien im Park
    /"
    (TAMI auf "Das Buch Habakuk")


    Mit dem an den Albumtitel angelehnten Track "Das Buch Habakuk" schickt der Rapper den wohl kontroversesten Titel der Platte als Intro vorweg. Eine durchaus bemerkenswerte Anordnung, denn statt mit einem unverfänglichen Representer zu starten, provoziert der Song, in dem TAMI Religionen als Wurzel allen Übels erkennt und verurteilt. Weniger Uneinigkeit herrscht hier bei der Bewertung der musikalischen Qualität; der von Dufsen produzierte Beat ist wahnsinnig atmosphärisch und wird durch Tamis angenehm zurückgenommenen, aber dennoch emotionalen Vortrag veredelt. Dass der Kölner sich nicht nur mit Trivialthemen wie Religion auseinandersetzen kann, beweist er mit "Pauke", in dem er sich den Irrungen und Wirrungen im Deutschrap-Moloch beschäftigt. Mit gezückten Zeigefinger prangert er die Marketingmaschinerie bei gleichzeitiger Ideenlosigkeit an und trifft damit zielsicher ins Schwarze, auch wenn diese Art von Szenekritik zugegebenermaßen nicht unbedingt von Kreativität strotzt. Das Herausheben der eigenen "Trueness" sowie der Sachverhalt, dass sich der Künstler von HipHop-Medien übergangen fühlt, werden allerdings bisweilen überstrapaziert und laden zum Untergrundrapper-Bullshit-Bingo ein.


    Eindeutig ausgenommen von dieser Kritik ist der Track "Ich bin ein …", der zwar sich zwar auch mit Rap-Rollenklischees und zweifelhafter Authentizität auseinandersetzt, allerdings auf eine kreative Art und Weise. Der Song ist Parodie wie Persiflage und analysiert Phrasen und Wirkungsmechanismen eines klassischen (Gangsta-)Raptracks, in dem TAMI bewusst doppelbödig aus der Perspektive eines Genrevertreters agiert. Mit bemerkenswertem Detailreichtum und sonorer Stimme, die auf dem Spexo-Instrumental voll zur Geltung kommt, liefert der Kölner hier wohl seinen stärksten Beitrag. Dass "Habakuk" genau am Zeitgeist ist, der Künstler gar prophetische Züge zu besitzen scheint, beweist die Benennung des Titels "Armlänge". Der Battletrack mit direkter Aufforderung zur Konfrontation gerät zwar nicht in den Verdacht, dass es sich um irgendein politisches Statement handeln könnte, doch das bisherige Unwort des Jahres ist gerade im Zusammenhang mit TAMIs Herkunft eine unterhaltsame Randnotiz. Persönliche Töne spart der Rapper nicht aus, ohne dass dies allerdings eine große Stärke des Künstlers darstellt: Exemplarisch lässt sich das an dem Titel "Homeland" zeigen, dessen Namen und Inhalt an das vergangene Casper-Album erinnern. Anders als dem Bielefelder gelingt es dem Rheinländer hier allerdings, die persönlichen Erlebnisse in der Tristesse Facetten hinzuzufügen sowie eine Identifikation mit dem Gehörten zu erreichen.


    "Wer Kontakte verkauft, fickt mein HipHop von innen/
    Ich häng ab in der Cloud, jeder Klick ein Gewinn/
    [...]
    Ist die Juice ein Magazin oder ein Branchenblatt/
    Hab eine Review verdient, doch bekomm nichts ab/
    "
    (TAMI auf "Armlänge")

    Fazit:

    Sämtliche Kritikpunkte sind hier Jammern auf einem wirklichen ausgesprochen hohen Niveau, denn TAMI liefert mit "Habakuk" einen mehr als bemerkenswerten Erstling. Dass die markante Stimme, die man gewiss als künstlerisches Kapital des Rheinstädters bezeichnen kann, derart gut in Szene gesetzt wird, kann man gewiss den durchweg guten Produktionen zuzuschreiben. Dufsen, YOURZ und Spexo, um nur einige Mehrfachtäter zu nennen, haben dem Kölner die Beats auf den Leib gezimmert. Soundtechnisch zeichnet sich das Bild durch ein recht oldschooliges Gewand aus, das Nicken wünscht und fördert. Inhaltlich kann der Rapper nicht vollends überzeugen; die beachtliche Spieldauer von 17 Tracks sorgt dafür, dass sich der ein oder andere Lückenfüller auf der Platte findet. Meinem Eindruck nach ist TAMI textlich ein besserer Analytiker als Erzähler: Während Meta-Tracks durch eine gute Beobachtungsgabe und sinnvoll gezogene Schlussfolgerungen auffallen, sind die persönlichen Titel oft zu beliebig und werden nach einigen Durchläufen zu Skip-Kandidaten. Stärker sind wiederum Battle-Passagen, die ausgenommen von Rap-Medien kein Namedropping betreiben, sondern durch die eine oder andere launige Punchline zu Gefallen wissen.



    Lennart Gerhardt


    [redbew]1998[/redbew]


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  • Schweift mir persönlich teilweise in seinen Texten etwas ab, aber Potential ist da mMn nach vorhanden. Erinnert mich immer wieder auch an OK Kid was die Art zu texten angeht.

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