rappers.in-Weltreise #01: Die Niederlande


  • rappers.in Weltreise #1: die Niederlande


    Das Feuer, das in den frühen '80ern in den USA mit Interpreten wie Grandmaster Flash, der Sugarhill Gang und Run DMC entfacht wurde, brauchte nicht lange, um sich zu einem Flächenbrand auszuweiten. Die Kultur wuchs über die Jahre rapide, die Zahl der Hörer explodierte und so war es nur noch eine Frage der Zeit, bis der Funken auch auf andere Länder überspringen sollte. So entwickelte sich unter anderem in Deutschland an verschiedenen Herden die gigantische Szene, die wir heute kennen, die beinahe wöchentlich neue Charterfolge zu verbuchen hat und sich kommerziell gesehen als eine der größten Genres der hiesigen Musikindustrie etablieren konnte. Doch obwohl dieser Funken selbstverständlich nicht nur in Deutschland angekommen ist, kennen die meisten hiesigen Raphörer abgesehen von den Amerikanern und ein paar französischen MCs kaum Künstler, die über die eigenen Landesgrenzen hinausgehen. Grund genug, einen genaueren Blick auf diese kleineren Szenen zu werfen, um uns ein Bild darüber zu verschaffen, wie es dort mit der HipHop-Kultur aussieht, welche Musik dabei entstanden ist und welche Namen es genau zu kennen gilt.

    Auf dem heutigen Stopp unserer Weltreise betrachten wir eine Nation, die uns an und für sich kaum näher liegen könnte: die Niederlande. Denn auch dort hat sich zwischen Holzschuhen und Windmühlen oder zwischen Tulpenfeldern und Hanfpflanzen – um einmal frei aus dem Klischeebuch zu zitieren – mit der Zeit eine Rapszene etabliert, die sich sehen lassen kann. Doch bevor wir einen Blick auf diese werfen, eines vorweg: Da sie kommerziell meistens in erster Linie abseits ihrer Heimat erfolgreich sind, werden MCs, die zwar aus den Niederlanden stammen, aber auf Englisch rappen (beispielsweise Dope D.O.D.), in dieser Kolumne keine Erwähnung finden und ausschließlich muttersprachliche Künstler vorgestellt.




    Osdorp Posse


    Irgendwo zwischen dem Ende der '80er und dem Anfang der '90er traf eine familiäre Clique im Amsterdamer Stadtteil Osdorp zusammen – namentlich bestehend aus Def P, Seda, IJsblok, DJ Daan de Deegmeester und King – und hörte den amerikanischen Gangsterrap dieser Epoche, um den Gedanken zu entwickeln, dass es so etwas eigentlich auch auf Holländisch geben sollte. In etwa so entstand die Gruppe namens Osdorp Posse, die 1992 mit ihrem Debütalbum "Osdorp Stijl" Pionierarbeit leisten sollte. Die inhaltlich relativ direkte Adaption der transatlantischen Subkultur thematisierte zwar über einem musikalischen Mix aus Oldschool und Rock-Einflüssen neben ihrem allgemeinen Gangsterdasein auch gerne mal ein gesellschaftskritisches Thema, litt allerdings besonders in ihrer Anfangszeit sehr unter mangelndem Medieninteresse. Denn während sie bei den holländischen Rapfans einen guten Auftakt hinlegen konnten, wollten sie vor allem bei den Radio-DJs der Stationen rund um die Hauptstadt nicht so recht ankommen, sodass sie entweder aus den Programmen gestrichen oder explizit mit abfälligen Kommentaren kritisiert wurden. Dies resultierte inmitten der '90er in einem Disstrack namens "Playing Ghetto" an einen Radiomoderator, der ihnen ebendieses zum Vorwurf machte. Trotz alledem konnten sie sich so für die noch recht frische musikalische Kerbe kommerziell immer wieder solide in den Charts positionieren und veröffentlichten noch einige Alben, unter anderem eine Kollaboration mit der Death Metal-Band Nembrionic und ein Best-Of-Album, bis sie sich inmitten der 2000er auflösten und ihre Karrieren als Einzelrapper fortführten. Hierbei ist vor allem Def-P zu nennen, der sich auch als Soloact einen Platz unter den Größen seiner Nation sichern konnte. Musikalisch sei Euch vor allem ihr Album Afslag Osdorp ans Herz gelegt, das man auf YouTube komplett anhören kann. Allerdings gibt es auch auf den anderen LPs zahlreiche hörenswerte Titel, die mal typischeren und mal untypischeren Sound liefern.


    [YOUTUBE]fxz04H2xS3c[/YOUTUBE]




    Extince


    Da die niederländische Szene allein durch die kleine Bevölkerungszahl des Landes nie die Größe erreichen würde, auf der sich Musik kommerziell wirklich rentiert, haben viele talentierte Acts ihre Musik ausgelagert und sich dem Rap in englischer Sprache verschrieben. Zu diesen gehörte zunächst auch der Oosterhouter Rapper Extince, der sich unter anderem mit einem Titel namens "The Milkshake Rap" eine kleine Fangruppe aufbauen konnte. Nachdem dieser Track allerdings aufgrund eines Rechtsstreits mit der McDonald's GmbH aus dem Verkehr gezogen wurde, konzentrierte er sich fortan auf den Rap in seiner derzeit recht jungen muttersprachlichen Szene. Auch er gilt mit seinem 1998 erschienenen Album "Binnenlandse Funk" als einer der Pioniere des Nederhop und gehörte zu den ersten Acts, die es schafften, regelmäßig Raptracks in den holländischen Top 100 zu platzieren, was schlussendlich dazu führte, dass sich sein Label TopNotch als das führende HipHop-Label des Landes durchsetzen konnte. Mittlerweile erschienen so schon sechs Alben, das erste war besagtes "Binnenlandse Funk" 1998 und das aktuellste "De Winnaar houdt aan" aus dem Jahre 2012. Musikalisch bewegt er sich dabei zwischen Oldschool und Funk, während seine Tracks musikalisch meist maßgeblich von der Wahl der Samples geprägt werden. So baut der Track "Spraakwater" auf einem Sample der '70er-Pop-/Funk-Gruppe The Peddlers auf. Diese musikalische Perle gehört definitiv zu den besten Tracks der niederländischen Szene und kann auf YouTube angehört werden.


    [YOUTUBE]DmrRFFqf1DI[/YOUTUBE]




    Ali B


    Nachdem wir nun zwei Schlüsselfiguren der '90er kennengelernt haben, wird es Zeit, einen Blick auf die aktuelleren Größen unseres Nachbarlandes zu werfen, die dementsprechend natürlich auch weniger der alten Schule zugehörig sind. Einer der bekanntesten Vertreter hierbei wäre wohl Ali B, der einen äußerst HipHop-untypischen Werdegang hinter sich gebracht hat. Denn nachdem der Amsterdamer mit marokkanischen Wurzeln anno 2000 einen Poetry Slam für sich entscheiden konnte und dadurch erstmals mediales Interesse geweckt hatte, bekam er nach der Teilnahme an mehreren Talentshows einen Warner-Deal angeboten. So erlangte er mit seinem Markenzeichen, der massentauglichen Rapmusik zwischen R'n'B, Electro und Autotune, sowie Hits wie "Met me Rollen" oder "Leipe mocro flavour" einiges an Popularität. Und obwohl er sich dahingehend schnell ein solides Standing erarbeiten konnte, sollte es nie das einzige Standbein sein, auf das Ali B seine Karriere stützte. So verdiente er sich unter anderem auch Brötchen als Moderator, Stand-Up-Comedian und Labelbetreiber von SPEC Entertainment. Sprich: Wahrscheinlich ist er musikalisch nicht unbedingt der schillerndste Stern am oranjen Himmel, aber dennoch eine der bekanntesten und wichtigsten Figuren der niederländischen Szene.


    [YOUTUBE]L9opkPXoMIk[/YOUTUBE]



    Honourable Mentions: West Klan, Yes-R, Darryl, Brainpower, Kaascouse, Kraantje Pappie, Priester, Faberyayo



    (Yannik Gölz)

  • Wunderbare Kolumnen-Idee, da kann man nur hoffen dass die lange fortgesetzt hat. Mit niederländischen Rap kann ich aber leider nichts anfangen, aber war wirklich sehr informativ!


    Gibts eigentlich was Vergleichbares im Ausland, wo über Deutsch-Rap geschrieben wird?

  • ziemlich Schade, dass das hier nicht mehr Aufmerksamkeit bekommt.
    Hoffentlich kommt das mit der Zeit, wenn mehrere Teile draußen sind... dann war DAS! hier der Anfang von einer tollen Reihe.


    Cuttack! bitte weitermachen :)


    /Schweden
    /Frankreich
    /Portugal
    /Spanien
    /Brasilien


    wären Länder die mich sehr interessieren.

  • Erstmal Danke für die positive Rückmeldung, freut mich echt sehr!
    Und [MENTION=650]Spiewak[/MENTION], da kommt definitiv noch mehr, der nächste Artikel ist schon komplett vorgeschrieben und die nächsten drei sind auch schon recherchiert. Der nächste Teil ist zwar keins von deinen, aber trotzdem mein persönlicher Topfavorit bisher, da darf man sich drauf freuen! :D


    Ich wähl die Länder übrigens in erster Linie danach aus, wie ich Leute organisieren kann, die aus dem Land sind bzw. dort länger gelebt haben, einfach damit die Recherche passt und ich hier keinen Quatsch erzähl. Sprich zum Recherchieren is es mir am liebsten wenn ich ne verlässliche Quelle hat, die mir Rapper zeigt aus denen ich auswählen kann. Falls ihr irgendwoher kommt oder jemand kennt, auf den das zutrifft könnt ihr gern auf mich zukommen, wär ne coole Sache!

  • bring ma brasilien, komm da zwar her aber hab kp vom rap dort

    [size=10][I] from the block to the top, Buddha baggies in the sock only thing that changed now is we ain't runnin' out of stock[/I][/SIZE]
  • Schöne Idee, sehr gutes Format. Freue mich richtig auf das was noch kommt. :)



    "Met me rollen" und andere Lieder von Ali B und SPEC Entertainment höre ich auch häufiger seit der Artikel kam. Danke dafür.
    Sehr swaggy, wenn auch auf ne leicht trashige Weise.

  • Schöne Idee, sehr gutes Format. Freue mich richtig auf das was noch kommt. :)



    "Met me rollen" und andere Lieder von Ali B und SPEC Entertainment höre ich auch häufiger seit der Artikel kam. Danke dafür.
    Sehr swaggy, wenn auch auf ne leicht trashige Weise.


    Ohja, die haben echt cooles Zeug, auch wenn sie teilweise schon ein wenig mit Hiphop klischees um sich schmeißen und das irgendwie lächerlich aussehen. Den hier mag ich übrigens noch ganz gern, auch wenns halt irgendwo schon n wenig dämlich is :D


    [YOUTUBE]nqej90AuZro[/YOUTUBE]


    Mein Lieblingstrack von Extince wurde übrigens 2 Wochen vor Release des Artikels gesperrt. Könnte mir in den Arsch beißen. Falls jemand Proxflow hat kanns sich trotzdem geben, is ein richtig richtig geiles Ding


    https://www.youtube.com/watch?v=z-mKtyX8II0&pxtry=1

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