rappers.in-Weltreise #2: Japan


  • rappers.in-Weltreise #2: Japan


    Das Feuer, das in den frühen '80ern in den USA mit Interpreten wie Grandmaster Flash, der Sugarhill Gang und Run DMC entfacht wurde, brauchte nicht lange, um sich zu einem Flächenbrand auszuweiten. Die Kultur wuchs über die Jahre rapide, die Zahl der Hörer explodierte und so war es nur noch eine Frage der Zeit, bis der Funken auch auf andere Länder überspringen sollte. So entwickelte sich unter anderem in Deutschland an verschiedenen Herden die gigantische Szene, die wir heute kennen, die beinahe wöchentlich neue Charterfolge zu verbuchen hat und sich kommerziell gesehen als eine der größten Genres der hiesigen Musikindustrie etablieren konnte. Doch obwohl dieser Funken selbstverständlich nicht nur in Deutschland angekommen ist, kennen die meisten hiesigen Raphörer abgesehen von den Amerikanern und ein paar französischen MCs kaum Künstler, die über die eigenen Landesgrenzen hinausgehen. Grund genug, einen genaueren Blick auf diese kleineren Szenen zu werfen, um uns ein Bild darüber zu verschaffen, wie es dort mit der HipHop-Kultur aussieht, welche Musik dabei entstanden ist und welche Namen es genau zu kennen gilt.


    Nachdem wir unseren ersten Stopp der Weltreise noch an den Grenzen der Heimat verbracht haben, wird es für Ausgabe zwei Zeit, ein wenig mehr Distanz zurückzulegen. Um diesem Vorsatz gerecht zu werden, begeben wir uns ans andere Ende der Welt und damit in eines der spannendsten Länder auf dem Globus: nach Japan. Es gibt sehr vieles, was die fernöstliche Hochkultur zu bieten hat: Neben einer Jahrtausende alten Geschichte, einer sehr traditionsbewussten Gesellschaft, Haiku und Anime und den wohl skurrilsten und groteskesten Dingen überhaupt nämlich auch eine nicht zu verachtende HipHop-Kultur. Deren Expansion begann in den frühen 80ern, als der aus den Vereinigten Staaten zurückgekehrte DJ Hiroshi Fujiwara erstmals HipHop-Tapes in den großen Clubs Tokios auflegte und 1983 der Film Wild Style den zugehörigen Lifestyle in der Mitte der Gesellschaft ankommen ließ. In den nächsten Jahren sollten Crews wie Rhymester, King Giddra, Scha Dara Parr oder einzelne MCs wie Dabo mit direkten Adaptionen der amerikanischen Oldschool Pioniersarbeit leisten. Wirklich musikalisch interessant wurde es allerdings erst, als die frisch angekommene Kultur auf die ursprüngliche japanische Musik traf und zahlreiche, für deutsche Ohren äußerst erfrischende, Hybride aus Rap, J-Pop und zahlreichen anderen Genres entstehen ließ. Interessant dabei sind die regelmäßig herauszuhörenden englischen Begriffe, die zwar durch die Aussprache ein wenig im Hintergrund stehen, aber dennoch bei genauerem Hinhören in nicht allzu geringer Frequenz auftauchen. Um dies genauer zu zeigen, haben wir Euch eine kleine Auswahl an musikalischen Perlen der japanischen Szene zusammengestellt und wünschen dementsprechend viel Spaß beim Hören:



    Rumi


    Eine der auffälligsten Eigenheiten dort ist das Geschlechterverhältnis innerhalb der Rapszene; in Japan machen die weiblichen MCs sogar einen großen Teil der Zahl aus und liefern einen großen Fundus an talentierten Musikerinnen. Zu diesen zählt auch die in Tokio lebende Rapperin Rumi, die sich mit ihrer EP "Hell Me Tight" und ihren Alben "Hell Me Why??" oder "Hell Me Nation" in den letzten Jahren unter den Größen des Landes etablieren konnte. Besondere Aufmerksamkeit erlangte sie dabei durch ihre Auftritte auf Demonstrationen gegen den politischen Umgang der japanischen Regierung mit der Fukushima-Katastrophe. Ihr Klangbild zwischen elektronischem Sound und klassischem Sample-HipHop mit einem kleinen Schuss japanischer Melodien ergeben ein ungewohntes, aber definitiv interessantes Klangbild, das allerdings (wie bei vielen Artists des Landes) stark von Track zu Track variiert. So liefert zum Beispiel auf "Hell me Why??" ein rougher elektronischer Beat den Klangteppich für einen verzweifelten Aufschrei, während das Instrumental für "Bourei Puppy" hypnotisch und tranceartige Klänge auffährt.


    [YOUTUBE]4RnTsSDauH4[/YOUTUBE]



    Shing02


    Zwischen all den ungewöhnlichen Tracks und vor allem Videos, die mir bei der Recherche durch die japanische Musikwelt untergekommen sind, gab es allerdings auch nicht wenige MCs, deren Wirken und Schaffen doch recht nah an dem uns Bekannten liegt. Ein würdiges Beispiel hierfür wäre der aus Tokio stammende Shingo Annen, der in seiner 1999 mit dem Album "Homo Caeruleus Cerinus" begonnenen Karriere als Shing02 insgesamt fünf Langspieler, sechs Mixtapes und drei EPs auf die Beine stellen konnte. Bilingual aufgewachsen konnte Annen in seiner Jugend amerikanische Straßenluft schnuppern und lernte in San Francisco den HipHop der alten Schule kennen und lieben. Ohne dabei seine Wurzeln aus den Augen zu verlieren, begann er, eben diese Musik weiterzuführen und kultiviert seitdem ein legeres Soundbild zwischen Oldschool, Jazz, Reggae und traditioneller japanischer Musik. Sein Mix aus gesellschaftskritischen Texten und einem authentischen transatlantischen Flavour brachten ihm schnell einiges an Anerkennung im japanischen Untergrund und es brauchte dementsprechend auch nicht lange, bis er mit Projekten wie der Zusammenarbeit mit Jazz-Sängerin Emi Meyer oder einem Titeltrack für den Anime Samurai Champloo im dortigen Mainstream angekommen war.


    [YOUTUBE]w9S2vmYWLE0[/YOUTUBE]



    IOSYS


    Die letzte der heute vorgestellten Gruppen – und damit auch mein persönliches Highlight – gehört definitiv zu den verrücktesten Musikprojekten der Welt. Denn bei IOSYS handelt es sich um ein Künstlerkollektiv aus etwa 30 Musikern, von Gitarristen, Drummern, Holzbläsern, Sängern, Produzenten, MCs, Komponisten und noch einigen mehr, das sich in erster Linie parodistischen Remixes von Soundtracks aus dem japanischen Videospiel Touhou Project verschrieben haben. Und entgegen jeglicher Erwartung, dass man aus einem dermaßen nischigem Steckenpferd wohl kaum Musik produzieren könne, zählt die Diskographie von IOSYS absurde 68 Releases. Kein Scheiß. 68 Tapes. Allerdings ist dabei zu betonen, dass IOSYS nicht primär rappen. In ihrem Schaffen finden sich Alben, in denen Rock, Punk, Electro, Miami Vice, Brass-Band, J-Pop und Genres, von denen ich noch nie auch nur gehört habe, zelebriert werden. Dennoch sind die Tracks mit Rap-Einfluss ein guter Einstieg, um sich durch den Irrsinn dieser Gruppe querzuhören. Allerdings sollte man sich im Klaren sein, dass die meist mit Flash animierten Anime-Clips, die teils pornographische und teils anderwertig verstörende Inhalte auffahren, und die zugehörigen Singles teilweise so absurd daherkommen, dass man sich um einiges mehr als einmal fragen wird, was da gerade auf dem Bildschirm vor sich geht. Insgesamt hört man auch ihren Raptracks den genreübergreifenden Einfluss mehr als deutlich an – so entziehen sich Tracks wie "Danzai Yamxanadu!!" oder "Murasame UNITED: The Unbelievable Alice Assault" nicht nur inhaltlich und videotechnisch, sondern auch musikalisch jeglicher Konvention, die das Rapgame seinen Artists je auferlegt hat. Das Ergebnis dabei ist sehr variabel, allerdings jedes Mal aufs Neue extrem interessant; so liefert zum Beispiel eingebundenes Danzai Yamaxanadu!!" einen selten energetischen und hyperaktiven Track auf einem nach vorne bretternden Instrumental-Hybrid aus schepperndem Rock und noch stärker schepperndem Electro, der für deutsche Ohren doch eine durchaus ungewohnte Erfahrung darstellen dürfte.


    [YOUTUBE]O1E2nN5Fwzk[/YOUTUBE]


    Honourable Mentions: Rhymester, HalCali, King Giddra, Scha Dara Parr, Norisiam, Home Made Kazuko, Brier, Ketsumeishi, Hime, SoulJa, Rip Slyme


    (Yannik Gölz)

  • Hab die zweite Ausgabe schon heiß erwartet, und bin froh dass sie jetzt da ist. Wie schon beim letzten Mal eine sehr gute Ausgabe, und im Gegensatz zu den Niederlanden bin ich diesmal sogar bei Rappern hängen geblieben. Shing02 und IOSYS sind mir echt mal ne weitere ausführliche Recherche wert :music:

  • wieso hast du den Header nicht verwendet? hab ihn dir doch geschickt :(


    ziemlich interessant die verrückten Japaner. :D


    Ahh, in den Tread muss er auch noch, momentan is er nur als vorschaubild auf der startseite verwendet, mach ich grad noch rein!


    e: is drin, vielen dank nochmal dafür!

  • Wieder ein toller beitrag. kann mich spiewak nur anschließen diese verrückten japaner. aber werd mich mit paar von denen noch mal genauer beschäftigen. auf jeden fall weiter so bin gespannt auf die nächsten länder. vielleicht mal eins aus afrika?

    "Deine Seele gehört jenem der am meisten bietet/
    Ich krieg lieber weiter Prügel als mich schweigend einzufügen/
    Was nützt die Ablehnung ihrer, wenn deine eigenen Lügen/
    Die einzig plausible Alternative sein solln?/
    Dass du der Feind meines Feindes bist, macht dich nicht zu meinem Freund/
    Wir sind nicht ein Volk mein Freund/"

  • Dieser Shing ist sehr fresh. Sehr angenehmer Flow trotz der krass fremden Sprache.
    Macht doch mal ein Abstecher nach Russland, kann euch da bei der Recherche, Geschichte und Künstler unter die Arme greifen.
    Würde die fast selbst schreiben, habe aber kein Talent was Texte angeht.


    Du hast - wie so oft - unrecht und bist mir peinlich. Ich schäme mich diesen Müll gelesen zu haben und noch mehr, dir geschmacksbehinderten Untermensch zu antworten. Ich habe Recht, du Unrecht, ciao. Aus.

  • Die haben schon manchmal ziemlich schräge Videos und hören sich interessant an. Die hier vorgestellten kannte ich noch nicht, aber ich werde sie mir mal zu Gemüte führen.
    Achja, diese Reihe ist ne schöne Idee und wird verfolgt

  • Schöner Beitrag!
    Ich beschäftige mich auch schon seit Ewigkeiten mit Hip-Hop aus Japan und muss zugeben, dass der Japanische Hip-Hop einen heftigen Einfluss auf mich hatte/hat.


    Zeebra war übrigens ein Mitglied von der oben erwähnten Crew "King Giddra", die sich aber schon locker seit einem Jahrzehnt aufgelöst haben und ist einer der wenigen Japanischen Künstler die auch was mit Premier gemacht haben. Neben Zeebra haben übrigens die Teriyaki Boyz ebenfalls was mit Premier gemacht. Ja, DIE Teriyaki Boyz...der Track heißt "You know what it is".
    Aktiv ist Zeebra heute noch, macht aber ganz anderes Zeug.


    [YOUTUBE]1JbXDTOtw5c[/YOUTUBE]


    Soul Scream. In den 90er viel Output gehabt. Heute leider nicht mehr aktiv.


    [YOUTUBE]nYFPYq6jrCc[/YOUTUBE]


    Richtig heftiger Typ. Ist kein Japaner, lebt aber dort. Rappt auf Englisch und dann im fließendem Japanisch. Mega krasser Track.


    [YOUTUBE]5F7JBEl7TH0[/YOUTUBE]


    Ich war locker 3 oder 4 Monate auf der suche, um das Album von denen hier in Deutschland zu bekommen. Der Beat stammt übrigens von einem Japanischem Produzenten Duo die sich "Bach Logic" nennen. Für mich, unter anderem, mit die krassesten Produzenten die ich kenne. Unfassbare Beats.


    [YOUTUBE]Nw1Mrih0NLg[/YOUTUBE]


    Okay, hab bisschen viel geschrieben hahaha. Freut mich auf jeden fall, dass sich hier damit auseinander gesetzt wird!


    Ah jo! In Japan gibt es übrigens auch sowas ähnliches wie das Splash und heißt "BBOY Park". Findet jedes Jahr in Tokio statt mit einer Mainstage und vielen kleineren Bühnen.


    [YOUTUBE]2fV4wuEi26g[/YOUTUBE]

  • ohje r.in idee super beiträge müll... in holland hats super leute und da kam nur mist hier. und japan kann definitiv auch mehr..

    Das ist mein Aushängeschild- habe grade so genug Talent, dass ich mich nicht aufhängen will.


    BEATMAKING - MIXING - MASTERING


    Facebook


    Bandcamp

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!