Review: Said – Hoodrich




  • 01. Nachgeladen
    02. Carlo
    03. F***en
    04. Nr. unterdrückt feat. Maskoe
    05. Hab's versprochen feat. Veysel
    06. Laber nicht
    07. Rich Bitch Shit
    08. Freund und Helfer
    09. Anders als wir feat. Silla & PTK
    10. Gute Tage, schlechte Tage feat. Marc Reis
    11. Bei mir
    12. Auf Tournee feat. Credibil & Joshi Mizu
    13. ZIDZ
    14. Junior
    15. Höre dich rufen
    16. Alles geht weiter


    Betrachtete man deutschen Straßenrap in den letzten Jahren, so fielen die Blicke vor allem nach Hessen. Frankfurt ist die unumstrittene Speerspitze deutschen Gangsterraps und lange Zeit gab es neben den Streettales aus 'Mainhattan' wenig wirklich frischen Wind im Genre. Dank Haftbefehl und seinen Azzlacks stieg jedoch das allgemeine Interesse an deutschsprachigem Rap von der Straße und die Spielart erlebte eine kleine Rennaissance, welche das ein oder andere, durchaus interessante Label in das Bewusstsein des deutschen Raphörers beförderte. Neben der Bonner Talentschmiede Alles oder Nix um Xatar sollte in diesem Zusammenhang auch das Berliner Label Hoodrich nicht unerwähnt bleiben. Zwar tauchten die Protagonisten dieses Künstlerzusammenschlusses, anders als die Azzlacks oder die Jungs von AoN, noch in keinen Jahresbestenlisten auf und blieben vor allem von den Mainstreammedien weitesgehend unbeachtet. Jedoch feierte das Label einige Achtungserfolge und war spätestens seit dem letztjährigen Release von Saids zweitem Langspieler "Zum Leben verurteilt" zur festen Institution für qualitiativ hochwertigen Gangsterrap aus der Hauptstadt geworden. Unglücklicherweise wurde das Label im August aufgelöst, was Said aber nicht davon abgehalten hat, an neuen Songs zu arbeiten. Dass sein Album nun "Hoodrich" heißt, ist sicher kein Zufall und stellt gewissermaßen einen Abschied sowie einen Neuanfang dar.


    "Und jetzt, nicht mal ein Jahr später/
    Schon ein neues Album, scheiße, wie geht das?/"
    (Said auf "Nachgeladen")


    Ja, scheiße, wie? Gute Frage eigentlich. Hält sich die breite Masse doch meist eher an das Motto "Gut Ding will Weile haben", lässt Said mit "Hoodrich" weniger als zwölf Monate nach "Zum Leben verurteilt" bereits sein neuestes Album auf die Hörerschaft los. Ist das zu früh? Eine Frage, die an dieser Stelle sicherlich angebracht wäre. Oder ist eine solche Akkordarbeit in einer schnelllebigen Szene wie dieser genau richtig? Müßig ist der Gute jedenfalls nicht gewesen. Ganze 16 Tracks zählt die Standardedition von "Hoodrich" und macht eigentlich genau da weiter, wo er letztes Jahr mit "Zum Leben verurteilt" aufgehört hat. Auf der einen Seite gibt's harte Straßenbretter nach amerikanischem Vorbild, die mal schnörkellos stampfend, mal in "Maybach Music"'scher Opulenz als Untermalung für Hoodanekdoten und ausgieber Selbstbeweihräucherung dienen. Diese Disziplinen, die ja gewissermaßen die Kür eines jeden Straßenrappers sind, meistert Said ohne Frage. Hier ist er in seinem Element und so wirken die abgebrühten Schilderungen von Saids kriminellen Machenschaften stets glaubwürdig – und auch das Representen beherrscht der Berliner par excellence. Zwar stehen beim Rapper weniger abseitige Punchlines und beeindruckende Reimketten im Vordergrund, dafür vielmehr eine druckvolle Präsentation. Läuft der MC zu Höchstform auf, wird man in Sachen Delivery und Nuschelfaktor beinahe unweigerlich an einen hungrigen 50 Cent erinnert, was an dieser Stelle unbedingt als Kompliment verstanden werden soll.


    "Kein Überlegen oder 'Warte kurz'/
    Wenn der Magen knurrt/
    Was für Freunde/
    Ich gebe nur noch Straßenkurs/"
    (Said auf "Hab's versprochen")


    Auf der anderen Seite stehen jedoch jene Lieder, die wohl in die Kategorie "für die Ladys" oder "deep" fallen sollen. Said unterläuft bei der Umsetzung dieser Thematiken nämlich der gleiche Fehler, der schon "Zum Leben veruteilt" mittelmäßig werden ließ und den bisher kaum ein wirklicher Straßenrapper zu umschiffen vermochte: Geht es an die Emotionen, die Said wohl von einer menschlicheren Seite zeigen sollen, driftet er, auch was die Auswahl seiner Instrumentale angeht, ins Kitschige ab. So rappt er auf schmalzigen Gitarrensamples und herzzerpflückenden Klavierläufern beispielsweise über zerflossene Liebe – oder darüber, wie sehr er sich ändern muss, um seinem Sohn (der sicher irgendwann mal geboren wird) ein vernünftiges Leben zu ermöglichen. Das Anliegen, durch eine solche thematische Bandbreite ein besonders vielseitiges Album zu schaffen, in allen Ehren, aber verliert er sich bei der Umsetzung dieser Thematiken doch allzu oft in Allgemeinplätzen und phrasenhaften Formulierungen. Und wenn er dann auf "F***en" über die schönste Nebensache der Welt sinniert, wird es gar unfreiwillig komisch. Hat er auf "Zum Leben verurteilt" noch mit Featurebeiträgen aus dem engsten Umfeld Vorlieb genommen, ist das Featurespektrum diesmal etwas breiter gefächert. Jedoch fällt schnell auf, dass die Gäste in den meisten Fällen im Schatten des Protagonisten stehen und die jeweiligen Songs somit eher abwerten.


    Du stillst meine Sehnsucht mit jedem Kuss/
    Bevor ich wieder geh'n muss/
    Du weißt, dass es Liebe is'/
    Wenn du, obwohl es so viele gibt, nur sie vermisst/
    (Said auf "Bei mir")


    Alles in allem lässt mich "Hoodrich" ein wenig ernüchtert zurück. Zwar bin ich froh, dass Said mit Liedern wie "Nachgeladen" oder "Hab's versprochen" seiner Diskografie ein paar Bretter hinzufügen konnte – und wenn jemand behauptet, außer SSIO und Haftbefehl gäbe es in Deutschland keinen brauchbaren Straßenrap mehr, werde ich nach wie vor seinen Namen ins Spiel bringen. Jedoch schafft er es auch mit "Hoodrich" nicht, ein absolut rundes Produkt abzuliefern. Zu selten gelingt es ihm, sein Potenzial voll auszuschöpfen. Zu oft tappt er in die Kitschfalle, zu oft hat man das Gefühl, Said biedere sich einem Prototyp an. Sollte er es in Zukunft aber schaffen, sich von derartigen Erwartungshaltungen und Einflüssen zu emanzipieren und ganz unverkopft an die Sache heranzugehen, dann kann da noch was ganz Großes kommen, davon bin ich überzeugt. Sich nächstes Mal ein bisschen mehr Zeit nehmen wäre vermutlich schon mal ein Schritt in die richtige Richtung.



    (disdi)




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  • Drei Mics ist schon frech!
    Die Produktionen sind meiner Meinung nach überragend, die Kitschvorwürfe kann man bei ´´bei mir´´ gelten lassen.
    Das Maskoe Feature ist ein Griff ins Klo, ansonsten finde ich, dass sich alle gut machen, vorallem Marc Reis passt perfekt.
    Wenn man zwei Kritikpunkte bringt, von denen einer ist das Said besser als die Features ist, kann ich die Bewertung nicht nachvollziehen!
    Bereue den Kauf nicht :cool:

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