Hiob & Morlockk Dilemma – Kannibalismus Jetzt



  • 01. Schöne neue Welt
    02. Primae Noctis Exclusive
    03. Lächel nochmal für mich
    feat. Flo Mega
    04. Kapitalismus Jetzt
    05. Sekt
    06. Nur ein Stift
    07. Heutzutage
    08. Emmanuelle Exclusive
    09. Delirium Tremens
    10. Notarzt
    11. Gottesfurcht
    12. Die Drinks auf euch
    feat. Karate Andi
    13. Ein Hit ist genug feat. Die Bestesten
    14. Mutterliebe
    15. Tag ein Tag aus


    Mittlerweile ist über ein Jahr ins Land gezogen, seit Hiob und Morlockk Dilemma gemeinsam überschwänglich dem Kapitalismus frönten. Heute scheinen die letzten Sektflaschen geleert, die Ressourcen erschöpft und die Menschheit endgültig am Ende angelangt: Zeit für den "Kannibalismus Jetzt"! Mit Remix Alben ist es ja immer so eine Sache für sich, erwecken sie doch oftmals den Verdacht, man wolle schnell mit möglichst wenig Arbeit noch ein bisschen Geld aus den alten Werken herausschlagen. Diesen Vorwurf kann man bei den beiden Rappern aufgrund ihres bisherigen Werdegangs vermutlich ad acta legen. Allerdings bleibt noch ein weiterer, nicht zu unterschätzender Punkt: Oftmals wirken Remix Alben eher wie ein dürftiger Aufguss; der gleiche Teebeutel wird immer und immer wieder aufgebrüht, bis der Geschmack fade wird, mangelt es doch oftmals an Innovation, kurz gesagt der Fähigkeit, den alten Rapspuren durch neue Sounds einen frischen Anstrich zu verpassen. Ob Hiernoymuz und Morlockko Plus, so die Produzentenpseudonyme der beiden Rapper, den alten Tracks mit neuen Beats eine außergewöhnliche Note verleihen können oder sie doch lieber die Finger von einem der stärksten Alben der letzten Jahre gelassen hätten, "Kannibalismus Jetzt" wird es zeigen!


    "Ich löffel Kaviar und lebe diesen Rockstarfilm/
    Und sticke meine Initialen auf feinstem Rosshaarzwirn/
    Ein ganzes Volk verlangt den bitter süßen Valiumschub/
    Währenddessen leg ich Lines und potenzier mein Hab und Gut/
    "
    (Morlockk Dilemma auf "Kapitalismus Jetzt")


    Dass die beiden raptechnisch und gerade lyrisch mit zu den besten gehören, was Deutschrap zu bieten hat, sollte Jahre nach dem Kollabodebut "Hang zur Dramatik" wohl kein Geheimnis mehr sein. Nach wie vor bleiben natürlich die ungewöhnlichen Stimmen und Staccato Floweinlagen reine Geschmackssache, was allerdings die Reimtechnik und Wortgewalt angeht, bleiben hier keinerlei Wünsche offen. Nicht ohne Grund wurde Morlockk Dilemma jüngst in einer Studie von Puls, dem Jugendradio des Bayrischen Rundfunks, zum Rapper mit dem größten Wortschatz auserkoren, wobei er selbst Goethe und Helene Fischer hinter sich ließ. Dementsprechend hörte sich "Kapitalismus Jetzt" seinerzeit auch an. Hatte man im Vorgänger "Apokalypse Jetzt" noch den Untergang der Zivilisation auserkoren, wurde auf dem Nachfolger eingesehen, dass man dem sicheren Ende nicht entgehen kann. So wurde der Kapitalismus in zynischer Manier in seinen vollsten Facetten gefeiert, denn wenn die Welt schon zu Grunde gehen sollte, dann doch wenigstens in Jubel und Freude. Ähnlich pompös und stampfend präsentierten sich die Beats auf "Kapitalismus Jetzt", selbst eingespielte analoge Synthies wie aus Zukunftsvisionen der 70er und 80er Jahre hallten nebst Samples, polternden Drums und wummernden Bässen aus den Boxen und erzeugten eine drückende Atmosphäre.
    Fast schon verspielt und locker wirkt dagegen der Neuaufguss "Kannibalismus Jetzt". Hier sind wir auch schon am springenden Punkt dieser Remix Platte: Sobald die ersten Töne vom Eröffnungstitel "Schöne Neue Welt" erklingen, spürt man eine klare Idee und Struktur hinter der Neuauflage. Klar, am Grundsound der Beiden, also den samplebasierten Boom Bap Beats mit Synthieeinspielern, hat sich nichts verändert, das erwartet meines Erachtens auch keiner. Dennoch schaffen Hiob und Morlockk Dilemma es, eine völlig neue Atmosphäre auf den Tracks zu erzeugen, so dass einige Nummern fast schon freundlich und friedlich wirken.


    "Es ist schon seltsam, nicht? Mir scheint, die Welt ist verrückt/
    Der Wahnsinn zeichnet ein Grinsen in ihr entstelltes Gesicht/
    Die viele billige Schminke, ihr rohes Vokabular/
    Ich sah sie fragenden Blickes auf dem Erotikkanal/
    "
    (Hiob auf "Heutzutage")


    Neben Morlockko Plus und Hieronymuz durften auch Dexter, Brenk, Suff Daddy und MecsTreem einen Beitrag zur Aufarbeitung des dritten Kollaboalbums leisten. Gerade letzterer, der sich an "Notarzt" zu schaffen machen durfte, schafft es beinahe, die gruselig-gewaltige Atmosphäre des Originals mit seinem mächtigen Synthie-Akkord zu übertrumpfen. Auch hervorzuheben sei der "Sekt"-Remix von Suff Daddy, der ein wunderbares funklastiges Sample durch den Wolf dreht und quasi auf Knopfdruck zum Mitnicken zwingt. "Brett!", pflegt man wohl über solche Beats zu sagen. Insgesamt bewegen sich sämtliche Produktionen auf dem gewohnt hohen Niveau, es sind keine besonderen Ausfälle zu beklagen. Lediglich bei "Gottesfurcht" vermisse ich die majestätische Atmosphäre des Originals, der düstere Sound will dem Titel einfach nicht so Recht zu Gesicht stehen. Auch lösen sich meine Verständnisschwierigkeiten der Hook von Flo Mega, dessen Undeutlichkeit sich bereits im Original als kleines Hindernis für mein Gehör erwies, beim Remix "Lächel nochmal für mich" leider nicht auf, aber vermutlich ist das einfach auf ein desolates Hörorgan meinerseits zurückzuführen.


    "Lösch die Pechfackeln, komm, stell die Sektflaschen kalt/
    Ich spreche frei und trinke laut auf meine Rechtschaffenheit/
    Denn auch wenn der Straßenpöbel schon die Mistgabeln reckt/
    Deck ich den Tisch voll Dekadenz solang der Chipstapel wächst/
    "
    (Hiob auf "Sekt")


    Neben elf Tracks von "Kapitalismus Jetzt" finden sich weitere vier Songs auf dem Album. "Prima Noctis" und "Emmanuelle" dürften als Exclusive Songs bereits dem einen oder anderen bekannt sein, bleiben mit "Ein Hit ist genug", dem neuen Song der Bestesten, und "Die Drinks auf euch" mit Karate Andi zwei gänzlich neue Tracks übrig. Gerade Karate Andi, meines Erachtens vom Entertainmentfaktor sowieso einer der größten Rapper unseres Landes, liefert gewohnt humorvoll einen hervorragenden Part ab, obwohl er vom Rapstil und der Soundqualität nicht gänzlich zu den beiden Protagonisten passen will. Über die Bestesten braucht man im Einzelnen wohl kaum noch ein Wort zu verlieren, haben sich doch alle Mitglieder mit ihren einzigartigen Styles eine Nische geschaffen, in der man sie dann eben lieben oder hassen kann. Da darf man sich schon einmal selbst einen Track lang für den einzigen gelieferten Hit feiern, dass es Spaß gemacht hat hört man sämtlichen Parts allemal an.


    "Ich hab so viel Anmachtipps und Flirtsprüche/
    doch muss aufpassen, wenn das Curse wüsste/
    jetzt machen Peppschlampen die Beine breit/
    doch nur unter dem Deckmantel der Eitelkeit/
    "
    (Karate Andi auf "Die Drinks auf euch")


    Fazit:
    Was bleibt also in Bezug auf meine anfängliche Fragestellung festzustellen? Nun, der Teebeutel wurde sicher gewechselt, hier ist höchstens noch die Tasse, in der serviert wird, gleich geblieben. Jeder Remix schafft es, dem jeweiligen Track eine neue Note zu verleihen, die ihnen bis auf ein, zwei kleinere Ausnahmen stets sehr gut zu Gesicht steht. Hiob und Morlockk Dilemma haben es geschafft, eines der besten Rapalben der letzten Jahre tatsächlich sehr gelungen zu remixen, bei einigen Titeln empfinde ich den Remix sogar fast besser als das Original. Die Frage danach, welche Platte nun besser sei, findet ihre Antwort meines Erachtens in einer schlichten Geschmacksangelegenheit: "Kapitalismus Jetzt" ist brachialer und pompöser, "Kannibalismus Jetzt" lockerer und freundlicher. Für mich persönlich wird es wohl ein Mix aus je der Hälfte der Titel aus beiden Alben, auf die CD schreibe ich dann "Kannitalismus Jetzt", was sich sehr holprig liest, aber das wird mir meine Anlage bei solchen Beats und Raps sicherlich verzeihen.


    Felixxl (Felix Bartsch)


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  • :hut::thumbup::king:

    "Dada ist Dadaist. Dada war Dadaist. Wahr ist Dada war, Dada ist Dadaist." (Steady Taggy) [size=36][size=36]KILL THE CLEANS[B][size=36][size=18][COLOR='#00FFFF']:wall:[align=center][/align][/COLOR][/SIZE][/SIZE][/B][/SIZE][/SIZE]
  • Ich muss ganz ehrlich sagen, das ist das erste Release der beiden, das mich enttäuscht. Ich finde die Beats erzeugen nicht im Ansatz die Atmosphäre wie die "Originale" und gefallen mir auch bis auf wenige Ausnahmen generell nicht. Besonders gespannt war ich auf die Neuauflage von 'Weltenbrand', der Track wurde aber leider nicht geremixt.

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