01. Prelude
02. Super Sudden
03. Probier mal diesen Schmetterling
04. Kleiner Drogenrausch
05. Euer Vater war ein Star
06. Dörte Mülle
07. Hitler töten feat. Alligatoah
08. Pferdehass-Lied
09. Ich liebe deine Mama
10. Alleine lächeln
11. Bestie (in mir)
12. Du oder Ich feat. RAF 3.0
13. Tot oder sexy
14. Roboter
15. Fluchtversuch feat. Sina Soemer
16. Scherben essen
Der besser unter seinem Alter Ego Sudden bekannte Rapper Steven Matyssek macht sich am 06. März 2015 erneut auf, um die deutsche HipHop-Welt vor drohendem Unheil zu retten. Zu diesem Zweck macht er von seinen naturgegebenen "Superkräften" Gebrauch: sein großes Mundwerk, sein abgefahrener Humor und nicht zu vergessen natürlich sein unglaubliches Aussehen. Besonders Fans seines Labels und seiner Crew Trailerpark könnten sich demnach für den "Superkräfte" getauften Longplayer interessieren. Wird sich Sudden damit also mit Witz und Rapskill bald unter den Avengers einreihen können oder reicht es doch nur für den nächsten Aquaman?
"Yüah! Na, habt ihr mich vermisst?/
Nein? Okay, krass ... heh/
Wie dem auch sei, ihr steckt alle in großen Schwierigkeiten/
Aber keine Angst, ich werd' euch retten/
Denn ich bin Super Sudden/"
(Sudden auf "Super Sudden")
Das Album kündigt sich, ganz in Erinnerung an die guten, alten Supermanfilme, mit einem epischen Prelude an, erreicht seinen Höhepunkt aber schnell und stürzt somit auch recht schnell gen Ende ab. Trotzdem funktioniert der Einstieg in das Album hier sehr gut und ist auch in sich recht stimmig. Durch diesen epischen, durch Trommeln und Fanfaren erzeugten Sound (Stichwort Inception und jeder weiß was gemeint ist), den Sudden hier an den Tag legt, wird der Zuhörer animiert, das Album zu hören und es werden Erwartungen geweckt. Sudden bleibt dem Image und dem Titel des Albums zumindest am Anfang treu. Bereits der nächste Track "Super Sudden" kündigt den großen, lang erwarteten Haudegen an und schildert lebhaft die Heldentaten dieses selbstlosen Ritters in schmieriger Rüstung.
"Top motiviert, dass jeder Feind ganz schnell das Land sucht/
Denn mein Superheldenanzug ist mit Kotze beschmiert/"
(Sudden auf "Super Sudden")
Darunter fällt dann zum Beispiel, den Katzen auf die Bäume zu helfen. Auch trägt er dadurch etwas zum Allgemeinwohl bei, indem er uns über die schurkenhaften Taten des Antagonisten Tim Bendzko aufklärt, welcher auf diesem Album noch ein paar mal Erwähnung findet und quasi direkt "gesidekickt" wird. Prinzipiell könnte man nach diesem Track das Thema "Sudden als Superheld" auch schon wieder abhaken und das Album nach zwei Tracks mit einer stolzen Spieldauer von unter zehn Minuten beenden. Da sich das Ganze dann aber weder Langspieler schimpfen dürfte noch sich gut verkaufen ließe, hängt man einfach noch einige Tracks, die zugegebenermaßen nicht ganz so viel mit dem Albumtitel gemein haben, an, damit auch eine ansehnliche Spieldauer erreicht wird. Gleich der nächste Track "Probier mal diesen Schmetterling" handelt nicht mehr von selbstlosen Taten, eher verkommt der Wohltäter Sudden mal wieder zu einem in der Gosse hausierenden Drogenjunkie. Von nun an behandelt das Album thematisch nicht mehr im geringsten auch nur irgendetwas, was sich mit der Superheldenthematik vereinbaren ließe und das bedeutet somit Punktabzug in der B-Note für das nicht eingehaltene Image.
"Dann gib zu, dass ich der Beste bin/
Schmeiß' mir 'nen megageilen Trip/
Ja, mein Leben is' der Shit/
Viele bunte Farben, ich esse die Legosteine mit/"
(Sudden auf "Probier mal diesen Schmetterling")
Zwar bringen die Tracks den Zuhörer durchaus zum Schmunzeln, können aber nicht mit mehr als ein paar mehrdeutigen, lustigen und durchdachten Lines aufwarten und so verkommen die Stücke zu einer Selbstbeweihräucherung von Suddens (zugegeben unterhaltsamen) Asozialität. Auch sind die vielen Anspielungen auf Tim Bendzko kaum zu überhören, was an sich witzig ist und quasi einen kleinen Running Gag der Platte darstellt. Wo wir schon von Beweihräucherung sprechen: 80% der gesamten Zeit dieses Langspielers beschäftigt sich Sudden damit, ein zu großes Stück vom Kuchen abzuschneiden. Leider waren hier die Augen größer als der Hunger, oder auf gut Deutsch: er hat sich schlicht und ergreifend mit dem Image als Superheld übernommen. Rein inhaltlich betrachtet macht das Album keine großen Sprünge mehr, weder thematisch noch auf irgendeiner anderen Ebene, wodurch das Ding schnell langweilig wird und auch keinen größeren Wiedererkennungswert hat, da sich die Tracks im Wesen zu sehr ähneln. Dass das Album trotzdem einige Perlen bietet, darf man ihm natürlich nicht absprechen. Wirkliche Prachtstücke des Albums sind die Tracks "Dörte Müller" und der mit seinem Trailerpark-Sidekick performte Track "Hitler Töten". Der erste Titel handelt von einer Ballade über die titelgebende Dame und beschreibt eine Liebesgeschichte zwischen dem schier übermenschlichen Protagonisten und der gut gebauten Dörte Müller, einschließlich einer dramatischen Wendung, in der Leib und Leben unseres Helden bedroht werden. Sudden wäre aber nicht Super Sudden, wenn er nicht mit dieser Situation fertig würde, sodass er zu unser aller Erleichterung wieder nur mit einem Kater davon kommt. Warum nun auf den Track "Dörte Müller" der Track "Hitler töten" folgt, in dem Alligatoah und Sudden davon rappt, die Zeit zurück zu drehen, um wieder bei "ihr" (Dörte Müller?) zu sein, bleibt allerdings offen. Auch finde ich es sehr ironisch, dass nach dem Track "Ich liebe deine Mama" Herzschmerztracks à la "Alleine lächeln" oder "Bestie (in mir)" folgen. Ich konnte mir ein Lachen an dieser Stelle nicht verkneifen und kann mir nicht vorstellen, dass die Lieder zufällig in dieser Reihenfolge auf die Rohlinge gebrannt wurden. Das erinnert fast schon an den "alten" Sudden mit seinen auf Youtube publizierten Freetracks wie beispielsweise "Monster" oder "Ich will nicht aufwachen". Das ist zwar eine schöne nostalgische Erfahrung, passt aber überhaupt nicht ins Konzept. Hier liegt den Schluss nahe, dass hier eher auf Krücke statt Lücke gesetzt wurde und es scheint, als würde damit eine längere Spieldauer der Platte erreicht werden wollen. Diesen Umstand darf jeder finden wie er will, das Image der Platte wird hierbei eher mit Füßen getreten.
Die Beats erinnern größtenteils an Japano-Gameshows oder alte Pokemon-Editionen, was der Sache natürlich keinen Abbruch tut und das Image der Platte unterstützt, da dieses eben genau so abgedreht ist wie der Producer den Eindruck macht. Insgesamt hat Suddens aktuelles Machwerk einen eher elektronischen Klang, auf welchen man genau so gut Vocals irgendeiner J-Rock oder J-Pop Band legen könnte, trotzdem würde niemandem wirklich auffallen, dass wir hier den musikalischen Hintergrund eines Deutschrap-Albums vor uns haben. Mir gefällt diese Beatwahl, da sie sich auch deutlich von dem eher urbanen Sound des Deutschraps abhebt und Sudden somit Kurs in eine andere Richtung nimmt als zum Straßenrap.
Fazit:
Das Album zeigt definitiv Suddens Daseinsberechtigung im Game auf. Auch liegt ein Vergleich mit Trailerpark nahe, da sowohl die Gruppe als auch der Interpret als Einzelperson ungehemmt ihre Asozialität ausleben. Damit beweist er, dass er aus dem Trailerpark einfach nicht wegzudenken wäre, denn er tut das, was er besonders gut kann und schafft es damit auch, zu überzeugen, aber leider nicht auf ganzer Linie. Besoffen aus dem Fenster springen und dabei abstürzen ist nun mal doch keine Superkraft und so bewegt sich der Protagonist des Werkes auf einem Superheldenlevel mit Arno Dübel. Dieser Output bietet zwar kurzweiligen Spaß und ist eingefleischten Fans von Trailerpark und Sudden durchaus zu empfehlen, bei Leuten, denen der Name Sudden aber bisher unbekannt war, sollte neben einer berechtigten Neugier auch eine gewisse Vorsicht mitschwingen. Das Album funktioniert zu einem gewissen Grad durchaus – gar keine Frage – nur ist der Albumtitel vielleicht ein wenig unpassend gewählt. Von einem Album mit dem Titel "Superkräfte" erwarte ich doch etwas mehr Heldentum. Einige Tracks bieten trotz alledem zumindest kurzweiliges Entertainment, nicht mehr und nicht weniger.
(Harley kin)
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