01. Intro
02. Vergleiche à la Boss
03. Warum
04. Panic
05. Irgendwo in Vegas feat. Alligatoah
06. Übertriebener Rap
07. Kalle macht den Song
08. Baby du riechst
09. Behindert
10. Piraten
11. Aus dem Weg
12. Jump Mutant jump!
13. 104,481
14. Gruppenzwang feat. Zwieback & T
15. Samba
16. Let's Sexualität
17. Mutanten übernehmen
18. Seid ihr dabei
19. Videospiel
20. Gib mal ein aus
21. Outro
"Da, Party, haha! 257ers, mh, was für ein Name! Oah, ist das Cover hässlich. Ey, man ey! Aber irgendwie ... muss ich kaufen!" So begrüßt uns Dennis aus Hürth in seiner charmanten Einführung auf der neuen Platte des Essener Dreiergespanns, bestehend aus Shneezin, Mike und Keule. Die drei Mutanten haben seit jeher polarisiert. Vor allem seit ihrem Signing bei Selfmade Records – womit ihre Musik einer breiten Masse zugänglich wurde – wird darüber gestritten, was vom "Abgehn!"-Konzept der Künstler zu halten ist. Wollen wir mal schauen, ob es uns wie Dennis geht und wir den "HRNSHN"-Nachfolger wirklich kaufen müssen.
"Bis ich vernünftige Parts rappe, Arschlecken/
Ich schreib' 'ne Zeile über ein' Marsmenschen/
Es war einmal ein Marsmensch – geile Zeile/
Fresh, dieser Part brennt – Feuer/"
(Shneezin auf "Panic")
Den 257ers inhaltliche Konzeptlosigkeit vorzuwerfen, ist sicherlich sinnlos, das war im Grunde noch nie anders. Es gibt sogar ein paar Tracks auf dem Album, deren inhaltliches Konzept über "Party!", "Akk!" und "Abgehn!" hinausgeht. Zumindest reicht es, um einen roten Faden in manchen Tracks erkennen zu können. So geben sich die drei MCs unter anderem als rappende "Piraten". Vom Sound her könnte man meinen, Santiano rappen jetzt. Die Idee ist ja ganz witzig, aber solch einen Track hört man ein- bis zweimal, schmunzelt ein bisschen und skippt ihn ab dann immer. Warum dieser Song auf das Album gepackt wurde, verstehe ich schlichtweg nicht. Auf einem Free-Tape – okay! Da ist es ja absolut in Ordnung, ein bisschen rumzublödeln und nicht den Anspruch zu haben, einen hervorragenden Track aufzunehmen. Wenn dann aber fast ein ganzes Album genau danach klingt, ist das in meinen Augen leider nicht okay. Auch die zunächst "klassisch 257ers" anmutenden Tracks, die sich irgendwo im altbewährten "Party, Drogen, Ausrasten"-Metier bewegen, überzeugen auf dieser Platte nicht wirklich. Das Problem ist, dass alles unglaublich gewollt-witzig klingt, als hätte man sich zusammengesetzt und beschlossen, unbedingt noch eine Stufe mehr "behindert" sein zu müssen – so wirkt das Album zumindest auf mich. Einen Vorteil hat dies natürlich: Live werden einige der Tracks auf "Boomshakkalakka" sicher die Stimmung zum Kochen bringen. Da kommen dann auch die monotonen, aber gleichzeitig eingängigen Hooks gerade richtig, beispielsweise auf "Übertriebener Rap". Aber soll ich das Album als Album an sich bewerten, gibt es leider unter anderem genau das zu kritisieren. Wer ein Album darauf trimmt, eine betrunkene Menge weiter anzuheizen, muss dafür scheinbar in Kauf nehmen, dass die Platte für den Privatgenuss ungeeignet ist.
"Guck hier, so mach' ich immer, wenn mein Schnurrbart mich stört/
Ey, du kannst ja gar nicht gucken, ist ja nur was zum Hör'n/
In meinem Rosa Citroën, der zum Fuhrpark gehört/
Scheibe runter, einmal zwinkern, keine Ursache, Girls/"
(Shneezin auf "Jump Mutant jump!")
Dies ist besonders schade in Anbetracht der Tatsache, dass es sich bei Shneezin, Mike und Keule im Grunde um begnadete Rapper handelt, die sich vor allem technisch vor kaum jemandem verstecken müssen. War es lange Zeit noch so, dass Shneezins Fähigkeiten über denen der anderen beiden gehandelt wurden, kann man das, ausgehend von diesem Release, so nicht mehr unterschreiben. Ich bin mir nur nicht sicher, ob das ein Lob für Mike und Keule oder eine Kritik an Shneezin ist. Die drei Essener geben sich nicht mehr viel, man kann sie also nicht mal mehr diesbezüglich unterscheiden. Wie dem auch sei, sie alle trumpfen mit variablen Flows auf, ihr Doubletime ist souverän und die Reimketten allererste Sahne. Vor allem letztere tragen einen großen Teil zur Eingängigkeit der Musik der Rapper bei.
Das Soundbild lässt sich gar nicht genau definieren – neben den typischen 257ers-Beats, die für mich etwas von Epilepsie im Ohr haben, finden sich auf dieser Platte auch Beats, die an Rock ("Seid ihr dabei") oder an den Inhalt der Konzepttracks angelehnt sind. So wartet "Piraten" mit einem Seemanns-Sound auf, während "Samba" wiederum mit einem – was für eine Überraschung! – Samba-Sound unterlegt ist. Das, was so ungefähr alle Tracks teilen, ist, dass sie unglaublich laut "Spiel mich live! Spiel mich live! Da entfalte ich mein Potenzial!" zu schreien scheinen. Sie sind für größere Liveauftritte konzipiert. Mutanten finden sich schließlich nicht alleine im heimischen Wohnzimmer, Mutanten sind Rudeltiere. Ist aber eben schade, da – wie schon erwähnt – die Qualität der Platte als Studio-Album merklich unter dieser Ausrichtung gelitten hat. Genauso fehlen mir die Beats, die einem Track den gewissen Ohrwurmfaktor geben können. Bei "Warum" funktioniert das im Vergleich zum Rest der Platte noch außergewöhnlich gut, abseits davon in den seltensten Fällen. Das Einzige, was nach 21 (!) Tracks hängenbleibt, ist der sehnliche Wunsch nach Produktionen, die deutlich weniger anstrengend und vielleicht doch ein klein wenig musikalischer sind. Dass ich dank Tracks wie "Baby du riechst" das Gefühl kriege, dass Shneezin, Mike und Keule bald in den 08/15-Großraumdiskos dieses Landes und auf Mallorca gespielt werden, ist für mich alles andere als positiv zu sehen. "Der Style ist verloren gegangen" – das fasst ziemlich genau das zusammen, was hier zu großen Teilen schief läuft.
Der einzige Track, der bei der allgemeinen Rezeption von Seiten klassischer Rapfans vielleicht etwas besser davonkommen wird, ist der "Über alle Berge"-Nachfolger "Irgendwo in Vegas", der, wie der erste Teil, mit Unterstützung von Alligatoah entstanden ist. Dieser bleibt leider hinter seinen Möglichkeiten zurück, liefert gute Zeilen und guten Gesang – geht aber nicht über "gut" hinaus. Der erste hängt den zweiten Teil um Längen ab. Was eben auch auf die Alben bezogen gilt.
Fazit:
Nach dem Signing bei Selfmade befürchteten viele Fans von früher, dass die Authentizität des Humors verloren gehen würde, was in meinen Augen jedoch nicht der Fall war. Auf "HRNSHN" gab es locker aufgelegte 257ers zu hören, wie man sie immer kannte. "Boomshakkalakka" hingegen stellt für mich einen deutlichen Abstieg und das schlechteste Album der Künstler bis dato dar. Wer mit dem Humor der 257ers nichts anfangen kann, darf "Boomshakkalakka" getrost ungehört liegen lassen, denn den Humor zu teilen ist Grundvoraussetzung, um es irgendwie durch die 21 Tracks starke Platte zu schaffen. Aber selbst Fans des Humors machen nichts falsch, wenn sie dieses Release auslassen und auf bessere Zeiten beziehungsweise Zeilen hoffen. Es handelt sich nicht um ein stark ausproduziertes, authentisch-lustiges Werk, sondern um eine Sammlung von Tracks, die so wenig überzeugen, dass das Ganze besser als Free-Tape hätte veröffentlicht werden sollen. Eine klasse Raptechnik ist eben nicht alles, was es braucht, um ein gelungenes Album zu produzieren. Dafür ist "Boomshakkalakka" der perfekte Beweis. Langer Rede kurzer Sinn: "257 ist der Boss"? Nein, die "Boomshakkalakka"-257ers sind nicht der Boss.
(GameofMo)
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