Main Concept – Hier und jetzt


  • 01. Ich selbst
    02. Hier und jetzt
    03. Wer seid ihr?
    04. München halt
    feat. Blumentopf
    05. Eins und eins feat. Wasi
    06. Wir leben's lieber feat. Boshi San
    07. Künstler und Gelehrter
    08. Die Zukunft
    09. Evolution
    10. Idealisten und Ideologen
    feat. Retrogott & Aphroe
    11. Vier Asse im Ärmel feat. Flowin Immo, Spax & MC Rene
    12. Zack Boom Toppinger feat.Vier zu Eins
    13. Change feat. Get Open
    14. Von gestern bis heute feat. Samy Deluxe, Eizi Eiz & Denyo
    15. Zufriedener Mann


    Main Concept, das sind der Rapper DavidPe, der Produzent Glammerlicious, DJ Explizit und ein Stück lebende Musikgeschichte. 1990 gegründet, ist sie eine der ältesten deutschen HipHop-Crews überhaupt, veröffentlichte das erste reine Freestyle-Album aller Zeiten und dürfte dennoch den meisten Hörern kein Begriff mehr sein, schließlich erschien das letzte Album "Equilibrium" vor ziemlich genau zehn Jahren. Waren sie schon damals im Zuge des bahnbrechenden Erfolgs des deutschen Straßenraps in der geistigen Minderheit, gibt es heute kaum noch erfolgreiche Rapper, welche einen ähnlichen Stil verwirklichen. Die Szene von heute ist schließlich eine völlig andere und vielleicht hat man sich aus guten Gründen bereits weiterentwickelt, angepasst, erneuert. Kann der Zeitunterschied überwunden, im "Hier und jetzt" Fuß gefasst werden, oder endet diese Gruppe als lebendes Fossil, zurecht unbeachtet von den heutigen Hörern, mit deren Idolen mitzuhalten man sich außer Stande sieht?


    "Besorgt euch Flüssigkeit, hier wird's gleich drückend heiß/
    Schaltet die Lüftung ein, DavidPe zurück am Mic/
    DJ Explizit und Glam halten mir den Rücken frei/
    Ich drück's euch rein, Main Concept München 58-Style/
    "
    (DavidPe auf "Hier und jetzt")


    Mit diesen Worten begrüßt uns DavidPe nach einer geschlagenen Dekade zurück. Viel verändert hat sich anscheinend nicht, eher fühlt man sich erinnert an ein zeitgenössisches Remaster einer uralten Platte. Es ist besser gemischt, besser gemastert, aber es ist doch der gleiche Sound, das gleiche Gefühl wie früher. Etwas getan hat sich in der Pause allerdings schon, denn Glam hat seinen Beats einen feineren Schliff verliehen, hat sie musikalischer und interessanter gemacht. Tief schöpft er aus einem Pool von Pianos, Trompeten, Gitarren und Streichern, um damit nach Bedarf das Grundgerüst aus Drummaschine, Synthies und Bassgitarre zu erweitern. Anleihen aus verschiedenen Genres, hauptsächlich Reggae und Jazz, setzen stellenweise interessante Akzente.
    DJ Explizit steuert in beinahe jedem Song passende, gekonnte Cuts bei und verfeinert so das Klangbild. Insgesamt ist die Instrumentierung angenehm und setzt sich von der breiten Masse stark ab. Jedoch bleiben auch nach vielfachen Hördurchgängen wenige Highlights längere Zeit im Gedächtnis, sodass man weniger einzelne Stücke als vielmehr den jazzigen Grundsound bewundern kann. Dies könnte auch daran liegen, dass es sich stark um klassische Beats ohne nennenswerte Melodien oder harmonische Experimente handelt.


    "Zack Boom Rockinger, Zack Boom Toppinger/
    Nagel auf den Kopfinger, Deckel auf den Topfinger/
    Zack Boom Laceinger, Bass in your Faceinger/
    Zack Boom, Zack Boom/
    "
    (DavidPe, Minute & Reckless auf "Zack Boom Toppinger")


    Der Rap des Interpreten fällt dagegen nicht allzu beeindruckend aus: Auf einem Niveau, das man auf jetzigen Stand der Entwicklung leider unterdurchschnittlich nennen muss, flowt DavidPe so wie es in den Neunzigern state of the art war – nur wirkt das heute eben etwas amateurhaft. Dass dieser eigene Stil durchaus auch als wichtiges Alleinstellungsmerkmal gewertet werden kann, muss dennoch erwähnt werden.
    Zum Glück hat sich der Münchner massenhafte Unterstützung dazu geholt. Apropos München – der mit Blumentopf aufgenommene Song "München halt" ist ein gutes Beispiel für den häufig verwendeten Stil dieser Kooperationen. Die meisten Songs sind klassische Representer, andere sind eher im Stil einer Cypher gehalten, gemeinsam haben sie jedoch alle, dass immer wieder kleinere Totalausfälle vorkommen, bei denen man sich fragt, ob auch hier wieder ein Freestyle auf Platte gepresst wurde. Mit ihrem wohl letzten Feature bekleckern sich Blumentopf nicht gerade mit Ruhm; die Texte sind einfach zu belanglos, der Hörer wird zu wenig mitgerissen und auch die Hook ist symptomatisch für die fast vollständige Absenz funktionierender Refrains auf dem ganzen Album. Dies gilt zwar noch für einige weitere Songs, doch auch Gegenbeispiele sind vorhanden. Nicht alle der Featuregäste werden auf Anhieb bekannt vorkommen, auf "Change" stammen die Gäste von Get Open sogar von der anderen Seite des großen Teiches und bringen ihre Parts auf Englisch. Wie es nach einer solch langen Pause auch kaum anders sein könnte, ist "Hier und jetzt" zu großen Teilen Rekapitulation der eigenen Karriere und Reminiszenz der guten alten Zeit, bestes Beispiel ist hier "Von gestern bis heute" mit den frühen Weggefährten Samy Deluxe, Denyo und Eizi Eiz (Jan Delay). Abseits davon gibt es hauptsächlich platte Lebensweisheiten à la "Es is' wie es is', auf die Perspektive kommt's an/" ("Zufriedener Mann"), doch zum Glück ist der gesellschaftskritische Zug, der frühere Werke zeichnete, nicht abhanden gekommen. "Idealisten und Ideologen" mit Aphroe und Retrogott zeigt die geistige Selbsteinschränkung durch verschiedene Ideologien auf, während DavidPe allein auf Evolution den Vorgang der Revolution als ungesteuert, blutig und zwecklos beschreibt; einzig sinnvoll sei deswegen nur eine langsame Entwicklung zu einer besseren Welt, begonnen beim eigenen Ich.


    "Boom Revolution, die alten Herrscher entthront/
    Doch hat sich der blutige Sieg am Ende gelohnt?/
    Da reicht es nur eine Verschiebung des Gewaltmonopols/
    'Ne neue Elite gebietet, die Ideologen/
    "
    (DavidPe auf "Evolution")


    Fazit:
    Mit ihrem ganz eigenen Stil wirken Main Concept wie aus der Zeit gefallen, denn auf eine Weiterentwicklung, die das Kollektiv sicherlich hätte stemmen können, hat man anscheinend bewusst verzichtet. Wer keine kommerziellen Ambitionen besitzt, kann eine Platte dieser Art allerdings durchaus mit gutem Gewissen veröffentlichen. Der angenehme Vibe vieler Songs kann leider nicht davon ablenken, dass trotz thematischen Anspruchs die lyrischen und technischen Fähigkeiten nicht ausreichen, um mit anderen Zeitgenossen konkurrieren zu können. Ansonsten kann man am ehesten noch kritisieren, dass es zwar nichts besonders Gravierendes zu bemängeln gibt, jedoch auch kaum positive Aspekte zu benennen sind. Deshalb ist "Hier und jetzt" ein durchschnittliches Album, das allerdings für eine Randgruppe durchaus seine Reize haben wird, und wenn es nur Nostalgie ist. So besitzt das Album eine gewisse Ambivalenz, die nicht zuletzt von dem Zwiespalt zwischen gestern und heute herrührt, der sich sehr deutlich auftut. Vor 20 Jahren wäre diese Platte vielleicht etwas Besonderes gewesen – heute können sich Musikfreunde fast wöchentlich über Werke größeren Kalibers freuen.



    (Rogozhin)


    [redbew]1975[/redbew]


    Bewerte diese CD:
    [reframe]reviewthread.php?reviewid=1975[/reframe]

  • Kenne zwar bis jetzt nur drei Songs, aber schon allein da die Beats und die Stimmverschmelze mit jenen finde ich Tight.
    Finde lässt sich gut hören trotz den durchdachteren Texten. Hab ma 9 von 10 gegeben.
    David P. ist nicht so easy zu überbieten.

  • Ich kenne bisher nur die alten Sachen von den Jungs und feier die auch gut.
    Der Rezension nach zu urteilen scheint es also was für mich zu sein. Mal schauen wann ich dazu komme, reinzuhören.


    Hey hier ist der T.v.I RmX von Track11: http://www.rappers.in/de/track-446248.html


    Kostprobe, hau später nochn link dazu.✌


    Soundcloud snippet : https://m.soundcloud.com/58glam/mc-hier-und-jetzt-snippet
    58er Homepage : http://www.58beats.com/mainconcept.html


    LP Version + CD ^^ : http://www.vinyl-digital.com/Hip-Hop-Rap/Hier-und-Jetzt.html


    25 Jahre Jo.

  • Ich finde das keine besonders gute Rezension.


    Waren sie schon damals im Zuge des bahnbrechenden Erfolgs des deutschen Straßenraps in der geistigen Minderheit, gibt es heute kaum noch erfolgreiche Rapper, welche einen ähnlichen Stil verwirklichen.


    Ähm...es gibt nicht nur Straßenrap. Dieser mag möglicherweise der erfolgreichste sein bzgl Verkaufszahlen, aber ist doch wohl klar, dass Deutschrap dermaßen Facettenreich ist und es wichtig ist, dass auch von dieser Schiene was kommt.


    Mit ihrem ganz eigenen Stil wirken Main Concept wie aus der Zeit gefallen, denn auf eine Weiterentwicklung, die das Kollektiv sicherlich hätte stemmen können, hat man anscheinend bewusst verzichtet.


    Ich finde gut, dass darauf verzichtet wurde! Vor allem, was versteht Du unter Weiterentwicklung? Es gibt nichts Schlimmeres als wenn ein MC, den man für seinen Stil anfing zu mögen, nun nen anderen fährt bzw anders klingt um sich "weiter zu entwickeln".
    Was genau hätte Dave P denn machen sollen? Double- Tripletime Flow, auf Trap Beats rappen oder wie?


    Wer keine kommerziellen Ambitionen besitzt, kann eine Platte dieser Art allerdings durchaus mit gutem Gewissen veröffentlichen. Der angenehme Vibe vieler Songs kann leider nicht davon ablenken, dass trotz thematischen Anspruchs die lyrischen und technischen Fähigkeiten nicht ausreichen, um mit anderen Zeitgenossen konkurrieren zu können.


    Erster Satz, ja...und das macht sie auch symphatisch, da sie deren alteingesessenen Fankreis zufrieden stellen.
    Zweiter Satz, absoluter Blödsinn.

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