01. Der Neue
02. All you can eat
03. Musik für die die nicht so gerne denken
04. Go Lemming
05. 28, 29 feat. Edgar Wasser
06. Das Lied wo ich reich bin
07. Sicher nicht feat. 3Plusss & Fatoni
08. Der Auserwählte
09. Rock 'n' Roll feat. Emkay & Dobbo
10. Du kannst es nicht verstehen
11. Wunschkonzert feat. Djin
12. High 5
13. Benachteiligt
14. Besser glauben feat. Pimf
Und schon ist es passiert: Kaum hat man die Überraschung darüber eingeordnet, dass Weekend nicht einmal ein halbes Jahr nach seinem Charterfolg "Für immer Wochenende" ein neues Album ankündigt, schon ist das neueste Machwerk des zweimaligen VBT-Gewinners auf dem Markt: "Musik für die die nicht so gerne denken" soll es sein, die Tracklist lässt eine Platte voller Pointen, Ignoranz und Optimismus vermuten. Dabei macht der Protagonist mit einer Tatsache ganz besonders auf sich aufmerksam: Trotz seines großen Labels im Rücken wird hier ein Album ohne lange Promotionsphase, Amazon-Box oder sonstige, meist unnötige Gimmicks den Fans präsentiert. Sympathiepunkt verdient. Dennoch drängt sich vielen die Befürchtung auf, dass ein Weekend mit der immer gleichen Art von Musik und dem bereits zweiten Release innerhalb eines Jahres schnell übersättigend auf seine Fans wirken könnte. Doch geht das überhaupt? Kann man eigentlich zu viel Wochenende haben?
"In der Pause sagt ihm Laas, er soll nicht traurig sein/
Zu ihm sind all die ander'n Kinder auch gemein/
In dem Moment kriegt er 'ne Schelle gegen's Kinn/
Und der kleine Savas schreit: 'Man, wer ist hier der King?'/"
(Weekend auf "Der Neue")
Ohne lange Umschweife oder egozentrische Ergüsse à la "Schau, wo ich mal war, schau, wo ich jetzt bin" katapultiert der Gelsenkirchener den Konsumenten direkt in seine eigene Karikatur der Deutschrapper-Konflikte. Mehr oder weniger werden bekannte Fehden der Musiker untereinander kritisiert, das alles auf die typisch weekendsche Art und Weise: Mit Witz und Weitsicht. All diese Widrigkeiten untereinander leisten sich in "Der Neue" nämlich Kinder in der Schule, getauft auf die Vornamen bestimmter Rapper, die sie darstellen – eine Marginalisierung und Metaphorik, die mehr als nur zweckmäßig, sondern humorvoll und immer mit dem gewissen Augenzwinkern an bestimmten Stellen des Textes mit dem Hörer und den parodierten Künstlern spielt. Genau in diese Kerbe stößt auch "All you can eat", diesmal dient weniger das rebellische Balg als vielmehr das (positiv formuliert) bemerkenswerte Benehmen einiger Personen am Buffet als Bühne zur Verbildlichung des Ambientes im hiesigen HipHop. Zur Sicherheit wird eben das auch nochmal zu Beginn des ersten Parts vom Protagonisten selbst verdeutlicht: "Rap ist ein All-you-can-eat-Buffet" schallt es aus den Boxen, unterlegt von Bläsern und pumpendem Bass; passend eben zum Prunk des beschriebenen Buffets, an dem sich jedermann reichlich bediene und das mehr, als er oder sie eigentlich braucht. Fast schon beruhigend wirkt danach der Titeltrack auf einem BoomBap-Beat: Weekend lässt hier und da mal unbefangen eine passende, pointierte Line über das pochende Instrumental heraus und eine sich leicht abhebende Hook leitet den Hörer fast schon übergangslos zu einem dafür beachtenswerteren Song: "Go Lemming".
"Was du mir sagen möchtest, peil ich nicht/
Was hat das mit Arroganz zu tun, wenn du scheiße bist?/
Ich bin Gott, nur in schön und ohne Krückstock/
Ich schick den Menschen Jesus in der Amazon-Deluxe-Box/"
(Weekend auf "Go Lemming")
Ein richtig erfrischender Representer wird uns nämlich mit diesem Track präsentiert. Ein roughes Sample, geistreich-spritzige Zeilen und ein Ohrwurm-Refrain machen "Go Lemming" zu einem der stärksten Titel der gesamten Werks. Genau so macht Weekend nämlich Spaß. Auf einen satirischen politischen Rundumschlag mit einem wie immer gelungenen Edgar Wasser-Part folgt "Das Lied wo ich reich bin", in dem es genau darum geht. Leider langweilen ironisch dargestellte Launen eines Reichen und dessen Dekadenz mittlerweile und der plätschernde Beat tut dabei sein Übriges zur Kraftlosigkeit dieses Liedes. "Sicher nicht" unterhält hingegen wieder, 3Plusss und Fatoni lassen den Langspieler genau zum richtigen Zeitpunkt noch einmal Fahrt aufnehmen. Auch mit "Rock 'n' Roll" gibt es wieder richtig Power: Emkay und Dobbo spielen dem Gastgeber die Bälle zu, die langjährige Freundschaft scheint sich auszuzahlen und in dem kraftvollen Track widerzuspiegeln. Auch hier tut der natürlich rockige Beat sein Übriges – nun aber im durchaus positiven Sinne. So bringt der Song nicht nur Spaß, sondern auch eine wunderbare Überleitung zu "Du kannst es nicht verstehen". Sowohl die starke elektronische Instrumentierung als auch der außerordentlich (und überraschend abwechslungsreiche) Flow des Protagonisten lassen dem Hörer keine Ruhepause.
"Und sie lieben, wie ich rappe, vielen Dank man/
Checkt mal auch mein Spaßprojekt, da hab ich einen Schwamm an/"
(Weekend auf "Du kannst es nicht verstehen")
Zu "Wunschkonzert" mit Djin als Dschinn ist mit diesem Satz bereits alles gesagt und "High 5" und "Benachteiligt" tun musikalisch und inhaltlich der Kraft des gesamten Langspielers keinen Abbruch. Bässe wuchten weiterhin durch die Boxen, Weekend rappt seine gewohnt witzigen Zeilen und schießt mit einem Luftgewehr in alle Richtungen. All das geschieht jedoch auf eine derart ausbalancierte Art und Weise, dass nicht nur die Anordnung der Tracks, sondern auch die Vielseitigkeit der Beats der Platte in puncto Gesamteindruck in die Karten spielen. Seinen Abschluss findet Weekends dritte Soloplatte letztlich in "Besser glauben" mit Pimf. Obgleich hier ruhigere, teilweise gar melancholische Töne angeschlagen werden, lässt die Hommage an deutsche Künstler und Musiktitel ganz in Art von Adel Tawils "Lieder" das Album ausklingen. Zumindest für einige Sekunden, denn dann kommt noch ein Hidden Track, in dem der Gelsenkirchener auf gewohntem Beat einen gewohnten Part rappt – hätte man sich an dieser Stelle auch ruhig sparen können.
"Du hast mich begleitet, du hast mir so viel Kraft gegeben/
Jeder, der dich kritisiert, ist neidisch – lass sie reden/
Du bist 'H', 'A', doppel 'M', 'E', 'R'/
Man, ich liebe deine Lieder über Hoffnung oder Schmerz/"
(Pimf auf "Besser glauben")
Fazit:
Uns wurde hier ein gutes Album geliefert, das im Vergleich zu seinen Vorgängern in puncto Witz und instrumentaler Qualität noch einmal einen draufgesetzt hat. Ohne jegliche musikalische Einheitlichkeit gibt Weekend sich routiniert und zeigt immer wieder, was ihn als Künstler ausmacht. Gerade dieses "immer wieder" kann dabei jedoch schnell tückisch werden: Als den größten Kritikpunkt muss man wohl aufführen, dass die textliche Palette von "Musik für die die nicht so gerne denken" im Großen und Ganzen schnell umrissen ist. Karikaturen und Parodien, stellenweise auch vom Protagonisten selbst, Representer und vorsichtige Schritte in Richtung Sozialkritik und Mehrwert. All das mit der typischen Portion Selbstironie. Weekend schöpft dabei vor allem aus einem: Sein Fundus an Themen für Tracks scheint immer noch nicht aufgebraucht und bis auf Kleinigkeiten ist inhaltlich keine Redundanz erkennbar. Sobald dies aber zur Neige geht und der Künstler sich zwangsweise irgendwann wiederholen muss, ist es wichtig, dass sich auch seine Art und Weise immer mal wieder ein wenig verändert, ohne dabei das zu verlieren, was seine Kunstfigur im Grundsätzlichen ausmacht. Diese Wesentlichkeiten zu extrahieren, Visionen zu haben und schließlich den schmalen Grat zwischen Selbstverrat und Weiterentwicklung zu finden, wird in Zukunft für Weekend von entscheidender Bedeutung sein. Denn "Musik für die die nicht so gerne denken" ist ein durchaus gutes Album – nur kann es so leider nicht ewig funktionieren.
(Max)
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