01. Weißer Tupac
02. Hipster Hass
03. Stabiler Deutscher
04. Zurück aus Bonnys Ranch
05. Ihr habt uns so gemacht feat. Silla
06. Gangster Rap 2.0 feat. Silla
07. Schutzengel
08. Businessmann feat. G-Hot
09. Junge mit Charakter
10. Drogen, Nutten und Cash feat. Sentence
11. Level
12. Im Auge des Sturms feat. G-Hot & Shizoe
13. Im Ghetto kennt mich jeder
14. Vermischt mit dem Betong
15. Ein kugelsicherer Jugendlicher
"Früher war alles besser" – dieser Satz ging sicherlich schon jedem einmal über die Lippen. Auch die deutsche Raplandschaft war früher ziemlich reizvoll. Manche mögen vielleicht sogar sagen, sie war reizvoller als heutzutage. Möglicherweise ist das der Grund, weshalb Fler nun nach fast zehn Jahren den zweiten Teil seines Debütalbums "Neue Deutsche Welle" veröffentlicht. Nach einer so langen Zeit stellt sich natürlich zwangsläufig die Frage, ob die Fortsetzung unmittelbar an den ersten Teil anknüpft. Und falls ja, funktioniert dies heute überhaupt noch so gut wie vor fast einem Jahrzehnt? Zeit, diese Fragen zu klären.
"Wie ein weißer Tupac im Auto, das schwarz ist/
Laufe hier im Rotlicht im Leben, das hart ist/
Meine Kette glänzt, denn ich male sie gold an/
Schwarz-Rot-Gold, Junge, denn ich bin Deutschland/"
(Fler auf "Weißer Tupac")
So steigt Fler in "Neue Deutsche Welle 2" ein. Damit wird das Themenspektrum des Albums schon in etwa vorgegeben: Das Leben ist hart, aber die Kette dafür golden. Harter Straßenrap trifft auf proletenhafte Beschreibung des eigenen Reichtums. Früher war der Berliner ein Straßenjunge, jetzt ist er ein Star – gehasst von vielen, aber dafür mit dicken Geldbündeln in der Designerhose. Hinzu kommt noch die nationale Identität als Deutscher, was bei Fler ja nicht selten ein wichtiges Thema darstellt. So auch bei "Stabiler Deutscher". Hier reflektiert der Maskulin-Chef seine Vergangenheit als Deutscher in der Minderheit unter vielen Ausländern. Und auch wenn der Titel des Tracks bereits etwas anderes vermuten lässt: Die Ambition des Songs ist durchaus lobenswert. Denn im Grunde steht Fler hier dafür ein, seine Mitmenschen gleich und gerecht zu behandeln, wenngleich sie auch eine andere Nationalität haben. Leider geht diese positive Message unter zwischen hohlen Phrasen über Straßenkredibilität und Stammtischparolen wie "Bei mir hängt die Fahne nicht nur bei der Fußball-WM".
"Welle schieben war ein Ausländerding/
Meine Träume waren im Schaufenster drin/
Als Berliner wirst du farbenblind als Straßenkind/
Deswegen ist egal, wie dunkel deine Haare sind/"
(Fler auf "Stabiler Deutscher")
Zwischen depressivem Straßensound und Selbstbeweihräucherung lässt sich auf "Neue Deutsche Welle 2" nicht allzu viel anderes finden. Fler hat seine Vorliebe für Trap etwas zurückgeschraubt und so soll das Album an vielen Stellen an die frühere Diskografie des Berliners erinnern. Doch der Flavour und die Atmosphäre früherer Tage können leider nicht erreicht werden. Zu viele stupide Lines, bei denen man sich an den Kopf fassen muss, zerstören in regelmäßigen Abständen jegliche Stimmung, die aufkommen soll. Und nur, weil ein paar legendäre Lines von vor zehn Jahren wiederholt werden, haben sie noch lange nicht denselben Effekt wie früher. Paradebeispiel hierfür ist der Track "Hipster Hass". Mal abgesehen davon, dass dieser Song fast nur aus verbittertem, unangebrachtem Gehetze gegen halb Rapdeutschland besteht und weit über die Kategorie des "Hipsters" hinausgeht, lassen sich hier die Grundprobleme von Flers Rap beobachten. Raptechnisch ist das alles so simpel aufgebaut, dass es billig klingt – und inhaltlich so einfältig, dass man es kaum ernst nehmen kann. Als Beispiel können die folgenden Zeilen herangezogen werden: Erst wird am Prenzlauer Berg falsch geparkt, weil er ja Gangsterfler ist, dann noch im Vorbeigehen Casper gedisst, weil der ja gar keinen Rap macht, und am Ende noch mal eine Line aus "Carlo Cokxxx Nutten" rezitiert, weil es ja so hart sein muss wie früher.
"Falschparken, Prenzelberg/
Schieße auf Veganer nach dem Yoga – Gangsterfler/
Das hier ist Rap und kein Dubstep/
Ich bin nicht Casper, denn ich mach' Rap/
Sag, warum sieht jeder Rapper wie ein Punker aus/
Ich bange jetzt den Sound, dass sogar deine Mama bounct/"
(Fler auf "Hipster Hass")
Sehr viel mehr hat "Neue Deutsche Welle 2" auch nicht zu bieten. Auf beinahe jedem Track wird gnadenlos der Maskulin-Style repräsentiert. Sprich: Fler macht klar, dass er immer noch der harte, deutsche Straßenjunge von früher ist. Thematisch stechen da nur Tracks wie "Schutzengel" heraus. Auf diesem "deepen" Track widmet sich der Rapper seiner Angebeteten und seiner Rolle als ihr Beschützer. Aber auch hier zerstören dümmliche Zeilen wie "Ich bin dein Schutzengel, ich nehm' dich in Schutz, Engel" die komplette Atmosphäre. Und während Flers letztes Album "Blaues Blut" noch in einer modernen Soundkulisse daherkam und wirklich gute und frische Trap-Instrumentals mitbrachte, kann das neue Werk des Berliners auch nicht durch seine Produktionen glänzen. Durch die Rückbesinnung auf die älteren Styles wirken auch die Beats wie schon einmal gehört. Es gibt jedoch auch Tracks, die positiv auffallen, so zum Beispiel "Junge mit Charakter". Diese Abrechnung Flers mit alten Weggefährten kann durch einen stimmungsvollen Beat und die emotionale Vortragsart punkten. Trotz des technisch simplen Textes schafft es der Maskulin-Boss überzeugend, seine Position darzustellen, da es so scheint, als gäbe er hier ehrliche Gefühle preis. Und bereichert wird das Ganze zusätzlich durch ein paar wirklich unterhaltsame Lines.
Fazit:
Auch wenn er es wirklich versucht hat, schafft es Fler mit "Neue Deutsche Welle 2" nicht, an den Flavour und das Gefühl des ersten Teils und allgemein der alten Tage heranzukommen. Raptechnisch kann er so heute nicht mehr überzeugen, inhaltlich wirkt es wie eine einzige Wiederholung. Hinzu kommen dämliche Zeilen, die keinen Effekt außer Fremdscham haben, und Tracks wie "Hipster Hass", die dermaßen unnötig sind und gewollt zu provozieren versuchen. "Gewollt" ist im Allgemeinen eine gute Umschreibung für "Neue Deutsche Welle 2", denn was versucht wurde, kann man durchaus nachvollziehen. Doch die Wirkung bleibt leider aus. Früher war vielleicht wirklich alles besser – aber dieses "Früher" ganz einfach ins Heute zu holen, funktioniert nicht.
Florian Peking (Florginal)
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