Review: Veysel – Audiovisuell



  • 01. Intro
    02. Maximum Frisch
    03. Run Motherfucker
    feat. Celo & Abdi
    04. Duft der Straße
    05. Tupac Tripp
    06. Zwei Jungs im Benz
    feat. Xatar
    07. Zahnlücke
    08. AZ Gillette Musik
    feat. Haftbefehl
    09. Ghetto Krise
    10. Futura
    feat. Olexesh
    11. Skit
    12. Hello
    13. Blockleben
    14. Was der Kleine sagt
    15. Green Mile
    feat. Hanybal
    16. Die Besten sterben jung
    17. Outro


    Bonus-Tracks:
    18. On Stage
    19. Vesh Vesh Si Si


    "Veysel, was hast du vor?" – Olexeshs Frage hallte zu Beginn des Jahres großflächig durch die Lautsprecher der Raplandschaft, insbesondere durch derer der Azzlackz-Anhänger. Zu diesem Zeitpunkt liegt das Mixtape-Debüt des Essen-Altendorfers Veysel gerade einmal zehn Monate zurück, doch selbstsicherer könnte die Antwort wohl kaum ausfallen: "Deutschrap in den Arsch ficken". Dieses Vorhaben wird mit "Audiovisuell" erstmalig auf Albumlänge in Angriff genommen, mit der Absicht, den Hörer titelgetreu mit Klängen und Bildern zu versorgen, welche aussagekräftiger sein sollen als bloße Worthüllen und Phrasen. Doch letztendlich zählt nur das Resultat. Das einzige, das gilt, ist, die gesetzten Ziele zu verwirklichen sowie am Ende des Tages auf die Worte Taten folgen zu lassen. Und somit beginnt "Audiovisuell".


    "Bei meiner Mucke wird dein Golf zu 'nem Benz/
    Veysel setzt jetzt die Trends – 'Audiovisuell'/
    "
    (Veysel auf "Maximum Frisch")


    Entschlossen, von sich selbst überzeugt und Energie geladen wie nie werden die ersten Töne von "Audiovisuell" angestimmt und Veysel präsentiert sich auf den ersten Blick in vermeintlicher Bestform. Und auch wenn Bus und Bahn für mich leider Gottes Bus und Bahn bleiben, wird die Intention hinter Liedern wie "Maximum Frisch" deutlich wie nie. Der von Bjet, seines Zeichens bekannt durch Zusammenarbeiten mit Leuten wie Trailerpark oder auch Bushido, und dem als Live-DJ bekannten DJ Rob beigesteuerte Beat besteht aus all den Elementen, auf denen ich als Fan Veysel gerne hören will. Zum Beispiel eine sich bis zur Explosion aufbauende Stimmung und den Ton angebende Drums kombiniert mit spannungserzeugenden Gegensätzen. Jene werden durch helle elektronische Elemente sowie einen untermalenden, brummenden Bass geschaffen und bilden ein Gesamtprodukt, welches auf Albumlänge Veysels anfängliche Drohung vermutlich wahr machen würde. Allerdings kommt genau an diesem Punkt eines der Probleme von "Audiovisuell" erstmalig ins Spiel. Statt einen instrumentalen Rahmen zu bilden, der durch die Nutzung verwandter Elemente ein ähnliches Klangbild erschafft und beibehält, gehen die Tracks nur schwer ineinander über.


    Der Grund dafür ist, dass insgesamt zwölf verschiedene Produzenten und Produzententeams für eine sehr heterogene und unausgewogene Geräuschkulisse sorgen, welche oftmals einen roten Faden missen lässt, anstatt größeren Facettenreichtum zu kreieren. Zwar wird hierdurch die Einzelleistung nicht geschmälert – vor allem, da sie gerade von Produzenten wie m3 auf gewohnt hohem Niveau ist –, allerdings entsteht der schon von "43 Therapie" gewohnte Mixtapecharakter ... mit dem simplen Unterschied, dass wir auf diesem Werk einen erfahreneren und souveräneren Veysel vorfinden als noch vor gut einem Jahr. Ein wenig mehr Absprache und Anpassung der Instrumentierungen untereinander hätte dem Gesamtwerk sicherlich nicht geschadet, es abgerundet und zu mehr als einem Sammelsurium guter, individueller Leistungen gemacht. Doch wie sagen schon alte Volksweisheiten: "Zu viele Köche verderben den Brei".


    "Mir steht das Gold gut/
    Jetzt macht die Colt 'Boom'/
    Du bist doch voll schwul/
    Du landest in einem Rollstuhl/
    "
    (Veysel auf "Zahnlücke")


    Schaut man hinter die wirklich stimmigen Produktionen und achtet auf das Gesagte, dann offenbart sich für mich persönlich das größte Problem der Platte. Zwar klingt das gesamte Produkt extrem gut und würde unter Garantie auch Leute außerhalb des deutschsprachigen Raums überzeugen, allerdings fühlt man sich bei manchen Aussagen doch etwas vor den Kopf gestoßen. Zu oft steht einzig und allein der letztendliche Klang im Vordergrund, anstatt eine ausgewogene Mitte aus ebenjenem und der dargebrachten Botschaft zu finden. Zeilen wie "Auge um Zahn – bis zu dem Tod" ("Intro") oder "Vielleicht ist man morgen auf der Zwei. Mein Beweis? Die Welt sagt: Sehr nice!'" ("Blockleben") passen vielleicht gut in das soundtechnische Gesamtbild, sind aber entweder verwirrend oder schlicht und ergreifend falsch. Natürlich sind diese Beispiele besondere Ausreißer, aber summa summarum bleibt Veysel lyrisch gesehen hinter den Möglichkeiten und teilweise hinter seinen Featuregästen zurück. Zwar wird stellenweise von allen Beteiligten solide Straßenlyrik dargeboten, allerdings wird der positiv aufkeimende Eindruck zu oft durch Phrasen und Fauxpas geschmälert. Vielleicht mag es sein, dass der Zweck die Mittel heiligt – aber selbst diese Mentalität entschuldigt nicht jeden Fehltritt. Die Gastbeiträge wiederum bleiben ihrem gewohnten Stil größtenteils treu und gliedern sich in das Gesamtprodukt passend ein, auch ohne großartige Experimentierfreudigkeit zu demonstrieren. Besonders hervorzuheben sind hierbei die unterhaltenden Parts von Haftbefehl und Celo & Abdi.


    "Celo Galileo – Welt der Wunder/
    100 Meter in 12 Komma 9 Sekunden/
    Fluchen und spurten – 115 Kilo/
    Massephase – Jump'n'Run quer durch die Siedlung/
    "
    (Celo auf "Run Motherfucker")


    Fazit:
    Nach rund 50 Minuten Laufzeit hinterlässt mich "Audiovisuell" zwiegespalten. Auf der einen Seite ist es ein sauber ausproduziertes Album auf sehr hohem musikalischen Niveau, welches sich wunderbar in die Straßenrap-Nische einreiht, ohne dabei in der Masse verloren zu gehen. Auf der anderen Seite wirkt es stellenweise zu sehr wie ein weiteres Mixtape und somit wie ein – wenn auch stimmiger – Nachfolger zu "43 Therapie", anstatt ein sich aufbauendes Gesamtkunstwerk und somit ein würdiges Albumdebüt darzustellen. Eine weitere Frage, die im Raum verbleibt, ist, ob und wie sehr man über die lyrischen Fauxpas hinwegsehen kann. Denn am Ende des Tages bleibt die schön gestaltete Geräuschkulisse eben nur eine Kulisse und die im Rampenlicht stehenden Worte werden dem Bühnenbild leider nur selten gerecht. Doch kann oder sollte man Veysel wirklich dafür strafen, wenn man doch von Anfang an genau wusste, was man zu erwarten hat? Schon im Vorhinein konnte man ahnen, dass Fans von Untergrund- oder Studentenrap "Audioviosuell" vollkommen kalt lassen wird und diese Vermutung hat sich schlicht und ergreifend bewahrheitet. Allen anderen allerdings, seien es nun Fans von Veysels markanter Stimme, der Azzlackz-Attitüde im Allgemeinen oder einfach von bombastischem Straßensound, sei das Produkt wärmstens empfohlen – auch wenn es Deutschrap nicht so hinterlässt wie von Veysel gehofft. Aber mit der nächsten Platte vielleicht!



    Lukas Maier (Maierstro)



    [REDBEW]1637 [/REDBEW]

    Bewerte diese CD:
    [reframe]reviewthread.php?reviewid=1637 [/reframe]



    [azlink]Veysel – Audiovisuell[/azlink]

  • 4 Mics bei dem Fazit? Ok..


    Album an sich ok, aber Stimm dir in den Punkten zwecks Mixtapenachfolger zu. Wenn er einfach mehr solche Songs wie "Was der Kleine sagt" bringen würde, wäre er auch deutlich stärker im Fokus der Medien. So bleiben öfter totalausfälle im Kopf.

  • in meinen augen ein gelungenes album. die hooks bleiben im ohr und die beats sind stark. die feature sind gut und veysels parts knallen auch bei 80% der songs . auf keinen fall eintönig weil veysel viel probiert ( blockleben / hello )

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!