Gloomy Boyz – Auz der Grvft


  • 01. Duck Dich (Doom Gang)
    02. Keiner
    03. Schwarze Shirts & Jeans
    04. Lass die Scheine fliegen
    feat. Young Lit
    05. Tief und langsam

    Für Rapper sind Alter Egos hilfreich, wenn sie sich an komplett neuen Stilen versuchen wollen, ohne sich von ihrer alten Schiene trennen zu müssen: Marteria hat Marsimoto, Flying Lotus hat Captain Murphy, Kool Keith hat unzählige und seit neuestem haben Casper, MontanaMax und Markus Ganter die Pseudonyme Lil Creep, Lord Nakko und DJ Krypt, unter denen sie zusammen als die Gloomy Boyz auftreten. Mit der Videoauskopplung "Keiner", in der die Drei maskiert zu sehen waren, lösten sie einen kleinen Hype aus und schafften es bereits nach wenigen Tagen, beachtliche Klickzahlen zu generieren. Das ist nicht verwunderlich, da gerade Fans von Casper schon seit längerem auf ein neues Projekt des Rappers hoffen, der seine Fähigkeiten im Trap-Bereich bereits mit Hilfe des angeteasten Tracks "Lord Level" sowie einem Featurebeitrag auf LGoonys "Grape Tape" zeigen konnte. Zusammen mit dem ersten Titel folgte die Ankündigung der ersten EP, welche "Auz der Grvft" heißt und nur wenige Tage nach der Veröffentlichung des Videos erschien. Auf der einen Seite verspricht die EP dank ihres Titels, Covers und den Namen der vertretenen Rapper einen gewissen, bewusst gesetzten Trashfaktor, auf der anderen Seite darf man sich aber dank der erfahrenen Sprechgesangskünstler und des durchaus fähigen Produzenten, welcher sein Können bereits in der Zusammenarbeit mit Casper beweisen konnte, ein qualitativ hochwertiges Produkt erhoffen. Ob sich diese Erwartungen erfüllen können oder ob es sich hierbei nur um ein unbeholfenes Experiment handelt, gilt es nun, herauszufinden.


    "Fucker, Stapel in den Jeans, Limonade mit dem Lean/
    Jage mit dem Team, immer ganze Tage dieses grün/
    Das ist Anti-Fuckboy-Musik, Leute fliehen, guck, jedes deiner Bräute liebt es/
    Teufelsteam, Lil Creep, Metacin, kille alle – Leukämie/
    "
    (Lil Creep auf "Keiner")


    Auf den ersten Blick mag das Werk der drei Künstler wie eine gewöhnliche Trap-Platte erscheinen, die in solch einer Form mehrmals wöchentlich in den USA erscheint, was zum Teil daran liegt, dass die Themen hier recht typisch gehalten sind: Es geht um Geld, Frauen, Sex, Kleidung, Seitenhiebe gegen andere Rapper und die gleichzeitige Selbstbeweihräucherung und das Repräsentieren der eigenen Gang. Auch der Eindruck über die Instrumentals scheint die vorangegangene These zu bestätigen. Zwar ist die Produktionsqualität hochwertig und aus den genretypischen Beatelementen wie 808s, spezifischen Snares und Synthesizern werden durchaus gute Endprodukte gezaubert, gerade die Produktion von "Duck Dich (Doom Gang)" ist hier als äußerst gelungen hervorzuheben, aber letztendlich klingen diese im Großen und Ganzen trotzdem nach dem Standardrepertoire eines Trap-Releases. Doch von diesem zunächst einmal etwas ernüchternd anmutenden Eindruck sollte man sich nicht enttäuschen lassen: So sind die Parts sowohl textlich als auch stilistisch trotz ihrer fast schon klischeehaften Art qualitativ zufriedenstellend und überzeugen durch einige geschickte Anspielungen und Formulierungen, wobei Lil Creep hier stärker auftritt als sein Rapkollege Lord Nakko. Ebenfalls wird durch das stimmige Einbinden der gewollt trashig wirkenden Gothic-Ästhetik stilistisch und textlich eine Eigenheit kreiert, die den Unterhaltungsfaktor der EP steigert. Dank dieses Faktors und der stellenweise auftretenden Überspitzung einzelner Genre-Elemente wird ein Gesamtwerk erschaffen, welches sich zwischen ernst gemeinter, zeitgenössischer Trap-Musik und "Glo Up Dinero Gang"-ähnlichen Dada-Trap-Versuchen bewegt.


    "Und ey sie tanzt, bis die Scheine wieder lila sind/
    Ich tanz nie im Leben, nur auf lilaner Substanz/
    Scheine auf der Erde, Papercuts vom Werfen/
    So viele Scheine auf wackelnden Brüsten/
    Als würd' ich die Bitch heute steinigen/
    "
    (Lord Nakko auf "Lass die Scheine fliegen")


    Positiv fällt außerdem auch die Varianz der kurzen EP auf: Jeder Titel hat seinen eigenen, individuellen Klang und somit einen hohen Wiedererkennungswert, dennoch wird das Gesamtprodukt dabei nicht aus den Augen verloren. Ein deutlicher stilistischer roter Faden zieht sich durch das ganze Werk und lässt es trotz der Unterschiedlichkeiten seiner einzelnen Stücke als in sich stimmiges Release erscheinen. Variabilität zeigt sich jedoch nicht nur in den Soundbildern der einzelnen Tracks, sondern ebenfalls im Rap selbst: So präsentieren die beiden Sprechgesangskünstler unterschiedliche Flowpassagen, wobei hier erneut Lil Creep mehr glänzen kann als sein Partner Lord Nakko. Bei Ersterem ist auch die stimmliche Leistung lobend hervorzuheben. Die Stimme des Bielefelders wirkt wie gemacht für diesen Stil und sorgt somit für eine weitere kleine Eigenheit der Gloomy Boyz. Obwohl Lord Nakko ein wenig im Schatten seines Rapkollegen steht, ist seine Leistung auf "Auz der Grvft" durchweg als solide bis gut zu betrachten. Hinter dem Namen Young Lit, dem einzigen Featuregast auf der EP, verbirgt sich mit Nico K.I.Z. ein weiterer bekannter Name, der sich stilistisch gut in das Gesamtwerk einbinden kann und auch zu der humoristischen Facette des Releases beiträgt. Trotz all dieser positiven Eigenschaften und Details bleibt weitere Kritik nicht aus: Zwar gehen die Hooks gut ins Ohr und bleiben auch im Kopf, jedoch wirken diese durch ihre Repetitivität stellenweise als beeinträchtigend für den Unterhaltungswert der EP. Diese ständige Wiederholung in den Refrains verstärkt zugegebenermaßen den zuvor angesprochen, humoristisch-ironischen Dada-Trap-Effekt, teilweise geht dies aber zu sehr auf Kosten des Spaßfaktors. Insgesamt ist trotzdem ein überzeugendes Soundbild entstanden, welches zwar Trap nicht neu erfindet, in den Genregrenzen aber ein gutes Endprodukt schafft.


    Fazit:
    Mit "Auz der Grvft" haben die Gloomy Boyz eine durchaus unterhaltsame und kurzweilige EP geschaffen, die zwar wenig eigenes aufweist und im Großen und Ganzen wie ein recht gewöhnliches Trap-Projekt mit einem starken humorvollen Touch wirkt, es jedoch schafft, durch Varianz zu glänzen, ohne dabei das Endprodukt aus den Augen zu verlieren. Das Soundbild ist insgesamt, trotz einiger kleiner Schwächen, ziemlich gelungen und den einzelnen Künstlern ist der Spaß an ihrem Werk durchaus anzumerken. Gerade Lil Creep sticht hier durch Facettenreichtum und qualitativ starke Leistungen hervor, wobei die anderen beiden Mitglieder keineswegs schwache Resultate abgeliefert haben. Jedoch geschieht dies alles in einem ziemlich generischen Rahmen und es fehlt an wahrer Individualität, was gerade für Casper sehr schade ist, da man von dem Bielefelder normalerweise ein höheres Maß an Eigenheit und Innovation gewohnt ist. Im Hinblick auf die zukünftigen Releases, die bereits im Booklet der CD angekündigt wurden, ist aber wohl auch das zunächst zu verschmerzen.



    (Sanchyes)


    [redbew]1976[/redbew]


    Bewerte diese CD:
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  • Feier die EP sehr, wobei man schon feststellt, das Casper um ein vielfaches besser auf die Beats kommt, als MontanaMax - dessen Parts aber beileibe nicht schlecht sind.

  • Habs mir wegen Cas gegeben.
    Ist ne schicke EP geworden für zwischendurch. Mehr ist es aber auch irgenwie nicht. Man könnte jetzt sagen, dass hier Potential verschenkt wurde (vor allem wenn man bedenkt, dass da noch mehr von kommen soll), aber sei es drum. Ein Gloomy Boyz Album wäre für mich viel schlimmer als ein Solodong von Cas. Wobei es für mich aber schon ein Schritt in die richtige Richtung ist. Ich will unbeding mal wieder ein reines (NICHT TRAP) Album von Casper hören. Es würde so übertrieben dope sein. Lange habe ich geglaubt, dass da nix mehr kommt, aber inzwschen bin ich positiv gestimmt.
    Es ist auch mMn nicht so schlimm, dass hier vor allem von Casper nicht auf Innovation im großen Maße gesetzt wurde. Denn das muss doch nicht immer sein.
    Ein guter Künstler bleibt ein guter Künstler, auch wenn er nicht immer das innovativste Album des Jahres kickt.


    E: WOllte der EP ne 7 geben, aber nun ist es mal wieder ne 1. Was ist da los? Das grenzt ja schon an Mobbing.

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