Review: eloQuent – Skizzen in Grau



  • 01. zweiterversuch
    02. fahrstil
    feat. Mirko Machine
    03. vomglückgezeichnet
    04. schwindelerregendenähe
    feat. Loki
    05. glaubdirnicht
    06. zwischenspiel
    07. rosenkohl
    08. ausblenden
    09. käsewiegold
    10. dominosteine
    feat. Loki
    11. nichtraus feat. Hiob
    12. l.o.v.e.
    13. wersiehtdasschon
    14. dankundgruß


    Auch wenn es mittlerweile eine ganze Reihe von Künstlern geben mag, die als Ausnahme die Regeln bestätigen: Wer aktives Mitglied der deutschen Rapszene sein möchte, sollte zumindest die deutsche Sprache beherrschen. Im besten Fall ist er eloquent. In diesem Fall ist er's sogar – eloQuent. Der aus Wiesbaden stammende Sichtexot wagt sich zum zweiten Mal ans Zeichenbrett, um gemeinsam mit dem Produzenten I.L.L. Will ein wenig zu skizzieren. Zuletzt nahm man dafür einen blauen Stift zur Hand, diesmal gibt es "Skizzen in Grau". Wie sich diese neuen Kritzeleien anhören und ob eloQuent seinem Namen ein weiteres Mal gerecht werden kann, wird sich zeigen.


    "Sich geh'n zu lassen ist wie einfach vor sich hinzuleben/
    Meine Intention ist, diesem Chaos einen Sinn zu geben/
    Dieses Rapding durchzuziehen ist meine Art, nach Glück zu streben/
    Laber mich nicht voll, du hast da überhaupt nicht mitzureden/
    "
    (eloQuent auf "fahrstil")


    So startet mit "Skizzen in Grau" also ihr "zweiterversuch", während welchem eloQuent und I.L.L. Will dem "fahrstil" aus "Skizzen in Blau" treu bleiben. Smoothe, samplelastige Beats gepaart mit gradlinigem Battlerap und ehrlicher Selbstreflexion – ein Sound, der wie frisch aus den '90ern klingt, sanfte Pianotöne mit kräftigem Boombap vereint und, im Falle von "fahrstil", zusätzlich von Mirko Machine mit Cuts verschönert dienen eloQuent als Leinwand für seine Texte. Mit nur wenigen, recht nüchternen Worten thematisiert er unter anderem die Liebe zu seinem Viertel und der Musik, die Beweggründe dafür, überhaupt Musik zu machen, und die Abneigung gegen jeden, der ihm versucht, dort reinzuquatschen. Dank des sehr entspannten, klaren Flows kann eloQuent seine Texte mit Inhalten vollstopfen, ohne sich Sorgen darüber machen zu müssen, dass dem Hörer eine der vielen Aussagen entgehen könnte. Dies gelingt ihm vor allem auch durch seine Fähigkeit, komplexe Aspekte sehr komprimiert darzustellen und ihre Ausarbeitung der Fantasie zu überlassen. Die Zeilen "Wie nimmt man Abschied von jemandem, der nie da war/ ich hatte zwar einen Erzeuger, aber keinen Vater" reichen eloQuent auf dem Track "fahrstil", um die durchwachsene Beziehung zu seinem Vater zu erklären, während er die Ungerechtigkeit des Daseins ganz einfach mit "Das Leben ist ein Hurensohn/ denn wenn du Cordon Bleu essen willst, serviert es dir Blumenkohl" beschreibt. Denn so absurd die Gleichnisse auf "rosenkohl" zunächst auch erscheinen, so humorvoll und treffend sind sie letztlich. I.L.L. Wills vielschichtiger, von dumpfen Drums durchzogener Beat hält sich währenddessen unauffällig im Hintergrund, damit eloQuents kräftige Stimme den Track mühelos dominieren und der Rapper seinen energiegeladenen Flow zum Besten geben kann.


    "Denn jeder Part kickt deine beschissenen Lines weg/
    Du könntest dich verstecken, doch zu flüchten hätt' kein' Zweck/
    Weil jede Strophe dich zerdrückt, wenn ich einsetz'/
    Das Mikro niederlegen wär' vernünftig, du Scheißdepp/
    "
    (eloQuent auf "glaubdirnicht")


    Dass eloQuent aber nicht nur den Beat, sondern auch problemlos die Cypher oder seinen Battlegegner bezwingen kann, beweist er auf Tracks wie "glaubdirnicht". Genauso, wie I.L.L. Will knallharte Drums in die hellen Töne hämmert, feuert eloQuent knallharte Zeilen ins Mic, die seine Rapfähigkeiten so deutlich unterstreichen, dass "glaubdirnicht" mit weniger als einer Minute Laufzeit auskommt und dabei dennoch keine Fragen offen lässt. Wenn überhaupt, fragt sich nur noch der Wiesbadener selbst: "wersiehtdasschon"? Dabei variiert er seinen Flow geschickt auf dem ebenso wahllos wie spontan wirkenden Klangteppich aus Pianoklimperei und eingestreuten Bassnoten. Besonders durch so unwillkürlich anmutende Aspekte erhält das Gesamtwerk seinen namensgebenden, skizzenhaften Charakter, wenngleich einige der "Skizzen in Grau" durchaus vollständige Tracks darstellen. So sind etwa "schwindelerregendenähe" mit SXT-Kollege Loki und "nichtraus" mit einer angenehm melodiösen Hiob-Hook eigenständige, abgerundete Titel, die aus der Platte nicht nur eine Fundgrube von angenehmen, jazzigen Beats und Textideen eloQuents, sondern ein vollwertiges, gelungenes Album machen.


    Fazit:
    Die "ergraute" Fortsetzung von "Skizzen in Blau" steht dem Vorgänger in Nichts nach. Ganz im Gegenteil: "Skizzen in Grau" weiß sowohl in Hinblick auf die Laufzeit wie auch die inhaltliche Vielfalt und den puren Hörgenuss zu überzeugen. Die I.L.L. Will'schen Instrumentals aus jazzigen Samples und knackigen Drums laden zum Nebenbeilauschen ein, während eloQuents authentische und technisch versierte Raps bei genug geschenkter Aufmerksamkeit ein ganzes Füllhorn an Inhalten liefern. Letztlich macht das Album zwei Dinge deutlich: Erstens können ein paar "Skizzen in Grau" gemeinsam ein vollständiges, großartiges Bild ergeben. Zweitens kann es für eine Platte durchaus wichtig sein, dass der Interpret eloquent ist, doch erst, wenn der Rapper eloQuent ist, kann allein das schon Garant für ein gelungenes Gesamtwerk sein.



    Wobo Solagl (Daniel Fersch)

    [REDBEW]1659 [/REDBEW]

    Bewerte diese CD:
    [reframe]reviewthread.php?reviewid=1659 [/reframe]



    [azlink]eloQuent – Skizzen in Grau[/azlink]

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!