Review: Marc Reis – Momente



  • 01. Intro
    02. Momente
    03. Alles zurück
    04. Tief mit den Raben
    05. HBID
    06. Immer noch was zu tun
    07. Alles zurück
    feat. Joshi Mizu


    Manchmal kann man nur durch die Eckdaten eines Werks bereits dessen Inhalt vorausahnen. Gezeichnetes Cover in Schwarz-Weiß, Tracks wie "Tief mit den Raben" und insbesondere der EP-Titel "Momente": Bei Marc Reis' neuem Release erwartet man schon von vornherein, eigentlich wie bereits bei den vorherigen Werken, keine Witze, sondern ehrliche Einblicke in sein eigenes Innenleben. So spricht er offen über seine Vergangenheit und eben alle für ihn bedeutsamen Momente.


    Die EP wird durch ein typisches Marc Reis-"Intro" mit Synthesizer-Flächensounds und dumpfen Drums im Hintergrund eingeleitet. Der alteingesessene Fan wird sich hier sofort wohlfühlen, für andere mag das Ganze etwas schleppend klingen. Textlich gibt es Anspielungen auf alte Sprachtot-Zeiten und den Song "Mittelfinger hoch", Sozialkritik, ein paar kleine Sticheleien gegen die deutsche Rapszene und einen Marc, der seinen Platz in dieser sucht. Die unterschiedlichen und teilweise gegensätzlichen Schwerpunkte im Text zeigen all die Erfahrungen und Einflüsse, die er über die Jahre gesammelt hat und nun in seinen Songs verarbeitet. Sein Flow klingt am Zeilenende oft etwas gesangsähnlich, wodurch er auch in den folgenden Liedern wunderbar mit dem Beat harmoniert und sich so stilistisch noch einmal klar von seinem Alter Ego Sprachtot abgrenzt. Die Wirkung des ersten Songs wird selbstverständlich beim zweiten Durchhören der Platte viel deutlicher, da man unter Beachtung der restlichen Tracks merkt, wie gut das "Intro" alle nachfolgenden Themen kurz anreißt und somit schon zu Anfang das Bild der EP definiert. Marc Reis schafft mit diesem Lied einen thematischen Rahmen, in welchem er sich auf den restlichen Tracks bewegt, indem er die angesprochenen Bereiche noch weiter ausschmückt. So gibt es ganze Songs, die einen oder mehrere im "Intro" erwähnte Punkte noch mal aufgreifen und genauer ausführen, beispielsweise die Gründung einer eigenen Familie in "Immer noch was zu tun".


    "Nostalgie war nur der Anfang, die EP hier ist der Anhang/
    Aber danach folgt der Waldbrand/
    "
    (Marc Reis auf "Intro")


    Sollte es nicht schon durch die Stimmung und den Sound des Werks deutlich geworden sein, so untermauert Marc Reis selber mit diesen Worten noch einmal, dass "Momente" nicht klar von "Nostalgie" abzugrenzen ist, sondern mit seinem Vorgänger einhergeht. Ob der angekündigte Waldbrand eventuell eine Rückbesinnung zu seinem alten Stil sein wird oder aber eine zusammenhängende Trilogie geplant ist, bleibt abzuwarten.
    Auf dem darauffolgenden Titeltrack der EP verarbeitet Marc Reis die Eindrücke und Erfahrungen aus seinem bisherigen Leben, mal in Nostalgie schwelgend, mal sehr selbstkritisch. Der Hörer wird anfangs etappenweise über die Entwicklung des Künstlers aufgeklärt und folgt ihm auf seinem Lebensweg bis zum heutigen Zeitpunkt. Zu jeder Altersstufe in seinem jungen Leben erzählt Marc Reis eine kurze Anekdote, die ihn zum einen genauer skizzieren, zum anderen auch die Entwicklung von damals bis heute verdeutlichen soll. Von ersten Drogenerfahrungen über zerbrochene Freundschaften findet diese ihren privaten Höhepunkt in der Gründung einer Familie und den musikalischen im Klangbild seines Albums "Nostalgie" und eben seiner EP "Momente". Aus Sprachtot ist schon vor längerer Zeit Marc Reis geworden und so knüpft er auch mit seinem neuen Werk an diese Veränderung an, die schon auf seinen letzten Veröffentlichungen deutlich im Fokus stand.


    "Momente, die mich prägen, und ich greif' zum Stift/
    In dem Moment, in dem ich schreib', bin ich einfach ich/
    Jeder Moment hat mich gemacht/
    Zu dem, der ich bin – zu dem, den ich hass'/
    "
    (Marc Reis auf "Momente")


    Das Problem der ganzen EP kommt nach diesen beiden Songs zum Vorschein: Keiner der folgenden Titel bleibt besonders gut im Gedächtnis hängen oder bringt thematisch etwas komplett Neues, was man nicht schon aus den ersten Liedern kennt. Die bekannten Themen werden zwar weiter ausgeführt, aber es passiert eben nichts Spannendes oder Unerwartetes mehr. Stattdessen kommt von Song zu Song mehr das Gefühl auf, dass man das alles doch schon mal irgendwo gehört hat. Das Gesamtbild bleibt natürlich sehr einheitlich und fördert den Hörgenuss insofern, als dass die Instrumentals durch ihre Ähnlichkeit beinahe miteinander verschmelzen und so die EP als ganzheitliches Werk betrachtet werden kann. Wie es aber so ist mit dem schmalen Grat zwischen "seinem Stil treu bleiben" und fehlender Innovation, fängt man als Hörer schnell an, sich zu langweilen. Denn: Auch wenn das, was Marc Reis von sich gibt, absolut hörenswert ist, gestaltet es sich immer schwieriger, sich auf den Inhalt zu konzentrieren.
    Die Texte sind zwar durchweg authentisch und so ehrlich, dass man sich den Menschen Marc Reis, der sich inzwischen nun mal nicht mehr hinter Künstlernamen verbirgt, sehr gut vorstellen kann, doch leider plätschern die Beats so vor sich hin, da sie alle eine fast gleiche Geschwindigkeit haben und auf ähnlichen musikalischen Elementen aufbauen. Dazu kommen ein solider, aber wenig abwechslungsreicher Flow und recht gradlinige Songschemata ohne Überraschungen. Die Hooks heben sich fast alle kaum vom Rest der Tracks ab und bieten somit auch hier keinen Aspekt, der den Liedern etwas Bemerkenswertes mitgibt. Joshi Mizu sorgt durch seinen Featurepart auf dem letzten Track "Alles zurück" alleine schon durch die andere Klangfarbe seiner Stimme und den schnelleren Flow kurzzeitig für die sehnlichst erwartete, erfrischende Abwechslung, doch durch die Platzierung des Liedes am Ende der EP lässt der Gastbeitrag diese eher ausklingen statt sie weniger langatmig wirken zu lassen und für neuen Schwung zu sorgen.


    Fazit:
    Betrachtet man "Momente" in Kombination mit "Nostalgie", wirken beide Releases gut aufeinander abgestimm. Und wem schon das letzte Album gefallen hat, der wird sich auch in den Texten von Marc Reis' neuester Veröffentlichung verlieren können. Alleine bietet die EP allerdings wenig Facettenreichtum, um langfristig in Erinnerung zu bleiben. Bei aller Liebe zum Storytelling und dem Bedürfnis eines Künstlers, seine eigenen Lebenserfahrungen zu Papier zu bringen, wünscht man sich auf Dauer doch ein oder zwei andere Themen.



    (gallagher)

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  • Zitat

    Original von WayAbove
    Eher so Sack Reis, und zwar einer von der Sorte die in China umfallen und keinen interessieren.


    Dachte die Krankenschwester bei deiner Geburt sicher auch..


    EP ist leider nicht so gut wie sein Album "Nostalgie", allerdings jemand, der weiß, wie man Musik macht und nicht nur irgendwelches belangloses Zeug daher rappt.

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